AmtMütt für den OberaMLsbezirk Nagold.
Erschein! wöchentlich 3mal und kostet . EiNT-fläun^sgebuhr iur die rldtt:.
Nr. 92. d^lbiädrliä- hier 54 kr., im Bezirk IieNStllg döll 12. MUgllst. ' 8"le aus §ew°imttcker L-driir 1y?S.
mit Postausschlag t fl. 8 kr. je 2 Äreuzer. ^
A m t l i ch e S.
Nagold.
Distrikts-Armrn-Arztstclle in Allcnstaig betr.
Nachdem Distrikls-'Armen-Arzt vr. Schlier in'Altenstaig, welcher die Verpflichtung hatte, die kranken Armen in Altenstaig, Altenstaig Dorf, Berneck, Beuren, Bösingen, Ebershardt, Egenhausen, EttmannSweiler, Füusbronn, Garrweiler, Gaugenwalo, Simmersfeid, Spielberg, Ueberberg, Walddorf, Warth und Wenden ohne besondere Anrechnung in ärztlichen, wundärztlichen und geburtshilflichen Fällen zu behandeln, mit Tod abgegangen ist, wurde im Einverständnis) mit den Mitgliedern des Amis-Ver- sammiungs-Ausschusicä Herr Obcramiswuudarzt Lohß hier mit den gleichen Rechten und Pflichten, wie l)r. Schiler als Armen- Arzt für den Distrikt Allcnstaig in provisorischer Weise bestellt, bis über die besinitive Wiederbesetzung dieser Stelle von der Amts-Versammlung erkannt sein wird.
DieS wird mit dem Aussigen bekannt gemacht, daß sich Herr Oberamtswundarzt Lohß jeden Montag und Donnerstag nach Altenstaig begeben und sich au diesen Tagen von Mittags 12 bis Abends 6 Uhr zur Verfügung stellen wird.
Den 8. August 1873.
K. Oberamt.
Güntner.
Lagcs-Neuigkeilen.
Stuttgart. Wie verlautet, hat das Königliche Kriegs- ministcrium uud das Kultministerium sich sür festliche Begehung der Sedanfeier am 2. September bereit erklärt, ebenso der hiesige Gemeinderath. Das deutsche Volk ist in vollem Rechte, diesen großen Tag, an welchem mit deutscher Hcldenkraft weit mehr errungen wurde, als durch die Leipziger Schlacht, als Na- üonalsest sür alle Zeiten zu feiern. (B.-Z.)
Stuttgart. Nachdem vor ca. 10 Tagen auf dem hiesigen Bahnhof der bedienstete Nachtwächter Wölb old zwischen 2 Wagen gerieth und ihm dadurch der liuke Arm abgerissen wurde, haben wir schon wieder ein Unglück zu verzeichnen, indem der Weichenwärter Kümmerte letzten Freitag von einer ankom- mendeu Maschine erfaßt und ihm der Arm abgefahren und der Schädel zerquetscht wurde. Beide Verunglückte, ersterer noch am Leben, werden als zuverlässige und pflichttreue Bahnbedienstete geschildert und haben beide Familien.
.x 2 . Unlerreichenbach, 30. Juli. Der Bahnbau von - Calw bis hierher ist nun so weit vorangejchritten, daß die Bahn ^ befahren werden kann. Gestern Abend fuhr die erste Lokomotive über die stattliche, 200 Fuß lange Nagoldbrücke in unsere Station ein. Heute wurde die Bahn von Oberbaurat^ v. Abel einer besonderen Inspektion unterworfen, und diese soll günstig ausgefallen sein, insbesondere soll die Brücke, welche aus der Maschinenfabrik Eßlingen hervorgegangen, eine kaum nennenswertbe vorübergehende Senkung durch die Last erfahren haben. Leider fvird es fast noch ein volles Jahr dauern, bis die Gebirgsvorsprünge des unteren Nagoldthals von hier bis Pforzheim soweit durchbrochen sind, daß der Schienenstrang dem öffentlichen Verkehr übergeben werden kann.
Rottenburg, 5. Aug. Ein Brückentheil der hier gegenwärtig in Aufstellung begriffenen großen Neckarbrücke saus der Kirchheimer Maschinenfabrik) ist aus. bis jetzt noch nicht bekannten Gründen umgesallen uud hat einen der tüchtigsten Arbeiter der Fabrik erschlagen. Eine Frau und vier Kinder beweinen den Ernäher.
Wochen sind bereits verstrichen, seit die Geschworenen zu Amberg über die Scheusale Marchner, Vater und Sohn, ihr Schuldig gesprochen, und noch immer hat sich die Entrüstung über die unmenschliche Gräuelkhat im Volke nicht gelegt. Allenthalben hört man die Leute ihre Befriedigung darüber äußern, daß die Todesstrafe zur Sühne derartiger Frevel cxistirt und die Erwartung, daß sie im vorliegenden Falle zur Anwendung kommen werde. Und doch liegt gerade in diesem Prozesse eine
furchtbare Lehre von der Verwerflichkeit der Todesstrafe. Als einer der Hauptgründe für Abschaffung der Todesstrafe wurde stets die menschliche Fehlbarkeit ins Treffen geführt. Es liegt diese eben in der Natur des Menschen, dem die Allwissenheit bekanntlich mangelt. Für diese Fehlbarkeit liefert der March- nersche Prozeß einen drastischen Beleg. Er hat gezeigt, wie der Bruder des Xaver Mar-chuer 4 Jahre unschuldig im Zuchlhause saß. Niemand kann in Zweifel ziehen, daß damals seine Ver- unheilung nach menschlichem Ermessen erfolgen mußte, denn feine leiblichen Eltern, sein Bruder, sein zukünftiger Schwager zeugten gegen ihn, Niemand für ihn. Und doch war er unschuldig! Doch, das war nur eine vierjährige Zuchthausstrafe. Wir wissen aber auch, daß auf demselben früher unschuldig Verurtheiltcn der Verdacht ruhte, die Stang'sche Familie ermordet zu haben. Für diesen Verdacht sprachen scheinbar äußerst gewichtige Indizien: sein Haß gegen den meineidigen Slang: ein anscheinend oerrätheiischer Metallknopf, endlich ei» mißlungener Alidibeweis. Wer zweifelt, daß, wäre Crescens Stang dem Leben nicht erhalten worden, dieser Mann wegen der Thalmassinger Blntthat an die Assisen verwiesen worden, ja, daß er ebenso gut vernrtheilc worden wäre wie die wirklichen Verbrecher, um so mehr als jedenfalls seine Eltern und sein Bruder wieder gegen ihn Zeug- niß abgelegt hätten? — Er hat jedem Anwesenden aus der Seele gesprochen, als er im Schwurgerichtsfaale am Ende feiner Zeugenaussage seinem gepreßten Herzen mit sden Worten Lust machte: „Und wenn unser lieber Herrgott das Deaudel net erlöst hält, dann sitzet i heut angeklagt as'n Tod auf dera Bank dnrt, won die Zwoa jetzt sitzen, i wegen nix und wida nix. Wia i jetzt dosteh als Zeug, lhäten die zwoa a mida und meine eigne Mulla dazua, als Zeug'n gegen mi dosteh'n und thäten mi auf das Blutgerüst schwören. Und der Gerichtshof müßt af denen ihre Aussag'n hi mi zum Tod veruriheil'n und wia i fcho 4 Jahr unschuldig im Zuchthaus g'fcsfn bin, würd' i heut un- schuldi zum Tod verurtheilt!" Wer zweifelt, daß die Verurthei- tung dieses Mannes nicht mit gleicher Befriedigung ausgenommen worden wäre wie die der wirklichen Verbrecher, ja daß man die Vollstreckung des Urtheils mit gleicher Gedankenlosigkeit erwartet hätte?
Königsberg, 6. Aug. Die „Ostpreußische Zeitung" meldet das nunmehr offiziell konstalirte ep id e m if ch e Auftreten der Cholera, an der bis jetzt 164 Personen erkrankt, 85 als verstorben gemeldet feien. Die täglichen Erkrankungsfälle beziffern sich auf 20—25, die Todesfälle auf 10—12. Die Zeitung fordert wegen der Epidemie Unterlassung des Manövers, das am 9. August beginnen soll.
In Berlin soll elne neue Professur in der theologischen Fakultät gegründet werden, und zwar für das Gebiet der Exegese des N. Testaments. Da der zunächst für die neue Stelle a'us- ersehene Prof. Dr. K. v. Weizsäcker in Tübingen abgelehnt hat, so wurde Prof. Keim in Zürich, gleichfalls Württembergcr, für die Stelle iu Vorschlag gebracht.
Aachen, 2. August. Der Canonicus am hiesigen Collegial- capitel, der bekannte kirchliche Archäologe Dr. Bock, ist (wie bereits mitgetheilt) wegen Fälschung einer Eisenbahn Freikarte, die ihm vor Jahren erlheitt war, die er aber sür gut fand, selbst durch Aenderung der Jahreszahl auszudehnen, vom Landgerichte 'zu 50 Thaler Geldstrafe verurtheili worden. Dem Vernehmen nach hat er der Gesellschaft 600 Thaler angeboten, wenn sie die Klage zurückziehe. Die Gesellschaft hat dies gethan, auch auf Ersatz verzichtet, der Staatsanwalt aber die Sache ausgenommen. Man fragt sich hier zu Lande: ist es möglich, daß ein so gut gestellter Geistlicher aus purem Eigennutz ungestraft derartige Handlungen verüben darf? Nach vieler Ansicht wird die geistliche Behörde nichts thun (?), weil der Kanonikus Bock gegen hierarchische Befehle sich nicht ungehorsam bewiesen hat.
Da Kronprinz Albert von Sachsen wahrscheinlich sehr bald berufen ist, König zu werden, so ist alles, was geeignet ist, Aufschluß über feine künftige politische Haltung zu geben, doppelt interessant. Dazu gehört die Rede, die iu feinem Namen bei der Einweihung des sächsischen Denkmals auf dem schlachifelde von St. Privat bei Metz verlesen wurde. „Sollte auch versucht