Mo. 12.

Amts- unä Intelligenzhkatt für «len Aezirst.

60. Jahrgang.

Erscheint Dienstag, Donnerstag L Samstag.

Die Einrückungsgebühr beträgt 9 H p. Spalte, und im Bezirk, sonst 12

Dienstag, Üen 27. Januar 1885.

Abonnementspreis halbjährlich 1 80 H, durch

die Post bezogen im Bezirk 2 ^6 30 ^, sonst in ganz Württemberg 2 ^ 70

Znm Abonnement ans das

M Februar A März ladet Jedermann in Stadt nnd Land fteundlilhst ein

äie Re^a^tion liesTaiwer Wo^en^aüs."

Amtliche Wekcrrrntmcrchirrrgerr.

Calw.

BeLarmtmachrrng.

Nachstehende, für den Oberamtsbezirk Nagold erlassene Verordnung, betr. die Beleuchtung der Fuhrwerke bei Nacht wird hieniit zur Kenntniß der Bczirksangehörigen gebracht.

Den 21. Januar 1885. K. Oberamt.

Flaxland.

Oberamt Nagold.

Bezirkspolizeiliche Vorschrift,

betreffend

die Beleuchtung der Fuhrwerke der Nacht.

Unter Bezugnahme auf § 366 Ziff. 10 des Strafgesetzbuches für das deutsche Reich und die Art. 51 und 52 des Landesgesetzes vom 27. Dezember 1871, betreffend Aenderung des Polizeistrafrechts wird mit Zustimmung des Amtsversammlungs-Ausfchusses vom 17. Dezember v. I. und mit Genehmig­ung K. Kreisregierung vom 2. Januar d. I. folgendes angeordnet:

8 1 .

Während der Dunkelheit muß jedes auf öffentlicher Straße befindliche Fuhrwerk vorfchriftmäßig beleuchtet werden.

8 2 .

Als öffentliche Straßen im Sinne des § 1 dieser Vorschrift sind die Staats- und sämtlichen Ortsstraßen, sowie diejenigen Fahrwege anzusehen, welche den Nachbarschaftsverkehr vermitteln, ausgenommen sind die Feld- und bloßen Waldwege.

8 3.

Die Beleuchtung geschieht

a) bei einem Fuhrwerk, welches vorzugsweise zur Personenbeförder­ung dient, durch eine oben am Verdeck in zweckentsprechender Weise angebrachte Laterne oder durch zwei Laternen, welche an den Seiten, so weit wie möglich nach vornen, anzubringen sind;

b) bei anderem Fuhrwerk durch eine Laterne, welche in der Mitte der Vorderseite an oder auf dem Fuhrwerk dergestalt anzubringen ist, daß ihr Licht ungehindert durch das Gespann nach vornen fällt.

Wo vermöge der Bauart oder der Ladung des Fuhrwerks die Be­leuchtung nicht an letzterem selbst angebracht werden kann, ist es gestattet, sie an den Pferden oder an der Deichsel mitzuführen.

Die Laternen müssen in ordnungsmäßigem Stand und mit hell leuch­tendem Licht versehen sein.

8 4.

Uebertretungen dieser Vorschrift unterliegen der Strafbestimmung des H 366 des Reichsstrafgesetzbuches.

Nagold, 16. Januar 1885. K. Oberamt.

G ü ntner.

W i l d b a d.

Aufnahme in das Armeudad.

Die Gesuche um Ausnahme in das Armenbad (Katharinenstift) in Wildbad sind spätestens bis 1. März d. I. portofrei und stets nur durch Vermittlung der K. Oberämter, welche die Vorlagen hinsichtlich ihrer Vorschriftsmäßigkeit zu prüfen gebeten werden , an die K. Badverwaltung in Wilvbad einzureichen.

Diese Gesuche sind zu belegen:

1) mit einem g e m e i n d e r ä t l i ch e n, oberamtlich beglau­bigten Zeugnisse, welches zu enthalten hat:

Aeuilteton.

Der Hatderhof.

Eine Geschichte aus dem Volksleben von A u g u st B u t s ch e r.

(Unbefugter Nachdruck wird gerichtlich verfolgt.)

(Fortsetzung.)

Drüben aber über der Mauer hielt Pauline den Arm des Barons umschlungen und schrie herzzerreißend:

Die Bertha ist erschossen! O helfen Sie, Herr Baron!"

Die Kleine war durch das Geräusch bei der Verfolgung erwacht, hatte den Schuß und Bertha's Aufschrei gehört und sich dann an dem vorüber­keuchenden Baron angeklammert.

Dieser trug sie totenbleich durch den nördlichen Eingang nach dem Orte des Schreckens, und jetzt standen sie starr vor dem erschütternden Bilde, das ein einziger finsterer Augenblick geschaffen hatte.

Der Erste nach ihnen, der den durch ein Verbrechen entweihten Fried­hof betrat, war der Holderjörg. Er hatte den Schuß gehört und den Hof- erbcn durch die Felder eilen sehen. Er kam an dem noch rauchenden Gewehre vorüber und warf es er wußte selbst nicht warum in einem großen Bogen in das nächste Roggenfeld.

Als er sich mit schreckhaft geöffneten Augen von dem Entsetzlichen über­zeugt hatte, rannte er, so schnell ihn seine Füße trugen, auf den Holderhof zurück und schrie. wie ein Unglücksrabe, die schreckliche Botschaft hinein. Dann warf er sich auf einen Rappen und ritt wie eine Windsbraut gen Murrheim hin, um denBalbierer" zu holen, dessen er heute Morgen noch scherzhaft gedacht hatte. Er allein hatte den Kopf nicht verloren, die anderen Alle standen in dumpfem Schmerz an der Unglücksstätte; dazu die Blitze des grollenden Himmels, der heulende Wind, der Jammer der Eltern und Geschwister. Die Gräber ringsum aber überragte in hehrer Ruhe das Bild des Gekreuzigten.

In stumpfer Verzweiflung stand der alte Holderhofer neben dem ge­liebten Sohne, der jeden Augenblick verscheiden konnte und nur zuweilen

einen leisen Atemzug wie einen Seufzer hören ließ. Jetzt konnte er nicht weinen, denn der Schmer; war übergroß.

Und das hat der Uri gethan?" stöhnte er auf einmal laut.

Niemand antwortete; nur die Holderhoferin, die leichenblaß neben ihm stand, drückte leise seinen Arm, und die erste große Thräne schlich dabei über ihr plötzlich überall gewordenes Gesicht.

Jetzt segelte mit fliegenden Rockschößen der Bader von Murrheim daher. Zum Glück hatte ihn der Holderjörg schon im nahen Mühlenthal getroffen, wo er eine Verrichtung gehabt.

Stumm gegen die sonstige Art seiner Collegcn waltete er seines Amtes und legte den ersten Verband an. Aller Augen hingen an seinen Lippen, die sich endlich zu dem Ausspruche öffneftn:

Es ist ein schwerer Streifschuß, und das Leben hängt an einem Faden. Tragt ihn langsam hinein und schickt nach dem Pfarrer. Er wird freilich noch lange nicht'zu sich kommen, aber es ist doch besser so."

Bald lag der bewußtlose Oberförster und Landtagsabgeordnete in der Himmelbettlade der Nebenstube des Holderhofes.

Eine Stunde später kam der Herr Pfarrer mit der heiligen Weg­zehrung, in seiner Begleitung war Born mit der Klingel, die einen so un­heimlichen Ton gab. So betrat der Lehrer den Holderhos wieder.

Der Priester konnte dem Bewußlosen nur die Generalabsolution er­teilen, und mit Thränen in den Augen schieden sie wieder. An Ulrich dachte jetzt wohl Niemand als seine Mutter.

In der Stube knieten ringsum an den Bänken alle Holderhofer und beteten mit gedämpfter Stimme denschmerzhaften Rosenkranz."

8. Grauender Tag und Licht.

Im Holderhofe zeigte die alte Schwarzwälderuhr nur mehr auf trübe Stunden, viele, viele Tage lang. Heribert lag lange, lange besinnungslos, und als das irdische Leben wieder hineindämmerte in die wieder erwachende Seele, war er ein fast gebrochener Mann, zum Schatten seiner selbst herab­gewelkt aber doch gerettet. Diese Thatsache, die der Bader von Murr­heim mit der Miene eines Siegers verkündete, ließ die Holderhofer zum