k. Slaatsminister des Innern, v. Braun, die ganz entschiedene Zusage erhalten, dieGerüchtc über einen Abbruch der Behandlungen mit Bayern gänzlich unbegründet, daß die letzteren vielmehr im besten Flusse, daß eine Einigung erzielt sei und schon in der allernächsten Zeit auch der formale Abschluß erfolgen werden. Die Minister würden dieser Tage nach München znrückkehren, worauf sofort die Details der Verhandlungen bekannt gegeben werden sollen. Von diesem Stand der Sache wurde der erste Bürgermeister der Stadt Nürnberg durch den Bürgermeister von München unterrichtet und die Zuschrift des letzteren in der gestern abgc- haltenen Sitzung des Nürnberger Magistrats bekannt gegeben.
München, 21. Nov. Nach so eben hier eingetrosfener Nachricht aus Versailles ist auch über den Eintritt Bayerns in den norddeutschen Bund Einverständniß erzielt. Der Schluß der Verhandlungen steht bevor.
Berlin, 18. Nov. In den Kreisen, welche der Finanz- Verwaltung näher stehen, ist man mit dem gar zu großmüthi- gen Auftreten unserer Heerführer und Soldaten in Frankreich in so fern gar nicht einverstanden, als man wünschte, daß mehr re- quirirt und weniger baar bezahlt würde. Es macht sich der Silberabfluß schon in ganz erheblicher Weise fühlbar. Vorstellungen nach dieser Richtung hin sind bereits an die entscheidende Stelle ergangen. — Es steht jetzt fest, daß der Staatsminister Delbrück den Bundeskanzler sowohl bei der Eröffnung des Reichstages als während der Sitzungen desselben vertreten wird. — Die Fortsschrittspartei im Abgeordnetenhause hat etwa den dritten Theil ihrer Plätze eingebüßt, die Nationelliberalen werden mit heiler Haut davongckommen sein, die Verluste von rechts und links kommen fast ausschließlich dem ultramontanen Centruin zu Gute.
Berlin, 18. Nov. Eugen Richter der frühere Abgeordnete von Königsberg, ist neugewählt für Jacoby; dieser erhielt nur 108 Stimmen von 653.
Berlin, 20. Nov. Delbrück ist hieher zurückgekehrt. Man bestätigt de» Abschluß der Verhandlungen mit Baden und Darmstadt auf Grund eines beigefügten Entwurfes der deutschen Verfassung. Die Getränkesteuer ist den Südstaaten Vorbehalten. Württembergische Bevollmächtigte werden morgen hier eintresten, nm gleichfalls den Abschluß zu vollziehen. (S. M.)
Berlin, 20. Nov. Jetzt liegt das Resultat sämmtlicher Landtags- Wablen vor. Es wurden unter <32 Abgeordneten gewählt: 165 Konservative, darunter 36, die sich ausdrücklich als Freikonservative bezeichnen, 20 vom rechten Centrum (Alt-Liberale), 104 National-Liberale, 18 linkes Centrum (Fraktion Bockum-Dolfss), 41 Fortschrittliche, 19 Polen, 65, die sich nicht für eine bestimmte Fraktion erklären, darunter 43 Katholiken und 6 Partikularisten.
Berlin, 21. Nov. Der Entwurf der deutschen Verfassung wegen des Beitritts Badens und Darmstadts wurde dem Bundesrath mitgetheilt. Folgendes sind die hauptsächlichsten Aende- rungen gegen die norddeutsche Befassung: Die Kompetenz ist ausgedehnt auf die Presse und das Vereinswesen. Die Versaffungs- änderungen erfordern eine Bundesrathsmehrheit von drei Viertel der Stimmen: die Kriegserklärung erfordert die Zustimmung des Bundesrathes, ausgenommen wenn ein Angriff auf das Bundesgebiet oder die Küsten erfolgt. Baden hat im Reichstag vierzehn Mitglieder und im Bundesrath drei Stimmen; Darmstadt erhält im Reichstag neue sechs Mitglieder, im Bundesrath im Ganzen drei Stimmen. Die Getränkesteuer wird den Südstaaten Vorbehalten und demgemäß die Einrichtung getroffen. Diese Steuern bleiben für Norddeutschland unverändert, einheitliche iLteuergesetzgebung für Nord und Süd soll angestrebt werden. Die Verfassung tritt am 1. Januar 1871 in Kraft, ebenso die Mehrzahl der Bundesgesetze auch für Baden und Darmstadt, einige erst später, beispielsweise Strafgesetz fürBaden 1872. (S.M.)
Berliner Blätter beschreiben eine neue Elitetruppe, die dieser Tage nach dem Kriegsschauplätze abgeht. Es sind dies die in Berlin formirten Reservcjägerbataillone. Sie bestehen, außer den Freiwilligem in der Mehrzahl aus erfahrenen Förstern, die ihres Schusses sicher sind. Um diese Truppe ganz besonders zu ehren, hat der König zu dem Bataillone nur Offiziere kommandirt, die bereits in diesem Kriege das eiserne Kreuz erworben haben. Die Ausrüstung der Jäger ist eine durchaus gediegene. Ihre Zündnadelbüchse ist mit Stecher versehen. Die Reservejäger sind hauptsächlich zur Bewachung und Sicherung der Bahnen und Telegraphen bestimmt. Das 1. und §2. dieser neuen Jägerbataillone erhalten die Bezeichnung lothringisches Jägerbataillon Nr. I und 2.
Franenfeld, 20. Nov, Exkaiser Napoleon gab Auftrag, Schloß Arenenberg in Stand zu setzen. Es scheint, daß er nach erfolgtem Friedensschluffe dort seinen Wohnsitz zu nehmen gedenkt.
Bern. Wie aus England, so wird auch aus Oesterreich der Widerstand der Franzose» vielfach durch Waffenlieferungen für die in der Bildung begriffenen neuen Truppenkörper unterstützt. Sehr anzuerkennen ist, daß der schweizerische Bundesrath mit aller Energie gegen diesen Handel eingeschritten ist und in der letzten Woche fast jeden Tag derartige Sendungen hat mit Beschlag belegen lassen.
Tours, 20. Nov. Wieder drang im Sonnabendkonseil die Ansicht Gambetta's durch, eine Konstituantenbcrufung sei momentan inopportun. Ein Regierungstclegramm meldet, die Armeevereinigung v. d. Tann's, des Großherzogs von Mecklenburg und des Prinzen Friedrich Karl mit 135,000 Mann sei gelun
gen. Die Regierung fährt fort, die Kauffahrteikapiläns als Kriegsgefangene zu betrachten. (S. M )
Das Nanter Journal „Phare" meldet, vom 1. Oktbr. bis 1 10. Nov. seien 215.000 Gewehre, 2,650,000 Patronen aus Amerika in Havre und Brest angelangt; demnächst werden weitere Lieferungen aus Amerika erwartet.
Aus Paris, 11. Nov. schreibt ein Korrespondent dem ärztlichen Fachblatte „British Medical Journal", daß er unter den Armen der Stadt bereits Patienten hat, welche dem Namen nach krank, in Wirklichkeit aber am Verhungern sind. „Sie wissen", so fährt er fort, „was der Mangel an frischem Fleisch und frischem Gemüse, an Milch, Butter und Eiern bedeutet; es bedeutet Scharlach, Typhus und Verhungern bei Kindern, Wöchnerinnen und Kranken. Ich hatte heute traurige Besuche zu machen und kam fast mit gebrochenem Herzen nach Hause zurück. Aber dies ist erst der Anfang der uns bevorstehenden Leide». Die Lust zum Schwadroniren stirbt ans, und das lranrige Kneifen des Magens macht sich fühlbar."
CH an garnier hat nach Tours die Erklärung abgegeben, daß Marschall Bazaine keineswegs einen Verrath begangen habe und seine Kapitulation ein Akt der Nvlhwendigkeit war; aber er sei zum Kommando einer so starken Armee unfähig gewesen.
Nach der Nationalgarde verlangen auch die Frauen von Autun Garibaldi zu sehen, und er empfing sie alle lächelnd und freundlich, warnte sie vor dem Priester-Einflusse und schloß damit, den Frauen, alten und jungen, einer jeden einen Kuß zu geben.
Ein Brief des General Trochu an den Papst ist dem römischen Korrespondenten der Pall Mall Gazette zufolge in Rom cingetrofsen. Derselbe wurde ans Paris durch Ballon und weiterhin durch Kurrier befördert. In diesem Schreiben spricht der General sein Mitgefühl für den heil. Vater in den über ihn verhängten Drangsalen ans, und beklagt, daß die gegenwärtige Lage Frankreichs es unmöglich mache, ihm zu Hilfe zu kommen, äußert jedoch die Ueberzeugung, daß bald ein Umschwung der Dinge eintreten werde. Er selbst sei entschlossen gewesen, sich zurückzuziehen, sobald er seine Ausgabe in Paris erfüllt habe, doch die Entthronung des h. Vaters durch die ital. Annexion habe ihn veranlaßt, diesen Entschluß auszugcben, und er werde es als seine nächste Pflicht betrachten, dem Pabste die 3fache Krone wiederznrückzustellen.
Auf eine Niederlage der Loire-Armee weist die Mitteilung der „Köln. Ztg " ans Brüssel, 18. Nov., hin, daß „in Folge der Niederlage der französischen Armee bei Dreux" die Delegation der Regierung in Tours sofort nach Bordeaux verlegt werden soll. In Tours, ivo man außerdem den Anmarsch des Prinzen Friedrich Karl kennt, glaubte die Delegation sich jetzt nicht mehr halten zu können. Zugleich verbreitet man das Gerücht, daß Gambetta ernstlich erkrankt sei. Was Paris anbelangt, so glaubt man, daß sich dasselbe dieser Tage ergeben muß. Vom 12. ab — dieses wird als sicher behauptet — soll die Fleisch- vertheilung eingestellt worden sein.
Florenz, 19. Nov. Die Regierung verweigert angeblich auf das Entschiedenste das diplomatische Vorgehen mit England und Oestreich gegen Rußland. (S. M.)
London, 19. Nov. Die Times schreibt: Wenn Rußland die Ankündigung Gortschakoffs unverwirklicht läßt, so wird England es bei dem Protest Lord Granvilles bewenden lassen; dagegen wäre die Pflicht Englands unabweisbar, wenn Rußland Befestigungen am schwarze» Meer anlcgt und seine Kriegsschiffe vermehrt. (N.-Z.)
London, 19. Nov. Granville erklärte gegenüber mehreren diplomatischen Agenten, daß England alle nöthigen Vorsichtsmaßregeln treffe, daß es jedoch nur dann zu den Waffen greifen werde, wenn die Verletzung des Vertrags von 1856 unzweifelhaft feststehe.
Aus Konstantinopel wird telegraphisch gemeldet, die Beruhigung der Gemüther trete mehr und mehr ein. Rußland biete Garantieen für die Erhaltung des Friedens; an kriegerische Verwicklungen wird nicht mehr geglaubt.
Der Württembergische Sanitätsverein, dessen aufopfernde und segensreiche Thätigkeit sich an Tausenden unserer tapfer» Krieger ebne Unterscbied des Stammes bewährt hat und in allen Gauen unseres deutschen Vaterlandes dankbar anerkannt wird, will auch ferner bemüht sein, die Noth der leidenden Truppen zu lindern. Zu dem Zwecke und Angesichts des mit Eintritt der kälteren Jahreszeit stets wachsenden Bedürfnisses muß der Verein daraus bedacht sein, neue möglichst reiche Mittel zu erlangen und veranstaltet mit Allerhöchster Genehmigung Sr. Maj. des Königs eine Lotterie, deren Erlös ihn in Stand setzen soll, seine patriotische und zugleich menschenfreundliche Aufgabe auch fernerhin durchzuführen. Stuttgart, als einer der Hauptknotcnpunkte der süddeutschen Bahnen, wird täglich von Hunderten hilfsbedürftiger Krieger, die Leben und Gesundheit dem Vaterlands geopfert, passirt, und wird der Verein noch manche dringende Hilfe zu leisten, mancher großen Noth zu steuern haben. Wir verfehlen daher nicht, au? die im Jnsera- tcntheile unseres Blattes befindliche Annonce zu verweisen und das Unternehmen des Vereins zur gcs. Berücksichtigung und zahlreichen Betheiligung zu empfehlen.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Za is er'schen Buckbandlung-