entschlossen sind, ihr Leben für das Vaterland hinzugeben und weitste von Jugend ans unterrichtet werden, den Feind, der sich zeigen sollte, zu tödten. Die ganze Größe Preußens hat ihren Keim in der Heeresorganisalion. Seit Friedrich der II ist es entschieden und anerkannt, daß Jeder Preuße Soldat sein soll. Preußen hat drei Festungslinien: I) die aktive 'Armee, 2) die Reserve, 3) den Landsturm. Nur durch die heilsame und stärkende Tugend der allgemeinen Wehrpflicht konnte ein kleines Volk von einigen Millionen Seelen mit einem Einkommen von HO Millionen der Reihe nach die Armeen Frankreichs, Rußlands und Oesterreichs schlagen. Die Oesterreicher, die Russen und Franzosen hatten Soldaten: die Preußen waren Soldaten. Das ist das Geheimniß ihrer Stärke. Rüsten wir uns, unterrichten wir uns, üben wir uns. Da und nirgends anders liegt das Heil. Das Kasernenleben hat sein Gutes; das Lagerleben ist tausendmal vorzu;iehen. Die Veste und schönste Armee Napoleons I. war die, welche sich im Lager von Boulogne gebildet hatte. Offiziere und Soldaten, die durch ein gemeinsames Leben mit einander verwachsen waren, machten ein festes, dichtes Ganze ans. Diese wunderbar organisirte Kraft eilte von einem Krieg rum andern, von den Küsten des Oceans dis aus die Ebenen von Ulm. Durch daS Lagerleben hat Herr Thiers mit unglaublicher Schnelligkeit unsere so grausam geprnfie Armee wieder auf die Füße gestellt. Der Versuch des Frühjahrs 1871 wird einst von den Geschichtschreibern als ein Lug wahren Genies wicdcrcrzählt werden. Denke man doch, was unsere Soldaten im Februar waren und wie ein dreimonatliches Lagcrleben ganz andere Menschen aus ihnen gemacht hat.
Paris, 19. Febr. Der „Temps" schreibt: „Die Rede, welche der Feldmarschall v. Molike vorgestern im deutschen Reichstage gehalten hat, liegt uns nun im Wortlaute vor. Diese Rede, deren Sinn nach dem telegraphischen Auszugs (in Folge eines Mißverständnisses der „Agence Havqs) nicht recht klar war, enthält nichts, worüber wir uns beunruhigen sollten. Der Chef des deutschen Gencralstabs hat sich sehr maßvoll ausgedrückt. Indem er aus die Anstrengungen hiuwies, welche wir in Frankreich für die Wiederherstellung unserer Armee machen, und die bereits erzielten Resultate vielleicht übertrieb, jedoch weit entfernt, sich über dieselben zu beklagen, sie vielmehr lobend anerkannte, verhehlte Hr. o. Moltke auch nicht das Mißtrauen, welche nie deutsche Militärmacht in Europa und namentlich in gewissen kleinen Staaten rege gemacht hat, und wenn er auch die friedlichen Gesinnungen der deutschen Regierung belheucrte, schien er doch ziemlich bereitwillig zuzugeben, daß dieses Mißtrauen nach den Erfolgen und Annexionen von 1870 nicht von einem Tag zum andern verschwinden könne. Endlich erkannte er auch ohne Bedenken die Uebebelstände, Gefahren und Lasten des bewaffneten Friedens an, welcher seit so langer Zeit auf Europa drückt, und beglückwünschte im Voraus die künftigen Geschlechter, denen es vielleicht beschicken sein wird, in besseren Verhältnissen zu leben. Hr v. Moltke glaubt übrigens, daß der Staat mit den Friedens Ausgaben ebenso wenig als mit den Kriegs-Ausgaben feilsche» soll, und in dieser Hinsicht sagte er: „Ich will hier nur der Schule erwähnen, welche unsere Stütze gegen Gefahren sein muß, die uns ebenso gut bedrohen können, wie ein äußerer oder innerer Angriff. Diese Gefahren sind die socialistischen unv commnnisti- schen Bestrebungen, und wir können sie nur durch sociale Verbesserungen und durch eine größere und allgemeinere Verbreitung der Bildung beschwören." Hr. v. Moltke wollte damit beweisen, daß der Reichstag für jetzt keine Verminderung der finanziellen noch der militärischen Lasten gewähren dürfe, und der Grund- Gedanke seiner Rede liegt vielleicht in den Worten: „Wir sind noch nicht so weit, Stener-Reductionen empfehlen zu dürfen." Andere Zeitungs-Stimmen über die Molrke'sche Rehe sind so närrisch, Laß es bloße Zeit und Raum Verschwendung wäre, sie hier wiederzngeben. (Frkf. I.)
Paris, 20. Febr. Die Abendblätter reproduzircn in extenso die Reichstagsrcde des Grafen Moltke, indem sic deren Wichtigkeit konstatiren. Die Blätter meinen, Frankreich sollte aus den Lehren, welche diese Rede enthalte, 'Nutzen ziehen.
Paris, 20. Febr. Die Amtsztg. veröffentlicht ein Rundschreiben des Ministers des Innern, betreffs der Einladung des Bonaparlisten-Komite in Paris zur Feier der Großjährigkeit des Prinzen Napoleon. Das Rundschreiben führt ans, diese Kundgebung habe einen politischen Charakter und könne den Glauben erwecken, das Recht des Prinzen, Frankreich zu regieren, solle anerkannt werden. Der Minister fordert deshalb die Präfekten auf, zu wachen, daß die souveräne Entschließungen der Nationalversammlung nicht beeinträchtigt werden, eine öffentlche Propaganda zu verhindern und Staatsbeamte von der Theil- nahme abzuhalten.
London, 18. Febr. Die Wahlen sind endlich vollständig bekannt. Von 653 Unterhansmitgliedern lassen sich 351 als Konservative, 302 als Liberale bezeichnen. Erwähnungswerth ist noch, daß in England, Schottland und Wales kein einziger Katholik gewählt, daß, mit alleiniger Ausnahme von Glasgow, kein einziger Katholik auch nur als Kandidat vorgeschlagen wurde,
während doch seit der Katholikcn-Emanzipation (1829) fast in jedem Parlamente katholische Herren für englische Wahlbezirke gesessen hatten und zwar meist Sprößlinge der ersten kathol. AdelSfamilicn.
Der Times aus Philadelphia wird telegraphirt: Die Todten- schau der siamesischen Zwilljinge ergibt, daß keinerlei anatomische Ursache vorliegt, welche darauf schließen läßt, eine Trennung hätte den Tod zur Folge haben müssen. Das Band enthielt vier membranöse Säcke, Fortsetzungen der Banchfälle. Diese Säcke befanden sich in einer solchen Lage, daß sie durch einen Schnitt im Zentrum hätte getheilt werden können. Solch ein Einschnitt wäre zwar gefährlich, aber nicht nothweudig tödt- lich gewesen.
Cartouche.
fFortjetzung.)
Eitle Täuschung! Während der Gouverneur und der Marquis das Znnmer verlassen, bleibt der Kammerdiener im Bette liegen.
Zum Glück war es dem Marquis noch nicht eingefallen, die Cassette zu untersuchen, aber dennoch empfindet Cartouche Todesqualen.
Endlich, gegen 10 Uhr, steht der Kammerdiener auf, um im Freien frische Luft zu schöpfen!
Jetzt kann der jugendliche Dieb den Sprung wagen, aber er will auch nicht umsonst gelitten haben.
Er läßt den Inhalt der Cassene in seine T siche gleiten und springt hinunter.
Der Sprung war fast betäubend, doch rafft ihn die Angst illieder empor, um schleunigst auf seine Sicherheit zu denken.
Im Begriff aus der Thüre zu gehen, treten ihm — der Marquis und der Gouverneur entgegen.
Stummes Erstaunen! Dann aber entströmt in der Form eines inzwischen ersonnenen Märchens ein solcher Redeschwall den Lippen des Diebes, daß die ihm Begegnenden aufs Wort glauben.
Leider hat die Geschichte uns nicht anfbewahrr, was er ihnen aufgebunden hat, daß er aber Thräuen bei dieser seiner Mittheilung vergossen hat, steht fest.
Der Direktor deS Collegiums aber hatte geschworen, den Flüchtling exemplarisch zu bestrafen.
Diese Nachricht theilte ihm der Marquis mit, und bat den Freund, noch einige Tage hindurch sich in der Schule nicht blicken zu lassen, bis der Zorn des Direktors verraucht sei und die Mitschüler einen erträglichen Frieden mit demselben abgeschlossen haben würden.
Tief gerührt von der liebevollen Theilnahme des Freundes umarmt er denselben, in untröstlich, ihm auch nur auf einige Tage verlassen zu müssen und eilt von dannen mit dem festen Vorsatze, das Collegium mit keinem Fuße wieder zu betreten.
Die hundert sauer erworbenen Kronthaler halte er in der Tasche und er hielt sich kcofusreich.
Dies war des jugendlichen Eariouches Erstlingsdiebstahl, der ohne Frage mit außerordentlicher Schlauheit, Frechheit und Ausdauer ausgeführt war und dem jungen Manne das Progno- stikon stellen mußte, daß er es noch einmal zu einer großen Meisterschaft in seiner gefährlichen Kunst bringen würde.
Er kehrte einstweilen zu seinem Vater zurück, den er gleichfalls durch eine ersonnene Lüge besänftigte.
Lange hielt er es indeß in den begrenzten Verhältnissen des elterlichen Hauses nicht aus. Er trieb sich meistens in den Straßen umher und mauste allerlei Kleinigkeiten.
Da plötzlich bekam der Vater Nachricht von dem in der Wohnung des Marquis verübten Diebstahl. Er wüthete und drohte den mißrathenen Sohn umzubringen, Cartouches mitleidiger Bruder setzte ihn von der Stimmung des Vaters in Kennt- niß und rieth ihm, nicht wieder zurückzukehrcn.
Der junge Jndustrieritter leistete dem wohlgemeinten Rath Folge, und, da er sich in Paris überhaupt nicht mehr sicher hiell, eilte er ans dem Thore, strich über die Felder und schlief in einem Busche ein.
Als er erwachte, drangen ihm unbekannte Laute ins Ohe und er sah sich von einer Zigeunerbaude umgeben, die ihn scherzend an sich lockte. Er aß und schlief bei ihnen, und als er am zweiten Morgen erwachte, fand er seine Taschen geleert, die gestohlenen Kronthaler waren ihm wieder gestohlen. Die Zigeuner suchten ihm in gebrochenem Französisch deutlich zu machen, daß er keine Aussicht habe, jemals auch nur einen Thaler davon wieder zu erlangen, stellten es ihm frei, bei ihnen zu bleiben, ihr Genoß zu werden und seine Talente in ihrer Gesellschaft und unter ihrer Leitung zu entwickeln.
Las freie Leben gefiel ihm, und versprach, bei ihnen zu bleiben.
(Fortsetzung folgt.)