dal-Veisainmlnngen Anklagen erhebe» und Ansschließungen aussprechen dürften.
Kassel, 7. Jan. Die hiesige „Schuhmacher-Innung" hat in einer Generalversammlung beschlossen, zum Schuhe gegen schlechte Kunden, Schwindler rc. im Vereinslokale ein „Blan- buch" aufzulegen.
Halle, 3. Jan. Folgender Vorgang beweist, wie sehr man in Frankreich deutschen Fleiß und deutsche Geschicklichkeit sucht — aber „leise, ganz leise": Eine pariser Verlagsfirma, die schon seit längerer Zeit einer hiesige» bedeutenden Vuchdrnckerei Aufträge zngewandt, kommt jetzt plötzlich mit dem Ansinnen, Titel und letzten Bogen eines in letzterer gedruckten Werkes in Paris Heistellen zu lassen — damit die französischen Landsleute beileibe nicht an der deutschen Drnckerxisirma ein Aergerniß nehmen könnten!
An Stelle des verstorbene» Generals v. Hindtusin ist Generallieutenant v. Podbilski zum General-Inspekteur der Artillerie ernannt worden.
Einem berühmten Chemiker in Berlin sind eine Anzahl von Briefen übergeben morden, deren Converie stark, mit Moschus parfümirt sind, deren Inneres beim Oeffnen stnen ncrvenbetänbenden Geruch verbreitet. Diese Briese sind sämmtlich an den deutschen Reichskanzler gerichtet und dem Fürsten Bismarck nach allen seinen Aufenthaltsorten gefolgt; die Untersuchung wird ergeben, ob eine etwa beabsichtigte Gesundheitsstörung durch diese Briefe möglich war.
Herrn Sydoiv ist von einem Ungenannten sofort nach seiner Amtsenthebung die Summe von 15,000 Thlrn. zugesandt worden. Sydow will, so lange er lebt, die Zinsen des Kapitals annebmen, nach seinem Tode sich aber Vorbehalten, über das Kapital zu Gunsten milder Stiftungen zu verfügen. Andere Nachrichten sprechen von einem Kapital von 500,00!) Thlrn , welches als Dotation für Sydow zusammengebracht worden sei.
Am 9 Januar, zu derselben Stunde als Kaiser Napoleon in Ehiselhnrst ans der Welt giiiH, stellte sich der neue preußische Ministerpräsident Graf Roon der Kammer vor und gab folgende mit Beifall aufgenommeue Erklärung: ,,Jch habe für König u. Land schädlich wirkende Zweifel zu beseitigen. Es ist undenkbar, daß der preußische Ministerpräsident nach Osten stenre, während der Reichskanzler nach Westen lenke. Ich habe 10 Jahre opferfreudig nüt dem Fürsten Bismarck znsammengearbeiiel und soll das Land heute schädigen können? Solches Mißtrauen habe ich nicht verdient; ich habe die Verfassung beschworen und will das Wohl des Landes so ehrlich wie irgend Jemand Die Partei- nntei schiede haben sich seit 13 Jahren verwischt, sollte sich nicht lieber eine Partei der ehrlichen Leute bilden? „Ich gehöre dieser Partei an. Die Verwirrung entstand aus dein Mißtrauen sy'er die Art des Ueberganges des Präsidiums. Diese Vorgänge sind unverfänglich. Nur die Erscheinung will ich besprechen, daß der Kncgsmmister den Abschied forderte, nicht als Gegner der Kreisordnung, sondern aus Müdigkeit, um jüngeren Kräften zu weichen. Wenn der Wille des Königs enlgegentritt, muß ich meine Pflicht thnn, ich kann nicht der Arbeitseinstellung huldigen. -Bei der Berathnng der Kreisordnnng- traf mich ein heftiger Krankheitsanfall, welcher mein Abschiedsgesuch veraniaßte. Die Annahme der Kreisordnnng habe ich für unbedingt erforderlich gehalten." In derselben Sitzung legte der Cultnsminister Falk drei kirchliche Gesetzentwürfe vor: 1) betreffend den Austritt ans der Kirche (evangel. und katholischer), 2) betreffend die Fortbildung und Anstellung der (kathol.) Geistlichen, 3) betreffend die kirchliche Disciplinargewalt und die Errichtung eines höchsten Gerichtshofes für kirchliche Angelegenheiten.
Wien, 1l. Jan. Der „Oesterr. Corresp." zufolge hat 8cr Kaiser anläßlich des Ablebens des Kaisers Napoleon eine zwölftägige Hoftrauer angeordnet.
Pesth, 5. Jan. Der ans dem ungarischen Revolutions- kriegc bekannte General Arthur Görgey ist derzeit in Siebenbürgen bei dem Ostbahnban auf der Strecke zwischen Schäßburg und Reps mit einem Monatsgehalts von 150 fl. angestellt. Der Bannntcrnehmer selbst war im Jahre 1849 Hanptmann im Görgcy'schen Armeekorps.
Einem Gerächt zufolge soll die Leiche Napoleon III. auf feinem Schloß Arenenberg bei Constanz, wo dessen Mutter, die Königin Hortensia, beigesetzt ist, bestattet werden. (B. Z.)
Paris, 8. Jan Das „Avenier National" gibt als Grund für die auffallende Sanftmuth der Rechten an, ein Thetl der Abgeordneten, auf welche die Klerikalen rechneten, habe im letzten Augenblicke den Gehorsam verweigert, weil sie es nicht znm Bruche mit Italien, also eventuell znm Kriege, auf den die Ultramonia- ne» hinarbeiten, kommen lassen wollten: jetzt, wo Deutschland unerhörte Anstrengungen mache, Italien in seine Netze zu ziehen, müsse Frankreich Italien sanft behandeln und es ans den Armen des Herrn v. Bismarck reißen. Wie man sieht, dreht sich in der religiösen Frage bei den Franzosen alles um die Revanche-Idee, und darin stimmt Thiers mit Gambetta wie mit Broglie überein. Die liberalen Blätter wiederholen fast täglich, daß ihnen für die weltliche Herrschaft des Papstes jeder Thaler zu viel wäre, doch daß man ans dem kirchlichen Holze Lanzen gegen Deutschland für künftige Fälle schnitzen müsse; das sei Franzosenpflicht. Der
Glaubenssatz: die Kirche sei schon oft angegriffen, doch nie besiegt worden", spielt dabei eine große Rolle.
Paris, li.Jan. Die Amtsztg. veröffentlich! die Ernennung Co reelles znm Botschafter beim heil. Stuhle
Dem „Bien public" zufolge haben der Marschall Mac Mahon und eine Anzahl von Generalen Urlaub genommen, um dem Leichenbegängnisse des Kaisers Napoleon beizuivohnen. Die betreffenden Urlaubsgesuche sollen ohne Schwierigkeiten bewilligt worden sein.
Der Bischof von Tarbes, in dessen Sprengel der Wallfahrtsort Lonrdes bekannllich gelegen ist, veröffentlicht in den Blättern folgende Kundmachung: „Man hat nnler Anwendung aller nur möglichen Pnbstcilat einen Liqnenr auf den Markt gebracht, welcher den Namen führt: „Der unsterbliche himmlische Liqnenr von Lonrdes, fabricirt vom Pater Fostsse." Der Pro- spektns zeigt die Abbildung der himmlischen Erscheinung mit den Worten: „Unserer lieben Frau von Lonrdes, Wunder vom 11. Febr 1858. Dieser herrliche Liqnenr, mit dem Wasser der ivun- derthätigen Duelle von Lonrdes fabricirt n. s. w." Der Bischof von Tarbes hat zur Kennlniß des Fabrikanten dieses Liqueurs gebracht: 1) daß der Name des Liqnenrs, der ProspekluS, die beigesügte Medaille n s. w. eine Beschimpfung der Religion, und eine Prellerei des Pnblicnms sind; 2) daß der vorgeschobene Name eines Pater Fstisse, hiaicr weichem man einen Ordensbruder vermnthen soll, ebenfalls eine offenbare Täuschung ist; 3) daß der Bischof von Tarbes als Eigenthümer der Quelle der Grolle von Lonrdes ausdrücklich verbietet, in derselben Wasser für die Fabrikation irgend eines Liqnenrs zu schöpfen, und daß er die Zuwiderhandelnden nnnachsichtlich verfolgen wird. In Erwartung gerichtlichen Einschreitens gegen dieses schwere Vergehen muß der Bischof von Tarbes sich daraus beschränken, dasselbe im Namen der Religion und des Anstandes, im Namen des Rechts und des gesunden Menschenverstandes zu brandmarken."
Die Prinzen von Orleans sind mit dem ersten Tag im Jahr wieder in den Besitz ihrer Güter gelangt, welche Napoleon ihnen genommen und für Staatsgut erklärt halte. Sie hatten sich vorher groß damit getha», daß sie, wenn sie ihre Güter wieder e,hielten, eine ansehnliche Stiftung zu einem guten Zweck machen wollten. Davon wollen sie aber jetzt nichts wissen.
Rom, 7. Jan Die Perseveranza von Mailand veröffentlicht unter dem 4. nachstehendes Telegramm, welches der Deutsche Kaiser ans den Neujahrsglückwunsch des Königs von Italien gesandt hat: Indem ich Ihrer Majestät danke, daß Sie meiner so freundlich gedacht haben, bringe ich Ihnen und Ihrer Familie und Italien meine aufrichtigsten Glückwünsche dar.
Friedrich Wilhelm.
Rom, 10. Jan Alle Journale enthalten ans das Ableben Napoleons bezügliche Artikel und sprechen sich voller Anerkennung über den Kaiser ans, dem, wie die Opinions äußert, die Italiener unauslöschliche Dankbarkeit bewahren mnßien. (N. Z.)
Die Mailänder Zeitungen eröffnen eine Subscription zur Errichtung eines Napoleon-Denkmals zu Mailand.
Chislehnrst, 9. Jan. K a is e r N a p o leo n i st heute Mittag 12 Hs Uhr verschieden. sKarl Ludwig Napoleon, geb. zu Paris 1808, dritter Sohn Ludwig Napoleon's (ehemaligen Königs von Holland, gest. 25. JnU 1846) und der Königin Hortensie (gest. den 5. Okt. 1837); zum Mitglied der kon- stitutionircnden Versammlung durch fünf Departements im August 1848 gewählt; am 10. Dez. 1848 znm Präsidenten der Republik auf vier Jahre von 5,562,834 Stimmen gewählt; am 21. und 22 Dezbr. 1851 zum Präsidenten der Republik auf zehn Jahre gewählt von 7,439,216 Stimmen; zum erblichen Kaiser am 21. und 22. Nov. 1852 durch ein Plebiscit von 7,864,189 gegen 231,145 Stimmen ernannt. Am 2. Dez. 1852 nahm er den Titel Napoleon III. Kaiser der Franzosen an und vermählte sich am 29. Jan. 1853 mit Engenie de Guzmann und Porto Carrero, Gräfin von Teba, Tochter des Grafen Manuel von Montijo, geb. 5 Mai 1826. Sohn aus dieser Ehe: Napoleon Eugen Ludwig Johann Joseph, geb. 16. März 1856)
London, 10. Dezbr. lieber die letzten Stunden Napoleon's gehen folgende Nachrichten ein: Die den Kaiser behandelnden Aerzte besuchten denselben während der Nacht, sie fanden ihn in tiefem ruhigem Schlaf, und beschlossen Morgens, die Operation Mittags zu wiederholen. Gegen lOftr Uhr traten die Sympotmc sinkender Herzthäiigkeit ein und plötzlich hörte der Herzschlag ans. Der Kaiser starb um 10^/4 Uhr, nicht, wie oben gemeldet, um 12'/r Uhr.
London, 10. Jan. Napoleons Ableben erregt allgemeines Bedauern. Fast alle Morgenzeitungen bringen Artikel der wärmsten Theilnahme. Die Kaiserin und der kaiserliche Haushalt umstanden das Sterbebett. Ats das eine Zeit lang geschwundene Bewußtsein momentan wiederkehrte, sprach der Kaiser zweimal leise zur Kaiserin. Der Tod trat plötzlich, anscheinend schmerzlos ein und wurde für eine Ohnmacht gehalten. Der kaiserliche Prinz trat erst nach dem Ableben des Kaisers ein. Die Leichen- section findet wahrscheinlich heute statt. Die vorläufige Beisetzung erfolgt in der Manx,ikjrchx. (N. Z.)
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