an, daß ihre Hinneigung zu Deutschland nicht bloß aus der Em­pfindung, daß Deutschland in dem bestandenen Kriege Recht hatte, sondern noch mehr aus der Empfindung hervorging, daß die Schweiz Deutschlands zu ihrer Selbsterhaltung bedürfe.

Paris, 5. Juni. Heute wurden drei Weiber verhaftet, welche den Versuch gemacht hatten, ein Hans in Brand zu stecken. Es sollen Briefe aufgefunden worden sein, welche zeigen, daß die deutsche Sektion der Internationalen die Kommune mit bedeutenden Geldmitteln unterstützt hätte (?).

Paris, 5. Juni. Seit Samstag ist eine ungeheure, auf mehr als 400,000 Köpfe geschätzte Menschenmenge wieder nach Paris zurückgekehrt. Es herrscht vollständige Ruhe. Auch die drei Chefs des Hauses Rothschild sind zurückgekommen.

Pascha! Grousset, der Minister des Auswärtigen bei der Commune, ist mit Nichten nach der Schweiz entkommen. Er hatte vielmehr Paris nicht verlassen, und war verwegen genug, sich in weib­licher Kleidung aus der Straße zu zeigen; er wurde am Samstag auf dem Wege nach der Nue Condorcet, wo seine Geliebte wohnt, in der Nähe des Jndustriepalastes erkannt und verhaftet. Die Menge hätte ihn zerreißen mögen, und das wäre auch geschehen, hätte nicht ein General den Aufgebrachten versprochen, daß der Mann seinen Tod schon bald finden würde, und alle in Sicht befindlichen Offiziere und Soldaten herbeibefohlen, um ihn in Sicherheit nach Versailles zu bringen. In seinen Taschen fanden sich Briefe, worin Washburne den Grousset alsmein lieber Freund" anredct, und die Versailler Blätter sind dcßhalb über den amerikanischen Gesandten sehr ungehalten.

Delescluzes starb neueren Nachrichten zufolge nicht, sondern entfloh nach Belgien, von wo dieser Hauptanstifter aller Gräuel- thaten der Kommune hoffentlich ausgeliefert wird. Der franzö­sische Justizminister hat sich bereits deßhalb an die belgische Re­gierung gewendet. (B.-Z.)

Am letzten Montag, erzählt derFigaro", wurde der 36jährige Jean Vd-rica, Lieutenant der Nationalgarde, im Gefängniß La Roquette erschossen. Er war es, welcher den Befehl zum Feuern auf den Erzbischof von Paris gab. Vericq gestand, fünfzig Menschen vom Leben zum Tod gebracht zu haben.

Nach glaubcnswürdigen Nachrichten beläuft sich die Zahl der von der Versailler Armee summarisch und ohne besonderes Verfahren erschossenen Kommunisten auf rund 45,000 Men­schen ; einem Samstag Abend cingetroffenen Telegramme des Ge­nerals v. Fabrice nach zu urtheilen, dürfte die Zahl eher zu niedrig gegriffen, als übertrieben sein.

Bezeichnend für die Regierenden vom Stadt Hause ist, was der Siöcle von ihnen erzählt. Auf der Präfektur fanden häufig Diners statt, keineswegs Orgien, doch würzte man das Mahl durch lebhafte nud interessante Unterhaltungen, in denen namentlich Madame Eudes, eine Frau von großer Schönheit, glänzte. Man liebte es besonders, über den Atheismus zn sprechen und zitirt namentlich das Wort eines Mitgliedes der Kommune: Wenn Gott wirklich existirte, müßte man ihn erschießen lassen!"

Versailles, 3. Juni. Es ist der Vorschlag angeregt worden, in ganz Europa Sammlungen zur Wiederherstellung der zerstörten öffentlichen Gebäude von Paris zu veranstalten.

Versailles, 6. Juni. Der Finanzminister legte der Natio­nalversammlung einen Gesetzentwurf vor, welcher ihn ermächtigt, eine Anleihe von 2f-r Milliarden behufs der Bezahlung der Kriegsentschädigung und der Deckung des Defizits aufzunehmen.

Versailles, 6. Juni. Es ist Befehl ertheilt, alle Civil- beamte der Commune zu verhaften.

Versailles, 7. Juni. Man versichert, die Prinzen des Hauses Orleans würden »ach der Gültigkeitserklärung ihrer Wahl und nach Aushebung ihres Vcrbannungsgesetzes ihr Mandat nie­derlegen. Die Linke und das Centrum werden die Verlängerung der Vollmacht Thiers' für die Dauer der gegenwärtigen Natio- ' nalversammlung beantragen.

Das Genfer Journal erfährt ans Marseille, daß auch die dortigen Kommuneanhänger ein Schauspiel ähnlich demjenigen in Paris in Szene zu setzen beabsichtigten. Die Polizei ist einem Komplot auf die Spur gekommen, welches mittelst Petroleum die Stadt in Brand stecken wollte, und hat in der Nacht vom 24. zum 25. Mai zahlreiche Verhaftungen vorgenommen.

Verrückte Häringe sind die Franzosen doch. Aus tausend Wun­den blutend, die ihnen die deutschen Waffen und der heimische Bürger­krieg geschlagen, aus allen Himmeln der Eitelkeit niedergeschmettert, arm am Beutel, krank am Herzen, lassen sie sich schon wieder die falschen Sprcnlieder des Rachekrieges Vorsingen und lauschen ihnen. Alle Ehr­geizigen, die über sie herrschen wollen, die Napoleons, die Orleans, stim­men diese schmeichlerischen, verführerischen Lieder an.. Napoleon schreibt ihnen über das Wasser herüber: Tu, französisches Volk, hast den Krieg gewollt und ich Habs ihn nur deßhalb geführt, das linke Rheinufer ist kein deutsches Land, es ist keine Eroberung, wenn wir es nehmen, es war französisch seit uralter Zeit. Der pfäffische Bourbon macht weder aus dem Rachekrieg, noch aus seinen Verbündeten, den Schlüsselsoldaten in Rom und der schwarzen Garde aller Länder ein Geheimniß, und vol­lends die Orleans, die Söhne einer deutschen Mutter, der Herzogin von Orleans kokettircn schamlos mit dem Kriege wider Deutschland. Es wird zwar noch viel Wasser den Rhein hinuntcrlaufen, bis sie an die Ausfüh­rung denken können, aber eine üble Folge hat ihr Wahnsinn dennoch: wir Deutschen dürfen noch lange nicht die schwere Rüstung ablegen. j

Florenz, 6. Juni. Graf d'Harcourt ist Hierselbst einge- j

troffen. Die Blätter veröffentlichen eine päbstliche Encyclica, worin die Völker ansgefordert werden, Gott anläßlich des päbst- licheu Jubiläums zu danken.

Rom, 5. Juni. Auf Befehl des Pabstes wurde heute für die in Paris erschossenen Geißeln eine Trauermesse gelesen.

Rom, 6. Juni. DieUnitä Caltolica" schreibt unterm 30. Mai, daß die Welt nicht eher Frieden haben werde, alsbis die angeblichen Menschenrechte vom Henker zu Asche verbrannt und der Syllabüs, diese erhabene Darstellung der Rechte Gottes, zum Grundgesetz der Staaten erhoben sein werde".

London, 6. Juni. Unterhaus. Enfield erklärt aus An­frage, daß die Abtretung Helgolands bisher von Preußen nicht verlangt worden sei. (S. M.)

Petersburg, 6. Juni. Die Feststellung des Reiseplanes des deutschen Kaisers nach Petersburg ist erfolgt. Die Ankunft findet im Spätsommer statt. Der Kaiser wird den Lagerübungen der russischen Gardetruppcn in Zarskoe-Selo beiwohnen.

Athen, 6. Juni. Die Kammer beschloß, die französische Regierung zur Niederwerfung des Aufstandes zu beglückwünschen und ihren Abscheu gegen die von der Pariser Commune began­genen Verbrechen auszudrücken.

Bi aun und Fra n.

(Fortsetzung.)

Freilich hat sie einen Grund, fuhr Odning fort; aber ich habe diesen Grund nicht gegeben. Wollte ich Ihnen die traurige An­gelegenheit klar darlegen, so müßte ich Ihnen meine Jugendge­schichte und die Ihrer Mutter erzählen. Das kann ich nicht, viel­leicht später. Aber ich will Ihnen einen guten Rath erthcilen, damit Sie sehen, daß ich es väterlich meine. Aber erröthen Sie nicht, wenn ich offen mit Ihnen rede. Es ist besser, die Verständi­gung findet unter uns beiden statt, als daß sich eine dritte und vierte Person dabei betheiligt. Sie müssen dem Eigensinne Ihrer Mutter Trotz bieten, damit Sie die Ehre ihres Vaters retten!

Mathilde erschrack.

Mein Herr, Sie kennen ein Geheimniß . . .

Das ich tief in meinem Herzen bewahrt habe. Ich hätte es Ihrer Mutter mitgetheilt; aber sollte ich den Tod der armen beklagenswerthen Frau beschleunigen? Nein, ich ließ mich ruhig abweisen, und kam nicht wieder. Sie erinnern sich Ihres Vaters wohl nur noch schwach, denn er ist seit zehn Jahren todt er war ein schöner, aber ein mehr als leichtsinniger Mann, der seiner Frau großen Kummer bereitete.

Ich weiß Alles! schluchzte Mathilde.

Sie wissen viel, aber nicht Alles, mein Kind. Selbst Ihrer Mutter ist so manches unbekannt geblieben. Ihr Vater ist als böswilliger Bankerotteur und Wechselfälscher entflohen. Einige Monate nach seiner Entweichung kam die Nachricht, er sei in dem Kriege, den die Schleswig-Holsteiner gegen Dänemark führten, gefallen Ihre Mutter verließ D., weil sie hier in stiller Abgeschiedenheit leben wollte mein Kind, Ihr Vater entzog sich durch dieses Gerücht der Untersuchung, aber er lebt noch, und ist mit einer reichen Wittwe in Hamburg verheirathet, wo er seit acht Jahren unter einem angenommenen Namen lebt. Dies letzte wußte Ihre Mutter nicht, und es ist auch recht gut. Nun hören Sie mich an: weigern Sie sich, noch heute in mein Haus zu ziehen, so verbindet mich nichts mehr mit Ihrer Familie ich mache Anzeige von dem Geheimnisse, das ein Zufall zu meiner Kenntniß brachte, und der Vater der hübschen Mathilde wird als Gefangener in seine Vaterstadt transportirt. Und das geschieht, verlassen Sie sich darauf; ich will doch sehen, ob Sie mir nicht eben so gut gehorchen sollen, als Ihrer eigensinnigen Mutter.

Nehmen Sie mich hin! schluchzte Mathilde.

Gott sei Dank! Endlich! Ist das ein Mädchen! Zwingt mich zu drohen, damit ich ihm ein Schützer sein, meinen guten Willen bethätigen kann. Ich adoptire Sie, Sie führen meinen Namen, und die Sache ist abgemacht. Der Mann, den der Zu­fall zu Ihrem Vater gemacht, kann in Hamburg leben.

Christoph trat ein.

Herr Odcnina!

Was?

Madame will mit Ihnen sprechen.

Sie folgt mir auf dem Fuße.

Das ist mir nicht lieb.

Da nun das Fräulein bei Ihnen ist . . .

Treten Sie in dieses Kabinet, mein Kind; ich werde Sie bald wieder erlösen. Es ist nicht gut, daß Sie sich jetzt, da Sie so viel geweint haben, Ihrer Tante vorstellen.

Der Onkel brachte die Nichte in das angrenzende Ka­binet, ein reizendes Stübchen, dessen Fenster nach dem Garten hinausging.

Machen Sie sich's bequem, flüsterte er lächelnd. Morgen werden Sie Herrin dieser Räume sein.

(Fortsetzung folgt.)

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser 'scheu Buchhandl ung.