sie anfänglich etwa noch bestand, ist jetzt aufgegebcn. Seit Kaiser und Reich wieder zur handgreiflichen Wirklichkeit geworden sind, hat auch so ziemlich der Widerspruch aufgehört, der sich gegen diese allein wahrhaft zweckmäßige Anordnung früher noch erhob. Bis diese jüngsten Deutschen so weit beruhigt sein werden, daß man ihnen einen eigenen Landtag zugestehen kann, ohne sich un- nölhig aufregende Agitationen auf den Hals zu ziehen, sollen nach der Idee des Bundeskanzlers Bundesrath und Reichstag die entsprechenden Functionen ausüben; von einer zeitweiligen Dictatur, wie nach 1866, wird also abgesehen. Bei der finan­ziellen Dotirung des neuen reichsunmittelbaren Gebiets darf vor Allem Kirche und Schule nicht vergessen werden. Die Pfarrer­und Lehrergehalle sind im Elsaß ungewöhnlich schlecht; sie bei dieser Gelegenheit zu verbessern, heißt nicht blos ein zufälliges Unrecht der Zeit gutmachen, sondern die wichtigsten Cnltnrträger für das Deulschihum neugewinnen oder fesseln."

Ein Brief des Königs von Schweden an einen kriegsgc- fangencn französischen Offizier in Deutschland ist, wie derTimes" aus Berlin gemeldet wird, in die Hände der Autoritäten gefallen. Er drückt warme Sympathie für Frankreich und große Feindse­ligkeit gegen Deutschland aus.

Die Zahl der aus Frankreich vertriebenen Deutschen wird demDresdn. Journ." ans dem sächsischen Hauptquartier vor Paris von gut unterrichteter Seite auf 110120 Tausend angegeben. Viele von ihnen haben nur ganz geringfügige Scha­denansprüche angemeldet. Dagegen gibt es auch bei Einzelnen Schadennachweise, welche in die Millionen gehen, zumal bei grö­ßer» Fabrikbesitzern und bei Geschäftsleute»!, deren ganzer Betrieb dauernd ruinirt worden ist. Durchschnittlich wird per Kops ein Schadenansprnch von 3000 Frcs. herauskommen.

Graz, 12. Febr. DiePresse" meldet: Ein Fastenhirten- bricf des Bischofs von Marburg erklärt, die päpstliche Jnfalli- bilität sei keine Sündenlosigkeit, auch der Papst könne sündige» und irren. Es habe auch schlechte Päpste gegeben; unfehlbar sei nur Gott.

Genf, 14. Febr. DasJournal de Genove" enthält eine Correspondenz aus Bordeaux, wonach Cromienx seine Demission gegeben und Gambetta schwer erkrankt ist. Es ist Thatsache, daß Cremieux nirgends gewählt wurde. (Frkf. I.)

In Flourien bei Genf fand ein Schweizer auf der Straße zwei Franctireurs, Knaben von 16 17 Jahre». Sie lagen todtmüd im Schnee. Er lud sie ein, mit ihm ins Haus zu kommen und sich zu wärmen. Nein! Wollt Ihr etwas essen? Nein, wir danken. Was wollt Ihr denn? Sterben!

Straßburg, 14. Febr. Aus Versailles ist dem Vernehmen nach der Befehl eingetrosfen, Vorbereitungen für eventuell bedeu­tende Truppendurchzüge nach Deutschland zu treffen. (Frkf. I.)

Bordeaux, 12. Febr. DieFrance" meldet: Ein Kriegs- rath der Generale hat gestern unter dem Präsidium Leflü's statt­gesunden. Die militärische Situation war Gegenstand einer gründ­lichen Prüfung. Es wurden wichtige Entschlüsse gefaßt in dem Sinne, daß die Nationalvertheidignng bei keiner Eventualität unvorbereitet dastehe.

Bordeaux, 12. Febr. General Clement Thomas hat seine Entlassung eingereicht. Rochefort und Delescluze treffen morgen ein. Bordeaux ist ruhig, trotz der Ueberbevölkerung. Thiers übt den größten politischen Einfluß in allen Kreisen aus. Garibaldi legte das Kommando der Vogesenarmee nieder, da seine Mission beendigt sei. Die Regierung antwortete, seine Ent­lassung annehmend, mit Dank im Namen des Landes. (S. M.)

Bordeaux, 13. Febr. DerSiocle" nennt das Wahl­ergebnis; eineDictatur der Unwissenheit." Eine Zusammen­stellung der Wahlen ergibt ungefähr: 150 Republikaner, 53 Le- gitimisten, 400 Orleanisten, 20 Bonapartisten. (Frkf. Ich

Bordeaux, 13. Febr. Die Nationalversammlung ist heute Nachmittag 2 Uhr eröffnet worden. Der Präsident theilt mit, daß die Kammer, wie im Jahre 1849, in 15 Bureaux eiugetheilt würde. Die Prüfung der Vollmachten solle erfolgen, sobald die Umstände es erlaubten. Der Präsident verlas sodann ein Schrei­ben Garibaldi's, worin Letzterer sagt:Als letzten der Republik erwiesenen Dienst ging ich nach Bordeaux, wo die Vertreter des Landes tagen, allein ich verzichte auf das Mandat, welches ver­schiedene Departements mir antrngen." Hierauf ergriff Jules > Favre das Wort, um Namens seiner College» in Paris und Bordeaux zu erklären, daß die Regierung der nationalen Verthci- digung die Gewalt in die Hände der Volksvertretung uiederlcge. Als wir die Last der Regierung", fuhr der Redner fort,auf uns nahmen, hatten wir keine andere Absicht, als die Gewalt, die wir unter den damaligen Umständen übernommen hatten, in die Hände der Nationalversammlung zurückzulegen. Wir hoffen, das Land, belehrt durch das Unglück, werde gelernt haben, seine Klagen zurückzudrängcn, und die Bedingungen für eine normale Existenz wiederfindcii. Wir treten nunmehr völlig zurück, über­lassen Alles Ihrer Entscheidung und erwarten mit Vertrauen die Bildung einer neuen gesetzmäßigen Gewalt." Redner kündigte sodann an, daß die Minister, »in den Gesetzen Achtung zu ver­schaffen, so lange auf ihrem Posten verbleiben würden, bis die neue Regierung gebildet worden wäre, und bat um die Erlaub-

niß, auf seinen Posten zurückkchren zu dürfen, um seine schwierige und heikle Aufgabe zu erfüllen. Jules Favre schloß folgender­maßen :Ich erwarte Ihr Unheil mit Vertrauen und hoffe, Den­jenigen, mit welchen wir unterhandeln, mittheilc» zu können, daß das Land im Stande sei, seine Pflicht zu erfüllen. Der Feind soll wissen, daß wir für die Ehre Frankreichs sorgen; er wird auch wissen, daß es ganz Frankreich ist, welches sich gemäß der Bestimmungen der Convention nunmehr zu entscheiden hat. Die Verlängerung des Waffenstillstandes ist wahrscheinlich nothwendig. Verlieren wir keinen Augenblick. Denken wir an die Bedräng­nisse unseres vom Feinde besetzten Landes. Ich hoffe, die Re­gierung kann auf Ihren Beistand zählen, um den nölhigen Auf­schub zu erlangen." (Lebhafter Beifall.)

Bordeaux, 15. Febr- Die republ. Gironde schreibt: Das voll­ständige Ergebnisi der Wahlen konstatirt den glänzenden Erfolg der koa- Iliirten Parteien. Das allgemeine Stimmrecht hat seinen souveränen Wahrlpruch gelhan, vor welchem wir uns mit Trauer, aber mit tiefer Achtung beugen.

Aus Paris. H. Wachenhnsen, dem es gelang, nach Paris zu kommen, beschreibt seine Beobachtungen. U. A. lesen wir: Hinter der Enceinte, tief nach Auteuil hinein Wälle, Barrikaden und neue Wolfsgruben. Sie haben es gut mit uns im Sinne gehabt und bei einem Sturm hätte es hier viel blutige Köpfe gegeben. Am Boulevard Exelmans und dem Viadukt herrschte reges Treiben, überall Soldaten, Znaven, Moblors, Gardisten, Linie Alles waffenlos. Selbst die Arbeiter, die Epicicrs hinter ihren Ladentischen, die Gassenkehrer mit dem Besen in der Hand und die Fuhrleute trugen ihre Militärmützen und die breiten, rothen Galons an den Pantalons. Alte Männer mit grauem Haar, Lahme und Bucklige waren uniformirt; ganz Paris, Knaben und Greise hatten zu den Waffen gegriffen! In Auteuil begegnete uns der Omnibus der Pferdebahn. Dev Kutscher und der Kondukteur, sämmtliche Passagiere trugen gewissenhaft ihre rothen Galons. Ich begreife, daß man auf diese Weise allerdings eine Armee von 4500,000 Mann auf die Beine bringen konnte, aber ich bezweifle, daß sie zu großen unsterblichen Thaten fähig gewesen wäre.

General Ducrot liegt laut demTemps" schwer krank in Vincennes und man zweifelt an seinem Aufkommen. Es hat schon vor mehreren Tagen geheißen, dieser General habe Gift genommen. Der Fregatten-Kapitäu Camalignie hat sich bei der Uebergabe des Forts Montrouge eine Kugel durch den Kopf geschossen.

Lyon, 15. Febr. Salut public schreibt: Thiers sammt Ge­nossen stellten bereits eine Kabinetsliste scsi: Thiers Präsident ohne Portefeuille, Herzog Decaces Auswärtiges und Dufaure Inneres, Barthelemy Unterricht. Aus Nizza den 14. Febr. In Folge erneuerter ernstester Unruhen hat Minister Arago die Ruhe wiederhergcstellt. Eine Proklamation des Präfekten droht mit Waffengewalt die Unterdrückung. (S. M.)

Nizza, 15. Februar. Zehntausend Mann sind hier eingetroffen. Alle Verhafteten sind auf einer Panzerfregatte nach Toulon gebracht worden. Ein Präfekturanschlag verhängt den Kriegszustand. Der Auf­stand der Italiener ist vollständig niedergeworsen. Zwei Panzerfregatten kreuzen vor der Stadt.

Die Schnhlieferanten für die Nordarmee, welche Sohlen mit grauem Pappdeckel und einem dünnen Stück Leder geliefert hatten, wurden in Lille am 12. Febr. verhaftet und zu den andern gesetzt, welche Schuhe mit Sohlen von bloßem gelben Pappdeckel geliefert hatten. DasEcho du Nord" vermuthel, baß die Farben von dom Gesetze als gleich be­handelt werden dürften. Aber mit welcher Fahrlässigkeit mußten Militär­behörden Vorgehen, welche solche Schuhe annahmen und in solcher Jahres­zeit an die armen Soldaten vertheilten!

Brüssel, 14. Febr. In diplomatischen Kreisen verlautet: Das von dem britlischen Kabinet gestellte Ansuchen auf Mit­theilung der deulscherseits in Aussicht genommenen Friedensbe- diugungen für Frankreich ist deutscherseits unter Bezugnahme auf frühere diplomatische Aenßerunzen in dieser Angelegenheit ablehnend beantwortet worden.

Brüssel, 15. Febr. Aus Paris meldet man vom 10. d.: In der Bevölkerung herrscht große Aufregung in Folge des Ge­rüchts über den beabsichtigten Einzug der deutschen Truppen. Es ist die Rede davon, General Aurellcs de Paladines zum Commandanten eines Armeecorps, das im Departement der Gironde zum Schutze der Nationalversammlung von Bordeaux gebildet werden soll, zu ernennen. (Frkf. I )

Der Vice-König von Egypten hat dem norddeutschen General- Consul v. Jasmund 26,000 Franken für die deutschen Ver­wundeten zustellen lassen.

London, 14. Febr. Der Specialkorrespondent derTimes" aus Berlin melde«, daß man im Hauptquartier in Versailles mit Zuversicht einen baldigen Frieden erwartet.Die Bahnverbindung zwischen Calais und Paris ist vollständig wiederhergestellt. Ein Leitartikel derTimes" tadelt den Aufruf Napoleons. Sem Anrecht auf den Thron sei durch seine Unfähigkeit annullirt. Der Krieg habe gezeigt, daß sein angebliches Herrscher-Talent eine Illusion gewesen sei. Der Londoner Post- und Proviantzug sei irrthümlich ungehalten, aber auf Befehl des Hauptquartiers sofort wieder frcigegebcn worden. (Frkf. I.)

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zais er 'schcn Buchhandlung.