meinem Platze heruntersteigen, noch an diesem Abend meide ich nicht mehr an der Spitze sein, aber meinem Gewissen Genüge geleistet haben. (Die Linke applaudirt. Die Rechte schweigt.) Thiers schildert die Vorzüge der conservativen Republik vor der von Balbie angekündigten Regierung des Kampfes n»d schließt mit der (Erklärung: Es handelt sich nicht um Ministerveranl- mortlichkeit, sondern um eine Vertrauensfrage. Wenn ich dieses Vertrauen nicht vollständig und unbedingt besitze werde ich gern in ein ruhiges Leben zurückirelen. Die Legitimisten Ernonl, Lucien und Brun verlheidigen die Cominijsionsanträge. Bei der Nbstimmung wird indeß der (Ne gierun gs -) A n- trag Dufaure's init 370 gegen 334 Stimmen a n- geno m m e n.

Versailles, 30. Noo. Das gestrige Votum der National­versammlung wird als entscheidender Sieg der Regierung ange­sehen und hält man die Organisation der conservativen Republik dadurch für gesichert. Die Bureaus werden am Montag die Commission ernenne», welche mit den betreffenden Entwürfen be­auftragt ist. Wie dieAgence Havas" hinznfügt, wird durch Telegramme constatirt, daß die Abstimmung überall große Ge- nngthuung hervorgernfen habe.

Die B on ap ar list e n sind voll Siegeshosfnung. Einer ihrer eifrigsten, der bekannte Corse Abatucci, ries bereits aus: Das Kaiserreich ist wieder da!

Rom, 28. Nov. (Kammersitznng ) Lei Fortsetzung der Berathung des auswärtigen Budgets will der Minister des Aeu- ßern die klerikale Partei zu dem Geständnisse zwingen, baß sie nur die Entflammung eines europäischen Krieges zur Wieder­herstellung der weltlichen Macht des PabsteS zum Programme habe; der Minister betont das gute Verhältnis) zu Deutschland, erwähnt, daß trotz der gegenüber der griechischen Regierung be­wiesenen Mäßigung die Lanrion-Frage nicht beigelegt sei und er­klärt schließlich, daß Italiens Interesse, Frieden, liberaler Fort­schritt und Erhaltung der sozialen Verhältnisse identisch seien mit den europäischen Interessen.

London, 28. Novbr. In mehreren Theilen des Landes wurde in der Nacht des 27. Noo. das Fallen einer ganzen An­zahl von Meteoren beobachtet, ü Minuten dauerte die Na­turerscheinung, in welcher Zeit über 200 Meteore dahin schossen. Die meisten flogen in eine westliche Richtung, doch siel eine große Anzahl auch duckt zur Erde. (S. M.)

Newyork, 29. Nov. Horace Greelei) ist heute Abend 7 Uhr gestorben.

Ein amerikanischer Sergeant Namens Bat es hat in Folge einer Wette cs übernommen, die amerikanische Flagge durch ganz England, von einem Ende rum andern zu tragen, ohne be­schimpft zu werden. Jetzt ist er bereits in Oxford angelangt. Er wurde überall mit Enthusiasmus empfangen und hielt Reden über seineMission". Aus Oxford ist dem Missionar eine Anzahl von Leuten entgegengegangen, darunter einige Mitglieder der Universität. Nächstens wird der Sergeant in London er­scheinen.

Lebensschicksale eines Kandidaten der Theologie.

(Fortsetzung.)

Am andern Morgen begann die Kapitulation zwischen dem Hofmeister und dessen Belagerungs-Corps. Olcarius, um nur einigermaßen leidlich aus dem Handel zu kommen, blieb seiner Rolle treu und schüchterte die ihn blockirenden durch Drohungen dermaßen ein, daß man ihm endlich freien Abzug versprach.

Als der Kandidat jedoch, dem gegebenen Ehrenwort trauend, die Thüre öffnete, den Gefangenen anslieferle und sich anschickte, den Platz zu räumen, sah er sich plötzlich von drei Husaren um­ringt, welche mit gespannten Hahnen auf der Pistole ihn nöthigten, sich in eine bereit gehaltene Kutsche zu setzen, in welcher sie ihn nach der nächsten Garnisonsstadt brachten.

Hier wurde er vor den Obersten des Regiments, einem nahen Anverwandten der Gräfin geführt, welcher ihm die Alter­native stellte: entweder als Rekrut in sein Regiment einzutreten, oder dem peinlichen Gerichtsverfahren übergeben und dann wahr­scheinlich zu langwieriger Gefängnißstrafe verurtheilt zu werden.

Der arme Kandidat wußte nicht, welches von diesen beiden Uebeln das schlimmere sei. Der Oberst aber ließ ihm nicht lange Zeit, sich zu besinnen, sondern verlangte kurzen und bündigen Entscheid.

In Gottes Namen denn" seufzte Olearius, wenn es denn sein muß, so werde aus einem Streiter Gottes ein königlicher Kriegsknecht."

Mit Thränen in den Augen zog er seinen alten, ihm so lieb gewordenen Frack aus, und bekam dafür einen Dollmann. Hierauf mußte er zur Fahne schwören, und nun war er könig­lich preußischer Soldat geworden, und wurde als solcher in die Liste einregistrirt.

Zweite Abtheilung.

VlI.

Noch einmal der alte Fritz.

Und jedes Heer, mit Tina und San§, Mit Paukenschlag und Kling und Klang, Geschmückt mit grünen Reisern,

Zog beim zu seinen Häusern."

Zwei Jahre sind seitdem verstrichen. Aus dem hagern, schüchiernen Kandidaten war mit der Zeit ein stattlicher Kriegs- inann geworden, und wenn Olearius sich auch von all' den Roh­heiten fern hieli, die nun einmal nicht ganz vom SoldalenstanLe zu trennen sind, und wenn er auch eine größere Ehre dareinsetzte, seine Zeit, die nicht vom Dienste in Anspruch genommen war, zur Erholung und Veredlung seiner Seele anzuwenden, statt wie die meisten seiner Kameraden im Wirthshause die paar Groschen zu verjubeln, so ließ er sich nichtsdestoweniger nie das Geringste zu Schulden kommen, was ihn hälte straffällig machen können und war deßhalb auch bei all' seinen Vorgesetzien als ein braver, ordentlicher Soldat beliebt und geachtet.

lim diese Zeit war cs, daß das Regiment, bei welchem er diente, seinen Standort wechselte und nach Berlin versetzt wurde; wenige Tage späler war große Parade vor dem Könige.

Olearius, welcher, Dank seiner guten Konservirung und Körperlänge, znm Flügelmann avancirt war, hatte sich so her- ansgeputzt, und saß so stramm und fest in seinem Sattel, daß selbst der Oberst, als er bei der Inspektion an ihm vorbeiritt, beifällig mit dem Kopfe nikte und halblaut zu seinem Adjutanten sagte:Kapitaler Kerl das, sitzt wie angegossen, hätte nie ge­glaubt, daß ans einem Pastor so eilt Muster von einem Soldaten sich herausschnitzen ließ."

Olearius, welcher diese Worte gehört hatte, dachte innerlich: o, wenn du wüßtest, welche Freude mir dieser macht, und du sehen könntest, wie mir das Herz blutet, denkt es der Vergangen­heit, du wärst vielleicht wenlgcr freigebig mit deinem Lobe.

Keine Miene aber verriech, was in der Seele des armen Kandidaten vorging, denn unverändert blieb seine Haltung.

Plötzlich schmetterten die Trompeten. Der König, begleitet von einer glänzenden Suite hoher Offiziere, kam herangesprengt. 'Nachdem er langsam an der Fronte heruntergeritten war, hielt er sein Pferd an und befahl den Vorbeimarsch des Regiments. Alsbald ertönten die Kommandoruse. Die Züge schwenkten ab und unter den rauschenden Klängen eines kriegerischen Marsches dcsilirte das Regiment vorbei. Schon war das militärische Schau­spiel bereits beendet. Der letzte Fug, bei welchem sich Olearius befand, ritt eben am Könige vorüber, als im selben Augenblicke das Pferd des Kandidaten vor einein weißen Steine scheute, der am Wege lag. Das Roß bäumte sich hoch aus, und ehe es Olearius gelingen konnte, mit fester Hand die Zügel zu ergreifen, stürzte das Pferd hintenüber und begrub, mit seiner ganzen Wucht ans den unglücklichen Reiter fallend, denselben tief im Sande.

Sogleich kommandirte der König selbstHalt!" und befahl einigen Husaren abzusteigen und ihren armen Kameraden von der Last des Pferdes zu befreien. Mit vieler Mühe gelang dieß endlich.

Der anwesende Militärarzt untersuchte sodann den bewußt­los daliegeuden Kandidaten und konstatirte, daß zwar kein Glied gebrochen sei, daß man aber nicht wissen könne, ob nicht eine innerliche Verletzung stattgefunden habe.

Mittlerweile hatte der König den Obersten zn sich herange­winkt.Wie heißt der Mann?" fragte er.

Gottfried Oehlig, genannt Olearius, Majestät."

Olearius?" fragte der Monarch erstaunt.War der Husar früher nicht Kandidat der Theologie?"

Zu Befehl Majestät."

Und wie kommt der in den Soldatenrock? ist er freiwillig eingetreten?

Halten zu Gnaden, Majestät" erwiderte der Oberst der Kandidat Olearius hatte sich Ihätlich an seiner Brod- herrin, der Gräfin Koblenz und deren Enkel, vergriffen, es blieb ihm nur die Wahl zwischen Festung oder Soldat, und so wählte er denn letzteres."

So! Hm! Schon gut!" machte der König,sorgen sie da­für, daß der Mann in gute Pflege genommen wird und lassen sie mir zeitweise sein Befinden rapportiren. Mit dem Rcgimente bin ich zufrieden, sagen sie das den Soldaten, Adieu!"

Während der König mit seinem Gefolge davonritt und das Regiment in die Kaserne zurückkehrte, wurde Olearius auf eine Tragbahre gelegt, nach dem Krankenhause gebracht, nnd dort alle möglichen Wiederbelebungsversuche mit ihm vorgenommen. End­lich nach ungefähr einer halben Stunde schlug er die Augen wieder auf und schaute mit unstäten Blicken um sich. Der Oberarzt trat nun zu ihm heran, und indem er seinen Puls fühlte, fragte er freundlich:Wie befindet er sich?"

Einige Sekunden lang starrte Olearius den Doktor lautlos an. Dann aber schien sein Bewußtsein nach nnd nach wieder­zukehren, und mit der freien Hand langsam nach seinem Kopfe und über die Stirne sahrend, stieß er einen tiefen und schmerz­lichen Seufzer aus.

(Fortsetzung solgt.)