Der Gesellschafter.

Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

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T-a ges-??euigkei1en.

* N a g o l d, 8. April. Bei dem großartigen und schwierigen Bau des Hochdorfcr Tunnel darf man es wohl als ein beson deres Glück bezeichnen, daß derselbe bis jetzt von keinem weiteren, als dem am letzten Freitag vorgekommenen Unfall begleitet war, der aber auch um so bedauerlicher sich darstellt, als drei Arbeiter dabei das Leben einbüßten. Aus bis jetzt noch unbekannten Ursachen explodirte nämlich Nachmittags das in dem Ban anfbe wahrte Sprengpulver in dem Augenblicke, als Rollbahner an der Aufbewahrungsstelle desselben vorbeizufahren suchten. Im Nu war der größere Theil des inneren Raums zur finsteren Nacht gemacht und ahnten entfernter stehende Arbeiter dadurch und durch den großen Puloerdamps nichts Gutes, aber doch nicht den schreck­lichen Anblick, der ihnen geboten wurde, als die Unglücköstätle wieder zugänglich geworden. Nackt, zur Unkenntlichkeit verbrannt, fanden sie hier zwei Leichen und 3 weitere Arbeiter durch Brand­wunden so beschädigt, daß man ebenfalls für ihr Leben befürchtete. Und wirklich ist auch einer derselben, ein Knabe von 15 Jahren, des andern Tages den unsäglichen Schmerzen im hiesigen Spitale erlegen, die beiden andern sollen nun aber außer Gefahr sein. Hoffentlich wird dieses gräßliche Unglück ein eindringlicher Mahner zur größeren Vorsicht sein. Ein weiterer Gegenstand des Ta­gesgesprächs bildet ein Raubanfnll, der am letzten Samstag an Fuhrmann I. Hauser verübt worden sein soll. Derselbe erzählt nämlich, daß er von einem Burschen, den er auf seinem Fuhrwerk, von Stuttgart kommend, mitfahren ließ, in der Nähe des- tzinger Sträßchens angegriffen und so thätlich mißhandelt worden, daß wenn er ihm das abgeforderte Geld (15 fl.) nicht gut­willig in die Hand gegeben, er ihn sicher todtgeschlagen hätte, so aber sei er mit einigen Kopfwunden davon gekommen. Den Thäter soll er daran erkenntlich gemacht haben, daß er ihm in die Hand einige tüchtige Bisse beigebracht, als er ihn durch die­selbe an dem Hilferuf verhindern wollte. Unter einigen Eisen- bahnarbeitern in Unterthalheim spielte in voriger Woche auch das Messer wieder eine Rolle, indem einer derselben einen tödl- lichen Stich in die Brust erhielt. Die Veranlassung hiezu und wer der Thäter gewesen, ist erst durch die eingcleitete Untersuchung sestznstellen. Auch einen kürzlich vorgekommencn Einbruch, bei Bäcker Burkhardt hier verübt, haben wir zu verzeichnen. Der noch unbekannte Jndustrieritter hatte demselben die Kasse um ca. 20 fl. erleichtert.

Stuttgart, 3. April. Eingetroffenen Nachrichten zufolge ist die Königin mit der Großfürstin Vera gestern zu Livadia in der Krim angekommen.

Stuttgart, 4. April. Das gestrige Leichenbegängniß des Ministers v. Scheurlen war glänzend. Justizminister v. Mitt­nacht war eigens aus Berlin hier angekommen, um seinem Amts- genossen das letzte Geleite zu geben. Die Theilnahme der Be­völkerung war eine allgemeine. Der Jvstizminister hatte gestern sofort nach seiner Rückkunft aus Berlin eine Audienz beim Könige. Im Publicum bringt man dieselbe mit der Ernennung eines Nachfolgers für die Bekleidung des wichtigen von dem Verstor­benen inne gehabten Postens in Zusammenhang und nennt bereits mehrere Namen als muthmaßliche Nachfolger: so den Oberbür­germeister v. Sick, Vicepräsident der zweiten Kammer, der schon zur Zeit der Ernennung v. Scheurlens berufen worden sei, aber abgelehnt haben soll; sodann den Staatsrath v. Sarivey und Andere. Die Nationalliberalen wünschen natürlich einen Mann ihrer Partei ins Ministerium und es werden auch von dieser Seite Namen genannt. (Frkf I.)

Stuttgart, 4. April. Abgeordnetenkammer. Der Justizminister beantwortet die Anfrage Oesterlen's wegen des Reichspreßgesstzes dahin, daß der Entwurf eines solchen ihm im Januar mit der Aufforderung zur vertraulichen Beantwortung mitgetheilt sei. Diese werde in aller­nächster Zeit erfolgen. Die Kammer bewilligt 8 Millionen Gulden für den Weiterbau der Eisenbahnen.

Stuttgart, 5. April. Nach officioser Mittheilnug des Staatsanzeigers" wurde Präsident Fleischhauer bis zur defini­tiven Besetzung des Ministeriums des Innern mit der Besorgung der lausenden Geschäfte und dem Vortrage beim Könige, der

Cnltusminister Geßlcr mil der obersten Leitung dieses Ministe­riums beauftragt.

Die Prämienziebung des Lahrer hinkenden Boten für 1872 lieierte folgendes Ergebnitz: 1. Prämie 100 Tbl. Nr. 591,523; 2. Prämie KOTHlr. Nr. 269,95»; 3. Prämie 50 Tbir. Nr. 744,166; 4. Prämie 40 Tblr. Nr. 5185; 5. Prämie 35 Thlr. Nr. 72,031: 6. Prämie 30 Tblr. Nr. 30,304; 7. Prämie 25 Tblr. Nr. 23,819; 8. Prämie 20 Thlr. Nr. 187,270; 9. Prämie 10 Tblr. Nr. 658,712

Berlin, 3. April Der Kultusminister beabsichtigt, der Sp. Z " zufolge, in Posen, Westphalen und der Rheinprovinz k a l h o l i s ch e L e h r er i n n e n - S em in ar e zu etabliren. Es sind Seitens der Negierung bereits Anfragen wegen entsprechender Lokalitäten an die Communalbehörden mehrerer Städte ergangen.

Berlin, 4 April Da die.neuen Reichslandc Elsaß- Lothringen nunmehr factisch in das deutsche Handelsgebiet und damit in die Verträge cingetreten sind, welche zwischen den, dieses Zoll- und Handclsgebcht bildenden Staaten und anderen Staaten bestehen, ist dirß den Negierungen der europäischen Staaten, mit welchen derartige Verträge abgeschlossen sind, und zu welchen Elsaß-Lothringen in näheren Handels- und Verkehrsbeziehungcn steht, nämlich Großbritannien, Niederlande, Belgien, Oesterreich, Schweiz, Italien, Spanten angezeigt worden, und es ist ein Ein­wand dagegen nicht erhoben. Daß Elsaß-Lothringen durch Ein­tritt in den Zollverein auch in den Vertrag des Zollvereins mit Oesterreich, wie er unterm 8. März 1868 abgeschlossen worden, eingetrelen ist, hat die österreichische Staatsregierung gleichfalls anerkannt. (F. I.)

Berlin, 4. April. Wie sich dieRh. Z." schreiben läßt, bildet am Hose eine längere Unterredung, welche der Kaiser am zweiten Festtage mit dem Kultusminister Dr. Falk hatte, das Tagesgespräch. Man vermuthet, daß cs sich um ernstliche Maß­nahmen gegen die Uebergriffe desevangelischenOberkirchen- rathes handelt. Nach Lage der Verfassung ist der Cultusminister dieser Behörde gegenüber ohnmächtig und die Hülfe des Kaisers in seiner Eigenschaft als Landes Bischof unentbehrlich. (Frkf. I.)

Koblenz, 18. (Köln. Ztg.) Jetzt, wo allem Anscheine nach unsere Regierung energisch vorzugehen gesonnen ist gegen die bischöflichen Maßnahmen des Hrn. Bischofs Philipp Kementz, dürste es wohl angemessen sein, an einen zum Theil vergessenen Vorgang zu erinnern. Am 9. August 1855, als lautes Glocken­spiel die Bürger der Stadt Koblenz zur Castorkirche rief, dort war es Hr. Krementz, damals Dechant und Pfarrer hier, jetzt Bischof von Ermeland, welcher in seiner Predigt das hier am Rhein zu Recht bestehende Gesetz der bürgerlichen Ehe ver­fluchte und darauf eine Excommunikationsentenz des damaligen Bischofs Arnoldi von Trier vorlas, durch welche der zu Koblenz wohnhafte, in zweiter Ehe bürgerlich getraute Kaufmann W. H. Sontag aus der kathol. Kirche ausgestoßcn wurde. Herr Kre­mentz, auf kurze Zeit abgetreten, erschien in anderer Kleidung nochmals in der schwarz ausgeschlagenen Kirche, in der Hand die Excommunicationsschrift und begleitet von zwei Gehüsten, welche brennende Kerzen trugen. Mitten in der Kirche wurde die Ver­fluchung des W. H. Sontag nochmals laut verlesen, hierauf blies der Dechant die Lichter aus und schleuderte sie auf den Boden unter lateinischen Verwünschungen, dann rief er aus: Die Todtenglocke läutet zum Grabgesange." Wirklich hörte man Geläute und einen Grabgesang über lebende Menschen! An­fangs fehlte es nicht an Theilnahme und Beileid für die Familie, aber nach und nach reisten dennoch die Früchte jener priesterlichen Verfolgung. Das Geschäft des W. H. Sontag verödete; Schmerz und Kummer brachen dem Manne den Mnth, so daß er endlich in einem verzweiflungsvollen Augenblicke seinem Leben ein ge­waltsames Ende machte. Der Sachverhalt wird genau dargestellt in der Schrift:Meine Excommunication. Ein Wort der Recht­fertigung an meine Mitbürger von W. H. Sontag in Koblenz. Siebenter Abdruck. Wiesbaden bei Heinrich Ritter 1856." Das Verbrechen, welches dem Manne zur Last siel, war, daß er, von seiner ersten Frau gerichtlich geschieden, eine zweite blos bürger­lich geschlossene Ehe cingegangen war.

Der Abg. Ziegler erzählt in der Voss. Ztg. eine interes­sante Anekdote aus Brandenburg, der Stadt, deren Ober­bürgermeister Ziegler bekanntlich gewesen ist. Nach der Be­endigung des siebenjährigen Krieges gab es in Brandenburg einen