fertigt hat: ein Stück von dem Kopfe des Fisches, der im Tobias erwähnt ist, ein Slück von dem Mantel, den Joseph in den Händen der Frau Potiphar gelassen hat; der Schnurrbart St. HieronymuS, ein Theil der Eingeweide von Judas, die hervor- qnollen, als er auseinander platzte; die Scheere, mit welcher Delilah Simsons Haar abschnitt; ein Stück von der Schürze, welche der Fleischer trug, als er bei Rückkehr des verlornen Sohnes das Kalb schlachtete; eine Schlafhaube von der Jungfrau Maria; eine dito des Knädlcin Jesu, ein Stück vom Fischernetze St. Peters und viele andere kuriose Dinge, die man vor keuschen Ohren nicht gut nennen darf. Herr Rngent berichtet auch, daß der Aufseher dieser kostbaren ReUq iien sich bitter über die vielen Diebstähle beklagt habe; ein gennfs-nloser Bursche hat ihm den Hauptschatz gestohlen, nämlicheine Feder aus dem Flügel des Engel Gabriel."

Wien, 26. Sept. Die Zurückkunft der Nordpol- fahrer bildet in diesem Augenblick ausschließlich daS Thema jeder Diskussion und die Zeitungen sind ungefüllt mit der Be­schreibung des Empfanges, der ihnen gestern zu Theil geworden und an dem sich die ganze Bevölkerung, Hoch und Nieder, Militär und Civil mit Begeisterung beteiligte. Es ist fast unmöglich, den Jubel zu beschreiben, mit dem die heimkehrenden Nordpol­fahrer hiep empfangen wurden. Die Führer der Expedition, Payer und Weyprecht sind bekanntlich durch die Verleihung des Leopoldordens ausgezeichnet worden und werden auch die übrigen Offiziere der Expedition je nach Rang und Verdienst Ordens- Dekorationen erhallen. Der Arzt vr. Kepes erhält den Orden der eisernen Krone. Die siebzehn Matrosen der Equipage werden durch goldene und silberne Verdienstkreuze ausgezeichnet. Graf I. Wilczek ist zum geheimen Nathe ernannt worden.

Wien, 28. Sept. Zwei neue Nordpol Expeditionen sind bereits beschlossen. Peyer will landwärts an der grönländischen Ostküste Vordringen und Wilczek mit Kepes seewärts vom Kap Jscheljuskim nördlich einen eventuellen Zusammenhang des Franz- Joseph-Landes mit dem Polar-Festland constatiren.

Nach einem soeben erschienene» neue» Lesoldungsgesetzent- wurf für den Kanton Zug soll ein Regierungsralh 400 Fr., der Landamwann (Ministerpräsident) 800 Fr., der Gerichtsprä­sident 500 Fr., der Verhörrichter 200 Fr. Besoldung erhalten. Man kann nicht gerade behaupten, daß dies übermäßige Besol­dungen sind.

Eine Pariser Depesche der Allg. Ztg. lautet: Wie in den Kreisen hiesiger spanischer Diplomaten versichert wird, soll die Proklamirung des Prinzen Don Alfonso von Asturien zum König von Spanien unter der provisorischen Regentschaft Serrano's für den Monat Oktober in Aussicht genommen sein.

Der Bürgermeister einer französischen Stadt sah einen Auflauf auf dem Markte und Halle keine polizeiliche Hülfe zur Hand. Da stürzte er hinzu und rief: Meine Herren, ich komme im Namen der Stadtverwaltung, um von Ihnen freiwillige Gaben für eine arme Wittive in Empfang zu nehmen! Sprachs und stand allein; alles war davon gelaufen.

Hongkong, 23 Sept. Gestern brach ein sehr heftiger Typhoon-Orkan aus. Acht Schiffe sind gesunken oder gescheitert, viele andere in's Meer getrieben. Gegen 1000 Personen sind umgekommen, viele Häuser zerstört. Die Verluste sind ungeheuer.

New-Jork, 28. Sept. Die Stadt Antigua in Guate­mala ist durch ein Erdbeben zerstört worden.

Die Kunstreiterin. (Fortsetzung.)

Und weßhalb nicht?" fragte Moritz rasch.Unschuld und Reinheit des Herzens"

Reden Sie nicht von Tugenden, welche man einer Kunst­reiterin unter allen Umständen bestreitet," siel Adele mit unver- holener Bitterkeit ihm in das Wort.Wenn auch ein Einzel­ner uns Gerechtigkeit widerfahren läßt, die große Mehrzahl bricht den Stab über uns."

Moritz suchte sie über diesen Punkt zu beruhigen, indem er ihr erklärte, daß er das Vorurtheil der großen Menge nie getheilt habe und es keinem vernünftig denkenden Menschen ein­fallen werde, den Lebenswandel des Einzelnen als Maßstab für die Gesammtheit anzunehmcn.

Aber Adele schüttelte das Köpfchen und ewiderte, daß sie ihrer Sache gewiß sei, sic habe in dieser Beziehung schon so viele Erfahrungen gemacht, daß sie die Richtigkeit ihrer Ansichten nicht bezweifeln könne.

Mitternacht war bereits vorüber, als der junge Mann den Heimweg antrat. Er versprach beim Abschied, am nächsten Tage seinen Besuch erneuern zu wollen.

Wie gefällt er Dir?" fragte Therese, als die Schwestern sich allein befanden.

Adele erröthete.

Er hat ein gutes, vertrauendes Herz," erwiderte sie, einen festen Charakter und ein poetisches, für alles Schöne und Edle empfängliche Eemüth. Seine Erlebnisse, welche er in kurzen Umrissen mir miltheilte, haben seinen Charakter gestählt, und ihm die Reinheit des Herzens und der Seele bewahrt."

Desto besser!" sagte Therese. ,,Aber laß Dich nicht vom ersten Eindruck bestechen, gar oft begegnet uns ein frommes Schaf, welches später seinen Pelz abwirft und die Wolfszähn« Zeigt."

Moritz besuchte die Schwestern täglich. Er sah sie in den Vorstellungen und in ihren Gemächern, ohne daß der Fabrikant die geringste Ahnung davon hatte. Je näher die beiden Leure einander kennen lernten, desto tiefer faßte die Liebe in ihren Herzen Wurzel. Der junge Mann beobachtete das Mädchen, er entveckle nichts, was seine Achtung für sie geschwächt hätte, und je tiefer er in ihr reines vertrauendes Herz blickte, desto mehr zog es ihn zu ihr hin.

Auch Adele lernte mit jedem Tage den edlen Charakter und das warme, liebreiche Gemüth des jungen Mannes besser kennen. Selbst Therese mußte gestehen, daß sie warme, auf Achtung gestützte Freundschaft für ihn fühle. Ihr war die Liebe der Beiden nicht räthselhaft, so plötzlich auch diese Wurzel gefaßt und Blüthen getrieben hatte. Sie wußte ans Erfahrung, daß das plötzliche, ungeahnte Erwachen im unverdorbenen Menschenhrrzen nicht zu den Unmöglichkeiten zählt. Sie beobachtete die Beiden scharf und unausgesetzt, bereit, in jkhem Augenblick zwischen sie zu treten, wenn ihr dies nöthig schien. Sie hatte Moritz ge> beten, es bei dem einfachen Beifall bewenden zu lasten und nicht durch Blumenspenden allabendlich die Aufmerksamkeit des gesammten Publikums auf sich zu lenken.

Aber das Interesse des jungen Mannes für die beiden Damen blieb kein Geheimniß. Seine Bekannten wünschten ihm Glück zu dieser Eroberung, und das cynische Lächeln, welches diesen Glückwunsch begleitete, ließ ihn deutlich erkeunen, von welcher Seite mau diese Eroberung ansah.

Sein einziger Freund, Theodor Kramer, warnte ihn, sich nicht zu tief mit diesen Damen einzulasten, damit er in jedem Augenblick das Verhältniß wieder abbrechen könne. Moritz wies diese Warnung mit Entrüstung zurück.

Kramer mochte einige Jahre mehr zählen, als Moritz. Er hatte sich stets eine gewisse Vormundschaft über das Thun und Lassen seines Freundes angemaßt. aber sein ernstes, ruhiges und gediegenes Wesen, seine Gutmütigkeit und Redlichkeit machten ihn trotzdem dem Sohne des Fabrikanten lieb und werth. Der Vater Theodors war vor mehreren Jahren mit Hinterlassung eines bedeutenden Vermögens gestorben, und der einzige Sohn dieses Mannes fand es angenehmer, daS freie, müßige Leben eines Rentners zu führen, als im dumpfen Bureau am Schreib­tisch zu sitzen. Er kannte den Charakter seines Freundes besser, als daß er demselben hinsichtlich seines Umganges mit den Kuust- reitciinnen unlautere Absichten untergeschoben hätte, er sah dieses Verhältniß vielmehr für ein unschuldiges an, welches Moritz an- knüpste, um die langen Abende angenehm zu verbringen. Er hegte durchaus nicht die Besorgniß, daß dieses Verhältniß sich ernster gestalten könne, er befürchtete nur, Moritz werde den Damen Versprechungen machen oder sich durch sie zu kostbaren Geschenken verleiten lassen.

Ungefähr acht Tage waren seit der ersten Vorstellung ver­strichen, als eines Morgens der Fabrikant seinen Sohn ersuchen ließ, zu ihm in's Cabinet zu kommen.

Moritz ahnte nicht, daß der Vater über das Geheimniß seines Sohnes unterrichtet sein könne, selbst dann nicht, als der alle Herr ihn fragte, weßhalb er seit einiger Zeit jeden Abend erst nach Mitternacht heimkehre. Er entgegnete, daß er im Kreise seiner Freunde die Abende verbracht habe und der Vater ihm deßhalb keine Vorwürfe machen könne, da er seinen Pflichten im Geschäft pünktlich und gewissenhaft nachgekommen sei. Der Blick des alten Herrn ruhte durchbohrend auf den Zügen des Sohnes.

Sage die Wahrheit," versetzte er,warst Du im Circus?"

Moritz fühlte, daß er an einem Wendepunkt seines Lebens stand, seine ganze Vergangenheit zog in diesem Augenblick blitz­schnell an seiner Seele vorüber. Ihn ärgerte es, daß er noch immer sich unter die Ruthe des Vaters beugen sollte, das Gefühl der Selbstständigkeit, das männliche Ringen und Streben nach einer unabhängigen Stellung war gleichzeitig mit der Liebe in seiner Seele erwacht.

Ja," erwiderte er ruhig,ich war dort."

Jeden Abend?"

Jeden Abend!"

Der Fabrikant las in dem Blicke seines Sohnes, was in der Seele des Jünglings vorging, aber er war nicht geneigt, nachzugeben.

Was thatest Du nach der Vorstellung?" fragte er nach einer Pause.

Moritz zögerte. Erfuhr der Vater das Verhältniß mit der Kunstreiterin, so war der Bruch vollständig und die Kluft un- übersteigbar.

Lüge nicht!" fuhr der Fabrikant im Tone rauher Strenge fort,ich bin genau unterrichtet. Die Cirovallis haben Dich in ihren Netzen gefangen. Wie tief hast Du Dich mit ihnen ein­gelassen?"

(Fortsetzung folgt.)