Amtsblatt für dm OLcramtsbezirk Nagold.

Erscheint wöchentlich 3mal und testet > EinrückungZgebübr für dir kleine

Nr. 91. halbjährlich bier 54 kr., im Bezirk SaMStüg dkN 9. August. ^ Z«l- aus pewöbnULer Schrikt Ly7i>. mit Postaufsckiag 1 il. 8 kr. je i! Kreuzer.

TageS-Nenigkeiten.

Gestorden den 4. August zu Altenstaig l)r. meä. 2 Liter, 64 Jahre all.

Stuttgart. Die hiesigen L>chreinergesellen etwa 3000 an der Zahl haben ihren Hrn. Prinzipalen eröffnet, daß Ver­minderung der Arbeitszeit und Erhöhung des Lohnes ihr Ver­langen fei; widrigenfalls werde die Arbeit eingestellt, und zwar noch im Laufe des Monats August.

Ulm, 0. August. Von der Polizei wurde heute Vormittag ein größeres Quantum unreifes, zu Markt gebrachtes Obst kon- fiszirt. Die Verkäufer desselben wurden, so viel wir erfahren, in Strafuntersuchung gezogen. (Hienach zu achten!)

Heidelberg, 4. August. Der 7. deutsche Prote st an- tentag, welcher vom 12.14. August in Leipzig ftattfindet, wird üoer zwei in diesem Augenblick praktisch sehr wichtige Fra­gen verhandeln: über protestantische Kirchenverfassung und über die Civilehe. Ueber die erstere wird auf dringenden Wunsch des geschäflsführenden Ausschusses Gch.-Rath Dr. Bluntschli aus Heidelberg, über die andere Dekan Dr. Schellenberg aus Mann­heim referiren.

Rippoldsau, 4. August. Seit dem 1. August weilt der Preußische Ministerpräsident, General-Feldmarschall Graf v. Roon mit Familie zum Kurgebrauch dahier.

Der Einfluß fanatischer Geistlichen, namentlich jüngerer in Bayern, zeigt sich in erschreckender Weise. In Overbayern ist es wiederholt vorgekomme», daß Landwehrleute zu den Hebun­gen ohne das Denk- und Ehrenzeichen an den großen nationalen Krieg von 1870 einrücklen, an den Sieg, den sie selbst mit Be­geisterung erringen geholfen haben. Ernstlich befragt, gestanden sie zögernd, ihre Pfarrer hätten ihnen gesagt, es sei eine Sünde und Schande, ein Denkzeichen an den Sieg zu tragen, in welchem sie ihre katholischen Brüder in Frankreich bekämpfen niußien. Der Deutschland ausgedrungene nationale Krieg wurde ihnen als ein Krieg der ketzerischen Preußen zur Vernichtung der katholi­schen Kirche geschildert. Wie soll's werden, wenn das am grünen Holze geschieht ?

Iserlohn, 4. August. Hier wird am 0. August d. I. ein selten vorkommender Verkauf stallsinden. Der Bürger­meister läßt nämlich die dortige katholische Kirche, weil der Ein­sturz des Gebäudes befürchtet wird, am genannten Tage öffent­lich dem Meistbietenden verkaufen.

München, 4. August. Prinz Leopold hat sich aus Anlaß seiner Vermählung mit der Erzherzogin Gisela des in Sibirien in der Verbannung lebenden bekannten Dr. A. Pichler erinnert und sich an den russischen Hof mit der Bitte um desselben Be­gnadigung gewendet.

Berlin, 5. August. Die Mittheilung einiger Blätter, daß von maßgebender Stelle der Entwurf eines Rerchsgewerbe- steuergesetzes ausgearbeitel worden sei, wird derVoss. Ztg." von unterrichteter Seite bestätigt. Dieselbe schreibt:Das Reichskanzleramt ging anfangs mit der Absicht um, eine Reichs­gewerbesteuer nur für den Gewerbebetrieb im Umherziehen einzu- sühren. Es war der Ansicht, daß die Ausdehnung des Gewerbe­betriebs im Umhcrziehen über Las Gebiet verschiedener Staaten gegenwärtig zu Steuerbeträgeu führe, welche das Gewerbe nicht aujbringen könne, allein es hielt die Schwierigkeit, eine solche einzelne Steuer aus dem Steuersystem herauszunehmen und zur Reichssteuer zu machen, für zu groß, um überwunden werden zu können, und entschloß sich deßhalb, eine Rcichsgewervesteneer ein- zuführen, die sich sowohl auf den stehenden als auch auf den Gewerbetrieb im. Umherziehen beschränkt. Das Reichskanzleramt hält die Umwandlung der verschiedenen Landesgewerbesteuern in eine Reichsgewerbesteuer für durchführbar und, da durch die letztere die Matrikularumlagen ermäßigt würden, den Interessen der klei­neren deutschen Staaten, welche durch die Matrikularveiträge verhältnißmäßig stark belastet werden, für durchaus entsprechend. Im Allgemeinen sind die Grundsätze der preußischen Gewerve- gesetzgebung auch für das Reichsgebier acceptict werden. Da jedoch die preußische Gesetzgebung zu wenig ans den Umstand Rücksicht nimmt, daß das Einkommen aus den Gewerben schon

durch die Klassen und klassisizirte Einkommensteuer hinreichend getroffen wird, so soll die Höhe der Rcichsgewerbesteucr mehr durch die Größe des in dem Gewerbebetrieb angelegten Kapitals als durch die auf den Betrieb verwendete Arbeitskraft bestimmt werden. Bemerkenswerth ist noch, daß, während gegenwärtig in den meisten deutschen Staaten die Gewerbesteuer auf der Ab­schätzung des Reinertrags des Gewerdeeinkommens beruht, in Lachsen und Württemberg als Besteuecnngsmaßstab hauptsächlich die Größe des ur der Gewervsuuternehmung angelegten sichenden und umlaufenden Kapitals dient, uno in Bayern und Baden sogar die Landwirihschaft mit der Gewerbesteuer belastet wird."

Berlin, 0. August. Es wird uns von allen Seiten be­stätigt, daß die französische Regierung eine bis ans Unglaubliche streifende fieberhafte Lhäugkeir entwickelt, um in kürzester Zeit Vorräthe an Waffen und Munition zur Disposition zu bekom­men, die auch für einen langalhmenden Krieg ansreichen können. Damit soll nicht gesagt sein, daß Frankreich diesen Krieg schon in nächster Zeit vom Zaune zu brechen geneigt sei aber das äußerste Mißtrauen ist mehr wie je begründet und gerecht­fertigt. (R. Z.)

Berlin, 6. Aug. Die Pro».-Korr, konstalirt die Erledi­gung des Vigilante-Falles durch die Abberufung des Kapitäns Werner. Die Adverusung bestätigte die Auffassung, daß der­selbe ohne Ermächtigung gehandelt habe und die Reichsregierung jede Verantwortlichkeit für den Vorgang ablehne, welcher die thaisächliche Anerkennung der Madrider Regierung hätte invol- viren können.

Berlin, 0. August. DieRordd. Allg. Ztg." schreibt in Anknüspung an die Abberufung des Kapitäns Werner: Das bisherige Verhalten desselben habe nicht die Genehmigung der Regierung gefunden. Runmehr werde die Rückkehr und bereits ungeordnete Verantwortung desselben abzuwarten sein. Der neue Commaudant des Geschwaders in den spanischen Gewässern treffe etwa am 12. d. M. in Gibraltar ein. Die für die Haltung des Geschwaders maßgebenden Grundsätze blieben selbstverständlich unverändert. Die Aufgabe des Geschwaders sei, unter Vermei­dung jeder Einmischung in die inneren Kämpfe Spaniens ledig- lrch für den Schutz des Lebens und Elgenthums der dortigen Deutschen zu sorgen.

Kiel, 4. Aug. Der Kronprinz des deutschen Reichs wurde heute hier aufs Festlichste empfangen. Die Grundsteinlegung zum neuen üntversitäisgebäude durch Len Kronprinzen war eine sehr feierliche. Bei dem sich anschließenden Festdiner, das der Kron­prinz auf Bellevue gab, brachte derselbe ein Hoch auf den Kaiser und später eins auf Schleswig-Holstein aus.

Dresden, d. August. Die Stellvertretung des Königs in den Regierungsgeschäfien durch den Kronprinzen ist als ein Zeichen des Ernstes der Lage betreffs der Lebensgefährlichkeil der Krankheit des Königs auznsehen Auf ein Wiederauftommen desselben ist nicht zu denken.

Zn einem Arukel derProv.-Corr." über den Mangel an ländlichen Arbeitern erklärt Lieselve für einen Hauptübelstand, daß neben dem Arbeitslohn auch alle anderen Betriebskosten sich gesteigert und in den Preisen der landwlriyschaftlichen Erzeug­nisse noch keine genü-ende Ausgleichung gesunden haben. Zn derB. Z " findet dieses in derProv.-Corr." hervorgehobene Verhätlniß nun eine seyr eingehende Widerlegung. Nicht die Preise seien im Verhäliniß zu den Arbeitslöynen zurückgeblieben, sondern diese zu jenen.Zch glaube," heißt eS in jenem Schrei­ben,die Wurzel des Uevels ist gerade darin zu suchen, daß die Landwirthe zwar hinsichtlich der Preise ihrer Erzeugnisse sich dem Fortschritte steiS zugeneiget haben, sich aber nicht entschließen konnten, ihre Arbeiter in entsprechender Weise zu belohnen, so daß diese gezwungen sino, andere Beschäftigungen, die etwas we­niger Roth und Sorge erwarten lassen, zu suchen. Zm Verlaufe der letzten 2030 Zahre hätten sich die Preise der Lebensbe­dürfnisse verdreifacht. Haben, fragt hierzu der Einsender, die Landwirthe nur einen Arbeiter, der das ganze Zahr hindurch doppelt so viel verdient, wie damals? Weiter hat sich die Lage des Arbeiters zu seinen Ungnnsten auch noch dadurch wesentlich verschlechtert, Laß der Landwirih ihn nicht Zahr aus Zahr ein