ihren amtlichen Stellungen entlassen werden sollen. Zu den zahlreichen Emigranten, welche wegen direkter Beiheiligung an der Pariser Revolution standrechtlich erschossen worden sind, gehören dem Krakauer,,Czas" zufolge auch die bekannten Jnsurgenten- generale von 1863 Waligorski und Czarnowski.
In den Boulevardsblättcrn, Gaulois, Figaro und Tutti- quanti, sangen dieHetzcreien gegen dieDeutschen wieder an. Ihnen schließt sich das Blatt v. Girardin's an, der, nachdem er im vorigen Jahre „die Preußen durch Kolbenstoße in den Rücken über den Rhein treiben wollte" und sich während des Aufstandes weislich in ein Mauseloch gesteckt hatte, jetzt die „antipreußische Liga" wieder ins Leben rufen möchte und sich sogar nicht scheut, die französischen Arbeiter zu gewaltsamer Austreibung der Deutschen aufzufordern. Glücklicherweise sind die Zeiten nicht mehr, in denen die Deutschen im Auslande ohne Schutz waren, und vielleicht wird in den nächsten Tagen schon dafür gesorgt sein, daß die französische Regierung den Hetzereien, sowie den Beschimpfungen gegen den Kaiser Wilhelm Einhalt thut.
Konstantinopel, 25. Juni. Die griechische Regierung fand sich bewogen, Rhangabe abzuberufen, da die Pforte den griechischen Gesandten Trikupis nicht empfangen wollte. Die diplomatische Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei sind suspendirt. (Frkf. I.)
Wie groß die Popularität Bismarck's in den Vereinigten Staaten ist, erhellt daraus, daß — wie die „Newyorker Han- delsztg." miltheilt — sechs neue Städte und mehrere Dörfer in der Union feinen Namen führen.
Der Belagerungszustand in Algerien wurde aufgehoben. Es muß mit dem Aufstand also nicht mehr so schlimm stehen.
Das Inkognito.
Eine Erzählung von Franz Hoffmann.
„Es ist wirklich zum Verzweifeln!" rief der junge Hagen aus und schleuderte eben einen erbrochenen und gelesenen Brief zu einem Haufen anderer Papiere, die auf seinem Schreibtische lagen. „Alles schlägt fehl und scheitert an der Kurzsichtigkeit und Beschränktheit dieser Männer! Ich sehe nun keine Hoffnung
mehr! Alles ist verloren, und-leider Gottes!-Luise
mit."
Mit unruhigen, heftigen Schritten und gerunzelter Stirn maß er sein Zimmer und griff endlich nach seinem Hute, um die Wallungen seines aufgeregten Blutes durch einen Spaziergang zu dämpfen. Tief drückte er den Hut in das Gesicht und eilte mit flüchtigem Schritte durch die engen Straßen der Stadt in's Freie. Ein schattiges Wäldchen, durch das die Landstraße führte, nahm ihn auf. Er warf sich unter einen Baum, stützte den Kopf in die Hand und versank in Nachdenken. Wolkenschatten, abwechselnd mit flüchtigen Sonnenlichtern, flogen über seine Stirn. Aber zuletzt blieb doch nur finsteres Gewölk übrig, und das sonst klare und offene Auge des jungen Mannes starrte düster und immer düsterer auf die zarten, grünen Moose nieder, die ihm zum weichen Ruhelager dienten.
So war vielleicht eine halbe Stunde verstrichen, als in der Ferne der Helle Klang einer muntern Stimme, die ein lustiges Liedchen trällerte, und gleich darauf auch das Geräusch nahender Schritte vernehmbar wurde. Hagen achtete nicht darauf, sondern drehte verdrießlich dem fröhlichen Wanderer den Rücken zu. Dieser aber, der nun vollends herangekommen war, hatte kaum einen flüchtigen Seitenblick auf den in tiefe Gedanken verlorenen jungen Mann geworfen, als er stehen blieb, sein Liedchen unterbrach und, froh überrascht, im lachendsten Tone ausrief: „Hagen! Du l Aber schöner hätte sich's gar nicht treffen können!"
Hagen blickte aus — die Gewitterwolken auf seiner Stirn verschwanden im Nu, um dem hellsten Sonnenscheine Platz zu machen, und mit Einem Sprunge war er auf seinen Füßen.
„Seltenstein!" rief er, indem er sich in die Arme des neuen Ankömmlings warf. „Nun habe ich wieder Hoffnung! Nun lebe ich wieder auf! Zu besserer Stunde hättest Du gar nicht kommen können, lieber Junge!"
„Desto bester", antwortete dieser. „Was liegt Dir aus dem Herzen? Frisch mit der Sprache heraus! Wenn ich helfen soll, muß es rasch geschehen, denn viel Zeit habe ich nicht übrig. Ein Auftrag des Ober-Landesgerichts führt mich in die Nähe der kleinen Stadt, wo Du Dein Zelt aufschagen willst oder schon aufgeschlagen hast — auf einen Umweg kommt es natürlich nicht an, wenn man einen alten Freund Wiedersehen will, und — da bin ich!"
„Aber zu Fuß? Du warst sonst kein großer Liebhaber von Fußpartien."
„Mein Wagen steht auf der Posthalterei ein halbes Stündchen von hier und wartet dort auf mich! Es wäre ja lächerlich gewesen, die halbe Stunde hieher Extrapost zu nehmen- Genug, ich zog es vor, einen Spaziergang zu machen. Nun aber von Dir! Wie weit bist Du mit Deiner chemischen Fabrik? Von Dir, dem renommirtesten Chemiker in Gießen und Güttingen, hoffe ich Wunderdinge zu erleben! Und wann ist die Hochzeit mit der reizenden Luise, die Dich an dies kleine Nest, das von aller
Welt abseits liegt, gefesselt hat? Du sichst, ich lese wenigstens Deine Briefe, wenn ich sie auch nicht beantworte."
Hägens Gesicht verdüsterte sich wieder. „Alles geht schlecht!" sagte er seufzend.
„Wie? Die Fabrik-?"
„Steht noch nicht!"
„Und die Hochzeit?"
„Noch im weiten Felde! Ziemlich hoffnungslos!"
„Aber du schriebst mir doch ..."
„Ja, ja, Luise und ich sind wohl einig — aber der Vater! Der Mann ist so unzugänglich, so stolz, so hochfahrend, so oben hinaus, daß gar nicht mit ihm aiiszukommen ist. Heute hat er mir rund weg die Hand seiner Tochter abgeschlagen."
„Was der tausend! Und warum?"
„Weil er andere Pläne mit ihr im Sinne hat! Ich bin ihm nicht reich, nicht vornehm genug! Luise soll absolut einen entfernten Vetter heirathen, den Hofralh Wilke in der Residenz! Dann will er seine Apotheke verkaufen, der Tochter in die Residenz folgen, sich womöglich adeln lassen und eine Rolle bei Hofe spielen! Dafür schwärmt er, dies ist sein Steckenpferd, und wenn er darauf herumreiret, so kümmert er sich wenig darum, ob er seine einzige Tochter um ihr ganzes Lebensglück bringt."
„Ah! sagte Seltenstein nachdenklich, — und die Fabrik?"
„Kommt auch nicht von der Stelle, weil der alte Dornberg mir die Tochter nicht geben will!
„Aber, wie das? Du brauchst ja das Geld Demes zukünftigen verehelichen Schwiegervaters nicht!"
„Freilich nicht — aber in solcher kleinen Stadt hängt alles wie Ketten aneinander. Der alte Dornberg hat den Bürgermeister Rothbart gegen mich gestimmt, und nun verkauft mir der den Platz nicht, der in der ganzen Gegend herum sich einzig und allein zu meiner Fabrik-Anlage eignet, und der zum Unglück sein Eigenthum ist."
„Und warum nicht?"
„Weil Dornberg ihm vorgeschwatzt hat, daß für die Stadt nur Nachtheil aus meiner Fabrik erwachsen könne. Die Leute würden dadurch demoralisirt, das obrigkeitliche Ansehen allmählich untergraben — wenn es mir glückte, so würde ich bald der Erste in der Stadt und wohl gar Bürgermeister werden — wenn mir's fehlschlüge, hätte die Stadtkasse mich und meine Arbeiter auf dem Halse! Die Folge ist, daß der Bürgermeister sagt: „Ich verkaufe ihm meinen Platz nicht!" und der Apotheker bleibt dabei : „Ich gebe ihm meine Tochter nicht!" In diesen beiden Punkten sind sie einig, und die Dinge stehen so, daß ich alle und jede Hoffnung aufgeben muß, wenn nicht der liebe Gott selbst sich in's Mittel legt. Ich sage Dir, Seltenstein, es ist zum Verzweifeln!"
„Man verzweifelt nicht so schnell, lieber Junge," erwiderte Seltenstein lächelnd. „Kommt Zeit, kommt Rath."
„Zeit und Rath müßten aber rasch kommen, denn ich weiß von Luise, daß ihr Vater die baldige Ankunft des Hofrath Wilke erwartet, und dann soll die Verlobung vor sich gehen."
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— (Eine Anekdote von Bis mark), die, wenn nicht wahr, so doch gut erfunden, macht soeben die Runde durch die Zeitungen. Sie lautet: Der Herzog von Coburg tadelte kürzlich gesprächsweise beim Reichskanzler v. Bismarck die gar zu reichliche Vertheilung des Eisernen Kreuzes. Bismarck war jedoch nicht seiner Ansicht. Die Vertheilung des Eisernen Kreuzes, bemerkte er, erfolgt aus zweierlei Gründen: entweder es haben die damit Geschmückten dasselbe verdient, dann läßt sich gewiß dagegen nichts einwenden, oder es wurde lediglich aus Courtoisie gegeben, wie Eurer Hoheit und mir, dann läßt sich auch nichts dagegen erinnern. Dem Herrn Herzog soll diese Erklärung so eingeleuchtet haben, daß er von weiteren Bemerkungen abstand.
— (Redacteur-Freuden.) Ein englisches Blatt schildert
die Lage eine Nedacteurs mit folgenden Worten, in welchem, wenn man den Scherz austrennt, doch immer noch Wahres genug übrig bleibt. — Die Herausgabe einer Zeitung ist ein vergnügliches Ding. Enthält die Zeitung zu viel Politik, so ist das Publikum unzufrieden; wenn zu wenig, so will man sie nicht arischen. Ist die Schrift groß, so ist nicht Inhalt genug für das Geld da; ist sie klein, so kann man sie nicht lesen. Veröffentlichen wir Telegramme, sagen die Leute, wir brächten lauter Lügen: lassen wir sie weg, so heißt es, wir wären nicht auf dem Platze und unterdrückten die Wahrheit aus Parteigründen. Erlauben wir uns einmal einen Scherz, so sind wir fade Flachköpfe, machen wir keine, so sind wir verknöcherte Dickköpfe. Bringen wir Originalartikel, so werden wir verdammt, weil wir nicht fleißig sammeln; sammeln wir fleißig, so heißt es, das haben wir schon alles gelesen. Loben wir Jemand, so sind wir parteiisch, thun wir es nicht, sind wir es auch. Haben wir einen Artikel, der den Damen gefällt, so sagen die Männer, es sei ein Gewäsch; befriedigen wir aber die Wünsche der Frauen nicht, so eignet sich das Blatt nicht für das Haus. _ ,
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Z a i s e r'schen Buchhandlung.