Der Gesellschafter-
Amtsblatt für Len Oberamtsbezirk Nagold.
Nr. 7.
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Samstag den 15. Januar.
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L a K e » - Rk«- u i g k e i L e n.
Ueber die neue Anordnung, daß bei den Ruggerichien von den Oberamtsärzten auch die Gesundheitspflege im Bezirke vilitirt und kontroltrt werden soll, bat man alle Ursache, sich zu freuen. Namentlich hoffen wir, daß diese Einrichtung den Landgemeinden zu gutt kommt, La die seitherige iog. Mediziualvisitativn doch nur auf die Städte beschränkt blieb. Wo aber wird die Gesundheitspflege mehr vernachlässigt, und wo zeigt sich weniger Verständnis; dafür, als auf dem Dorf? Möge man nur den Rathschlägen und Anordnungen der Oberamtsärzte dann auch Kraft und Nachdruck zu geben wissen. In den Ortschaften unserer Gegend trifft man, auch wo Quellwasser vorhanden wäre, in der Regel überall Pumpbrunnen; die Anlage und Leitung derselben ist zudem in einem oft recht mangelhaften Zustand. Macht sich schon für gewöhnlich bei näherer Untersuchung die Nachbarschajt der Dungstättcn.wohl be- merklich, so kann, besonder« bei Thauwetter, ein solcher Pumpbrunnen plötzlich eine Zeit lang ganz dnnkles Wasser geben, weiches schon von ferne durch seinen Geruch verräth, woher es seine Farbe hat. Und da sollte man sich wundern, daß der Typhus als stehende Krankheit und sogar epidemisch auftritts! (S. M.)
Freudenstad t, 10. Jan. Welche verheerende Wirkung der Dynamit hat, sollte man auch heute auf der Bnuliuie zwischen Freudenstadt und Dornstetten mit Schrecken erfahren. Dort wollte man nemlich eine gefrorene Dynamit-Patrone auf dem Ofen in einer Wagnerwerkställe erwärmen. Obwohl etwelche Arbeiter der Sache nicht recht tränten und sich entfernt hielten, so blieben doch etliche Personen im Lokal, ja sogar ein Ehepaar ließ sich das Mittagessen recht gut daneben schmecken. Auf einmal fing die Patrone an zu dampfen und im selben Moment explodirte sie, schlug die Riegelwände auf 30—40' in die Runde auseinander nnd das Dach in die Luft Sieben Personen sind schwer verwundet, andere sind mit leichten Beschädigungen "und dem Schrecken davongekommeii.
Böblingen, 11. Jan. Endlich wird es Ernst mit dem Augrist unserer Eisenbahn. Nicht nur ist Hähern Orts eine Anfrage in Betreff der Verlegung der Post in den künftigen Bahnhof oder deren Belastung in der Stadt wie bisher, hier angelangt, sondern auch d i e Ankunft des Ei send ahnbau- Komite's auf den 18 d. M. definitiv apgesagt.
Die Kuhn 's che Maschinenfabrik in Berg hat seit Neujahr ihre Arbeitszeit auf die Stunden von Morgens 8 Uhr bis Nachmittags 4 Uhr beschränkt in Folge flauen Geschäftsgangs.
Rottweil, 3. Jan. Als Kuriosum und bezeichnetes Beispiel von Harthörigkeit und Eigensinn gegen alle öffentlichen und privaten Bekanntmachungen und Belehrungen ist zu erwähnen, daß in einem benachbarten Dörfchen ein Bauernweib sich aus dem Erlös von Butter, Schmalz, Eiern u. dergl. im Verlauf der Jahre die erkleckliche Summe von etwa 300 fl. zusammensparte, bestehend in lauter Münzen, die jetzt außer gesetzlicher Geltung sind. Dieser Tage brachte das Weib, nachdem sie endlich Lunte gerochen, daß es mit ihrem Schatze denn doch spucken könnte, diesen hieher und wollte ihn gegen voll für neues Geld enttäuschen. Aber sie wurde unter dieser Be- dingniß natürlich überall abgewiesen nnd erst mit einem Verlust von circa 70 Gulden konnte sie ihn an den Mann bringen, und so ist auch sie, wie so viele Andere, erst durch ^schaden klug, und auch, wie man sagt, aus Alteration hierüber jetzt- sogar krank geworden. — Ein anderes großes Pech ist unlängst in dem Orte Nenfra einem Manne widerfahren. Derselbe hatte Papiergeld, bestehend in 5-Markscheinen und einem 100-Markschein, eingenommen, es in sein Schreibbuch gethan und dieses in die Tasche gesteckt. Als er nun an seinem Stalle vorbeikam, ging er in denselben hinein, räumte die Krippe ans und gab dem Vieh das Futter, wobei das Schreibbuch aus seiner Tasche in die Krippe kommt und das Papiergeld zugleich aus demselben fällt, ohne daß der Mann dieses bemerkt. In seiner Wohnstube angekommen, bemerkt er seinen Verlust. Nichts Gutes ahnend eilte er sofort in den Stall und muß mit Schrecken sehen, wie ein Stück Vieh gerade an einem Papierschein und zwar unglückseliger Weise an der Hundertmarknote kaut. Alle Versuche, demselben den kostbaren Fraß zu entreißen, sind umsonst, da derselbe zuletzt im Schlunde des Thieres verschwindet. In seiner Bestürzung eilt der Arme zum Pfarrer des Orts, um sich bei ihm guten Raths zu erholen und namentlich zu fragen, ob er das Thier nicht schlachten lasten sollte,
um etwa die Ueberbleibjel der Note aus dessen Magen zu retten, wovon ihm aber dieser entschieden abräth, um nicht das Sichere dem Ungewissen nachzuwerfen!
Müncye ii. In der Rathgeber'schen Fabrik dahier wurden Ende voriger Woche über hundert Arbeiter entlassen. Ebenso fanden Entlassungen in der Militärwerkstätte statt.
Berlin, 4. Jan. Im Kriegsministcrium werden jetzt mehrfache Versuche mit Veränderungen an den sogenannten kleinen Montirungsstückcn der deutschen Armee gemacht, welche sich im Laufe der Zeit und namentlich in den letzten Kriegen als wünfchenswerth herausgesteilt haben. Diese Versuche beziehen sich auf die Form der Brodbeutel, Patroulaschen u. s. w. Auch in Betreff der Mäntel der Mannschaften der deutschen Armee werden demnächst Aendernugen beabsichtigt, nnd zwar soll hierzu ein Tuchftoff, welcher stärker als der gegenwärtig zur Verwendung gelaugte und von hellerer Farbe ist, verwendet werden. Mäntel von derartigem Stoffe sind bereits angefertigt und einzelnen Truppentherlen zum probemäßigen Tragen übergeben worden- Die bis jetzt damit erreichten Resultate sind befriedigend ausgefallen ; die Mäntel sollen nicht nur sich ganz gut tragen, sondern auch viel wärmer sein, als die von dünnem Kommißtuch ange- ferliglen, welche schließlich an ihrem Wollreichthum so einge- büßr hatten, daß sie ihren Zweck nicht einmal mehr annähernd erfüllten.
Berlin, 11. Jan. Der preußische Landtag ist aus den 16. Januar einberusen.
Im weimarischen Dorfe Fr anke nheim ist d e r Hunger- Typhus ausgebrochen. Man denke, was es heißen will, wenn in einem Orte aus der Rhön von 566 Einwohnern in 86 Wohnhäusern in dieser Jahres-Zeit über 120 Typhus-Kranke in ärztlicher Behandlung sich befinden, und es dabei an Allem fehlt, was in solchen Fällen nothwendig ist.
Görlitz, 7. Jan. Vor einiger Zeit las man in den Zeitungen von einer neuen praktischen Erfindung der Amerikaner: Fässer aus Papier herzustellen. Ein solches Papier-Faß befindet sich gegenwärtig im Besitz des hiesigen technischen Bureaus. Dasselbe ist ungefähr eine Elle hoch, hat etwa st, Elle im Durchmesser, ist oben und unten mit zwei leichten eisernen Reifen versehen und zeichnet sich aus durch seine Festigkeit (es sind in demselben etwa 2 Centner Waare aus Amerika herübergekommen), seine Wasser-Dichtigkeit, Leichtigkeit und den geringen Preis (es ist nur mit 16 Groschen in Rechnung gesetzt.)
Wie offiziös berichtet wird, ist man jetzt in Regierungskreisen dem Gedanken anErrichtungeines selbständigen Ministeriums für Elsaß-Lothringen mit dem Sitze in Berlin ernstlich näher getreten. Die Oberpräsidentschaft würde dann eine bloße Verwaltungsbehörde werden nach Art der preußischen Oberpräsidenten. Die Frage wegen Errichtung eines Landtags für Elsaß-Lothringen mit beschließenden Befugnissen ilt wieder in den Hintergrund getreten. Wenn aber erst ein Ministerium für Elsaß-Lothringen da ist, dürfte wohl die Errichtung eines Landtags nicht lange mehr auf sich warten lassen.
Am Vorabend der Einführung der neuen Reichswährung bringen die klerikalen Blätter folgende Anekdote: „Ein Bayer äußerte jüngst: Bon jeder Sorte bayrischer Münzen werde ich mir ein Stück auf die Seite thun und die gesammelten Münzen einst in meine Todtenlade legen lassen, damit mich unser Herrgott nicht mit einem Preußen verwechselt."
In Belgien dauern die bedenklichen Arbeiterverhältnisse noch fort. Es sollen sich eine Menge französischer und auch deutscher Aufwiegler unter den Arbeitern Herumtreiben. Uebrig rns behauptet man auch, die Sache würde schlimmer gemacht, als sie sei.
Paris, 10. Jan. Heute Abend kommt die Mittheilung, daß die Streitigkeiten im Ministerrathe beigelegt sind und alle Minister bleiben.
Paris, 13. Jan. Eine Proklamation Mac Mahons sagt: „Das Land bedarf der Ordnung und des Friedens, der loyalen Handhabung der konstitutionellen Einrichtungen; ater um sich besten zu erfreuen, ist eine konservative und zugleich wahrhaft liberale Politik unerläßlich. Er appellire an alle Männer, welche die Vertheidignng der sozialen Ordnung, die