an-eben, etliche Studiosi auf den Einfall gerieihen, gleichfalls eine Scheffel-Feier zu veranstalten. Als sie aber lustig und Adel beisammen saßen, und schon so zwanzig und einige Salamander Ms daS Wohl des bemoosten Hauptes in Karlsruhe gerieben batten, va fiel eS ihnen plötzlich ein, auch das fürchterliche Lied „die Wacht am Rhein" singen zu wollen. Und sie hubrn gerade an:
„Es braust ein Ruf wie Donnsrhall Wie-"
da stand die hohe k- k. 'Polizei mitten unter ihneu und schrie: ^.Auhigl dieses Lied darf nicht gesungen werden, noch ein Ton und dis Versammlung wird aufgehoben." Und es ward stille und nur dis Mäuslein pfiffen in der Ecke — das Vaterland war wieder einmal gerettet! Doch Scherz bei Seite. Wenn ich, der ich wahrlich nicht zu Denjenigen gehöre, die ihre Freuds daran finden, das Land, in dem sie daheim, in den Koth zu zerren, mit einem derartigen Galgenhumor über unsere Zustände zu schreiben mich veranlaßt sehe, dann mögen Sie daraus entnehmen, wie weit es bereits mit unserer Freiheit gekommen und es mir verzeihen, wenn ich meinem Grimm schließlich in einem herzhaften Milliondonnerwetter Luft schaffe. Es ist nicht mehr schön in O e st r e i ck!
Pest, 25. Febr-, Nachts. Das Wasser dringt zwischen Sem Sorok- sarer Damme und dem Schlachthause in die Gärten der Fcanzstadt. Die Margarethen-Insel ist in höchst bedenklicher Lage. Ans Altosen kommen jammervolle Botschaften. Dort muffen nunmehr 3 bis 4000 Menschen ernährt werden. In Neugest sind 54 Gebäude eingestürzt.
Prag, 2t. Febr. Gestern Morgen 6 Uhr erfolgte eine Dynamit-Explosion in einem Seiten-Stollen des der Staatsbahn gehörigen Engerth-Schachtes bei Äladno. Die Schacht-Gebäude sind Lemolirt, 30 Personen wurden verschüttet: hievon wurden bis 5 Uhr Nachmittags zehn Leichen und drei lebensgefährlich Verwundete herausgezogen. Man hofft, durch das Eintreiben eines Seiten-StoUens vom Breffon-Schacht aus zur Unglücks-Stelle zu gelangen. Es dauerten die Ausräumungs- Arbeiten die ganze Nacht hindurch fort und werden morgen kaum beendet sein. Zwölf verstümmelte Leichen und elf schwer verwundete Personen wurden bis jetzt an den Tag geschafft. Derselbe Schacht, in dem die Explosion stattsand, wurde kürzlich Lurch eine Feuersbrunst beschädigt. Die Ursache der Catastrophe soll in der Unvorsichtigkeit der Arbeiter zu suchen sein. Mehrere Arbeiter, welche von der Dynamit-Explosion verschont blieben, wurden Nachmittags durch nachträgliche Mauer-Einstürze begraben.
Madrid, 27. Febr. König Alfons ist in Leasain (Gui- puzcoa) angekommen, wird demnächst noch mehrere Städte besuchen, um die Truppen zu mustern, und sodann nach Madrid zurückkehren. — Don Carlos hat die französische Grenze überschritten und ein Manifest erlassen, worin er erklärt, daß er aus die Krone Spaniens großmüthig verzichte, da das Glück des spanischen Volkes sein einziger Wunsch sei.
Madrid, 28. Febr. König Alfons hat die Rückkehr seiner Mutter Jsabella dem Ministerraths anheimgestellt; letzterer hat noch nicht entschieden. (vchw. M->
Madrid, 29. Febr. Die Regierung gestattete die Veröffentlichung einer Depesche, worin gemeldet wird, daß Don Carlos nach Frankreich geflohen ist.
Konstantinopel, 28. Febr. Nachrichten aus der Herzegowina lassen ein baldiges Erlöschen des Aufstandes erwarten f?) Es wird versichert, daß der Fürst von Montenegro die an der Spitze des Aufstands stehenden montenegrinischen Häuptlinge zurückberusen habe.
Lebenskämpfe.
(Fortsetzung.)
„Quälgeister!" murmelte dieser unmuthig, „man hat in der That seine liebe Noth mit dem Volke. Schon um des Prinzips willen darf man nicht nachgebea, man würde in seinen Forderungen immer unverschämter werden. Und dann könnte ich die Mühle schon ohne Wasser gebrauchen, die Gelegenheit würde sich mir so bald nicht wieder bieten. — Diese Bauern hängen mit einer verzweifelten Zähigkeit an ihrem Grundbesitz. 7000 Thaler sind ein hübsches Stück Geld und der Kerl wäre ein reiner Narr, wenn er die Summe ausschlüze — man kann wirklich nicht mehr thun."
Und mit dieser Entschuldignng suchte der vornehme Aristokrat sei» Gewissen zu beschwichtigen, was ihm auch bald gelang. — Fünftes Capitel.
Es war eine finstere und stürmische Nacht, der Berg- und Mühlbach rauschte und brauste und trieb seinen Strom in tanzenden Wellen der Untermühle zu. Dort oben, wo er eilig, als schäme er sich der harten boshaften Menschheit, an der seitswärts liegenden Obermühle vorüberglitt, schien es, als schafften in dieser Nachl stille Geister ein geheimmßoolles Werk.
Die Leuchte des Himmels war erloschen, aber hier unten glimmten wunderliche Sterne und leuchteten fleißigen Händen, welche es sa stets gewohnt waren, tief unten in Nacht und Grauen beim Scheine des Lämpchens zu schaffen und zu wirken, um die unansehiikichs und doch in ihrer Schöpfungskrast so gewaltige Kohle an's Tageslicht zu fördern.
Die Männer, welche mit dem Berggeist um seine Schätze ringen — wir sehen sie hier im Dunkel der Stacht, Alt und Jung, ihre bedeckten Grubenlichter neben sich, in stiller, emsiger Arbeit. — Auf der Obermühle ist Alles todtenstill und öde, was soll der Müller noch wachen, ihm fehlt ja fein LebenS-Element, so suchte er im Schlafe Vergessenheit und Frieden.
Ob er eine Ahnung davon hat, was dort in seiner Nähe vom Dunkel der Nacht umhüllt, wieder um seinetwillen geschieht ? —
Stein, er hat keine Ahnung davon, wie hätte er sonst ruhig schlafen oder auch nur ruhig in der Mühle bleiben können. Sie
brachten ihm ja keine Rettung mit ihrer rührenden Aufopferung, sondern neues Leid und neuen Schoden. —
Dis Männer mit dem ledernen Schurze gruben emsig weiter an ihrem Werke, kein Wörtchen wurde dabei gesprochen, und die Lichter vorsichtig gestellt, damit die seltenen Sterne keinen Ver- rälher herbeilockten.
Plötzlich tönten die Schritte eines einzelnen Mannes durch die ekstgkalte, stürmische Nacht. Die Matrner hielten inne und horchten. Es war ja doch trotz alledem ein ungesetzliches Werk, das sie nun bald vollendet hatten.
„Noch ein Stündchen und es wäre wieder einmal vollbracht," flüsterte der trotzige Bergmann Frieder, muß uns da am Ende gar noch so ei« Spürhund in ven Weg rennen."
Die Schritte näherten sich langsam, endlich war ein Mann bei ihnen und schaute einen Augenblick stumm und unbeweglich zu.
„Nun, was soll's?" brummte Frieder, mit einem raschen Entschluß sein Licht emporhaltend. „Habt Ihr kein „Glückauf" für uns, dann zieht Eure Straße. — Herrgott," setzte er hastig hinzu, „seid Jhr's Vater Jean?"
„Glaub's wohl, daß ich's selber bin," versetzte der Alte mit üeser Stimme, „es ließ mich nicht schlafen diese Rächt, wo Euch sammt und sonders der böse Geist wieder beim Schopf gepackt. Wie sollte ich ein Glückauf für Euch haben?"
Vater Jean war der Nestor der Bergleute, man wagte nicht, ihm zu widersprechen.
„Ihr Thoren," fuhr der Greis fort, „was nützt Euch Eure Arbeit? Seht Jhr's denn immer noch nicht ein, daß der Anton durch Eure voreilige und zudringliche Freundschaft desto schneller zum Bettler wird? — fluchen muß Euch der Arme und er wird's thun, wenn er sein Letztes als Strafgeld dem Amte hintragen muß. Over könnt Ihr die Strafe für ihn zahlen?"
Die Bergleute schwiegen jetzt betroffen — Vater Jean hatte wohl Recht — aber — sollen sie jetzt, wo sie die halbe Nacht gearbeitet mit übermenschlicher Anstrengung, davonlaufen?
— Der hitzige Frieder war der Erste, der das Wort und einen festen Entschluß wiedersand.
„Ihr habt gut reden, Vater Jeanl" sagte er mit lauter Stimme, „wenn wir den Anton verlassen, ist er ja ganz verlassen. Wer hilft ihm in seiner großen Noth? Wer, frag ich ?"
„Der Herrgott thut's, fürwitziger Knecht," zürnte der Greis, „der ist mächtiger und weiser, als alle Gewaltigen dieser Erde und wird schon Mittel und Wege finden, dem Unglücklichen zu helfen."
„Nun, der mächtige Helfer in der Noth ist mir auch schon recht," meinie Frieder, seine Hacke wieder ausgreifend, „aber ich denke so, der Herrgott will auch nicht, daß wir die Hände in den Schoß legen, man muß das Seine dazu thun, dann hilft er gewiß. Und so, denke ich mir auch. wird der Herrgott an unserm Thun seine rechte Freude haben und die Feinde müde machen, daß sie dem Anton das Wasser endlich gönnen."
„So meint er das?" rief Vater Jean mit einer Stimme, welche wie der Ruf zum jüngsten Gerichte klang, „und ich sage Euch Allen, Ihr wandelt einen Weg, der für den Unglücklichen geradezu in's Verderben führt. Weil ich nun aber von Anfang an solches gesagt, so mag ick auch nicht, wenn Alles für Anton zu Ende ist, wie ein hochmmhiger Pilatus sprechen: „Ich wasche meine Hände in Unschuld!" — Nein ich will Euch noch einen besseren Weg zeigen, der vielleicht — ich sage nur vielleicht
— Hilfe bringen kann."
„Zeigt uns den Weg, Vater Jean!" tönte es jetzt ringsum; nur Frieder wandte sich unmuthig zur Seite, und stieß murrend seine Hacke in die Erde.
Der Greis mit dem silberweißen Haar, das der Wind zerzauste, sah in dem blutrothen Schein der flackernden Lichter, welche durch eine kunstreiche Vorrichtung mit Blenden versehen waren, wie ein zürnender Prophet der Vorzeit aus.
„Ihr wißt," begann Vater Jean mit halblauter Stimme, „daß wir einen guten und gerechten Fürsten haben, der auf die Klagen seines Volkes hört und besonders feine getreuen Bergleute in sein Herz geschloffen hat, weil er weiß, daß wir mit dom Schurze da tief unten in der Erde die alte Liebe und Treue gegen Gott und den Menschen bewahren. Run w ill er auch sicherlich nicht, daß wir nach des Tages Mühen und Lasten noch stundenweit laufen sollen, um das im Schweiße unseres Angesichts verdiente Brod zu holen; — und das muffen wir ja, wenn die Untermühle alles Wasser allein behält. Meint Ihr, daß unser guter Fürst, wenn er es wüßte, damit zufrieden wäre?"
„Nein, gewiß nicht," tönte es ringsum.
„Gut also," fuhr Vater Jean fort, „so laßt uns Bergleute, die wir darunter leiden müssen/ auch selber unsere Klage vor den Fürsten bringen. Läßt uns eine Bittschrift anfertigen, mit allen unfern Raipensunterschristen versehen und dann das Weitere getrosten Muthes in Gottes Hank legen."
„Vater Jean hat Recht, aber wer soll die Schrift anferti- tigen? — Wir verstehens nicht."
„Dafür laßt mich sorgen ," versetzte der Greis, „seinen Namen kann doch Jeder schreiben." (Forts, f.)