Hurrahs dringen. Dann stürzten die Ulanen zum Meere und badeten ihre Lanzen und Pferde in der Salzfluth. Lor der Stadt zeigten sich neugierige Damen auf dem Balkon eines Hauses; sofort rief ein Officier mir dem Säbel grüßend lustig hinauf: Sehen Sie hier, meine Damen, die Barbaren des Nordens, welche kleine Kinder fr—!
Der Geometer L- Beutler von Walddorf ist durch erstandene Prüfung zur Ausübung der Feldmeßkunst mit den Bcfugnisien zweiter Klaffe und zur Anwendung des Theodolits ermächtigt worden.
Nachtrag zur 14. Verlustliste: Todt auf dem Schlachtfeld gefunden: Soldat Joh. Gg. Hörmann von Güitlingcn: Soldat Job. Jacob Schoberte von Oescheibronn (war unter den Vermißten ausgeführt). — Gestorben an erhaltenen Wunden: Soldat Gottsr. Schill von Ebhaufen.
München, 21. Dez. Gestern ist bei Rottenburg an der Tauber ein Luftballon mit 4 Personen und Briefschaften nicder- gegangen, nachdem in Rottenburg 1 Person ausgestiegen. Der Ballon stieg wieder und kam demnächst bei Zwiesel (Bayrisch. Wald) herunter, woselbst die übrigen 3 Personen nebst Briefen gefangen wurden. (S. M.)
Da man die Absicht hat, Elsaß und Deutsch-Lot hrin- gen dem deutschen Reichen einznverleiben, so werden u. A. in folgenden Städten gedachter Provinzen deutsche Landespostanstal- ten definitiv errichtet: Weißenburg, Remilly, Courcelles, Metz, Diedenhofen, Straßbnrg, Schlettstadt, Kolmar, Reubreifach, Mühlhausen, Belfort. Diese Städte verbleiben dem deutschen Reiche, während Ranzig, Luneville, Pont a Mousson ,-c. von Frankreich nicht losgetrennt werden. Die Gränze nach der Schweiz bilden die elsäss. Städte Hüningen und St. Louis, während Belfort und äußerster Punkt Beaucouri die Grenze nach Frankreich bilden werden. Nach Luxemburg und Belgien ist Diedenhofen die Grenze, Metz mit den Dörfern Ars für Mofelle, Mars la Tour, Gorze (die Schlachtfelder vom 16. und 18. Aug.) werden als Grenzberichtigung Deutschland anhcimfallen. (S. M.)
Darmstadr, 20. Dez. Die Versailler Verträge mit nachträglichen Modifikationen find mit 40 gegen 3 Stimmen (Du- mont, Oechsner, Backe) angenommen. Die Kammer bewilligt einstimmig die!vom Kriegsministerium behufs der Fortsetzung des Krieges geforderten 3,622,000 Gulden.
Wiesbaden, 19. Dez. Der „Rh. K." bringt die Uebcr- setzung eines Briefes aus dem bei L->nn nicdergefallenen Ballon, d. d. Paris, 13. Dez. Es heißt darin : „Da es den ersten militärischen Operationen nicht gelungen ist, die Blokade zu durchbrechen, werden energische Maßregeln ergriffen und die Operationen werden wieder beginnen mit einem kräftigen, verzweifelten Ausfälle, um die Blokade zu brechen, denn das Elend macht sich doppelt fühlbar durch den Hunger. Ich glaube, diesmal werden wir befreit oder wir müssen uns ergeben. Aber nachdem so viel geschehen — bei allen Entbehrungen nichts zu erreichen! Es kann noch halten bis zum 1. Januar, wenn nichts genossen wird als Brod und Wein. Bis gegen das Ende des Monats ist noch Pferdefleisch vorhanden, zu 40 Gramm ä Person. Das ist die Lage. Die Schlacht, welche morgen oder später Statt finden wird, wird eine der blutigsten sein, welche man fe gesehen. Das sind die Absichten der Preußen, welche die lateinische Race ausrotten wollen."
Be rl in, 19. Dez. Aus Versailles: Vornehme Franzosen haben an Bismarck die Bitte gerichtet, den Zusammentritt des am 4. Sept. so schmählich auseinandergelaufenen gesetzgebenden Körpers zu gestatten und zu fördern, weil dieser, die einzige politische Körperschaft, welche vor Europa noch zu Recht bestehe, wenn er die Abdication Napoleons ausgesprochen, dann eine anerkennbare Regierungsform schaffen könne.
Berlin, 20. Dez. Die Nordd. A. Z hört, die preuß. Regierung sei bereit, ihre Beschwerden über die Verletzung der luxemburgischen Neutralität, sowie ihre Ansprüche gegen die großh. Regierung einer schiedsgerichtlichen Entscheidung zu unterziehen. Die staatlich-politische Stellung Luxemburgs wird hierdurch nicht berührt. (S. M.)
Berlin, 21. Dez. Die „Provinzialkorrespondenz" schreibt: Mancherlei Anzeichen lassen schließen, daß unsererseits, falls nicht in bestimmter nahen Zeit die lkebergabe von Paris erfolgt, zum förmlichen Angriff der Forts übergegangen wird. — In einem Artikel, überfchrieben „Deutschland und Oesterreich", hebt die „Correspondenz" hervor, daß Oesterreich mit berechtigtem Vertrauen auf die Neugestaltung der deutschen Verhältnisse blicken könne, und daß alle Genossen des neuen deutschen Bundes mit unserem Könige vom Verlangen beseelt seien, aufrichtige Frcund- schaftsbeziehungen mit Oesterreich-Ungarn zu pflegen. Unsere Regierung werde nicht anstehen, Oesterreich gegenüber dieser Zuversicht offen Ausdruck zu geben. — Der „Kreuzzeilung" zufolge wäre eine Mittheilung der Regierung, wie die im gestrigen Artikel der „Provinzialkorrespondenz" angeführte, bereits nach Wien abgegangen.
Wien, 18. Dez. Dem Vernehmen nach ist der Gesandte des Norddeutschen Bundes in Bern angewiesen worden, gewisse Thatsachen zur Sprache zu bringen, welche mit der Neutralität der Eidgenossenschaft nicht wohl vereinbar seien, und die volle
und strenge Einhaltung der Pflichten eines neutralen Staats zu urgiren.
Wien, 19. Dez. Neben der Pontus- und der Luxemburg- Frage taucht nun auch eine rumänische Frage auf. Wie die „Presse" erfährt, hat Fürst Carol soeben durch'seine Agenten an die Signatairmächte des Pariser Vertrags eine Mittheilung gelangen lassen, in welcher er ausführt, daß die Stipulationen jenes Vertrags, die Donausürstenthümer betreffend, trotz der nachträglichen Verbesserungen, welche dieselben gesunden haben, dem rumänischen Staat doch nur eine Zwitter-Existenz verschafften, welche dessen gedeihliche Entwicklung verkümmert. Im klebrigen beschränkt sich die Millheilung auf diese Beschwerden und vermeidet es, bestimmt sormnlirte Anträge zu stellen.
Aus der Zuschrift eines in Pau (Dep. der Pyrenäen) lebenden Engländers veröffentlicht die Kempl. Z. Folgendes: Pau den 30 Nov. Die meisten deutschen Gefangenen von Orleans sind hieher gebracht worden, es sind ihrer 9—1200 Mann, die Mehrzahl Bayern, darunter 200—300 Kranke und Verwundete. Der erste Trupp davon, 50 -60 Verwundete, wurde in das Spital des Jefuitenkollcgiums und der arme» Schwestern vor ungefähr 14 Tagen gebracht. Am Freitag Abend kamen etwa 300 Mann an, die meisten krank. Nirgends war eine Anstalt zu ihrem Empfange getroffen; man pfropfte sie in den Zellen und Gängen des Gefängnisses auf höchstens einem Strohbündel aufeinander. Leute, am Typhus und Durchfall sterbend, Verwundete, deren Wunden nicht verbunden waren, Alles durcheinander. Sonntags brachte man 9 der Verwundeten in eine Ambulanz, welche die französ. Protestanten für französ. Verwundeten errichtet hatten. Madame Krüger, Gattin des Predigers der freien Gemeinde, übernahm die Leitung zeitweilig, bis eine geeignete Aufseherin gefunden sein würde, und Samstags waren wenigstens 9 dieser arme» Bursche (es wäre Raum für 20 gewesen) in erträglicher Lage. Sonntag Abend kam Hr. v. Vooglet, ein holländischer Ambulanzarzt, zu Madame Krüger und erzählte ihr, daß er di« Gefangenen im Gefängnisse besucht habe; daß sie daran seien, vor Hunger zu sterben, wenn nicht schnell etwas für sie geschehe. Diese Leute waren 4 Tage von Orleans nach Pau unter Wegs gewesen, waren Freitags nach Pau gekommen, und hatten bis Sonntag Nachts nichts als trockenes Brod und kaltes Wasser gehabt. Madame Krüger bereitete sofort in einem großen Kessel Kaffee, und eilte in das Gefängniß, ihn zu vertheilen. Sie äußerte, daß sie in ihrem Leben keine ähnliche Szene von Schmutz und Elend gesehen habe, als diese. Alle diese Typhus- und Dyssenteriekranken krochen ihr entgegen, nur um etwas Warmes zu trinken zu bekommen Einer dieser Aermsten, zu schwach zu ihr hinzukriechen, streckte ihr flehend die Arme entgegen. Sie ging zu ihm und setzte die Tasse an seine Lippen — aber sein Kopf fiel zurück und er murmelte: „Ich kann nicht." Er vermochte das Dargebotene nicht mehr zu schlucken. Montags gingen Hr. G. und Mistreß St. aus um irgend ein anderes Haus, zu einem Lazarethe geeignet, zu suchen. Sie gingen auch zu Präfekten, zum Militärintendanten, und anderen Behörden, um ihre Thcilnahme zu erwecken, mit sehr geringem Erfolg. Endlich ward ein Haus gefunden, und in den nächsten 48 Stunden brachte inan 22 Ver-i mundete aus dem erst erwähnten Pesthanse dahin. Eine englische Dame, Mistreß G., miethete auf eigene Kosten ein anderes Haus, wo sie 14 Mann umerbrachte, aber viel, viel mehr sollte geschehen! E., der durch und durch Franzose ist, sagte mir: „Ich schäme mich meiner Nation. Sonst war Frankreich eine edle ritterliche Nation, aber wahrlich, ich kenne es nicht mehr!" Madame Krüger, welche gewissermaßen Engländerin ist, handelt höchst aufopfernd, da sie täglich zweimal mit Lebensmitteln zum Gefängnisse ging, und die Wunden dieser armen Leute verband. Endlich auch ermüdete sie nicht mit Bitten bei dem Präfekten und einigen französ. Damen, daß sie in das Gefängniß gingen, und sich selbst vom Stande der Dinge überzeugten, und seitdem bessert sich die Lage allmälig. Jetzt haben Alle Betten, barmherzige Schwestern pflegen die Kranken, welche jetzt auch von den Verwundeten getrennt liegen. Einige haben die Blattern, die überhaupt hier zur Zeit grassiren. — In Neapel, wo man durch Engländer Kenntniß von diesen Vorgängen in Pau erhielt, hat sich sofort ein Konnte gebildet, welches eine erhebliche Summe zur Besserung der Lage unserer unglücklichen Landsleute nach Pau schickte.
Brüsse l, 20. Dez. Man spricht hier mit großer Bestimmtheit von der Absicht des Königs von Holland, als Großherzog von Luxemburg zu Gunsten seines Bruders, des Prinzen Heinrich, geboren 1820, abzudanken, welcher alsdann als Großherzog dem deutschen Reiche beitreten würde.
St. Petersburg, 19. Dez. Der bisher noch bei der Regierung der Nationalvertheidigung verbliebene russische Militärattache, Fürst Wittgenstein, ist von seinem Posten in Paris abberufen und wird demnächst hieher zurückkehren. (Aus Versailles ist bereits berichtet worden, daß Wittgenstein Paris verlassen hat.)
(Hiezu eine Beilage.)
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchbandlung.