hung. Gesetzentwürfe über die Vewaltung der Einnahmen und Ausgaben des Reiches und über die Einrichtung und die Befug­nisse des Rechnungshofes sollen diese von den verbündeten Re­gierungen wie von dem Reichstage empfundene Lücke unserer Institutionen ergänzen. Die Rechnungen über den Haushalt der Jahre 1867 bis 70 werden Ihnen zur Entlastung vorgelcgt werden. Die rechtliche Stellung der Presse ist bereits im ver­flossenen Jahre Gegenstand der Berathungen des Bundesralhs und des Reichstages gewesen. Das Bedürsniß eines gemeinsa­men Gesetzes über diese Materie ist außer Zweifel. Die ver­bündeten Regierungen haben den von der königl. preußischen Re­gierung gestellten Antrag ihrer Berathuug unterzogen und sind bemüht, in dem Ihnen vorzulcgenden Ergebnisse ihrer Beschlüsse die berechtigten Ansprüche aus freie Meinungsäußerung durch die Presse mit den Anforderungen in Einklang zu dringen, welche das öffentliche Interesse mit nicht minderem Rechte gegen den Mißbrauch dieser Freiheit erhebt. Eine Novelle zur Gewerbe-j ordnnna, welche Ihnen vorgelegt werden wird, soll die Schlich.j tnnq von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern durch Gerichte, deren Mitglieder ans beiden Lebenskreisen ent­nommen sind, einem einfachen, von jeder lästigen Form befreiten Verfahren sichern. Sie soll ferner Vorsorge gegen die Nach- theile treffen, mit welchen die öffentliche Ordnung und die na­tionale Arbeit durch gesetzwidrige Einwirkungen aus den freien Willen der Arbeiter und durch den rechtswidrigen Bruch ge­schlossener Verträge bedroht wird. Die große Verschiedenheit der zum Theil veralteten, znm Theil ungenügenden Einrichtun­gen, welche an den deutschen Kütten znm wchutze der von See- ltnfällen betroffenen Personen und Güter bestehen, har den ver­bündeten Regierungen Anlaß gegeben, eine für die gesummte deutsche Lüste gültige Strandordnnng ansarbeiten zu lassen, welche Ihnen zur Genehmigung vorgelegt werden wird. Die Ergebnisse des vorjährigen Neichshanshalts haben zwar noch nicht endgilüg festgestellt werden können, sie sind jedoch bereits ausreichend bekannt, um die Zuversicht zu gewähren, daß die Einnahmen des letzten Jahres, nach Abzug der in der letzten Session über den Etat hinaus bewilligten sehr erheblichen Sum­men einen namhaften Ueberschnß ergeben werden. Unsere aus­wärtigen Beziehungen berechtigen zu der Ueberzeugnng, daß alle fremde» Regierungen, gleich der nnsrigen, entschlossen und bestrebt sind, der Welt die Wohllhaten des Friedens zu bewahren und sich durch keine ans Störung desselben gerichtete Parteibestrebnn- gen in dieser Fürsorge und in ihrem gegenseitigen Vertrauen irre machen zu lassen Die sich wiederholenden Begegnungen mächtiger, friedliebender und einander persönlich nahe stehender Monarchen und die erfreulichen Beziehungen Deutschlands zu den uns durch geschichtliche Traditionen befreundeten Völkern geben Sr. Maj. dem Kaiser jedenfalls das feste Vertrauen ans die gesicherte Fortdauer des Friedens, welches ich auSznsprechen Len Allerhöchsten Auftrag habe.

Rach den bisherigen Resultaten der Commissionsberathung über das Civilehegesetz im Herrenhanse hält man das Fnstandekommen des Gesetzes für gesichert, da grundsätzliche Verschiedenheiten zwischen den Beschlüssen beider Häuser nicht zur Geltung kamen und nur einige Aendernngen an den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses den Gegenstand weiterer Verhandlungen bilden werden. Man erwartet daher einen übereinstimmenden Beschluß beider Häuser noch vor der Vertagung des Landtags.

Berlin, 6. Febr. Heute Morgen begaben sich zwei Reichs­tags Mitglieder nach Frankfurt a. O., um Dr. Simjon vertrau­lich zur Annahme der Präsidentschaft zu bestimmen.

Berlin, 7. Febr. Die in dem heutigen Meeting im Nathhans-Saale zur Vorlage kommende Resolution lautet:Mit­glieder des deutschen Reichstags und beider Häuser des preußi­schen Landtages, Vertreter der hauptstädtischen Verwaltung und Bürgerschaft und Männer der Wissenschaft, Kunst und aller Bcrnss-Classen, versammelt im Rathhause zu Berlin, sagen den Versammlungen in Saint James Hall und Exeter Hall tief empfundenen Dank für die am 27. Januar gefaßten Beschlüsse. Dieser warme Ausdruck der Sympathien Englands für den deut­schen Kaiser und die deutsche Nation in ihrem Widerstande gegen die Politik der ultramontanen Partei ist ein Unterpfand, daß die beiden Nationen auch in Zukunft treu zusammen stehen werden, in dem mannhaften Kampfe für die bürgerliche und religiöse Freiheit."

Berlin, 7. Febr. Nachdem die an Dr. Simson gesandte Deputation denselben zur llebernahme des Reichstags-Präsidiums nicht bewegen konnte, da Dr. Simson durch Gesundheitsrück­sichten verhindert wird, in von dessen Präsidentschaft Abstand und Forkenbeck als Präsident in Aussicht genommen. Die Wahl Hohenlohe's znm ersten und Hänel's (fortschrittlich) zum zweiten Vice-Präsidenlen ist wahrscheinlich.

Lamarmora hat sich seine Vernrtheilnng durch Mini­sterium und Kammer so sehr zu Herzen genommen, daß er seinen Austritt ans der Kammir anmeldete.

Die Kohlenpreise sind gesunken. Leider ist daran nicht nur der uitlde Winter, sondern mehr noch die Stockung der Arbeit in den Fabriken und Geschäften schuld. Der Börsenkrach wirkt noch in der Geschäftswelt. Während die reicheren Fabrikbesitzer z. B. in Berlin sich genöthigl gesehen haben, den Arbeitslohn yerabzusetzen, um sortarbeiten lassen zu können, haben die weniger bemittelten Fabrikanten sich entschließen müssen, die Arbeitskräfte einzuschränken und viele werden ihre Fabriken bald ganz schließen müssen. Am härtesten sind die Posamentierer, die Knopfmacher, Dreher, Holzbildhauer, Tischler und Lederwaarenarbeiter betroffen, denen es fast ganz an Arbeit fehlt. Der den österr. Viertel- gülden erklärte Krieg berührt namentlich den kleinen Mann sehr empfindlich, oa die wohlhabenden Elassen nicht davor znrück- schrecken, den Handwerker und Arbeiter mit dieser Münze zu vezahlen. In Berlin hat sogar die städtische Casse Lehrer und Lehrerinnen und Gemeindebeamie mit dieser Münze ausbezahlt, obgleich sie diese selbst nicht annimmt.

^ Ostrowo, 7. Febr. Dem Erzbischof Ledochowski ist außer der Selbstbeköstigung oas Lichtbrennen und die Lectüre von Zei­tungen gestaltet und empfängt er den Besuch des Gesängniß- Seetsorgers. Uebrigens ist derselbe den Bestimmungen der Ge- fängniß Instruction unterworfen.

Die dem Fürstbischof I)r. Förster in Breslau abgepfän- deten Wagenpferde wurden bei der Versteigerung von dem Kauf­mann Großmann um 001 Thlr. erstanden und sofort wieder nach dem sürstbischöflichen Stalle zurückgesührt.

In Breslau machte eine brave Frau alle möglichen Anstrengungen, um ihren ungetreuen Mann von seiner Ver­führerin loszumachen; als alles nichts half, überraschte sie das Pärchen in dem Zimmer der Verführerin und bat die letztere flehentlich, das sträfliche Verhätlniß aufzngeben, sie wolle alles vergessen und vergeben. Das Liebespaar erklärte, es werde nicht von einander lassen. Da ergriff die furchtbar gereizte Frau ein Messer und stieß eS der Geliebten ihres Mannes in's Herz.

Bonn, 3. Febr. Die in einem hiesigen Hotel lebende Freundin Lassalle's, die Gräfin Hatzfeld, ist durch einen Kam­merdiener bestohlen worden. Die geraubte Summe beläuft sich auf 42,000 Thlr , wovon 2000 Thlr. in Baarem und das kleb­rige in Anweisungen des Schafhansen'schen Bankvereins.

Brüssel, 4. Febr. In der Kohlengrube Flemalle, Pro­vinz Lüttich, große Arbeitseinstellung. Truppen wurden eiligst hinbernsen und sind eingelrofsen. In anderen Arbeitskreisen ist ebenfalls große Aufregung.

Der Nesse des gewaltigen Danton wurde heule Nacht halb erfroren als nnterstandslos eingebrachl. Es ist dies ein ^jäh­riger Greis, der dem Hnngertode nahe war.

Rom, 5. Febr. Die Abgeordnetenkammer hat mit 140 gegen 107 Stimmen den Gesetzentwurf über den obligatorischen Elementarunterricht verworfen. Zufolge dieses Kammerbeschlus­ses hat der Unterrichtsminister seine Entlassung eingereicht.

London, o. Febr. General Wolselei meldet von der Goldküste am 24. Januar: Der König der Aschantl's hat alle Friedens-Bedingungen angenommen und wird 200,000 Pfund Sterling Entschädigung zahlen. Alle weißen Gefangenen sind ausgeliefert worden.

Eine Gebirgsidylle.

Aus einer Landstraße im Allgäu rollte an einem herrlichen Sommermorgen eine zweispännige Extrapoftkutsche dahin. Die Pferde hatten in der Ebene scharf ausgegriffen; jetzt ließ der Postillon die dampfenden Thiere im gemächlichen Schritte die Schlangenwindungen der Bergstraße ersteigen, während er selbst mit der Peitsche vergnüglich klatschend nebenher schleuderte. Es eilte ja nicht so unmäßig, wie die beiden Passagiere im Wagen selbst versichert hatten. Herr Banqnier Jakob Silberlöw mit Gemahlin wollten die Wonnen der Hochzeitsreise durch den Ge­nuß der wnnverbaren Gebirgsgegend bis zur Seligkeit steigern. Träumerisch, selbstvergessen lehnte die junge Frau in der Wagen­ecke und ließ die tiefdniiklen Gazellenaugen über die morgen- duftigen Gelände schweifen. Das zarte Köpfchen mit der edel­geformten Adlernase und der feingeschwungenen Mundlinie schien einen Schatz von süßen Gedanken unter dem Reisehütchen zu bergen, dessen Slraußsedern und Bänder so anmuthig über dem Chimborasso von ächten und »nächten Rabenflechten flatterten. Von den Schultern war der Neisemantel geglitten und ließ durch die knappen Forme» der Seidenrobe das Ebenmaß des schlanken Gliederbaues zur vollsten Geltung gelangen. Es war eine Ge­stalt märchenhaft reizend, wie Scheherazade. Das Gleiche von Herrn Silberlöw zu behaupten, der die linke Wagenecke reichlich anSsüllte, wäre Vermessenheil. Sein Gesicht, wenn man die un- sörimge Fleischmasse überhaupt ein Gesicht nennen durfte, war weder alt noch jung, aber daß es erschreckend häßlich war, darüber konnte für den Beschauer kein Zweifel bestehen. An der Stelle, wo sich gewöhnlich die Augen zu befinden pflegen, ver, krochen sich unter schwammigen Hautwülsten ein paar Einschnitte-