Generalmarsch geschlagen. Zahlreiche Opfer. Man versichert, General Felix Raphael sei vom Volk ermordet worden. Depu- tirte und Maires erließen neue Proklamationen. Die Lage ist ernst.

Paris, 22. März. Die angekündigte Friedensmanifcstation hat stattgefunden, wurde aber auf schreckliche Weise gestört. Am Vendomsplatze forderte der Zug die Schildwachcn auf, sich ab- lösen zu lassen, was diese verweigerten. Die Insurgenten feuer­ten, ses gab mindestens 100 Todte und Verwundete; seit 4 Uhr überall Gewchrseuer, zahlreiche Opfer. General Raphael vom Volke ermordert, Lage sehr ernst.

Paris, 22. März, Nachmittags. Das Journal de Paris enthält folgende Mittheilung: Bismarck theilte Thiers mit, die deuischen Truppen werden die Pariser Forts am Sonntag wie- derbesctzen, falls bis dahin die Ordnung nicht wicderhergestellt sei. Abends 5 Uhr. Die Aufständischen feuerten auf die Bürger, 30 Todte und Verwundete. Baron Nathan ist in die Brust getrof­fen. Deutsche Truppenhilfe erscheint nothwcudig. Abends 6 Uhr. Hottinger (Schweizer?) getödtet. Kundgebungen im Sinn des Friedens und der Ordnung sind mißlungen. Die ganze Stadt trauert. Magazine und Comptoires geschlossen, sämmtliche Na- tioualgarden bewaffnet, unbeschreibliche Pauik. Es geht das Gerücht, General Felix Raphael sei ermordet. Das Gewehrfeuer dauert fort. Zustand schrecklichst. (S. M.)

Paris, 22. März. Von den Wällen der Enceinte der Fanbourgs Bellcville und Menilmontaut sind einzelne Flinten­schüsse auf preußische Patrouillen gefallen. Die Regierung in Versailles sandte sofort eine Erklärung in das preußische Haupt­quartier, worin gegen jeden Act der Feindseligkeit protestirt wird. Durch solche Acte würden auf die schuldlose Bevölkerung die Folgen der Vergehen einiger Wahnsinnigen zurückfallen.

Paris, 23. März. Das Amtsorgan des Centralkomites veröffent­licht ein Schreiben des kommandirenden Generals der deutschen ^lrmee in Champiegne, Schtothcim an.den Kommandirenden in Paris, schlot- heim zeigt an, daß die Deutschcii, welche die Forts im Norden und Osten von Paris beseht halten, den Befehl haben, so lange eine passive und freundliche Haltung zu beobachten, als die Ereignisse, deren Schauplatz das Innere von Paris ist, keinen derartigen feindseligen Charakter gegen­über der deutschen Armee aunehmen, daß letztere gefährdet würde, sich vielmehr innerhalb der durch die Friedenspräliminarien bestimmten Grän­zen zu halten. Sobald jedoch dieie Ereignisse einen feindseligen Charakter aunehmen, würde die Stadt Paris feindlich behandelt werden. Der Del'- girte des Centralcomitcs für auswärtige Angelegenheiten, Sanglicr, ant­wortete hierauf: Tie Revolution, welche sich in Paris durch das Eentral- komite vollzogen, habe einen wesentlich kommunalen Charakter, sei mit­hin in keiner Weise aggressiv gegen die deutschen Armeen, auch haben wir, fügte der Delegirte hinzu, keine Befugniß, dis durch die National­versammlung in Bordeaux angenommenen Friedenspräliminarien einer Erörterung zu unterziehe». (S. M-)

Paris ist immer noch in den Händen einer namenlosen Insur­rektion, welche mit ihren kommunistischen Plänen zwar langsam, aber immer deutlicher hervortritt. Die ruhige Bevölkerung, welche anfangs aus Mißvergnügen über die Regierung weil diese Len Sitz in Ver­sailles dem in Paris vorzog und über das Dufaure'sche Wcchselge- setz dem Aufstand schadenfroh oder wenigstens indifferent zugesehen, hat sich am Mittwoch zu Demonstrationen gegen die Ausrührer ermannt, die aber keinen andern Erfolg hatten, als den eines unnützen Blutbades. Die Männer von Belleville, Montmartre und der Bastille haben sich jetzt aller Positionen in Paris bemächtigt: wo der Verdacht vorliegt, Laß die Nationalgarde des betr. Arrondissements nicht zuverlässig der rothen Fahne ergeben ist, ziehen die gesinnungstüchtigen Männer aus den äußersten Quartieren und von der rothcsten Partcischattirung heran, und ersuchen die Nationalgarde, ihnen gefälligst Platz zu machen. So haben sie sich in den Besitz der besten Stadtheile gesetzt, ja neuestens sogar die Linie aus dem Schloß Mnccnnes verdrängt, wo sie nun den deutschen Besatzungstruppen unmittelbar gegenüber liegen. Sie sind im Besitz vou 200 Kanonen, die sie bei der Entwaffnung von Paris unter­schlagen haben, und Chassepotgewehren. Sie besolden sich und das ab­trünnige zu ihnen übergetretene Militär aus Geldern, die sie entweder der Bank von Frankreich entnehmen oder von den Bankiers erpressen. Sie ernennen Minister, welche sich in den prachtvollen Hotels installircn, die früher von den Herren v. Morny, Rouher, Lavalctte bewohnt wa­ren. Und die legitime Regierung? Sie appcllirt an die Gutgesinnten, diese möchten die Ordnung selbst Herstellen, kommt ihnen aber nicht zu Hilfe. Truppen gegen die Schreckensmänner zu schicken, geht nicht au, da jene sich sofort zu jenen gesellen. Und die Nationalgarde? Sie wird nicht mehr Herr über den Aufruhr, weil sie am Anfang feig zu­rückwich, alles geschehen ließ, und dadurch dem Pöbel Muth machte. So herrscht jetzt Panik in der großen Stadt, weil jeden Augenblick ein neues Blutbad, eine neue Schändlichkeit von dem Centralkomite, das nun von nichts mehr zurückbebt, geplant und ausgeführt werden kann.

Paris, 23. März. Die Insurgenten haben den General Dncrot füsilirt und durch Decret die Wahlen auf den 26. März angesetzt. Die Preußen verschanzen das Lager von St. Maur vor Vincennes. (Frkf. I.)

Paris, 23. März, Abends. Die Insurgenten haben sich von der Bank von Frankreich eine Million Franken gegen An­weisungen auf den Staatsschatz zahlen lassen. Wie verlautet, hatten sie auch von dem Hause Rothschild eine halbe Million ge­fordert, dieses habe jedoch die Zahlung entschieden verweigert. Mehrere Journale richten sich in Versailles ein, u. a.Fi­garo",Gaulois",Moniteur".

Paris, 24. März, 9 Uhr Abends. Die Nachrichten vom Nachgeben der Negierung zu Versailles verschlimmert die Lage der besitzenden Klassen noch mehr. Dieselben fahren fort, von Paris abzureisen. (Frkf. I.)

Versailles, 22. März. Jules Favre hat in der Na- j

tionalversammlung mitgcthcilt, Bismarck habe ihm notificirt, daß, wenn in Pantin die abgeschnittcne Telegraphcnleitung nicht wieder hergestcllt und die anderen, dem Friedensvcrtragc zuwiderlaufen- deu Gewalthandlungen nicht innerhalb 24 Stunden abgestellt würden, so würden die Deutschen die Forts wieder besetzen und Paris beschießen. Favre theilte dies dem Maire von Paris mit, um die Nationalgardcn davon zu benachrichtigen. Favre ant­wortete an Bismarck: die französische Executive würde ihre Pflicht thun, um die Ordnung wieder herzustellen. Favre theilte in der Nationalversammlung ferner mit: er befände sich in vertraulichen Unterhandlungen mit dem preußischen Generalstab.

In seiner Antwort auf die Depesche des Reichskanzlers sagt Jules Favre, daß die Departements darnöez- einmülhig seien, jede Solidarität mit dem Pariser Konnte znrnckznweisen und der Regierung, sowie der Nationalversammlung, ihre Zustimmung zu geben. Die Regierung bittet den Oberbefehlshaber der Preu­ßen, nicht hart gegen Paris zu verfahren, denn das hieße Tau­sende von Unschuldigen für die von verkehrten Menschen began­genen Verbrechen büßen lassen.

Versailles, 23 März, Abends. Die Insurgenten hielten einen nach Versailles bestimmten Eisenbahnzug mit Gefangenen durch Aufziehen des Haltesignals an, befreiten die Gefangenen und verhafteten die Escorte. Das 69. Regiment, welches in dem Luxemburgpalast eingeschlossen war, entfloh mit der Bagage und 3 Kanonen. Die Insurgenten verfolgten dasselbe vergebens; es erreichte glücklich Versailles und wurde hier enthusiastisch empfangen. Die Offiziere wurden befördert. Es heißt, im Centralkomite sei Zwiespalt ausgebrochen. Die Stadt ist ruhig. In der letzten Nacht wurden mehrere Stadtsergcanten aus Befehl des Ceniral- komites erschossen. Ueber fünf entflohene Journalisten wurde das Todesurtheil gefällt. . (Frkf. I.)

Versailles, 24. März. Es wird versichert, daß der Kaiser Wilhelm niemals einwilligen werde, daß das Blut deut­scher Soldaten für die Wiederherstellung der Ordnung in Paris vergossen werde. (Frkf. I,)

Nach einem Privattellegramm sollen in Bordeaux und St. Etienne gleichfalls Aufstände ausgebrochen fein.

Lille, 24. März. Eine Proklamation ruft Freiwillige auf, um gegen Paris zu marschiren.

DasJournal officiell" des Comitö's schreibt: Bonaparti- sten und Orleanisten wurden ertappt bei Verihcilung von Geld an die Einwohner, um diese von ihrer Pflicht abzulenken. In­dividuen, der Bestechung überführt, werden dem Comits überliefert.

Sämmtliche Mitglieder des revolutionären Centralkomite's gehören der internationalen Arbeitergesellschaft an, die bekanntlich in allen Ländern verzweigt ist.

Brüssel, 21. März. Die Regierung ist hier nicht ohne Unruhe. Sie hat Kunde, und zwar sichere Kunde erhalten, daß auch die belgische Sektion der Internationalen sich zu rühren beginnt und in ihren geheimen Zusammenkünften die Frage un­tersucht, ob der Augenblick einer Schilderhebung nicht gekommen.

Brüssel, 22. März. Viktor Hugo, der heute Mittag aus Paris hier eingetroffen, äußerte sich mit Abscheu über die Pariser Regierungs- Mitglieder. Ihre Tendenzen können Frankreichs Zukunft gefährden. Die Flucht der Bevölkerung aus Paris nach Belgien nimmt größere Dimensio­nen au. (V. Hugo hat wohlweislich das Weite gesucht, aber von Schuld an den blutigen Ereignissen wird ihn Niemand ledig sprechen.)

Brüssel, 23. März. DieEtoile belge" meldet, es seien 50,000 Preußen nach St. Denis zurückgekehrt. Kanonen wurden auf dem von den Preußen besetzten Fort Aubervilliers aufgestellt und auf den Faubourg Montmartre gerichtet. (Frkf. I.)

In Japan ist eine neue Revolution ausgebrochen.

Brüssel, 24. März. Der Nord schreibt: Rouher ist in Freiheit gesetzt und heute morgen eingetroffen.

Brüssel, 24. März. Eine Depesche derB. B.-Z." meldet, Bismarck verlangte die Auslieferung der weggenommenen deutschen Kauffahrteischiffe von Frankreich, indem er sich im Weigerungsfall die Erhöhung der von Frankreich zu zahlenden Kriegsentschädigung vorbehielt.

Brüssel, 24. März. Es wird berichtet, es habe eine Er­hebung der Araber in Algerien stattgefunden. Aga Mockrani von Medina steht an der Spitze des Aufstandes und sucht alle Kabylen in denselben hineinzuziehen. Privatbriefen zufolge steht Mockrani mit 40,000 Mann 25 Meilen von Algier, bemächtigte sich des gackzen Südens Algeriens. Französische Truppen nach Selif und in das ganze Kabylien entsendet.

Brüssel, 25. März. Ein Kurier der französischen Bank der Paris um 1 Uhr Nachts mittelst Separattraius verließ, meldet, es sei dem Admiral Saifset gelungen, zwischen den In­surgenten und der Versailler Regierung ein Einverständniß her­beizuführen. (Frkf. J-)

Der Mormonenstaat U th a hat seine Aufnahme in die Union nachgesucht; es soll dieselbe unter der Bedingung gewährt werden, daß unwiderruflich festgestellt wird, daß Vielweiberei vom Tage der Aufnahme an nicht mehr gestattet werde; die bestehenden Ehen sollen anerkannt, neue aber nicht geduldet werden.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.