Berlin, 1. Jan , Abds. General Roon wurde znm Feldmarschall und Ministerpräsidenten ernannt. General Kamele (gewesener Gcneralinspekleur der Festungen und Chef des Jngenieurkorps) übernimmt das Kriegsministerin in. — Die Sp e n e r'sche Zeitung erklärte, sie wolle das Schicksal ihrer Kollegen von der Presse theilcn, und veröffentlichte den angcschul- digten Theil der päpstlichen Allokntion. Sie wurde dafür konjiszirt. (S. M.)
Berlin, 2 Jan. Die „Prov.-Corr." wiederholt in einem Artikel: „Das Ministerium Roon, in welchem Fürst Bismarck als Mitglied verbleibt, kann und soll nichts anderes sein, als die Fortführung des Ministeriums Bismarck in demselben Geiste und derselben Richtung. — Dasselbe Blatt bringt die Mittheilung, dass der Kaiser beim Empfange des Staatsministeriums am Neu- jahrstage an den Fürsten Bismarck folgende Worte gerichtet habe: „Ich habe in Ihrer Stellung Aendernugen vornehmen müssen, die mir schwer geworden sind; cs mußte aber geschehen, um Sie zu erhalten " Znm Grafen Roon gewendet habe ber Kaiser geäußert: „Dasselbe gilt von Ihnen", worauf er jedem Minister die Hand gereicht und sie ausgcfordert habe, ihm auch fernerhin ihren Beistand zu leihen.
Berlin, 2 Jan. Der Verweser der Berliner Superin- lendentnr überbrachte heute dem Prediger I)r. sydow den Beschluß des Brandenburger Consistorinms, wonach derselbe seines Amtes entsetzt und in die Kosten des Disciplinarverfahrens ver- unheilt wird. 1)r. Sydow behielt sich den Recnrs an den evangelischen Oberkirchenralh vor. (R. Z.)
Berlin, 3. Jan. Die Absetzung des Predigers Sybow und die polizeilichen Maßregeln gegen die Presse in Sachen der Allocnlion machen recht böses Blut. Die confiscirten Journale müssen heransgegeben werden, weil §. 131 des Strafgesetzes ans die Allocnlion keine Anwendung findet. Der Etat des Ministers dessJnuern wird Gelegenheit bieten, die Preßmaßregelung zur Sprache zu bringen.
Berlin, 3. Jan. Der „Spener'schen Zeitung" wird mit- getheilt, daß der Kaiser dem Fürsten Bismarck bei Gelegenheit seines Rücktritts vom Präsidium des prenß Staatsministeriums den schwarzen Adlcrorden mit Brillanten verliehen hat.
Mainz, 2. Jan. Der Zuzug der elfässischen Reernten dauerte so ziemlich den ganzen Tag, von Morgens 8 Uhr bis Abend, in Fünf Zügen von je 500 Mann, wovon einer nach Coblenz passirle. Die Hauptzüge wurden vom Festungs-Inspekteur empfangen und unter Porantriit von Musik in die Casernen geleitet. Commando's vom Garde-Corps in Berlin und fast aller Truppentheile des 11. Armee-Corps waren schon gestern hier ein- gctroffen, um ihren Antheil Mannschaften zu übernehmen. Die Vertheilnng ging ohne jede Störung vor sich. Die ersten Aus- gehobenen der Reichslande zogen meistens, deutsche Lieder singend, in die Stadt; auch die Marseillaise war zu hören; nicht Wenige sind nämlich des Deutschen nicht mächtig. Unmuth und Verbissenheit waren nicht wahrznnehmen. Ein großer Theil der Leute ist in die ganze Stadt in Quartiere verlheilt; dieselben werden morgen ihrer Bestimmung zugeführt werden. Eine gute Aufnahme war ihnen hier gesichert.
Am 30. Dez. hielt der sogen. Mainzer Katholiken verein eine Wanderversammlung in Bonn und beschloß die Abfindung folgenden Telegramms an Antonelli: „Kardinal An- tonelli, Rom. Die Versammlung deutscher Katholiken, die heute in Zahl von mehreren Tausenden in Bonn tagt, bittet Ew. Eminenz die Gefühle der tiefsten Ehrfurcht und Dankbarkeit zur Kenntniß des HI. Vaters zu bringen, von welcher die Katholiken Deutschlands durch die Worte der A l l o k uti o n vom 23. Dez. ergriffen worden sind. Felix Frh. von Loö. Karl Frh. von Böselager. Graf von Hompesch "
Wie n, 31. Dez. Allgemein ist man der Ansicht, daß Graf Beust nicht länger mehr im öffentlichen Dienste bleiben kann, sondern gezwungen sein wird, sich ins Privatleben zurückzuziehcn. Dringend zu wünschen wäre, daß Graf Andrassy in dem amtlichen Organe die Sachlage im richtigen Lichte darstellte; das östreichijche Volk hat denn doch auch ein Recht zu erfahren, wie es im Jahr^ 1870 um seine Haut gestanden. Es ist um so nothwendiger, daß der Graf das vornehme Schweigen endlich bricht, da die Thätigkeit des Preßbureaus in der Affaire Beust- Gramont zur Klärung der Sachlage nicht nur nicht bcigetragen, sondern die Lage sogar ganz bedenklich verwirrt hat. Die Ver
suche aber, den ehemaligen Reichskanzler rein waschen zu wollen, sind in das gerade Gegentheil umgeschlagen. So schmutzig auch die Angelegenheit Gramont-Benst ist, so dient sie doch dazu, daß man sich neuerdings befriedigt fühlt, einen Minister los geworden zu sein, der so leichtsinnig mit den Schicksalen Oestreichs und auch anderer Staaten spielte. (S. M)
., In Görz bei Triest wurde am 15. Dez. eine Wiese gemäht; drei Mäher harten einen ganzen Tag zu arbeiten.
Aus Prag verschwand dieser Tage ein Advokat mit einer Schuldenlast von 70,000 fl. Bald darauf ist auch seine Geliebte, ein untergeordnetes Thcatermitglied, abhanden gekommen.
Paris, 29. Dez. Wir erfahren, schreibt Siöcle, daß im Finanz-Ministerium alle Vorkehrungen getroffen sind, um die Zahlung der vierten Milliarde durch monatliche Ratenzahlungen von 200 Milliarden zu bewirken. Die deutsche Regierung ist schon benachrichtigt worden, daß ihr eine erste Einzahlung am kommenden 15. Januar und die folgenden am 15. Februar, 15. März, 15. April und 15. Mai gemacht werden sollen. Die Regierung besitzt von der vierten Milliarde 830 Millionen, welche sie in Wechselwerthe umgesetzt hat, um die Störungen zu vermeiden, welche durch die Entziehung einer so großen Menge baaren Geldes auf dem Finanzmarkte entstehen könnten.
Paris, 1. Jan. Der offizielle Neujahrs-Empfang fand in Versailles ohne einen bcmerkenswerthen Zwischenfall statt. Präsident Thiers wechselte sympathische Worte mit dem diplomatischen Korps.
Paris, 1. Jan. So wäre denn das Jahr 1872 vorüber, das so viel versprochen und so wenig erfüllt hat. Als Bilanz seiner vollbrachten Thaten bleibt das große Kriegs-Anlehen und sein colossaler, wenn auch zum Theil schwindelhafter Erfolg, die Stärkung der Regierung des Präsidenten Thiers und der Fortbestand der republikanischen staalsform in Frankreich. Das Jahr schließt mit dem retrospektiven diplomatischen Embroglio, Länder alle Geck Herzog v. Gramont und nach ihm Hr. Mercier o. Lastende augezettelt haben, und deren Enthüllungen zwar die Doppelzüngigkeit des Grafen Beust bloslegen, aber mehr noch die grasse Beschränktheit der bonapartischen Minister und den verbrecherischen Leichtsinn Napoleon's allen Augen klar machen. Ferner tritt zur letzten Stunde noch eine kleine Störung des Religionsfriedens ein zwischen dem Vatican und Versailles durch den Rücktritt des für den Papst allzu zart, für Frankreichs Würde und Interesse allzuwenig fühlenden Hrn. v. Bonrgoing, dessen inuthmaßiicher Nachfolger vor Antritt seiner Sendung als Botschafter erst in Rom persönlich anfragt, ob er genehm ist. Es scheint, Thiers will um jeden Preis vermeiden, daß es ihm wie dem Reichskanzler Bismarck mit seinem Cardinal Hohenlohe ergehe.
Wie der „Liberts" sagt, hatte Graf Arnim gestern mit Thiers eine Unterredung betreffs der Unterdrückung der Pässe; cs soll in dieser Unterredung auch von Belfort die Rede gewesen sein und der Präsident die besten Versicherungen erhalten haben. Ob diese Mittheilungen begründet, bleibt dahingestellt; sicher ist, daß Thiers fortwährend befürchtet, Deutschland könne eventuel Schwierigkeiten im Innern Frankreichs dazu benutzen, um Belfort zu behalten. Er hält diese Festung für äußerst wichtig.
Petersburg, 28. Dez. Am 26. d. M. Abends hat hier eine beklagenswerthe Fenersbrunst die deutsch-reformirte Kirche, welche erst vor sieben Jahren eingeweiht wurde und eine der baulichen Zierden unserer Hauptstadt bildete, bis auf die Mauern beinahe völlig zerstört. Der Thurm ist zum größten Theil eingestürzt und die schöne Walker'sche Orgel spurlos verschwunden. Die Glocken liegen, nachdem sie zwei Holzlage» durchbrochen haben, auf dem Gewölbe über dem Gemeindesaal, welcher glücklicher Weise gerettet ist. In dem Kirchenraum selbst steht fast nur das noch ausrecht, was von Stein und Eisen ist. lieber die Entstehung des Brandes liegen bis jetzt nur Vermuthungen vor. Das schöne Gotteshaus war von der Gemeinde mit großer Opferfreudigkeit hergestcllt.
Namen-Riithsel
III.
Die Erste dient der Landwirlhschaft, Die letzten zwei traf nicht die Hafk, Denn als man ihm kam gar zu nah, Entfloh er nach Amerika.
Amtliche Sf Privat-Bekattntmachirngcn.
N e v i e r H o f st e t t.
Hüpfeichmigen-Velkmlf
am Samstag den 11. Januar, 11 Uhr in Aichelberg, aus Badwald Ebene 3645 Na- delholzstangcn.
Altenstaig, 2. Januar 1873.
K. Forstamt.
H e r d e g e n.
Revier Alten st aig.
Reis-Verkauf.
Am Mittwoch den 8. d. Mts., Vormittags 10 Uhr,
werden auf dem Rathhaus in Bösingen 24 Hundert ungebundene Wellen von der großen Eichhalde versteigert.
K. Revieramt.
G ü l t l i n g e n.
Sagklötze-Verkauf.
Am nächsten Freitag den 10. Januar verkauft die hiesige Gemeinde 45 Stück Sägklötze mit 34 Festmeier.
Zusammenkunft Morgens 9 Uhr beim Nathhaus. Kaussliebhaber sind eingeladcn. Den 4. Januar 1873.
Schultheißenamt. Wur st.