Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.
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Ne. 1-13. halbjährlich hier 54 kr., im Bezirk Donnerstag den 4. Dezember. Zecke aus gewöhnlicher Schritt 1872.
mit Postausschlag l fl. 8 kr. 2 Kreuzer.
Tages-Neuigkeiten.
Stuttgart, 27. Nov. Die „N. Bad. Landesztg." signalisirt „die Ausänpe einer neuen Partei", welche sich hier bilden wolle auf folgenden Grundsätzen: Anerkennung des Reichs und der (mangelhaften und entwicklungsbedurftigen) Reichsversassung; Gegnerschaft gegen den Einheitsstaat; Selbstverwaltung des Volks in den Angelegenheiten der Gemeinden und Bezirke, und möglichste Ausdehnung und Sicherung der Rechte desselben gegen Beherrschung und Bevormundung von oben. Wahrung der geistigen und materiellen Interessen des Volkes, „weiche ob der Sorge für die Wehrkraft nicht vernachlässigt werden dürfen". Endlich erklärt das Programm, ein Hauptgewicht in die Ausbildung und Pflege eines freien Gemeindelebens zu legen und jedem Versuche, die Grundlagen des Staates und der Gesellschaft gewaltsam zu zerstören, von welcher Seite er auch komme» möge, entschieden entgegenzutreten.
Stuttgart, 3V. Nov. Die Kammer der Abgeordneten kam gestern mit dem Steuerresormgesetze vollends zu Ende, hält aber jetzt drei Tage Rast, um am Dienstag einige kleinere Gesetzentwürfe abzumachen, dann aber die wichtigen und umfangreichen Eisenbahnbauge- ictzc zu berathen. Mittlerweile soll die Commission für Gegenstände der inneren Verwaltung mtt ihrem Bericht über de» Gesetzentwurf betreffs Einiührung des Reichsgesetzes über den Unterstützungswohnsitz jerkig werden. Aus den letzten Verhandlungen über das Stcuerreformgesetz ist noch Folgendes nachzutragen: Bei Art. 9 über das Verhältnis! der Einschästungsbehördcn zu den Steuerpflichtigen, wurde eine Bestimmung eingefügt, welche Fabriken vor dem Mißbrauch ihrer Fabrikationsgeheimnisse Schutz gewähren soll, indem Schätzer der gleichen Fabrikation nicht zugelassen und gegen Offenbarung von Geheimnissen Strafen bis 500 Thalern angesetzt wurden. Von Wichtigkeit waren die beiden Artikel 10 und 1kl, welche den Schluß der Berathnng bildeten. In beiden wurden die Negierungsbcstiuiinungen unverändert angenommen. Der Art. lO betrifft die Festsetzung der Steuer (Vertheilungsmaßstab) und lautet im Entwurf: „Der Betrag der zu entrichtenden Steuer jeder Gattung (Grund- und Gefall-, Gebäude-, Gewerbesteuer) wird für jede Etatsperiode durch bas Finanzgefetz bestimmt." Die Mehrheit der Commission sprach sich gegen diesen Artikel aus, indem sie wollte, daß darüber ein besonderes Gesetz entfcheiden sollte. Von Art. lll des Regierungs- Entwurfs lautet die Hauptbcstimmung: Der Beginn der Steuer-Erhöhung auf Grund der neuen Kataster wirb durch das Finanzgefetz bestimmt. Diesem bleibt überlassen, sestzusetzen, von welchem Zeitpunkte an das provisorische Steuerkatastergesetz von 1821 außer Wirkung zu treten habe."
Stuttgart, 2. Dez. Am letzten Samstag Abends zwischen 5 u. 6 Uhr zersprang in der Fabrik des Herrn Heinr. Siegle auf unerklärliche Weise ein 7 Centimeter starker eisernerKes- sel und verursachte unter großer Explosion starken Schaden am Gebäude. Leider ist ein in der Nähe befindlicher Arbeiter dabei ums Leben gekommen. Für seine Hinterbliebenen wird vom Fabrikherrn, wie auch von der allgemeinen Unfallverstcherungs- bank in Leipzig in ausgiebiger Weise gesorgt. (S. M.)
Stuttgart, 2. Dez. Zum Gedächtnis der Siege von 1870 und 1871 und des darauf gefolgten Friedens werden von der K. Münze gegenwärtig Gedenkthaler ausgeprägt, welche auf der Hautpseite das Brustbild Seiner Majestät des Königs, auf der Rückseite einen über Kriegstrophäen schwebenden Engel mit der Umschrift „Mit Gott durch Kampf zu Sieg und Einigung" und auf dem Rande die eingedrückte Schrift „XXX Ein Pfund fein" enthalten. Diese Landesmünzen entsprechen im Gewicht und Gehalt den für die Vereinsthaler durch den Wiener Münz- »ertrag vom 24. Januar 1857 gegebenen Vorschriften und werden zu dem Werthe von 1 fl. 45 kr. ausgegeben, in welchem sie künftig bei den Kassen des Staats stets als Zahlung wieder anzunehmen sind.
Landesproducten - Börse Stuttgart vom 2. Dezember. Der Mangel an Getreide von guter Qualität macht sich allgemein sühl> barer und es ist dadurch dem Müller der Einkäus sehr erschwert. Die süddeutschen Märkte waren ziemlich gut befahren, ohne daß jedoch die "Preise einen wesentlichen Rückgang erfahren hätten und unter diesem Einflüsse verkehrte auch di« heutige Börse, indem sich Käufer gegenüber den starken Angeboten etwas zurückhaltend zeigten. Wir notiren: Walzen bair., 7 fl. 48 bis 8 st. 18 kr. Waizen rusi., 8 fl. 15 dis 18 kr.
Lernen 7 fl. 48 bis 54 kr. Gerste bair. 5 fl. 48 kr. Hafer 3 fl. 36 kr.
Kohlreps 9 fl. 12 kr. Mchlpreise per-100 Klg. incl Sack. Mehl Nr. 4: 25 fl. bis 25 fl. 30 kr. Mehi Nr. 2: 22 st. 42 kr. bis 23 st. 15 kr.
Mehl Nr. 3: 20 fl. bis 20 fl. 18 kr. Wehl Nr. 4: 1b fl- bis 17 fl.
Horb, 30. Nov. Es ist seiner Zeit, im Sept. d. I. berichtet worden, daß ein Südtyroler Namens Corona, eine 18jährige Bauerntochter in Eutingen entführt habe. Längere Zeit wußte man nicht,-wohin das Paar sich gewendet habe, in letzter Zeit kam aber nun ein Brief der Entführten an ihre Eltern an, worin sie ihnen die Nachricht gibt, daß sic sich mit ihrem Geliebten in der Hauptstadt von Texas befinde, daß es ihnen
aber herzlich schlecht ergehe, und sie sich gcnöthigt gesehen habe, als Dienstmagd ihr Leben zu fristen, sie bitte daher ihre Eltern um Verzeihung und um baldige Uebcrsendung eines Reisegelds, damit sie wieder in ihre Heimath zurückkehren könne. So ist denn der jungen Sünderin die Strafe auf dem Fuße nachgcfolgt, die Eltern aber werden wohl nicht säumen, ihr die erwünschte Rückkehr in das Vaterland zu ermöglichen.
Aus verschiedenen Gegenden des Landes wird über eine am 30. Nov. oder 2. Dez. veranstaltete Erinnerungsseier berichtet, so, abgesehen von den Garnisonsorten aus den Städten Eßlingen, Heilbronn, Kirchheim u. T. u. a. Hier in Nagold hatte Hr. Dekan Freihoser in dem Gottesdienste am Andrcasfeier- tag eine hierauf bezügliche Rede gehalten.
Karlsruhe, 30. Nov. Bei der heutigen Serienziebung der badischen 35-fl.-Loose wurden folgende Serien gezogen: 862 4540 1»18 2358 5957 4185 2245 6212 6860 6100 3737 5884 4978 1590 182 2329 5448 4268 5640 und 2705.
München, 2. Dec. Der König hat dem Comite für die Unterstützung der Nothleidenden an der Ostseeküste aus der Ca- binetscasse tausend Thaler zugestellr. Der frühere Redactenr des „Volksboten", Zander und Frhr. v. Linden haben sich, wie verlautet, in die Schweiz geflüchtet.
Berlin, 1. Dec. Der Kaiser hat zur Unterstützung der Einwohner der Provinzen Pommern und Schleswig-Holstein, welche durch die Sturmflitth hilfsbedürftig geworden sind, die Summe von 10,000 Thlr. bewilligt und dabei gleichzeitig bestimmt, daß die einzelnen Beträge hauptsächlich zum Besten der minder begüterten Beschädigten zu verwenden sind.
Berli n, 2. Dec. Die Zahl der neuernannten Herrenhausmitglieder beträgt 25. Berufen sind: die Staalsminister v. d. Heydt und v. Patow, die Feldmarschälle Herwarth v. Bittenfeld und v. Steinmetz, die Generäle Peuker, Holleben, Stosch, der Gesandte Magnus, Gencralauditeur Fleck, Unterstaatssecretär Bitter, Präsident Friedberg, Generalsteuerdirector Schuhmann, Ministeraldirector Philippsborn, die Geheimräthe Sulzer und Balan, die Präsidenten Dechend, Günther, Henrici, Bethmann- Hollweg, Eichmann, vom Rath, Generalstaatsanwalt Weber, Postdirector Stephan.
Der Zusammenstoß der Erde mit dem Biela'- schen Kometen. Vom Professor Dr. W. Klinkerfues, Direc- tor der Sternwarte zu Göttingen, erhält der „Hann. Cour." folgende Zuschrift vom 28. Nov : „Der unerwartet eingetretene höchst glänzende Sternschnuppenfall des gestrigen Abends wurde auf hiesiger Sternwarte während etwa 2°/« Stunden, bis zur Bewölkung des Himmels recht befriedigend beobachtet. Der Kastellan der Sternwarte, Heidorn, hatte das Einträgen in die Charte übernommen, während die Studenten Mayer u. Schräder im Zählen der Sternschnuppen sich ablösten; ich selbst war mit einer Zeitbestimmung beschäftigt. Die Zählung ergab 7651 Stück in der angegebenen Zeit. Derjenige Theil des Kometen, mit welchem wir zusammengetroffen, würde seine Sonnennähe im Anfänge dieses Monats gehabt haben; der Komet kommt am 24. Dec. in seine Sonnennähe. Vielleicht gelingt cs, den Kometen selbst noch aus einiger Entfernung zu betrachten. Aus der Vergleichung der Bahn-Elemente ergibt sich mit ziemlicher Gewißheit, daß der Komet der lange vermißte Komet von Biela ist." (Frkf. I)
Der Präsident des Abg.-Hauses, Herr v. Forckenbeck, ist ein leidenschaftlicher Schnupfer. Auf dem Präsidialtisch ist, da dem Präsidenten der Gebranch der Dose für sich und Andere während der Geschäfte zu umständlich, stets ein Papier ausgebreitet, auf dem der Tabak zu bequemer Bereitschaft, auch für Gäste, ausgeschüttet ist. Die Schriftführer des Hauses haben nun eine elegante Bronceschaale gestiftet, welche künftig die Stelle des Papiers vertreten wird. Die Schaale trägt eine Widmungsinschrift an den Präsidenten.' Vielleicht ein zarter Versuch, den geschätzten Mann dem Abg.- Haus zu erhalten, dem er bekanntlich untreu werden will. — Von der Journalistentribüne des Abg.-HanseS ist der offiziöse Journalist Stern ausgeschlossen worden. Dem Frkf. I. wird über den Grund dieser Maßregel berichtet: Der Genannte hat, wie festgestellt wurde, den Berichterstatter der Nordd. All. Z.