er eine Ausnahme mache, antwortete er: Weil der König Victor Emanuel.bei seinem Einzuge in Nom von dem franzifischen Botschafter beim Vatikan, Grasen Harcourt, gleichfalls nicht beglückwünscht wurde.
In Betreff der Botschaft des Präsidenten, welche wahrscheinlich heute der Nationalversammlung mitgetheilt werden wird, meldet die „Agence Havas", wie man versichere, werde die Botschaft sich dahin aussprechen, daß es gut sei, wenn die Deputaten sich in die Departements begeben und mit der Bevölkerung in Verbindung treten; sie werde ferner ein Expose der liberalkonservativen Poliük geben und erklären, daß aus den Ferien der Nationalversammlung keine Gefahr erwachse, da die Ruhe im Innern gesichert sei und die Beziehungen zum Auslande als günstig bezeichnet werden können. Die Botschaft wird konstatiren, daß die Regierung das provisorische Decime aufgegeben hat und hofft, daß die Versammlung die uöthigen Steuern bewilligen werde; schließlich wird sie die Räumung der Departements au- zcigeu.
In einer Flugschrift: „Wahrheit an meine Verläumder" läßt sich nun auch Prinz Napoleon hören. Er wehrt sich I) dagegen, daß er zum Kriege mit Deutschland gerathcn und 2) daß er im Kriege seinen Vetter, den Kaiser, im Stiche gelaffen. Gehetzt gegen Deutschland hat er auch, er gehört aber zu den Klugen, denen die Zeit des Losbruchs nicht recht war. Als es losging, war er in Norwegen, er eilte aber zu dem Kaiser nach Metz und wurde von ihm fortgeschickt, um die Italiener und Oesterreicher zu Bundesgenopen zu werben. Später wollte er mit dem Kaiser die Gesangenschajt in Wilhelmshöhe theiten, wurde aber von dem Kaiser damit abgewicsen. General Wimpffen erzählt von dem rothen Prinzen, er habe dem Kaiser in Metz seine gänzliche Niederlage vorausgesagt und habe dann sein Vermögen in Sicherheit gebracht.
Brüsse l, 12. Sept. Die Arbeitseinstellung der Mechaniker ist allgemein. Seit heute Mittag sind sämmtliche Werkstätten in Brüssel geschlossen. Die Prinzipale sind entschlossen, nicht nachzugeben. Die Bürgergarde ist zusammengerufen.
Turin, 13. Sept. Der erste Probezug passirte gestern den Mont Cenis-Tunnel. Die Hinfahrt dauerte 40, die Rückfahrt 55 Minuten. Die Temperatur in den Waggons betrug 25 Gr. C. Bei der Rückfahrt war der Tunnel vollkommen rauchfrei. Die Probefahrt war sehr befriedigend.
London, 10. Sept. Die Exkaiserin Eugenie reiste gestern zu einem Besuch bei ihrer Mutter nach Spanien ab. Napoleon und Sohn geben ihr bis Southampton das Geleite und wollen auf fünf bis sechs Wochen nach dem Seebade Torquay gehen, um daraus nach Chislehurst zurückzukehren.
Ausführliche in London eingetroffene Nachrichten über den Orkan, welcher auf der westindischen Insel St. Thomas am2l. August wüthete, berichten, daß derselbe erschreckende und ungeheure Verheerungen anrichtete. Die Stadt bietet das Aussehen wie nach einem überstandenen Bombardement. 42 Personen wurden getödtet, 79 schwer verwundet, 420 Häuser gänzlich zerstört. Die Schäden auf Antigua sind ebenso bedeutend. 80 Personen sind getödtet, mehrere 100 verwundet worden.
Aus russisch Polen. Als Neuerung in der Bewaffnung verdient eine neue Mitraillcuse Erwähnung. Dieses von einem gewissen Gorloss erdachte Instrument besteht aus 9 Läufen auf eiserner Lafette, die im Stande sind, innerhalb 24 Minuten 6000 Kugeln auf 2—4000 Schritte zu werfen. Die Russen sind nicht wenig stolz auf dieses „schöne Instrument" und meinen, daß sie es nun mit der ganzen Welt aufnehmen können. Napoleon glaubte dies auch von seinen Mitrailleusen, bis sie alle in deutsche Gefangenschaft geriethen.
Eine Geldheirath.
(Fortsetzung.)
Es war zu spät. Von der Mitgift seiner Frau war keine Rede mehr und auch sein Vermögen, das er als Verlobter schon dem Geschäfte anvertraut, hatten nothwcndige Zahlungen, einzugehende Verbindlichkeiten angefressen. Nun erklärte er dem Ban- quier kurz und entschlossen, daß er die Rettung des Hauses ganz auf seine Schultern nehmen wolle, daß er selbstständig neue Quellen eröffnen, alte, maßlos ausgedehnte Verbindungen abbrechen und überhaupt mit neuen Ideen das kraftlose Haus speisen und kräftigen werde. Fieberheiß schlugen jetzt in Löbach alle Adern, nach allen Seiten hin flogen Briefe, Sendungen, Wechsel, das hohe Schreibpult war ihm zur Speisetafel geworden und nur am Abend kam er in das Wohnzimmer seines Hauses, wo er sich in den Sorgenstuhl streckte, den Cigarrenduft sich hinaufwinden ließ und sonst um Gattin und häusliches Glück wenig sorgte. Bertha litt Unsägliches dabei. Wie sie in süßer Bewußtlosigkeit gleichsam ihre Brautwochen verdämmerte, so suchte sie zuletzt sich auch hier durch diese schweren Stunden gewaltsam durchzuträumen. Aber dem Schmerz läßt sich nicht gebieten und sie mußte ihn mit sich herumtragen, wie ein krankes Kind, das keiner aus den Armen der Amme nehmen will. Ihre Freundinnen waren ihr doch meist zu flach und flüchtigen Sinnes, als daß sie ihnen das trübste Geheimniß ihres Lebens, diesen ersten, großen ^ Schmerz offenbaren mochte, und der guten Mutter, die fo warm ! um diese Heirath gesorgt, durfte sie gewiß keine bittere Stunde i bereiten. Und auch darum zumeist drängte sie den Schmerz zu- >
rück, weil es ihr sündhaft dünkte, über den Mann thräneureiche Klagen auszuschütten, dem sie sich und ihr ganzes Leben doch einmal geschenkt hatte, auf ewige Zeit. Was diese sonderbare Wandlung in ihm hervorgebracht, mußte eine gewaltige Schickung sein, die sie nicht lauge zu ergründen sich unterstand. Sie wagte nur einmal noch liebevoll ihn zu befragen, um daun auf lauge zu verstummen. An seine Seite ihren Stuhl gerückt, ihre Hand schüchtern auf die Seitenlehne gelegt, Hub sie mit zitternder Stimme an:
„Friedrich, was ist dir? Du verglühst ganz in dich, verkehrst nur mit deinen kalten Zahlen und den finstern Geistern in deiner Brust. Soll ich das Blatt aus unserm Leben dir ausschlagen, in das dn auch für mich ein Erinnerungszeichen gelegt. Ich meine de» letzten Abend zu Oberaudorf. Vertrauen hast du da von mir verlangt und was hätte ich dir jetzt zu bekennen, ich, die ich gar nicht lebe, nichts will und nichts denke, so lange du lebst und denkst, abgerissen von mir, entfremdet meinem Herzen? Aber au deine bewegte Brust will ich mich lauschend legen, und ob der Ton, den ich da höre, wie Mitter- uachtsglocken schreckhaft an mein Ohr schlüge, ich habe das Recht ihn zu hören und ich will ihn zu leiten suchen au mein Herz."
Löbach sog diese Worte mit einer gewissen Freude in sich: er erkannte auf's Neue, welch ein engelhaftes Weib an seiner Seite zn ihm aufschaue und doch — wer mag es so leichthin grausam und herzlos schelten, wenn er im selben Augenblicke schon mit harter, unwahrer Anklage gegen sie losbrach?
Die Gedaukenschlauge, die sich eben lügnerisch durch seine Seele gewunden und sich nun aufbäumte gegen das Weib, das weinend vor ihm stand, sie hat sich schon zur bösen Stunde im Herzen eines Jeden erregt. Wohl weinten Schmerz und Reue in seinem Busen bei dem Anblicke der Frau, die sich so edel vor ihm dcmüthigte, den sie hätte auklagcn dürfen; aber das stolze Bild , mit dem er sich an jenem Abend vor ihr gebrüstet, stieg bei ihrer Mahnung lebendig an sein Auge heran, wie sie am Wegraine säße, das schöne dürftige Bettelkiud und mit nassen Augen nach liebefücht'gen Herzen schaute, und wie er gleichgültig und trocken vor ihr vorbeistolzirtc, der Mann der goldenen Zukunft, der zukünftige Gemahl einer Eeldtonne! Und wie bitter fühlte er nun diesen Stolz gebüßt! Könnte es nicht noch kommen, daß sein Weib arm am Wege sitzt und bettelt um Brod? Oder um Liebe? Und wie schoß jetzt in ihm der Gedanke auf, den er mit selbsttrügerischer Hast ergriff: Ja, sie hebt jetzt gerade jenes Bild ans den Nahmen und rückt es spöttisch vor dich hin, weil sie um den elterlichen Betrug vorausgewußt hat! Sie hat dich mit Anmuth und Liebenswürdigkeit umstrickt, dich in besinnungslosen Taumel zu stürzen, und sie weidet sich jetzt an ihrem Siege!
So ist der Mensch! Lieber häuft er mit des Rechts flüchtigstem Schein Unrecht über Unrecht auf sein Liebstes, eh' daß er reuig vor ihm die erste, leichte Sünde bekennt.
„Vertrauen forderst du von mir, schlaue Spötterin," rief er mit erzwungener Wuth, „und warst du es nicht, die der Lüge nahe gestanden, die nun mein ganzes Leben vergiftet? Hast du nicht so klug den Kopf geschüttelt über Julius' Launen, der noch so ehrlich war, dir nach Verdienst ein strenges Gesicht entgegenzuhalten? O ein Fluch über meine Blindheit!" Und mit dieser sich selbst aufgedrungenen Lüge schied der im Innersten zerstörte Mann von seiner unglücklichen Gattin, um sie auf lange nimmer zu sehen. Als er Nachts wieder nach Hause kam und in einem Anflug von Reue nachfragte, ob Bertha schon Schlafen gegangen, sagte ihm die Kammerzofe in schnippischem Ton, die Herrin sei zu ihrer Mutter in's elterliche Haus geflüchtet, dort eine ruhige Nacht zuzubringen. Erschüttert stand Löbach lange Zeit vor dem Bilde Bertha's. Thränen auf Thränen rannen von seinen Wangen, bis er sich langsam beruhigte und mit dem seltsamen Tröste sich begnügte: Du konntest nicht anders als hart und ungerecht handeln, denn eben so hart und ungerecht schaltet mit dir das Schicksal, und schon morgen ist vielleicht die Frucht jahrelanger Mühen abgefallen von deinem Lebensbaume und fault am Boden.
Und wirklich ward er noch in derselben Nacht durch zwei Depeschen aufgeschreckt, die wie mit der strengen Scheere der Parze das feine Gespinnst seiner Entwürfe entzweischnitten und dem Geschäftshause überhaupt den Lebensodem ausbliesen. Am andern Morgen war Löbach verschwunden, das untere Geschoß am Banquierhaus gerichtlich geschlossen und versiegelt.
Es rächt sich an jedem Sterblichen, wenn er wie im Taumel den Gedanken und Gesinnungen untreu wird, denen 'er lange im Leben auf breiter Straße gefolgt und zu neuen, unbekannten Göttern die schmale Bahn hinanklimmt. So hatte Löbach all' sein Heil nur auf Hab' und Gut, auf eine reiche Lebensstellung gesetzt und nun legten sich ungeahnt mit einschmeichelnder Gewalt, Schönheit und Liebe an sein Herz und ließen ihn eine Weile dem Streben nach Reichthum und Schätzen abtrünnig werden. Darauf haben ihn jetzt beide verlassen und an der treuen Freundin unsers Lebens, an der Liebe wird es sein, versöhnt zurückzukehren und ihm alles wiederzugebeu nach ihren Kräften.
(Schluß stolgt.)
Nevaktion, Truck und Verlag der G. W. Z a i s e r 'scheu Buchhandlung.