Tages-Neuigkeiten.
Für den Oberamtsbezirk Sau lg au, wurde Schultheiß Mesmer von Altshäusen, als Abgeordneter gewählt.
München, 27. Scpt. Soeben, Nachm. 2 Uhr, wurde der Landtag durch den Prinzen Luitpold im Aufträge des Königs eröffnet. Eine Thronrede wurde nicht verlesen. Der Minister des Innern verlas die Einberufungsordre.
Nach der „Franks. Ztg." nahm Döllinger bei Berathung der Organisationsfrage einen sehr gemäßigten Sta-dpunkt ein, und gab sich alle Mühe, Beschlüße zu verhindern, welche die Altkatholiken als außerhalb der Kirche stehend hinstellen möchten. Er sagte u. A: „Meine Herren, ich fürchte, Sie treiben einer Bahn zu, welche für unsere Sache verhängnißvoll werden dürfte. Wenn Sie zunächst als Männer handeln wollen, so dürfen Sie nicht in einem Nachsatze wieder aufbeben, was Sie in dem Vordersätze ausgesprochen haben; Sie dürfen nicht auf der einen Seite behaupten, was Sie ans der andern Seite wieder verwerfen. Sie haben gestern ein Programm angenommen, in welchem Sic erklären, daß Sie alle Rechte als katholische Christen in Anspruch nehmen und sich nicht von der katholischen Kirche trennen wollen. Wenn Sie nun Altar gegen Altar, Pfarrer gegen Pfarrer und Gemeinde gegen Gemeinde setzen wollen, wie können Sie damit Ihre Behauptung von Ihrer ferneren Zugehörigkeit zur Kirche vereinigen? Wer Rechte in Anspruch nehmen will, der hat auch Pflichten zu beobachten. Sie können sich keine contradiktori- schen Rechte zuschreiben; Sie können nickt ihre Zugehörigkeit zu der katholischen Kirche behaupten und die Rechte dieser Kirche, ihre Seelsorge und ihre Güter in Anspruch nehmen, und sich zugleich das Recht zusprechen, eigene Gemeinden und Pfarreien zu gründen. >sie scheinen mir in dem großen Irrthum befangen zu sein, daß Papst und Bischöfe schon dadurch, daß sie irren, aufhören, rechtmäßig Pabst und Bischöfe zu sein, und daß Sie sofort zur Bildung einer neuen Hirarchie schreiten dürften Dies ist nicht der Fall Der Episcopat, an dem wir ja auch fest zu halten erklärt haben, ist und bleibt der rechtmäßige Episcopat und die bisherige katholische Kirche ist und bleibt trotz der vatikanischen Dekrete die rechtmäßige große katholische Kirche. Wir befinden uns zwar in dieser Kirche in dem Zustande einer Art Nothwehr, ähnlich wie Paul von Samosata zur Zeit der arianischen Streitigkeiten; unsre Nothwehr ist eine gerechtfertigte und wir wißen nicht, ob sie von kürzerer oder längerer Dauer ist; aber über diese Nothwehr dürfen wir keinen Schritt hinausgchen, sonst gerathen wir auf eine Bahn, auf welcher kein Ende abzusehen ist. Darum beschwöre ich Lie, nickt ohne ganz gründliche Ueberlegung und eingehende Prüfung einen Beschluß zu saßen. Wir befinden uns an einem entscheidenden Punkte. Ein übereilter Beschluß kann unsägliches Unheil stiften. Ich glaube indessen, daß unsre Sache noch gar nicht bis zu diesem Punkte spruchreif ist. ES wäre allerdings wünschenswerth, irgend einen modus vivendi herzustellen; aber wir sind noch nicht in der Lage, darüber einen so weitgehenden Beschluß zu fassen, als Sie es im Sinne haben. Ich bitte Sie vor Allem, suchen Sie, daß Sie nicht vor der Welt als Männer erscheinen, die sich widersprechen, die katholisch bleiben und zugleich eine Sekte gründen wollen." Und später sagte Döllinger: „Wenn Sic die Sache vom politischen Standpunkte aus ausfasien, so kann ich Ihnen auf dieses Gebiet zwar nicht als Sachverständiger folgen, denn mein Berus ist die historische Wissenschaft; aber ich kann Ihnen die Ansicht und den Rath eines ausgezeichneten Staatsmannes mittheilen, der unserer Sache günstig ist und der mir sagte, die Allkatholiken könnten nichts Besseres thun als in der Kirche bleiben. Und nun lege ich Denjenigen unter Ihnen, meine .Herren, welche Juristen sind, die Frage vor, wie Sie sich denn eigentlich das Verhältniß denken, welches der Staat gegen die neuen Gemeinden cinncbmen wird. Glauben Sie denn, daß der Staat Ihre Gemeinden, die Sie ohne Pabst, ohne Bischöfe und meist auch ohne Priester gründen wollen, als die katholische Kirche anerkennen und der bisherigen katholischen Kirche, welche doch immer die große katholische Kirche bleiben wird, die staatliche Anerkennung entziehen wird? oder wollen Sie dem Staate zumuthen, daß er zwei katholische Kirchen neben einander anerkennen solle? Keines von beiden wird geschehen, sondern wenn Sie Gemeinden und Pfarreien gründen, so werden diese vom Staat einfach als das behandelt werden, was sie in der That sind, als Sekten. Wir müssen in der Kirche bleiben, wenn wir unfern Zweck. Reformen herbcizusühren, erreichen wollen. Es gilt der alte Grundsatz: rekormstio Kat inti-s ecclesiam, und wenn Sie wollen Sekten bilden, so haben Sie keinen Einfluß mehr auf die Kirche. Nehmen Sie sich ein Beispiel am Protestantismus. Die Reformation hat dadurch ihren Zweck verfehlt, weil sie in eine Trennung von der Kirche hinauslief; der Protestantismus ging seinen eigenen Weg: aber auch die katholische Kirche ging ihre Wege, und diese Wege waren nicht die besten, denn die Kirche wurde nicht refor- mirt. Wir müssen in der Kirche bleiben! Glauben Sie mir, ich habe mein ganzes Leben mit dem Studium der Kirchengefchichte zugebracht; ich habe alle Spaltungen, alle Sekten und Ketzereien studirt, ich kenne ihre Entstehung, ihren Verlauf und ihr Ende; ich kenne auch alle Kirchen, nicht nur die katholische, sondern auch die griechische und die protestantische, die Kirchen Englands und Amerikas; ich weiß, wohin eine Spaltung nothwendig führen muß, und ans Grund dieses Wissens warne ich Sie eindringlich vor dem, was die katholische Welt nicht nur eine Sekte heißt, sondern was auch in der That eine Sekte sein wird."
Darmstadt, 24. Sept. Die „Mainzeitung" will „durch Zufall" erfahren haben, daß am 21. Januar d. I. dem Großherzog eine Deputation von Katholiken die Fuldaer Denkschrift wegen Wiederherstellung der weltlichen Herrschaft des Papstes mit einer deßfallsigen angeblich mit 20,000 Unterschriften bedeckten Adresse überreicht und daß der Landcsfürst die Deputation huldvoll ausgenommen und versichert habe, daß er, was in seinen Kräften stehe, gern thun werde, um den Wünschen der Katholiken gerecht zu werden.
Sonnemann von Frankfurt fand es für nöthig, wie die sranz. Blätter berichten, auf dem Lansanner Kongreß gegen die Besitznahme von Elsaß zu protestiren, erreichte aber mit dieser csptatio bonovolsntiao selbst bei den Franzosen keinen Beifall.
Dresden, 26. Septbr. Dem Prof. Gerber in Leipzig (früher in Tübingen) ist vom 1. Okt. ab das Kultusministerium unter Ernennung zum Staatsminister übertragen. (S. M.)
In der Bezirks synode der Inspektion Hannover, welche gleich nach der Stadtsynode tagte, erstattete ein Pastor Greve
ein langes Referat über die kirchliche Beerdigung der Selbstmörder und stellte zwei Anträge, in deren erstem die Synode ersucht ward, dahin zu streben, daß die Beerdigung der Selbstmörder durch bestimmte Gesetze geregelt und vor Allem angeordnet werde, daß jeder Selbstmörder ohne Ausnahme ohne Begleitung des Geistlichen bestattet werde. Die Synode, d. h. circa 30—40 vernunftbegabte Wesen, würdigte diesen Antrag wirklich einer längeren Debatte. Wenn derselbe auch im Wesentlichen abgclehnt wurde, so kennzeichnet diese Begebenheit doch die Früchte, welche eine von Priestern beherrschte Kirche zeitigt.
In Belfort und Nancy sind Kommissionen eingesetzt, welche die Anmeldungen derjenigen Bewohner von Elsaß-Lothringen, die Franzosen bleiben und dem Gesetz vom 2l. Juni 1871 gemäß nach Algerien auswandern wollen, annehmen sollen. Ein im „Journal officiel" vom 22. d. M. publizirtes Gesetz enthält die näheren Bestimmungen hierüber.
Die „Allg. Ztg." schreibt: Briefe aus Wien erwähnen eines dort stark verbreiteten Gerüchts, daß die Abdankung des Kaisers in Betracht gezogen werde, ein Gerücht, das wir selbstverständlich nur als Kuriosum erwähnen, das aber deutlich zeigt, bis zu welchem Grade die Verwirrung in Oesterreich bereits gediehen ist. Sollten denn wircklich alle Wege verrannt sein, und cs für den Monarchen kein Auskunftsmittel mehr geben?
Lausanne, 26. Sept. Lemonnier berichtet in der heutigen Versammlung der Friedensliga über die soziale Frage; er will Eigenthilin im Sinne der Kollektivistcn, Gögg will ein individuelles Eigenthum. Sonnemann will Eisenbahnen und Banken als Staatseigenthum. Madame Andre Leo vertheidigt die Pariser Kommune. Tumult. Sie endet ihre Rede nicht. Hogdson will Benefizantheil für Arbeiter. Madame Dolhomme protestirt für Madame Leo. Tumult. Die Versammlung wird aufgehoben.
Paris, 25. Sept. Der Kriegsminister hat für die Offiziere der Garnison von Versailles einen Kursus der deutschen Sprache eingerichtet, welcher ziemlich stark besucht sein soll. Auch in Paris soll ein derartiger Kursus eingerichtet werden. (S. M.)
Paris, 26. Sept. Bezüglich der Note des Grafen Arnim behauptet das „Journal de Lyon", daß die angeführten Thal- fachen auf unbedeutende Vorgänge zurückzuführen seien, die keineswegs diplomatische Intervention erheischten. Die französischen Journale rathen, sich aller Gewaltthätigkeitcn oder Reibereien zu enthalten und sich den Deutschen gegenüber nur darauf zu beschränken, keine deutschen Erzeugnisse zu kaufen und keine Deutschen zn beschäftigen.
Die Räumung der Paris zunächst liegenden vier Departements ist beendet.
Die National-Drnckerei veröffentlicht dieser Tage die. Listen mit den Namen der französischen Militärs, welche während des letzten Krieges gefallen oder an ihren Wunden gestorben sind. Die Zahl derselben beträgt im Ganzen 80,000; 26,000 gingen bei Forbach, Reichshofen, Borny, Gravelotte, Saint Privat und bei den Kämpfen um Metz herum zu Grunde und 10,000 bei Sedan; die Loire-Armee verlor 22,000, Bonrbaki 7000, Faidherbe 3500 und Garibaldi 1600 Mann; die Belagerungen von Straßburg, Belfort, Pfalzburg rc. forderten 2000 Opfer und die von Paris 17,000.
Versailles, 26. L-ept. Gras Arnim theilte gestern Thiers mit, er werde die Unterhandlungen wieder aufnchmen, sobald der endgiltige Entwurf der Zollkonvention, welchen er nach Berlin geschickt, zurückgekommen sein werde. Es hat keinerlei Notenaustausch betreffs der Lyoner Vorgänge stattgefunden. Arnim machte nur vertrauliche mündliche Bemerkungen, auf welche er eine zufriedenstellende Antwort erhielt.
Brüssel, 24. Sept. Man bereitet hier die Veröffentlichung einer ganz merkwürdigen Korrespondenz vor, welche sich unter den geheimen Papieren der Tuilerien vorgefunden. Es ist ein Briefwechsel zwischen einem belgischen Journalisten und dem Exkaiser Napoleon, dem Elfterer einen ganzen Plan zur An- neklirung Belgiens an Frankreich durch eine Art Personalunion unterbreitete, begleitet von einem Namensregister von Staatsmännern, Beamten und Journalisten, die zu erkaufen seien, und zwar nahm sich der Schreiber heraus, förmlich die Summe zn fixiren, für welche Dieser oder Jener käuflich sei. Der Mann des 2. Dezember war auf den Vorschlag eingegangen, antwortete regelmäßig und hatte sogar seinen damaligen hiesigen Gesandten, Hrn. v. Lagueronnivre, beauftragt, Erkundigungen über den Menschen einznziehen, der für seine verräterischen Mittheilungen nur das Kreuz der Ehrenlegion sich ausbedungen. Wir wollen indeß nicht unterlassen, zur Ehrenrettung der belgischen Presse hinznzn- fügen, daß besagtes Individuum, Sohn sehr begüterter Eltern, nur kurze Zeit eine ganz untergeordnete Stellung in einem Brüsseler Blatte bekleidete und dann nach Paris ging, wo er im Figaro einige Schandartikel über den belgischen Hof vom Stapel ließ und hierauf, bei Jsabella eiugeführt, eine Zeit lang Marfori zu verdrängen wußte.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zai ser 'schen Buchhandlung.