Der russische Bolschafiee in Paris, GrafOrlosf, hat während seines Aufenthalts in Berlin vor einigen Lagen allein bei dem Fürsten Bismarck gespeist, uns mit demselben eine sehr lange Konversation gehabt. Graf Oriofs halte seine Reise nur unter der Voraussetzung unterbrochen, daß es ihm möglich sein würbe, eine längere Rücksprache mit dem Fürsten Bismarck zu nehmen.
Gotha. Eine Räuberbande haust, wie die „Magdo. Z." meldet, gegenwärtig im Thüringer Walde. Gin Bravouritück hat dieselbe jetzt u» Dorfe Nazza, unweit Gotha, ansgefüyrt. Dort sind acht solcher Kerle in ein Bäckerhans eingevrungen und haben in der Nach! alles, was nur transportabel war, namentlich die Wäsche, Kleider, Hausgerärh ec. foilgenommrn. DaS Attentat in vollständig schnlgerecht ansgesnhn worden, einige suchten, andere räumten und die übrigen Kerle Hielien Wacht. Die Sicherheitsbehörde Hai ihren ganzen Apparat in Bewegung gesetzt, um der Freibeuter habhaft zu werden.
Düssctvors, 10. Febr. In der heutigen Verhandlung des Strafgerichts über die bekannte!! Vorgänge in dem Reusser Nonnenkloster wnrden wegen fahr lässiger Löütung die Vorsteherin Dorothea oder der tz zu 2, Johanna O s s e n d o r s zu l Monat Gefängnis: verurcheilt. Die Oeffcmlichkeik war ausgeschlossen.
Metz, tO. Febr. „Moniteur de la Moselle" meldet, baß die 10 elsas; - lothringischen Abgeordneten an, Freitag gemeinsam in den Reichstag Mittelen werden.
Die „N. Fr. Presse" definit die Bedeutung der Kaiserreiche wie soign Was zwei Staaten, deren Interessen keineswegs dieselben sind, von einander verlangen können, ist gute Nachbarschaft. Zwischen Oesterreich und Rußland Hai sie seit dem Kiimkriege durch viele Jahre gefehlt, und jetzt wird sie durch deutsche Vermittlung wieder Hergestell!. Der Besuch Franz Ioses's in Pet.rsburg gilt u»S als äußeres Zeichen dieser Wreder- herstcünng — eine größere politische Tragweite legen wir ihm nicht bei. 'Was die französischen Konjekturen belrifft, so halten wir sic für eine ziemlich schlechte Musik zu der neuen „Wiuiemeise".
Bern, 10. Febr. Die Negierung des Kantons Doimhurn bat den ans dem Jura ausgewiesenen Geistlichen den Aufenthalt im Kauion untersagt und dieselben angewiesen, den Kanron innerhalb 3 Tagen zu verlassen.
General Lamarmora hat nicht allein sein Mandat als Abgeordneter niedergelegt, woranshin die Kammer vorerst einen zweimonatlichen Urlaub eriheilie, sondern auch um seine Entlassung ans der Arme gebeten. Derselbe soll sich, wie man der „N. Fr. Presse" ans Rom schreibt, gar mit der Idee tragen, den Fürsten Bismarck zu fordern.
Der „Polerin"erzählt von zwei neuen Wundern, von welchen das eine zu Marseille, das andere zu Föntet, einem Dorfe des Departements der Gironde, sich zugetragen hat. Zu Marseille im Kloster der Loours ,1s la kstraits fand eine Ronue am 19. Januar, Abends 7 Uhr, daß die ewige Lampe ans Mangel au Oel erlöschen werde. Sie betete zur heiligen Jungfrau: „O gute Mutier, ich würde ja so gern die Lampe bis morgen früh brennen lassen, aber ich habe kein Oel mehr." Am nächsten Morgen fand die Nonne die Lampe brennend und voll Oel. Sie meldete diesen Umstand sofort der Superiorin, welche ihn dem Beichtvater mittheilie. Man untersuchte. Niemand war der Lampe nahe gekommen. Indessen zweifelte man noch an dem Wunder, welches sich aber noch ans andere Weise belhäügte. Im Krankensaale befand sich eine Nonne, die seit sechs Monaten an einer Rnckenmarkskrankhci! darniederlag, welche zwei geschickte Aerzte für unheilbar erklärt hatten. Man erzählte dieser kranken Nonne von dem Mirakel, und sic wünschte, daß man ihr mit dem Wun- dcröle den Rücken einreiben möge. Es geschah, und sofort legten sich die Schmerzen. -Da kam die Snperiorin aus den Gedanken, der Nonne einige Tropfen von dem Oele einzugcben, und siehe! vollständige Heilung! Die kranke Nonne findet sich heule wohl und ißi und trinkt wie sonst. — Zn Föntet ist die heilige Jungfrau erschienen. Der „Pslerin" sagt: „Die heilige Jungfrau zeigte sich sehr betrübt und ganz tu Thränen. Sie hat gesagt, es würden große Ereignisse geschehen und großes Unglück würde über Frankreich Hereinbrechen." Nun soll auf der Stelle des Hauses, wo die Erscheinung sich zeigte, eine Kapelle errichtet werden. Eine von dem Cardinal-Erzbischof von Bordeaux ernannte Kommission ist mit der näheren Prüfung dieses neuesten Wunders beauftragt worden.
Eine Gebirgsidylle.
(Fortsetzung unv Schluß.!
Als sich der Lärm gelegt hatte, fuhr der Redner fort: „So — meine liabe Landsluit — mit der Arbeit wäret mer fertig — jetzscht kann's Fescht losgehe. — Tretet nur näher, ihr druizehn Manne, und lotet, was i uich z'sage ha. Wie alle Jahr heut die druizehn ehrsame Nachbarg'moinde e Paar snnkel- nagelnnie Bergschnh für den bschtimmt, der 's wüeschteste Gsicbk schneida ka. Also, ihr erwählte Vetrauensmänner, probirt uir Glück. Der Herr Schuttes selb und zwanzg guet beleumundete Banrc ans üsere Gemeinde werde richte nach Pflicht und Givisse Komi», Dolfelc, D» kannschst glci den Anfang mache!"
Dolfele Urach, der Gemeindejchweinhirt, eine ungeschlachte Gestalt mit dem Ausdrucke porenzirter Bornirlheit in jedem Ge- sichlszuge, drängle sich aus der Reihe seiner Mitbewerber vor. Er hatte viele Chancen des Erfolges für sich, ja der Ochsen- wirth wettete sogleich bei seinem Erscheinen mit dem Kirchbauern zehn Maß Bier gegen eine, daß dieser Candidat gewinnen würde. Der göttliche Sanhirt präiudirte mit einigen infernalischen Zuckungen der breiten Mundwinkel, dann zog er die Angenbraunen weit in die Höhe, streckte seine Zunge aus dem Munde und schnitt jo eine Fratze von wunderbarer Abscheulichkeit. In dieser Stellung verharrte er fast eine Minute. Die Versammlung begaffte ihn mit sprachlosem Entzücken — endlich begannen einige jüngere Zuschauer zu kichern, andere lachten lauter und zuletzt brach die Menge in wieherndes Gelächter aus. „Hescht's brav gemacht, Dolfele! Du bischt der rechte Kerle! Du ge- wlnnschi's!" riefen ihm seine Parteigänger zu, während die übrigen Wettkämpfer durch Kraftsprüchc ihre Genossen zu erhöhten Aust,engiu,gen angcfenert wurden. Der Warzentoni kam nun an sie Reihe, ihm folgte der Schielwastei, der Knöflesresser, der krumme Siech, der Lätschenheinerle, der gschtnmpet Frieder, der Kniperlknapp, der Ochsengrind, der Munisäckl, der Ma- tratzcnkops, die Wurschtgoschn und der Schlampamper, und jeder suchte seinen Vorgänger durch die Orginalilät der Grimassen zu übcriresfen. Die Bauern schwammen in einem Meere von Vergnügen. Endlich, als kein freiwilliger Bewerber dem Aufrufe der Preisrichter Folge leistete, traten diese zusammen, um den Schiedsspruch zu fällen. Die Volksstimme bezeichnen: zum Voraus den Dolfele als Sieger.
Während dieser Vorgänge waren Herr Silbcrlöw und seine Gattin, von dem Postillon geleitet, auf dem Festplatze erschienen und harten, ohne daß man sie in der Aufregung beobachtet hätte, dem Schauspiele stillschweigend zugeschaut. Rachel war empört über die gemüthlichc Bestialität des Wettkampfes. Waren das die harmlosen Nalurkinder aus Auerbachs Dorfgeschichten? Unmöglich ! Nimmermehr!
Herr Silbcrlöw hatte einen nngünstigen Standpunkt erhalten. Erstens konnte er wegen seiner Kurzsichtigkeit nicht sehen, was die Leute in dem Kreise trieben, und zweitens stießen und drängten ihn die groben Bauernbursche von einer Seite zur andern, bis er schließlich an die Umzäunungsplankc gedrückt war. Ein sieben Schuh langer Brüuknccht gab ihm hier noch ein Rippenstoß — das Brett krachte, brach — und Herr Silbcrlöw befand sich plötzlich im Kreise unter den Wettkämpfern. Diese hatten ihn nicht sobald erblickt, als sich ihrer dumpfe Verzweiflung be- mächligie, das Volk aber, hingerissen von der wunderbaren Abnormität der Silberlöw'jchen Visage, überschüttete den unglückliche» Bankier mit Beisallssalvcn. Jedermann wollte de» Tausendkünstler sehen, der solch' ein Gesicht schneiden konnte und bald war Rath geschasst. Trotz alles Sträubsns erfaßten ein halb Dutzend nervige Fäuste den zeternden Börsenmagnaten, hoben ihn aus die Schultern zweier Gebirgsbauern und zeigten ihn triumphirend der Menge. Rachel sank mit einem Schreckensruse in die Arme des Postillons. Unter dem zustimmenden Geschrei der Zuschauer bewegten sich die Preisrichter in die Nähe des Gescierlen und der Festordner sprach: „Liabe Herr! Nix für unguat. Uich gehört der Preis — da heut Er d' Schuhe; jetzscht aber seid so guet und zeiget üs Euer wirklichs Gsicht, damit die Andern an nebbes von uich lerne könnet — —"
„Fort! Fori! Gott meiner Väter, rette mich aus den Händen der Philister," kreischte Herr Silberlöw, nahm aber doch die dargebotenen Bergschuhe an und stürmte damit zu Rachel, seiner Gattin. Diese hatte sich eben aus ihrer Ohnmacht aufgerafft und starrte das Gorgonenhaupt ihres Gemahls entsetzt an. „Jakob! — Unglücksmann!" stöhnte sie, „wirf weg die schimpflichen Schuhe." — ,Aß ich wär c Narr," erwiderte vollkommen gefaßt Herr Silberlöw, „die Schuh sind neu, und wenn sie mer nicht passen, zahlt mer der Vetter Cohn alle Tage dafür zwei Gulden sechsunddrcißig Kreuzer mit Handkuß."
Allerlei
— (D ieletzte il Leben stagedersia m esi scheu Zwillinge.) Die „Nemy. Hdlsztg." gibt über deren Tod folgende Details: Dieselben sind am 17. Jan. aus ihrer Farm in Nord- Earolina gestorben. Der eine Zwilling, Chang, war bereits seit vergangenen Herbst gelähmt und trank sehr viel Spirituosen, um sich Erleichterung von seinen Leiden zu verschaffen. Seit mehreren Tagen hatte seine Schwäche derartig zugenommen, daß er das Krankenbett, welches sein Bruder Eng nothgedrungen mit ihm theilen mußte, nicht mehr verlassen konnte, und am Morgen des vergangenen Sonnabend starb. Sobald Eng sah, daß Chang todt war, wechselte er zwischen Stumpfsinn und Raserei ab und verrieth zeitweise Zeichen totaler Geistes-Abwesenheit. Der Aufregung folgte große Abspannung und zwei Stunden nach dem Dahinscheiden des einen Bruders folgte der andere. Die Familienglieder der Zwillinge sind von tiefem Schmerz erfüllt und die Kinder, worunter viele taubstumme, drücken ihre Trauer in kläglichen Gebehrden aus.