Kaiserin zum Besuche am russischen Hose hier ein. Sie wurde aus. dem Bahnhof von dem Kaiser und seinen Söhnen und den andern Fürsten, welche zur Zeit hier verweilen, empfangen, und wird Abends die Reise nach Berlin fortsetzen. (Frki. I.)

Breslau, 14. Juni. Das StadtLheater ist vollständig nicdergebrannt.

Görlitz, 9. Juni. Gestern starb hier LI Jahre alt General Karl Ernst v. Prittwitz. Der Verstorbene kommandirte am 13. März 1318 die Truppen in Berlin; 1819, nach General von Wränge!, befehligte er das Neichsheer in Schleswig.

Bremen, 5. Juni. Die Rückwanderung aus Amerika nimmt in diesem Jahre, nach den Anmeldungen für dic'Lloyd-Dampfer in Nsw- york und Baltimore zu schließen, außerordentliche Dimensionen an.

Hamburg, 10. Juni. Eine Bekanntmachuug des Senats zeigt an, daß der feierliche Empfang der beiden in Hamburg garnisouirenden Bataillone des 76. Infanterieregiments am 17. Juni stattfinden werde, und daß dieser Tag als Festtag zu be­handeln sei, an welchem alle bürgerlichen Geschäfte ruhen.

Straß bürg, 12. Juni. Die Auszahlung der auf Ab­schlag der Kriegsentschädigung für das Elsaß bewilligten 10 Mil­lionen hat begonnen. Verluste, die 500 Frcs. nicht übersteigen, werden sofort voll vergütet; von den übrigen vorläufig ein Fünf­tel. Dies wird genügen, um die Eigenthümer der abgebrannten Häuser in den Stand zu setzen, ohne Versäumnis; zum Wieder­aufbau zu schreiten. Das bare Geld, das sie jn Händen haben, verschafft ihnen den nöthigcn Credit. (Frkf. I.)

Mühlhausen, 7. Juni. Seit Einführung des Schulzwanges im Elsaß zeigte es sich, daß an vielen Orten nicht ausreichende Schul- lokale vorhanden sind, um alle schulpflichtigen Kinder unterbrmgen zu können. Die nothwendige Vermehrung der Schulhäuser bedingt auch eine Vermehrung der Lehrkräftige. Wie wir nun aus zuverlässiger Quelle vernehmen, ist eine Ordre eingetroffen, die voraussichtlich eine bedeutende Vermehrung der Lehrkräfte bewirken wird. Es soll nämlich den Schwei- zcrlehrern, die sich durch ein Patent ihres Heimathkantons über ihre pädagogische Befähigung ausweisen können, und die der deutschen Sprache mächtig sind, der Zutritt zu den Lehrstellen in Elsaß-Lothrigcn ohne wei­teres Eramen gestattet sein; auch sollen dieselben nicht gehalten sein, wegen der Anstellung auf ihr Schweizerbürgerrecht zu verzichten.

Wien, 6. Juni. Jn der Budgetdebatte erregte die Rede Rechbnuers besonders Sensation, der mit den Worten schloß: Wir wollen Deutsche, aber auch Ocstreicher sein; unsere Väter waren schon Deutsche, ehe ein Oesterreich bestand. Wir wollen ein Oesterreich: wenn aber die Geschichte über Oesterreich hinweg­schreiten sollte, dann werden wir wissen, daß wir Deutsche sind.

Wien, 12. Juni. General v. Gablenz begibt sich als Ueberbringcr eines eigenhändigen kaiserlichen Schreibens zur Ein­zugs- und Enthüllungsseier nach Berlin.

Triest, 9. Juni. Kaiser Wilhelm schenkte der hiesigen evangeli­schen Gemeinde Augsburger Consesfion das sür die Glocken der neuen Kirche erforderliche Kanonenmetall.

Paris, 5. Juni. Die Militärbehörde hat den Handel mit Petroleum verboten.

Paris, 7. Juni. Die Zahl der Häuser, welche im Innern von Paris niedergebrannt oder so zngerichtet wurden, daß sie wieder neu aufgebaut werben müssen, soll ungefähr 2000 betra­gen. Der Werth derselben sammt Mobiliar die öffentlichen Gebäude sind nicht mit einbegriffen beläuft sich auf 700 bis 800 Mill. Hierin ist das Eigenthum nicht mit einbegriffen, welches außerhalb der Stadt zerstört wurde. Außerdem sollen noch eine Masse Waaren verbrannt sein, die sich in Paris im Depot befanden. Jn den Docks von Villete sind allein für 60 Mill. derartiger Waaren zu Grunde gegangen.

Paris, 13. Jnni. Alle heutigen Abendjournale sprechen von einem Gerücht, wonach Pouyer-Quertier die Anlehensemission aufschieben zu müssen erklärte, bis die Nachwahlen vorüber seien. Er sei der Ansicht, daß die Wahlen ein Sieg der republikanischen Ordnungspartei sein würden und in Folge dessen ein Pfand für französische Staatsgläubiger. (Frkf- I-

Groß ist in Paris jetzt die Bettelei; es ist nicht zu beschreiben, in welcher Weise sie besonders von Frauenzimmern verübt wird. Und das Herz wendet sich um, wenn man die zahllosen Kinder sieht, die scharenweise hungernd und bettelnd durch die Straßen ziehen. Sie haben weder Vater noch Mutter, weder Haus noch Familie; da mußte zuerst geholfen werden. Frau Thiers hat sich an die Spitze einer Waisenkindergesellschast gestellt. Der Kultusminister hat die ganze Geistlichkeit des Lan­des zu Sammlungen und zur Hilfe eingeladen. Ueberall sammelt man die Kinder zunächst in Depots, wo sie vor Hunger bewahrt und zunächst gereinigt werden; man fängt sie gewissermaßen ein; denn die meisten sind durch wochenlanges Herumschweisen schon völlig verwildert.

Zu den Tagcsfragen in Paris gehört die Glasfrage; wie wäh­rend der Belagerungen alles auf Kartoffeln Jagd machte, so jetzt auf Fensterscheiben: nun sind aber die Glaser aus Paris fast ganz verschwun­den, und daß das Glas rar geworden, wird bei dem rauhen Juniwetter so cmpfindlech gefühlt, daß die Blätter sich der Glasfrage bemächtigt haben.

Es spuckt in Paris noch immer mit aufrührerischen Kundgebungen. Gestern war an mehreren Ecken des Boulevard Richard Lenoir folgende Affiche angeheftet: Freiheit, Glei chheit! Im Namen desJortichritts und der Menschlichkeit protestiren wir mit allen unseren Kräften gegen die Grausamkeiten derSädelraßler". Wir erklären, daß wir unsere hinge­mordeten Brüder nach Kräften rächen werden. Das Komite der Rächer.

Versailles, 1. Juni. Am 29. v. begannen die Maffen- bcerdigungen auf dem Champ-be-Mars, und man erzählt, daß

9000 Leichen nach vorhergehenden Vorsichtsmaßregeln gegen Seu­chen, eingescharrt wurden. Man übergießt die Leichen mit Pet­roleum und verkohlt sie. Ich lasse die Zahl der Leichen dahin gestellt sein, doch ist es nur zu thatsächlich, daß man eben an allen Enden und Ecken Insurgenten undPetrolcusen" süfflirt hat und daß man in der Kaserne Lobau, wo man die Insurgen­ten in eine Ecke zusammendrängte, mit Mitrailleusen die Blut- arbeit beschleunigte. Unter den Verhafteten befanden sich viele, die niemals einen Schuß für die Kommune gethan oder eine Petroleumkanue berührt hatten. Wie viele ehrenwerthe Bürger und Beamten und Arbeiter fielen bei den Razzias, die Mac Mahon in algerischer Weise ausführen ließ, den Truppen in die Hände! In der Kirche St. S-nlpice fand man 400 Insurgenten im Hemde, die sich krank stellten; sie wurden mit ihren nachge­machten Acrzten erschossen. Ein Deputirter wollte wissen, daß vom Montage, bis zum Dienstage an die 6000 Insurgenten- silirt worden seien. Trotz der Ströme vergossenen Blutes fin­den die legitimistischen Deputaten der Nationalversammlung, daß dieRepression" nicht umfassend und exemplarisch genug sei, so blutdürstig ist der Parteihaß in Frankreich selbst bei Männern von feiner Erziehung und Bildung. Thiers soll durch die Hin­richtungen in Paris sehr erschüttert, aber um so entschlossener sein, gegen die legitimistische Rechte, der die Hinrichtungen immer noch nicht genug sind und die auf Ausnahmegesetze dringt, den Kampf auszufechten.

Versailles, 8 Juni. Es ist wahrhaft lächerlich, wenn man heute hier die Pariser sprechen hört. Dieselben sind, dem Anschein nach, kriegerischer gesinnt als je; aber sie vergessen bei ihrer Großsprecherei, daß die Festungen und die L-chlüffel Frankreichs in den Händen Deutsch­lands sich befinden und es nicht so leicht mehr ist, eine deutsche Armee auf deutschem Boden zu vernichten; sie vergessen ebenfalls, daß sie kein wohl organifirtes Heer mehr haben und ihre besten Waffen in den Händen der Deutschen sich befinden, und sie vergessen ganz besonders, daß der gewesene Krieg nicht ein solcher war, wo man etwa 1015,000 Gefangene machte, sondern wo 4 - 500,000 Mann gefangen nach Deutschland geführt wurden; sie vergelten aber ganz vornämlich noch, daß der Störesried Frankreich ganz Europa gegen sich haben würde. Ich kann Sie versichern, daß man heute hier mit einer wahren Begeisterung und mit mehr Ent­husiasmus von dem neuen, in Kurzem schon bevorstehenden Krieg (!) ge­gen Deutschland spricht als am 2. Juli vorigen Jahrs. Nein, empörend ist der Leichtsinn der sittlich faulen Pariser.

Versailles, 13 Juni. Die Nationalversammlung be­schloß Einsetzung einer Enquete zur Untersuchung der Thätigkeit der Negierung der Nationalvertheidigung. General Trochu hielt eine längere Rede, worin er betonte, er habe gleich nach den ersten Unfällen dem Kaiser gerathen, die Armee Bazaine's nach Paris zurückzusenden, worauf die Rettung Frankreichs beruhte. Hauptsächlich Palikao wiedersetzte sich dem. Nach der Einschlie­ßung Bazaine's habe Trochu die Vergeblichkeit des Widerstandes eingesehen; derselbe sei aber ruhig gewesen, um die Ehre Frank­reichs zu retten. (S. M.)

Versailles, 13. Juni. "In der Nationalversammlung beabsichtigt man eine Motion auf Versetzung Napoleon's in An­klagezustand wegen der Kriegserklärung und der Kriegführung, um die imperialistischen Prälensionen und Jntriquen zu bekäm­pfen, einzubringen. (Fr. I.)

Die französische Steuererhöhung beträgt jährliche 463 (nicht 403, wie im letzten Blatte gemeldet) Millionen, nach dem Vor­schlag des französischen Finanzministers.

Man schlägt in Frankreich die Gesammtkosten des letzten Krieges auf 8750 Millionen Frs. an. -Nimmt man dafür eine Verzinsung von 6°/-> an, so ergiebt Ließ 525 Mill. jährlich. In dem französischen Budget von 1870 waren die Interessen für die verschiedenen Formen von Renten (ausschließlich des Tilgungsfonds) mit 491 Mill. berechnet, so daß der Zuwachs von 525 Mill. die Kosten der französischen Nationalschuld mehr als verdoppeln wird.

In Frankreich sind 113 Ersatzwahlen in die Nationalver­sammlung vorzunehmen für solche, die entweder ausgetreten sind, oder wo Doppelwahlen stattgefunden haben. Sie sind nun auf den 2. Juli ausgeschrieben. Unter andern Candidaten treten auch Vertraute des Kaisers aus : Rouher, La Gueronniere, der frühere Seinepräfekt Haußmann. Auch von Prinz Napoleon ist die Rede. (B.-Z.)

Der Pariser Korrespondent desDaily Telegraph" erzW* als kurioses Faktum", daß als die preußische Garde Enghien-le.s-Bams ver­ließ, die gesammte französische Bevölkerung des Ortes in Thranen schwamm, weit diedeutschen Mörder und Bandalen" admarschrrten.

Rom, 3. Juni. In amtlichen Kreisen hegt man keinen Zweifel darüber, daß Frankreich binnen kürzester Frist die ge­waltsame Wiederherstellung der päbstlichen Herrschaft versuchen wird. Ein Mitglied der Nationalversammlung soll einem Je­suiten gegenüber die charakteristische Aeußerung gethan haben: Es ist Italien, welches unsere Milliarden bezahlen muß!" Die italienische Regierung trifft insgeheim ihre Vorbereitungen; in allen Zweigen der Landesvertheidigung wird gerüstet.

Der Papst wolle, wie der Pr. aus Rom telegraphirt wird , nach dem Jubiläum angeblich Italien auf einer französi­schen Fregatte verlassen. .... (D/Z-)

Garibaldi befindet sich auf seiner Ziegemnsel sehr leidend. Er ist menschenscheu und lebendsmüde und spricht viel von sei­nem Tode.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.