in Freiburg erkennen und an das Kapitel das Ansinnen stellen wird, einen neuen Capitels Vicar zu bestellen. Letzteres werde natürlich nie geschehen, und deßhalb ständen größere Verwicke­lungen in Aussicht.

Vorgestern hat die Beerdigung des verstorbenen Erzbischofs Dein lein mit großer Feierlichkeit in Bamberg staltgefunden. Auch die liberalen Blätter widmen dem milden und toleranten Kirchenfürsteu warme, anerkennende Nachrufe, und die gesummte protestantische Geistlichkeit Bambergs geleitete ihn mit zu Grabe.

Eine abscheuliche Thal ist kürzlich in Aldcrshofen bei Kitzingen a. M. vorgekommen. Eine Mutter sperrte in einer der letzten kalten Nächte ihre drei Stiefkinder, welche mit zu geringem Ergebniß vom Bettel heimgckommen sein sollen, in den Boden. Auf deren Gewinsel kamen die Nachbarleute herbei und drangen in das Haus ein. Da ergab sich nun, daß das neun­jährige Kind, um sich einen Sack gewickelt, gerade verschied, während die beiden anderen größeren vor Kälte starrten. Wie man hört, ist die tlntersuchung im Gange; das Empörendste bei der Sache ist das, daß die Eltern dieser Kinder in guten Vermögcnsver- hältnisscn sich befinden sollen.

Leipzig, 9. Jan. Die jetzige N eu j a h rS me s s e darf wohl für Tuche und Buckskins als eine der besseren der letzteren Zeit bezeichnet werden, denn die zugeführten schwachen Vorräthe fanden bereitwillig Nehmer und in Musterwaare wurde ziemlich geräumt. Auch der Tuchmarkt war durch Eingreifen der Holländer belebter als sonst, lieber Preise läßt sich nur berichten, daß gut gelungene Waare stets zu richtigem Werthe ihre Nehmer findet und daß eben die sogenannten billigen Abschlüsse auch auf Grund mangelhaft ausgeführter Waaren ersolgen.

Berlin, 11. Jan.Aibatroß" undNautilus" sind nach Santander zurückbeoidert. Der Rückbeorderungsbefehl erreichte denAlbatroß" in Christiausand, denNautilus" in Madeira. Letzterer ist bereits in Santander cingctroffen.

Der Kaiser hat eine 14tägige Hoftrauer für den Kurfü rstcn von Hessen, wie es in der amtlichen Anzeige heißt, angeordnet, doch wird dieselbe für den Tag des Krönungs- und Ordens- Festes abgelegt werden.

Ein preußischer Bevollmächtigter ist in Prag cingetroffen. Alle kurfürstlichen Agnaten, voran der Landgraf Friedrich, er­kannten bedingungslos den vertragsmäßigen Anfall Kurhessens an die preußische Krone an. König Wilhelm sicherte die strenge Ausführung des Testaments zu und wird die testamentsmäßige Versorgung der Hof-Dienerschaft übernehmen.

Der deutsche Reichstag hat sich in seiner jüngsten Sitzung mit der Reblaus und dem Coloradokäfer, zwei gefähr­lichen Feinden unsrer Wohlfahrt, herumgeschlagen. Die Reblaus hat in den Weinbergen Frankreichs große Verheerungen angerichtet und ebenso der Coloradokäjer in den Kartoffelfeldern Amerika's. Sie bedrohen ernstlich die deutschen Weinberge und Kartoffelfelder. Die Rhein- und Wein Länder fragen: Was ist das Leben ohne Wein? und wir Schwarzwäldcr und übrigen Deutschen antworten: Die Kartoffeln sind unsere Weinlese! Beiden Feinden wird mit energischen Maßregeln zu Leibe gerückt und die Einfuhr von amerikanischen Kartoffeln nötigenfalls verboten werde». Schulze Delitzsch stellte in derselben Lsitznng die oft wiederholte Frage aus: Was werden wir Reichstagsabgeordneten essen und trinken ohne Diäten? Der Reichstag entschied sich wiederum mit l58 gegen 67 Stimmen für Diäten und hofft, daß er end­lich den Stein erweichen wird.

Ein Berliner Korrespondent derAllg. Ztg." hält es für nicht unwahrscheinlich, daß außer den Reklamationen, welche man deutscherseits in Madrid zu erheben gedenkt, um den Rhcdern der BriggGustav" vollen Schadenersatz für ihren Verlust zu ver­schaffen, direkte Repressalien an den Karlisten ergreifen werden.

Nachdem der geistliche Gerichtshof Amtsentsetzung über den Bischof Martin von Paderborn ausgesprochen hat, wird nunmehr nach der Vorschrift des Gesetzes vom 20. Mai 1874 der Oberpräsident von Westfalen das Domkapitel zur Wahl eines Bisthumsverwesers anffordern. Nach den bisher gemachten Er­fahrungen wird natürlich das Kapitel dieser Aufforderung nicht Nachkommen. Wenn während einer Frist von 10 Tagen die Wahl nicht vollzogen ist, so ernennt der Kultusminister einen Regie- rnngskommissär, welcher den bischöflichen Stuhl in allen vermö- gensrcchtlichen Beziehungen vertritt. Die Gemeinden oder Kir- chenpatrone aber erhalten nunmehr das Recht der selbständigen Besetzung erledigter Pfarrstellcn.

(Ludwig der Heilige als Anwalt der Maige- setze.) An Ludwig IX. von Frankreich, dessen Frömmigkeit die Kirche bekanntlich mit der Heiligsprechung belohnt hat, richtete der Bischof von Auxerre, wie Du Boys iu seiner kistoire du droit criminrdo dos pouplos modernes ermittelt hat, folgende Adresse: ,,Sirc! Die Erzbischöfe und Bischöfe, welche hier find, haben mich beauftragt, Ihnen zu sagen, daß die Christenheit unter Ihren Händen in Verfall geräth, und daß dieser Verfall noch sich steigern wird, wenn Sie nicht Ordnung schaffen, weil Nie­mand mehr den Kirchenbann fürchtet. Also verlangen wir, Sire, daß Sie Ihren Schultheißen und Vögten befehlen, die Gebannten zur Leistung von Genugthuung an die Kirche zu zwingen." Der

König forderte hierauf, daß die Exkommunikalionen vorher ihm mitgetheitt werden, damit er wisse, ob sie gerechtfertigt seien oder nicht; die Bischöfe erwiderten, nachdem sie sich beraihen halten, daß sie dieses Verlangen in allen auf die Religion.bezüglichen Fällen ablehnen müßten.Also werde ich," antwortete der König, auch meinen Schulzen und Vögten jenen Befehl nicht erlheilen; denn wenn ich es lhäle, würde ich gegen Gott und das Recht handeln." Wir laden die Ultramoiilauen ei», sich diese Worte eines Fürsten, der im Innersten christlich empfand, der zwei Kreuz- zügc für die Ehre Christi unternahm, recht gründlich zu über­denken. Uns andern Reichsbürger» aber wirs diese geschichtliche Erinnerung auf's Neue die Uekerzeuguug stärke», daß das, was Kaiser Wilhelm, was seine Nälhe, was der Reichslag von den kalh. Priestern fordern, solange mit der kalhol. Religion nichts zu schaffen haben kann, als Ludwig der IX. der Heilige heißt.

Dem nltramoutanen Capläns-BtällchenFreie Stimme" (in Radoifszell) schreibt man:In H. macht eine auffallende G e b e t s c r h ö r u n g, der zufolge ein junger Mensch, welcher schon drei Jahre laug stumm war, die Sprache plötzlich wieder erhielt, großes Aufsehen. Sie war das Ergebniß einer Andacht zum hl. Joseph." Gegen die Skummheit helfen, scheini's, über­natürliche Mittel, gegen die Dummheit nicht meint dieKonst. Z."

Paris, 8. Jan. DieAmtsztg." meldet: ,,Präsident Mac-Mahon bat die Minister, bis znm Gelingen der Neubildung des Kabinets auf ihrem Posten zu verbleiben.

Paris, 10. Jan. Der Herzog von Broglie hat erklärt, daß er ein neues Cabincl nicht eher bilden könne, als bis sich die Nationalversammlung über die constitutionelleu Gesetze aus­gesprochen habe. Der Miuistcrrath ist iu diesem Augenblicke versammelt.

Die Botschaft Mac Mahous an die Nationalversamm­lung und die daraus entstandene Ministerkrisis machr in den Zeitungen viel Lärm. Es handelt sich dabei um folgenden Kern der Sache. Der Marschall-Präsident verlang! für die 6 Jahre, welche er noch zu regieren hat, vervollständigende Verfassungs­gesetze. Er versteht aber darunter vor allem die Bildung eines Senates (Oberhaus, Herrenhaus) und für denselben die ge­setzliche Befugniß, am 20. November 1880, dem Tage, an dem die Amtsgewalt Mac Mahous abläuft, die Form der Regierung Frankreichs (Kaiscrthnm, Königthum, Republik) zu bestimmen. Ferner versteht Mac Mahou darunter die Bestimmung, daß für den Fall seines Todes vor dem 20. November 1880 ein anderer Träger der von ihm bekleideten Gewalt unter denselben Bedin­gungen und bis zu demselben Zeitpunkte eingesetzt. Die Nat- Versammiuug hat in diesen Vorschlägen eine Jutrigue zu Gunsten eines orleauistischeu Thrones erkannt und Legitimisten, Bonapartistcn und Republikaner haben sie durch ihre Abstim­mung zu Fall gebracht und eine Ministerkrisis herbeigc- sührt. Mac Mahon ist noch niemals so entschieden für die Orleans ins Zeug gegangen, obgleich er selbst vielleicht in der Stunde der Entscheidung zwischen den Orleans und Napoleons schwanken würde.

Prinz Louis Napoleon wird am 22. d. sein letztes Examen in der Artillerie zu bestehen und damit seinen Woolwicher Kur­sus beendet haben.

Durch Enciklica vom 26. Dez. hat der Papst das Jubel­jahr angesetzt. In diesem Aktenstücke heißt es:Daher verkün­digen wir allen Gläubigen vollständigen Nachlaß aller Sünden, wenn sie in diesem Jahre 1875 nach gehöriger Reue, Beichte und Kommunion an 15 Tagen hinter einander je einmal die Tempel des h. Paulus oder Petrus oder Johannes von Lateran in from­mer Absicht besuchen, und dort für Wohlfahrt und Heil der kath. Kirche und dieses apostolischen Stuhles, für die Ausrottung der Kezerei und die Bekehrung aller Irrenden beten." Diese Aufforderung wird ohne Zweifel alsbald von allen katholischen Kanzeln Deutschlands verlesen werden. Für die Belehrung der Irrenden mag man beten, aber ist es in Deutschland, wo zwei Drittel im römischen Sinne Kezer sind, erlaubt, für Ausrot­tung der Kezerei beten zu lassen?

London, 8. Jan. Karl Blind erhielt einen Brief von Garibaldi aus Caprera vom 30. November, in welchem der alte General erklärt, er habe im letzten französischen Kriege nicht gegen Deutschland, sondern für die Demokratie gekämpft. Ueber die deutschen Fortschritte erfreut, halte er Deutschland für würdig, an der Spitze der nach Befreiung der Menschheit strebenden Völker zu gehen.

London, 10. Januar. DemObserver" wird aus Paris gemeldet, daß in dortigen diplomatischen Kreisen die Nachricht verbreitet sei, Don Alphons habe sich mit der dritten Tochter des Herzogs von Montpensier, Maria Mercedes, einer jüngeren Schwester der Gräfin von Paris, verlobt. (Wird schon dementirt.)

Eines sonderbaren Gerüchts thut ein Korrespondent des Rh. Kurier" Erwähnung. Darnach sollen Verhandlungen wegen des Eintritts des Senators Karl Schurz in das Kabinet des Präsidenten Grant stattfinden. Seine unlängst gehaltene Finanz­rede mag solchen Eindruck haben, daß der Rath dieses Mannes als wünschenswerth erschien, Nachdem die Frage der Wiederauf­nahme der Hartgeldzahlung sich allmählig zu dem von der repu-