schluß von sämmtlichen Bevollmächtigten unterzeichnet worden. Fürst Bismarck war nur in der Absicht hierher gekommen, Schwie­rigkeiten zu ebnen; der Verlauf der Verhandlungen war jedoch ein so günstiger, daß wider Erwarten der definitive Abschluß des Friedens erreicht wurde. Die Bürgschaften für Ausführung des Friedens sind verstärkt."

Frankfurt, 11. Mai. Die Frankfurter Blätter melden übereinstimmend bezüglich der Conferenzabmachnngen: Von den 5 Milliarden Fr. Kriegskoutributiou ist nichts nachgelassen. Die Ost-Eisenbahn wird für 320 Millionen Fr. angekauft. Noch vor Zahlung der in den Präliminarien stipnlirten 500 Millionen (erste halbe Milliarde) werden die Pariser Forts geräumt und die Departements Seine, Marne und Oise zurückgegeben. Die Champagne bleibt bis zur Kriegskostenzahlung beseht. (S. M.)

Frankfurt, 11. Mai. Fürst Bismarck reiste heute Mor­gen 8'/4 Uhr mit der Hanauer Bahn ab. Favre und Pouyer reisten gestern Abend ab.

Wie demFr. I." berichtet wird, ist auch der stellvertre­tende Maire von Straßburg, Hr. Klein, hier cingetroffen, um mit dem Reichskanzler zu konferiren.

Berlin, 9. Mai. (Reichstagssitzung.) Der Gesetzesentwurf, betr. die Redaktion des Strafgesetzbuches des Norddeutschen Bundes als Straf­gesetzbuch für das deutsche Reich, welches mit dem 1. Januar 1872 in Wirksamkeit tritt, wird in dritter Lesung definitiv angenommen, ebenso der Gesetzentwurf, betr. die Kriegsdenkmünze für das Rcichsheer. Eine Bemerkung des Abg. Schmidt wegen der geringen Leistungsfähigkeit der Marine im letzten Kriege wird zunächst vom Staaisminister Delbrück, sodann von den Abg. Braun, Eulenburg, Winter, Kusierow und Grum- brecht entschieden zürückgewiesen. Winter und Grumbrecht konstatircn, daß die Bewohner der Ost- und Nvrdseeküste von Dankbarkeit sür die Thätigkeit der Marine ersüllt seien.

Berlin, 9. Mai. Der Reichstag fängt an, sich selbst zur Qual zu leben. Es ist in den Räumen des Abgeordnetenhauses, io lange sie stehen, nie langweiliger gewesen, wie jetzt, wo der deutsche Reichstag in ihnen tagt. Es ist eigenthümlich: von dem durch große, ungeheuer große Ereignisse geeinigten Deutschland merkt man gar nichts, so ungeheuer klein sind die Debatten, die gepflogen werden. Die Bivouaks bei Wörth, bei Sedan, bei Metz, vor Paris, bei Orleans und Le Mans waren bei aller Nässe und Kälte doch feuriger, als die beste Rede, die bisher in diesem Reichstage gehalten worden ist. Die Herren verlieren sich in trostloses Detail und kommen zu keinem einzigen großen Gesichtspunkte. Bismarcks Rede zu dem Elsaß-Lothringen-Geletz ist die einzige parla­mentarische Leistung, die zu hören gewesen ist. Das Publikum stellt sich Tag für Tag auf den Tribünen ein, um etwas zu hören, was ihm ge­fällt, und siehe da, jeder schleicht unbesriedigt von dannen. Freilich sind auch die Materien, mit denen das Haus sich zu befassen hat, ungemein geringfügig. Wenn das so fortgeht, so hat kein Mensch mehr Interesse für die Rcichstagsverhandlungen, und es ist schade um die Tausende von Ballen Papier, welche die gesammte deutsche Presse Tag für Tag verdrucken muß. (Frkf. J-)

Nach dcr Korr. Stern in Berlin soll die franz. Regierung u. a. um Rückgabe weiterer 20,000 Gefangenen, namentlich Zuaven, und Turcos, bitten, um gegen den Aufstand in Algier cinzu- schreiten.

Der alte Moltke batte mit feinem gewohnten Scharfblick die ge­genwärtigen Ereignisse in Paris mit Sicherheit vorhergesehen, als er im Kriegsrath mit aller Entschiedenheit auf die Entwaffnung der Nationai- garde und auf die vollständige Besetzung von Paris drang, ohne jedoch mit seiner Ansicht und Forderung durchzudringen. Der Kaiser hat es sich denn auch in seinem Gerechtigkeitssinne nicht versagen können, neu­lich, bei einer paffenden Gelegenheit, dem Chef des großen Generalsta­bes die Genugthuung zu gewähren, daß er in einem größeren Zirkel zu dem berühmten Strategen herantrat, ihm die Hand reichte und sagte: Wir sind oft im Kriegsrath hart an einander gewesen; aber ich muß Ihnen das Zeugniß geben, daß Sie immer Recht gehabt haben."

Vom 1. Juli ab sollen bei sämmtlichen Postämtern des norddeutschen Bundes neueReich sb riefmarken" cingesührt werden; schon jetzt sind die einzelnen Verwaltungen aufmerksam gemacht, sich nicht größere Vorräthe von den bisherigen Brief­marken anzuschaffen, vielmehr solche bis zu jenem Tage möglichst zu verbrauchen.

Mainz, 9. Mai. Die Generalversammlung der Taunus­bahn setzte die Dividende auf 17 fl. fest und beschloß, aus dem Reinerträge 7000 fl. dem Pensionsfonds zuzuwenden.

Dieser Tage kamen mehrere Personen an das Stadthaus in Hamburg und machten die Anzeige, daß eine Frau in der Spitaler- straße dem Hungertods nahe sei. Senator Dr. Cropp, als Chef der Po­lizeibehörde, verfügte sich sofort in Begleitung des Polizeiarztes Gold­schmidt in die bezeichnet« Wohnung, in der sich den beiden Herren ein grauenhafter Anblick darbot. Durch die mit Schmutz bedeckten Fenster konnte kaum das Tageslicht dringen; in einer Ecks der Wohnung , auf einem fast verrotteten Stück Bett, lag eine 53jährige Frau mit tief im Kopfe liegenden Augen, eingefallenen Backen, mit Lumpen bedeckt, halb verhungert da. Der ganze Fußboden war mit handhohem Schmutz be­deckt. Der Arzt ordnete sofort den Transport dcr Frau nach dem Cur- hause an; sie widersetzte sich jedoch und gab als Grund ihrer Weigerung an, daß ihr während ihrer Abwesenheit Geld gestohlen werden würde. Näher befragt, erklärte sie, fünf Sparkaffenbücher mit über 3000 Mark und ferner 2000 Mark bares Geld zu besitze». Die Bücher, sowie das bare Geld wurden im Schmutz aufgesunden und auf das Stadthaus ge­schasst. Die geizige Frau wurde sodann nach dem Curhause transportirt.

Wie man über die französisch-deutschen Verhandlungen noch hört, wollten die Bevollmächtigten in Brüssel wirklich auch den Antheil Elsaß-Lothringens von den 5 Milliarden abrechnen. Diese Provinzen sollten für ihr Theil dazu beitragen. Die ver­schiedenen Gegenrechnungen würden die 5 Milliarden auf 3 her­abmindern, wovon selbstverständlich keine Rede sein kann.

Strasburg, 9. Mai. Für Elsaß und Lothringen sollen

6 neue Regimenter gebildet werden und zwar 1., 2., 3., 4. elsä- ßisches Regiment und 1. und 2. lothringisches Regiment. Diese Regimenter werden dann bis auf weiteres in die westlichen Pro­vinzen Preußens verlegt werden.

Wien, 8. Mai. Der österreichische Gesandte beim Pabste ist abberufen worden. (Frkf. I.)

Pest, 8. Mai. Sechshundert Schneidergesellen versammel­ten sich heute vor dem Reichstagsgebäude, um eine Petition, muth- maßlich wegen Freilassung der verhafteten Kameraden, durch eine Massendeputation zu überreichen. Sie wurden jedoch von 50 Trabanten mit scharfgeladenen Gewehren zürückgewiesen, treiben sich aber in der Nähe des Landhauses umher. Ihr Verhalten ist übrigens ruhig.

Paris, 8. Mai. Ein Dekret der Kommune belegt alle beweglichen und unbeweglichen Güter der Kirchengenossenschaften mit Beschlag. Ein anderes Dekret besagt, alle Pfänder in den öffentlichen Leihhäusern, welche vor dem 25. April verpfän­det wurden und den Werth von 20 Fr. nicht übersteigen, wer­den unentgeltlich zurückgegeben. (Frkf. I.)

Paris, 9. Mai. Auteuil und der Point du jour werden furchtbar bombardirt. Die Bevölkerung ist von panischem Schre­cken ergriffen; allgemeine Flucht. Die Versailler Batterien haben die ihnen gegenüberstehenden zum Schweigen gebracht. Die Porte d'Auteuil ist zerschossen, der Point du jour brennt, ebenso die Kasernen auf Fort Vanvres. Cluseret wird heute Abend ab- geurthcilt. Die Vendömesäule soll in der nächsten Nacht um­gestürzt werden.

Paris, 10. Mai, Morgens.Mot d'ordre" veröffentlicht einen Brief des Kommandanten Rossel an die Kommune, datirt 9. Mai. Rossel erklärt sich außer Stand, die Verantwortlichkeit des Oberbefehls länger zu tragen, wo jedermann berathschlage und niemand gehorche.

Paris, 10. Mai, Abends. Das JournalJustice" mel­det: Gestern beschloß die Kommune die Verhaftung Rossel's. Dem Beschluß wurde bis jetzt keine Folge gegeben, da Rossel heute noch im Ministerium bleibt.

Versailles, 8. Mai. Aus Paris wird gemeldet, daß das Haus Cail dem Wohlfahrtsausschüsse erklärt habe, es besitze kein Metall mehr, um Bomben zn gießen. Die Kanoniere, welche bei der Artillerie der Föderirten die Geschütze; richten, verlangten und erhalten jetzt eine Löhnung von 20 Fr. per Tag.

8 Mai.Paris-Journal" meldet, Gambetta sei nicht verhaftet, aber der Haftbefehl sei überall gegen ihn erlassen.

9. Mai, Mittags. Unsere Truppen haben heute Mor­gen das Fort Jssy genommen und besetzt. (Frkf. I.)

Versailles, 9. Mai, Abends. Picard bestätigte in der Nationalversammlung die Besetzung des Forts Jssy. Details fehlen noch. Es heißt, es sei kein Gefangener gemacht worden, da die Insurgenten das Fort während der Nacht geräumt haben.

Versailles, 10. Mai. 119 Kanonen fielen im Fort Jssy, 10 im Dorf Jssy in die Hände der Versailler Truppen; einige 50 davon werden heute nach Versailles gebracht. Man fand in dem Fort Jssy viel Munition und Lebensmittel. Es bestätigt sich, daß die Besatzung durch eine bis jetzt unbemerkt gebliebene Tranchee entwischt ist. Man versichert, die Einnahme von Jssy und die durch die Batterie von Montretout erzielten bedeutenden Erfolge hätten unter den Insurgenten eine wahre Panik verur­sacht. (Frkf. I.)

Rouen, 9. Mai. DasJournal de Rouen" meldet, daß eine bonapartistische Verschwörung in Versailles entdeckt worden sei. Die Regierung sei sehr auf der Hut, habe aber nocht nicht eingeschritten. (Frkf. I.)

Ein neues Journal, unter dem Titel L'Etoile, meldet in seiner heutigen Nnmer: Favre und Pouyer-Quertier haben von Thiers die Vollmacht erhalten, in Frankfurt definitiv den Frieden zu unterzeichnen.

London, 8. Mai. Fürst Bismarck fordert angeblich die Reduktion der Pariser Truppen auf 100,000 Mann und prote- stirt gegen die Stärke der Artillerie, welche der abgeschlossenen Convention zuwider sei. (Frkf. I.)

In Mobile heirathete vorige Woche ein Mann seine siebente Frau, eins Mexikanerin. Seine verstorbenen 6 Gattinnen gehörten alle verschiedenen Nationalitäten an; seine erste Frau war eine Deutsche, seine zweite eine Französin, die dritte eine Engländerin, die vierte eine Hol­länderin, dis fünfte eine Jrländerin und die sechste eine Amerikanerin.

Homonyme.

WaS bald vier Füße, bald keinen hat,

Bald drei, ein Thier, ein beweglich Gut,

Das oft aus Federn und Schrauben ruht,

Und eine verfehlte menschliche That;

Ein Gärtner, berüchtigt weit und breit.

Ein Strafwerkzeug aus vergangener Zeit;

Und wer falsch räth, hat es richtig getroffen, Wie könntest Du» recht zu errathen hoffen?

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser 'schen Buchhandlung.