Berlin, 30. Mai. Wie aus guter Quelle verlautet, wird von liberaler Seile im nächsten Reichstage der Antrag ein- gebrachl werden, eine Reichs-Gewerbe-Slener emzusühren und dabei insbesondere zu berücksichtigen, 1) daß die Höhe der Ge­werbe-Steuer mehr durch dis Größe des in dem Gewerbe-Betriebe angelegten Capitals, als durch die auf dem Betrieb verwendete Arbeitskraft zu bestimmen sei, und 2) daß die Größe der Vor­theile, welche die betreffenden Gewerbe-Betriebe von den Ltaats- Anstalten und Einrichtungen haben, die Höhe der Steuersätze mit bestimmen müsse.

Berlin, 30. Juni. Der Kaiser hat die nachgesuchte Entlassung des Präsidenten des Reichs-Eisenbahnamts scheele ertheilt. An Stelle des-üben 'st der Präsident Maybach zum Präsidenten des Reichs EisenLahn-Amls und gleichzeitig bis auf Weiteres zum Bevollmächngeu beim Bundesraty ernannt worden.

Der HamburgerVolkszcüuug" gehl von befreundeter Seite aus Amerika ein Brief mu der Lilie um Veröffentlichung zu, in welchem ein elendes, schon so oft durch die Presse gerügtes Verfahren amerikanischer Agenten, durch welches junge deutsche Mädchen in's Unglück gebracht werden, grell illustnrl wird. Das Schreiben lautet:Von Bremen und Hamburg aus werden durch Annoncen in den getreusten deutschen Zeitungen junge Mädchen als Gouvernante:', und Erzieherinnen, Gesellschafterinnen :c. zu engagiren gesucht n. . wenn sie jung und hübsch sind, auch gegen außerordentlich anustige Bedingungen nach Amerika hin angeworben. Als Best-m-nungsort wird gewöhnlich ein Land­sitz in der Nähe NcwM.s oder irgend einer andern großen und bekannten Nordamerika:;.scheu Stadt angegeben. So ist nun schon so manches gebucete und schöne junge Mädchen, mit Reise­geld reich ausgestaltct, voll der besten Hoffnungen, dorthin abge­reist um einem ofsinbaren Verderber in die Hände zu lausen. Am ersten Bestimmungsort, New Jork nämlich, wurde die junge Dame bereits erwarie-, von einer Abgesandten ihres neuen Dienst­herr» liebevoll in r -. -gfan genommen und vorläufig in einem Gasthause untergebrawl. Doch von dem Augenblick, da sich die Pforte des vermeintlichen Gasthauses hinter ihr schloß, war die Bedanernswerthe einem entsetzlichen Schicksale geweiht. Wenn auch erst nach und nach, doch nur zu bald ward sie dann inne, wo und in wessen Gewalt sie sich befand, und weder die Aus­brüche der furchtbarsten Verzweiflung, noch die inständigen Bitten um Erbarmen konnten sie jetzt mehr vor dem Schickial retten, das ihr bevorstand. Ganz macht- uad w'llenslos in die Hände der grausamsten und habgierigsten Unholde gegeben, von der Außenwelt durchaus abgeschnitten ward die Aecmße durch Ge­waltmittel jeder Art dem Willen Heer heu. .er nur zu oatd ge­fügig gemacht, ward ein Werkzeug des traurigsten Erwerbs. Eine nähere Erklärung ist wohl kaum uAM-.-oig. Zunge Mäd­chen seien daher dringend gemahnt, daß st. entweder durch Be­kannte dort oder durch die Gesandtschaft stets vorher Erkundigungen entziehen lassen, ob die Person, wuchs sic zu engagireu wünscht, auch wirklich existire, und ob es überhaupt Derjenige sei, als welcher er vom Unterhändler beze M-t wird. Der Anhalt, wel­chen die Legitimationspapiere des Unterhändlers bieten, dürfte nicht immer ausreichend sein. Auch ei noch daraus hmgewiesen, daß irgend ein Contract oder Abte - men, gleichviel weicher Art, wclÄ-S hier für Amerika geschlossen wird, für beide Theile dort nu, dann bindende Kraft hat, wen; es unter der Autorität der amerikanischen Gesandtschaft geschloffen worden ist."

Wien, 30. Juni. Wie sich die Folgen des bösen Krach­jahrs überall in der Gesellschaft zeigen, fo treten sie nunmehr auch in oen Ausweisen der Staatseinkünfte zu Lage. Die Ein­nahmen der Post betragen im ersten Viertel dieses Jahr um 800,000 fl. weniger a' für dieselbe Zeit im Vorjahre. Und dabei stiegen die Ausgaben.

Wien, 30. Juni. Im Ackerbauministerium zeigt man sich sehr zuversichtlich in Bezug auf die Ernte. Nach amtlichen Berichten zeigen in Nn ausschlaggebenden Distrikten namentlich die schwere GMei'oegattungen Gersten und Waizen einen so günstigen ü md wie er seil dem Glanzjahre 180? nicht mehr konstatir: c.m coanie. Es knüpfen sich an dies voraussichtliche

Ernteergebnis nicht w-. >:g sanguinische Hoffnungen, und zwar nicht blos in aus ich- -ch finanziellen Kreisen.

Eine bejam ' nsoerthe Dulderin hat das Städt­chen Perbach in S:ec- bälgen aus-»weisen. Dort liegt eine Frauensperson Nm M -.m . Marn -st schreibe: sechs und vierzig Jahre »raut, duruüw, c. -'s : .hriges Mädchen legte sich dieselbe am M a.. -.rag.. also m 22. Juli, im Jahre 1828 krank . L n, und har seitdem das Krankenlager nicht wieder verlass«'.

Paris, 1 I; T.. Dreißiger-Ausschuß hat die legilimistische Fassung. ; Art , .- llche darauf abzielte, den TitelPräsident der Republik" zu .-.-.'.erdrücken, abgelehnt, und Art 1 in folgender Fassung ans.enc;nmen: Die Präsidentschaft der Republik ist dem M '.stcha;- Mahon für 7 Jahre an- vertraul. Die übrigen Artikel gemäß dem Entwurf

Broglics angenommen.

London, 29. Juni. Der deutsche Botschafter jhat dem Bürgermeister von Rtzde die Mittheilung gemacht, daß der Kron­prinz von Deutschland und seine Gemahlin am nächsten Freitag in Ryde cintreffen werden.

Lodon, 30. Juni. Galway und Ward, die Deputaten der Kohlcn-Arbeiter von Barnsley, haben den Vorschlag, den Lohn um lOpCt. herabznsetzen, abgelehnt. Es wird ein Arbeiter- strike von 20,000 Mann befürchtet.

Madrid, 30. Juni. Die Regierung hat beschlossen, dem gefallenen General Concha ein feierliches Leichenbegängniß zu veranstalten und ihm ein Denkmal zu errichten. Die Armee soll in zwei Corps formirt werden mit Hauptquartieren in Tasalla und Miranda. Die Truppen der Regierung haben kein Geschütz und kein Bagagestück verloren. Don Alphons soll am Arme verwundet sein. Die Armee hält Miranda, Arga, Olite und Tasalla besetzt. Ihr Vertust betrügt 800 an Tobten und Verwundeten.

Das ungarische Blutweib.

Historische Skizze von A. Patuzzi.

Aus einem der vornehmsten Geschlechter entsprossen, ans dem Hause üerBäthori, das Helden erzeugt und einen König, Stephan, der die polnische Krone trug, lebte Elisabeth B ü- lhori, die Willwe des Landes Oberstallmeisters Grasen Franz Nudasdi, in Glanz und Pracht auf dem Schlosse Cseithe in der Neutraer Gespannschaft. Die Geschichte hat ihren Namen mit Grauen verzeichnet und das Volk nennt sie noch heutedas Blutweib."

Selbst im Besitz großer Neichthnmer, hatte Elisabeth sich mit dem Grafen wohl nur deßhalb verbunden, weil dieser zu den reichsten und mächtigsten Familien gehörte, so daß sie nach dessen Tode einen auch für die Magnatengeschlechter beispiellosen Aufwand machen und einen wahrhaft königlichen Hofhalt führen konnte. Unter ihrem Amte befand sich ein alter türkischer Arzt von großer Geschicklichkeit, der, wie die Sage bewahrt, sich ans Zauberkünste trefflich verstanden haben soll; neben ihm ein häß­licher Zwerg Johann Ficzkü, der dem Willen seiner Herrin zufolge ebenfalls chirurgische Studien gemacht und sich durch ungewöhnliche Bosheit und Grausamkeit auszeichnete. In seinem unnalürsich entstellten Körper lebte eine Seele, welche ganz dieser elenden Behausung würdig war.

Elisabeth hielt eine besonders große Anzahl von Mädchen um sich, von denen die meisten jung und sehr hübsch waren, denn da die Herrin selbst von großer Schönheit, scheute sie eben nicht den Vergleich, und ihr Hochmuth, ihr Stolz ließen auch nicht im entferntesten den Gedanken auskommen, daß man sie jemals mit ihren Dienerinnen vergleichen würde.

Gegen die letzlern übte sie eine Härle, welche jedes Maß überschritt und an die sinnloseste Grausamkeit, an den Wahnsinn grenzte. Eitel, wie sie war, hielt sic immer einen Kreis von Verehrern um sich, und kannte keine größere Freude, als sich im vollsten Putze, in der reichen altungarischen Edeltracht zu be­wundern. Als aber die Zeit kam, wo ihr die feingeschliffenen Gläser ihrer venetianischen Spiegel kein in üppiger Schönheit blühendes Gesicht mehr zurückstrahlten, dachte sie nicht an die Vergänglichkeit alles Irdischen, sondern nur daran, wie sie sich verjüngen ober wenigstens den Schein der Jugend sich bewahren könne.

In langer Berathung mit dem Türken, ihrem Leibarzt, j erklärte ihr dieser, es gebe nur ein Mittel, und das bestehe darin, in dem Blute zu baden, das Jungfrauen in Martern und Qualen vergossen, oder wenigstens sich damit zu waschen.

Hatte nun der Ruchlose diesen Rath aus Ehristenhaß ge­geben, oder weil er selbst in dem Aberglauben befangen war, welcher die Heilkunde jener Zeit verdunkelte, genug, dieser Rath wurde in grauenvoller Weise befolgt.

Aus der Zahl der Dienerinnen verschwand ein Mädchen nach dem andern, und wenn Eltern oder Verwandte nach einem derselben sich erkundigten, hieß es immer, die Dirne sei gestorben und begraben. Diese seltsame Sterblichkeit in einem Schlosse, das eine gesunde Lage hatte, und zu einer Zeit, wo keinerlei ge­fährliche Krankheit herrschte, mußte anffallen, und niemand wollte mehr eine Verwandte zum Dienen nach Cseithe lassen.

Elisabeth hatte zwei Frauen um sich, die Wittwe Helene Kowis, welche man auch diekahle Kutscherin" nannte, und eine Frau Dorkö, denen sie besonders Vertrauen schenkte, und diese , sandte sie mit dem Zwerge Fizcö aus, um neue Mädchen herbei- znlocken. Diese streiften bis nach Kroatien und lockten junge und hübsche Mädchen von Bauern und Bürgern an sich. Bald ver­sprachen sie ihnen, sie an reiche Kauflente zu verheirathen, bald einen Dienst als Kammerfrauen auf Edelsitzen, wo sie das beste Leben von der Welt führen sollten, und zahlreich sielen die Opfer in diese Schlingen.

Nachdem sie ihrer Herrin bereits eine Anzahl solcher Mädchen zugeführt, die von Niemand gesehen wurden, da sie niemals das Schloß verlassen durften, so stießen sie auch einmal im Walde bei Arsnyos auf eine Köhlerhütte und fanden dort einen Greis