3) Wenn die Eisenbahn von Frendenstadt nach Gernsbach gebaut Zein wird, dürfte eine Linie von Nagold ins Murgthai zum Anschlüsse an die Freubenstadt-Gernsbacher Linie, somit um eine vom Staat zu bauende und zu betreibende Hauprvahu handeln. Nach meinem Dafürhalten wäre für Sie hauptsächlich dieses, letztere Projekt ins Auge zu fassen, wert es Ihnen auch die Betbindung mit Laden erleichtert und eine Hauptbahn nach mehrfachen Richtungen, besonders auch hiesiger der Zahl der Züge vorzuziehen wäre.
Dagegen scheinen mir die Verhältnisse, wie sie jetzt liegen, nicht dazu angelhan zu fein, um schon in der gegenwärtigen Zeit den Slaalsbahnbau mit Erfolg anstreben zu können.
Ueber kurz ober lang wird aber dieses Ziel zu erreichen sein, soferne Württemberg seine Eisenbahnen behält. Der An kauf der Eisenbahnen durch das Reich wäre »ach meinem Dafür» halten den hiesigen Interessen nicht günstig.
Falls sich meine Annahme wegen einer Staatsbahn wider Erwarten nicht bestätigen sollte, müßte eine Privalbayn ins Auge gefaßt werden. Der Bau der Lahn und die Maschinen könnte von leichterer Construklion»sein, überhaupt könnte gegenüber vom Staatsbahnbau vieles gespart werden. Alles müßte aber doch jo eingerichtet sein, daß er später vom Staat übernommen werden könnte. Die Bahn müßte sich hauptsächlich vom Güterverkehr bezahlt machen. Ob derselbe jetzt schon groß genug ist, um die nölhigen Einnahmen abzuwerfen, möchte ich bezweifeln. Es würde daher die Aushebung der Flößerei abzuwarten sein.
In diesem Falle könnte aber die Rentabilität keiner Beanstandung unterliegen.
Zu einem näheren Einblick in diese Frage wäre eine genaue Aufstellung der Bau und BetriebÄsten, sowie der voraussichtlichen Gütermengen erforderlich, welche mir nicht zu Gebot steht. Sie können sich aber ein allgemeines Unheil über den beim Gütertransport zu erzielenden Gewinn machen, wenn ich Ihnen mittheile, daß Herr Freiherr v. Weber, der bekannte öst- reichische Sachverständige in Eisenvahnsachen, berechnet hat, auf einer Sekundärbahn der oben erwähnten zweiten Kategorie mit normaler Spurweite und geringerer Fahrgeschwindigkeit könne ein Nettocentner zu 0,75 Pf. Selbstkosten transportirt werden, so daß also ein Centner von Nagold nach Altenstaig auf l'/s Pf. zu stehen käme.
Die Privatgesellschaft wäre zwar auch dem allgemeinen Tarif unterworfen. Sie hätte aber, wie jede andere Ersenbahn- verwaliung das Recht, eine fixe Gebühr von 3 Ps. per Etr. für die ganze Strecke zu erheben. Die würltembergische Eisenbahn- verwaltung erhebt für 1 Etr. auf 15 Lm Entfernung bei Stück- ut >8 Ps. und bei Gütern nach dem Speziallaris, z. B. Holz
Pf-
Wenn daher die Privatbahn den ganzen Holztransport m der Hauptsache an sich bekäme, so wäre an der Rentabilität lediglich nicht zu zweifeln.
Ebendeshalb würde es auch nicht schwer halten, das Geld durch Ausgabe von Aktien und Aufnahme eines Anlehens aufzubringen.
Die Amtskorporation könnte hier nicht wohl in Mitleidenschaft gezogen werden. Wenn aber von Gemeinden und Privaten freiwillige Beiträge zu dem Bau gegeben werden würden, so dürste es gar nicht schwer fallen, das Geld in Börsenkceisen aufzubringen.
Ich habe Ihnen nun meine Meinung in dieser Sache offen dargelegt, indem ich mich hütete, Hoffnungen bei Ihnen zu erwecken, weiche nicht in Erfüllung gehen. Dabei bin ich aber durchaus mchl der Meinung, daß es mit Verwirklichung Ihrer Wünsche schlecht stehe, daß etwa noch eine Generation verschwinden müßte, ehe der Eisenbahnbau zur Ausführung gelangt. Ich glaube vielmehr, wir Alle sollten es noch erleben können, daß die Lokomotive auch hieher den Weg findet. Eben deßhalb, um Ihnen zu beweisen, daß die Sache nicht schlecht steht, Habe ich Sie so viel mit den Verhältnissen anderer Länder unterhalten. Eben so wie man anderwärts mit dem Eisenbahnnetz immer vorwärts dringt, ebenso kann man auch bei uns nicht an einem in wenigen Jahren erreichten Punkte stehen bleiben.
Zweckmäßig wird es sein, wenn man die Frage nicht aus den Augen verliert und wenn man bei günstiger Gelegenheit den Hebel da ansetzt, wo man sich am meisten Erfolg versprechen darf, nemlich bei der Herabsetzung der Tarife für den Holztransport, verbunden mit der Aufhebung der Flößerei.
Die alte Kiröhe in Nagold.
, Ehe die altehrwürdige hiesige Kirche durch den demnächst
in Aussicht genommenen Abbruch ihrem gänzlichen Untergang ^ entgegengeht, sei uns ein Rückblick auf ihre Entstehung und die ^ Geistlichen, die darin thätig gewesen sind, gestattet. Wir nehmen dazu die Notizen, welche Herr Helfer Elsäßer beim Abschiedsgottesdienste in der alten Kirche, den 2l. Dezember 1874, der Gemeinde mitgetheilt hat.
Ueber die Entstehung des Gebäudes geben zwei Inschriften Aufschluß, die sich in der Kirche selbst finden. Die
erste ist an einer der runden Säulen angebracht und lautet also:
anno llommi 1360 X Xaloml-rs XnAimti ineapta egt
eaxpolla beatss Nariu virZinis in oppiilo dlagolt — zu deutfry: Im Jahr des Herrn 1360 am 23. Juli wurde begonnen die Kapelle der seligen Jungfrau Maria in der Stadt Nagold.
Die zweite steht über dem Thurmeingang und heißt: Ilse strnetura sst inoepta anno 6omini 1401, d. i.: Dieser Bau wurde angesangen im Jahr des Herrn 1401.
Die Kirche gehörte ursprünglich dem Kloster Stein am Rhein in der L-chweiz, welchem sie 1386 durch den Bischof Nikolaus von Constanz einverleibt wurde. In der Resormationszeit kam sie nebst dem kirchlichen Vermögen in den Besitz der Herrschaft Württemberg, indem sie 1543 von Herzog Ulrich durch Kauf erworben wurde. - Der erste an der Kirche angestellte evangelische Stadlpsarrer war Joh. Frist uö (Fries), der bis 1562 hier war; der erste Helfer hieß Joh. Hummel, welcher nur von 1556—1558 hier sein Amt versah. Der Ueberblick der ganzen Reihe von Geistlichen läßt sich am einfachsten an der Hand der hiesigen Kirchenbücher geben. Das älteste Kirchenbuch von Nagold, welches nur Taufen und Eheschließungeg enthält und außer Nagold noch die zwei Dörfer Emmingen und Jsels- hausen und die zwei Mellerhöfe Unterschwandorf und Mindersbach befaßt, wurde im Jahr 1560 unter der Amtsführung von oügenanntem Stadtpfarrer Fries und Helfer Christoph Häliu angelegt. Dieses Buch reicht bis ins Jahr 1627, umfaßt also 67 Jahre.- Während dieser Zeit sind, so viel man sehen kann, nur drei <stadtpsarrcr hier gewesen. Ans Frieö folgte nemlich M. Philipp Grat er (zu dessen Zeiten Nagold zweimal von der Pest heimgesnchr wurde), von 1562—1590, und von da bis 1635 M. Ludwig Krnacer. Dagegen sind während der Amtsführung dieser beiden Stadtpfarrer nicht wenige als 26 Helfer aufgeführt (12 unter Gräter, 14 unter Kraacer). Die Helfer lösten damals einander rasch ab, indem einer durchschnittlich nur etwa zwei Jahre hier blieb. Im Jahr 1628 (also während des dreißigjährigen Kriegs) wurden neue Kirchenbücher angelegt und zwar je ein besonderes Buch für die Taufe, die Trauungen und die Todesfälle; auch. wurden die Filialien in der Kirchenbuchführung vom Mutterort abgetrennt. Damals waren M. Ludw. Kraacer Stadlpsarrer und M. Johannes Leibbra nd Helfer hier. Nehmen wir nun den Zeitraum 1628—1808 zusammen. Während dieser 172 Jahre sind 14 Stadlpsarrer der Reihe nach aufgesührl; der letzte derselben war Joh. Dav. Schmid, welcher vom Jahr 1787—1820, also 33 Jahre lang hier war. Die Zahl der Helfer, so weit sie ermittelt werden konnte, betrug in diesem Zeitraum von 1628—1800 mindestens 21; der letzte derselben war M. Christoph Wilhelm Heinrich Cotta, welcher wie sein Amtsgenosse Stadtpfarrer Schmid, eine schöne Reihe von Jahren an der Gemeinde stund, nemlich von 1795—1821, also 26 Jahre lang. Im Jahr 1821 wurde das Dekanat, das bisher in Wildberg seinen Sitz gehabt, mit dem hiesigen Sladtpfarramt vereinigt. Seit dieser Zeit versahen das Amt an dieser Kirche (ohne die gegenwäriigen Fr. und NN.) 4 Stadtpfarrer und 7 Helfer. Die Stadtpfarrer waren: die Dekane Harpprecht, Hauff, Haas und Stockmayer, die sämmliich gestorben sind; die Helfer waren: Ellwang er, Elin e r t, Hauff, Klaibe r, S ch ü z, Ke m in l e r und Elsäßer, von welchen die vier letztgenannten noch im Dienst der vaterländischen Kirche stehen.
Allerlei. ^
— Ein „rninirter Bettler" hat an die Pariser Zeitungen einen offenen Brief gerichtet. Nie, sagt er, gehe das Bettelgeschäft schlechter, als in kalter Zeit, wo alles die Hände tief in die Taschen vergraben oder in unförmliche Fausthandschuhe gesteckt, an den Almosen Heischenden vorübercile. Der Brief- schreiber macht daher den Vorschlag, die Passanten mögen sich in ihre Oberröcke Seitentaschen machen lassen und in dieselben jenes Kleingeld legen, das sie für Almosen bestimmen; die Bettler würden sich aus diesen Taschen ihren Antheil „mit Dis- cretion" holen. Diese Idee enthalte einen Fortschritt der Menschenfreundlichkeit, von dem sowohl die Bettler als das Publicum Vortheil haben würden.
— In einer Frankfurter Chronik findet sich folgende Aufzeichnung aus der guten alten Zeit: „Anno 1571, den 9. Jnny, da ein Becker allhier in Frankfurt auf der Eschenheimer Gaßen das Mehl mit gemehlcneu Stein vermischte und solches Ein Ehrbarer Rath inne worden, feind drey Achtel Brod, so dieser Becker davon gebachet, ihme ohnvermnthet nbgehohlct und da man es so elendig befundten, daß er es mit guten Gewissen nicht verkaufen können, ist der Becker in das Leinwads-Hauß (Gesängniß) geleget und ein Achtel des Brods selbsten zu essen ihm als rechtmäßige Straff auferlegt worden. Nach diesem hat er aber nicht mehr lang gelebet."
— In dem Staate Maine, Ber. St, wird das Fluchen am Sonntag mit zwei Dollars per Fluch bestraft, am Wochentag kostet es nur einen Dollar.