Motto.

1. Novembern Indem im Wagen sitzt das Glück, geht der Verstand zu

Fuße.

2. Man hat nur so viel gelebt als man getban hat.

5 a g c s - N t ll i g ! c i l c II. Kriegsschauplatz.

Alt dreifach, 25. Okt. Heute Nachm, kam ein Beauf­tragter der Kommnndaittschaft von Neu drei fach unter Parla- mentärsflagge am linken Rheinufer an und brachte ein Schreiben derselben an das großh. Bezirksamt. Dasselbe enthielt die Bitte um Zeitungen für Neubreisach. Dieselben wurden durch das Bezirksamt übersendet. Die Nachricht von der Uebergabe Schlett- stadts hat der Bote mündlich nach Neubreisach überbrachk.. Die Festung ist so von allem Verkehr abgeschnitten, daß sie seit eini­ger Zeit ganz ohne Kenntniß dessen ist, was außerhalb vorge­gangen ist.

Versailles, 28. Okt. Offiziell. Gestern Abend ist (in Metz) die Kapitulation von Metz unterzeichnet worden. Viktoriaschießen ist direkt in Berlin besohlen worden. Am 29. Okt., nicht am 27. Okt., werden Stadt und Forts besetzt werden. Gefangene sind es 173,000 Mann, 3 Marschälle (Bazaine, Can- robert und Leboeuf) und über 6000 Offiziere. (Es mögen jetzt mit den Metzern etwa 300,000 franz. Gefangene in deutschen Händen sein. Wo dielet die Geschichte auch nur entfernt etwas Aehnliches? Noch nie ist ein großer Krieg, nicht nur so wirksam, sondern auch so menschlich, im großen Ganzen durch die Ge­fangennahme des Feindes geführt worden!) (S M.)

Wie aus Berichten von dem abgesonderten Korps des Ge­nerals v. d. Tann ersichtlich ist, wird gegenwärtig von den Franzosen eifrig daran gearbeitet, Bourges zu befestigen, um es vor einem Handstreich sicher zu stellen. Da Bourges, nachdem Metz gefallen, noch als der bedeutendste Arsenal- und Depotplatz Frankreichs, für das Landheer, zu betrachten ist, so wird jetzt, wo das Tann'sche Korps durch Theile der Metzer Armee verstärkt werden kann, ernstlich vor Bourges gerückt, ehe es mit der Be­festigung weiter gekommen ist, denn man wird dort große Vor- räths an Flinten, Kanonen, Ansrüstnngsgegenständeu und an Munition finden. Dann wird es wohl der republikanischen Re­gierung vergehen, den Krieg hartnäckig noch weiter sorlsetzen zu wollen. Außerdem werden jetzt Psalzburg, Neubreisach, Bel- sort und Besanxon, sowie Verdun (Virten) in Bälde zur Ueber­gabe gezwungen werden. Die Garibaldi-Commödie wird sich bald in eine Tragödie verwandeln. (B.-Z.)

Einem Telegramm der WienerPresse" zufolge ist Paris höchstens noch für 10 Tage mit den ersten Lebensbedürfnissen versehen.

lieber den lieber fall in Ablis gibt der Brief eines Husaren der Rathonauer Garnison, welchen das am letzteren Orte erscheinendeKreis­blatt für das Westhavelland" mittheilt, ck <l. Nambonillet, 9. Oktober folgendes Nähere:Hier auf dem Kasernenhvfe liegend ergreife ich den Bleistift, um einige Worte an Euch zu richten. Das Ereigniß des gestri­gen Tages ist zu schrecklich, als daß ich Euch es nicht beschreiben sollte. Wie Ihr bereits erfahren haben werdet, wurde in der Nacht vom 7. zum 8. Oktober die 4. Escadron des schleswig-holsteinischen Husaren-Regrments Nr. !6 im Cantonnement auf Vorposten von Mobilgarben überfallen und ist bis auf 48 Mann und 12 Pferde vollständig niedcrgemacht. Der lleberiall geschah Morgens halb 4 Uhr, die vor der Escadron liegende baverische Feldwache in der Stärke von 60 Mann wurde zurückpedrängt. Die Stadt Namens Ablis wurde von drei Seiten mit einem Male an­gegriffen, die drei Ställe, welche die Husaren inne hatten, sofort umzingelt, und schon beim Satteln der Pferde wurden Mannschaften und Pferde zusammengeschossen, da sämmtliche Schüsse blindlings durch Luken und stark besetzten Stalltbüren gegeben wurden. Die Husaren vertheidigten sich durch Schießen mit dem Carabiner so gut es ging und sie nur konnten; doch endlich die Nutzlosigkeit aller Gegenwehr einsehend, flüchteten sie sich einzeln, auch mehrere zusammen über Mauern kletternd nach dem nahen Grbölz und entkamen auf diese Welse diese 48 Man». Die Offiziere, welche ihre Pferde in einem etwas abseits liegenden Stalle hatten, haben sich gerettet, nur ist der Rittmeister verwundet. Wir wurden, als diese Nachricht bei uns eintraf, allarmirt, und sofort rückte die Brigade nebst Artillerie und einer Kompagnie bayerischer Jäger nach dem 2»/, Meilen entfernten Städtchen. Dort wurde der Befehl zum Plündern und Demo­lire» gegeben, alle Lebensmittel und Fonrage herausgeschaffk, ebenso Vieb, und dann von unseren Husaren jedes einzelne Hans, auch die in der Umgebung befindlichen Gehöfte, Holzgamben und Heu und Stroh­schober in Brand gesteckt, und ist also die ziemlich hübsche Stadt von 740 Einwohnern in einen Aschenhaufen verwandelt. Den Weibern, Kindern und Greisen wurde str 'Stunde vor dem Jnbraudstecken dies er­öffnet. damit sie noch Zeit hatten, abzuziehen. Männer wurden nicht ver­schont, sondern erbarmungslos erschossen oder niedergehauen. Bis spät in die Nackt hinein schlug die hohe Lohe gen Himmel. Es war dies ein Tag, wie er wohl selten in der Weltgeschichte verzeichnet steht, und wird gewiß die Welt darüber schreien. Doch gerechte Strafe war es, denn wisset, die noch lebendigen Husaren mußten sich gegen Mauern stellen, wurden erschossen »ud daun aus Wagen geladen, damit diese Baude sich die aus jede preußische Leiche ausgesetzieu 50 Thlr. Prämie (?) konnte auszahlcn lassen. Nur zwei versteckte todte Husaren wurden aufgesunden, sonst waren sämmtliche Husaren, Pferde und Gepäck auf Wagen fortge- schafst. Ja, es ist schrecklich und vermag die Feder diese That nicht zu beschreiben. - Ich glaube, die Stadt Chartres wird dasselbe Schicksal ereilen. Unser einziger Wunsch ist, daß wir Unterstützung bekommen, um diese Bande zu vernichte». Nun lebt wohl u. s. w." (Von der >n rem fraglichen Schreiben erwähntenbesohicnen Plünderung" ist nichts vorgekommen, so daß ein großer Theil des Inhaltes jenes Briefes der Phantasie des Schreibers zur Last gelegt werden mich. St.-A.)

N oisyie gr and, 20. Okt. (Aus dem Privatbriej eines württemb.

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-Soldaten.) Wir liegen immer noch hier, etwa !>/, Stunden vor Paris, sehen den Tag über den Franzosen zu und lasten aus ihren schweren tzcltungsg-Mttzen auf uns schießen, ohne das Feuer erwidern zu dürfen; wenn wir aber einmal daran Kommen, dann wollen wir gewiß unsere Schuldigkeit thun. Letzten Sonntag bat Obermann .. . Zwiebelkuchen gebacken, werk es Kirchweih« war, und Wachtmeister . , . spielte Klavier an neuem Wein fehlte es auch nicht, und somit halten wir eine vollständige Kirchweihe beisammen. Genannter Obermann ist unser Batterie-Wein- gärtner, er hat für unsere Batterie etwa 16 Eimer Wein gemacht, wo­von für uns beide und noch einige Kameraden ein Fäßcben mit etwa 8 Jmi auf die Seite kam, es ist aber vor etwa 5 Tagen teer geworden und wir haben deßhalb am Sonntag Vormittag in den Weinbergen welche etwa -/« Stunden vor dem Fort Nogent liegen, und aus welchem immer gefeuert wurde, wieder etwa 10 Jmi Wein gelesen, welchen wir heute abgelasten haben. Er wird besser werden, als der Korber, wird aber wahricheinlich zu bald leer werden, denn wir wollen nicht daß wir wenn wir vielleicht bald von hier fort müssen, de» Wei» zurückzulassen gezwungen sind. Die wollenen Hemden und Socken thun uns gute Dienste, wir hatten zwar bisher schönes Wetter, seit einigen Tagen aebt aber ein unangenehmer, kalter Wind.

Eins der letzten heißen Gefechte zwischen den Bayern und Franzosen vor Paris hat ein Trompeter gewonnen. Die Franzosen waren bis Bagneux vorgedningeii und setzten den Bayern hart zu; da schlich sich der Trompeter Freund in ein Gartenhaus innerhalb der feindlichen Linie und blies ans vollem Halse das französische Signal: Rückwärts! Die Franzosen stutzten, gingen aber, da der Trompeter aus Leibeskräften blies, zurück und verloren viele Gefangene. Das Stückchen hat dem Wackern einen Orden, Gratulationen, Wein und Eigarren eingetragen. Sein Hauplmanii sagte zu ihm:Sie sind mein Freund und bleiben mein Freund" und das hat ihn, wie er schreibt, am mei­sten gefreut.

* Es ist nicht zu bestreiten, daß von Vereinen und von Einzelnen große Opfer gebracht werden, um das harte Loos un­serer im Felde stehenden Soldaten zu erleichtern, aber leider gibt es auch viele, die nur ungern und gezwungen ihre kleinen Ga­ben auf den Altar des Vaterlandes legen und welche, die durch Verdächtigungen über eine richtige Verwendung derselben Gründe suchen, sich dieser hohen Menschen- und Bürgerpflicht zu ent­ziehen. Diesen Letzteren legen wir besonders nachstehende Worte ans Herz, die einer Schilderung des Kriegslebens von einem Augenzeugen entnommen sind und hoffentlich ihren Zweck nicht verfehlen werden.

Wahrlich, Ihr zu Hanse, die Ihr ausjubelt, wenn der elektrische Funke Euch die Siegesbotschaft bringt, die Ihr anf- jauchzt, wenn die Kanonen ihr Victoria donnern, und tausend bunte Flaggen wehen, Ihr ahnt nicht, um welchen Preis der Sieg erkauft wurde; Ihr ahnt nicht, welche Qualen, welche Martern, welche Schmerzen und Foltern, unbeschreiblich und unsagbar, der Lohn derjenigen sind, welche Euch diese Siege bereiteten. Aber für uns, die wir diese Wunde» bluten und diese Augen brechen sahen, die wir das Geächze das letzte Stöhnen der Sterbenden vernahmen, und die wir vor den letzten Zuckungen dieser schmerz- gekrümmten Leiber entsetzt zurückbedten,' für uns ist es Pflicht, alle diese Schauder Euch zu erzählen, wieder und wieder davon zu reden, damit Ihr mitten in Eurem gerechten Siegesjubel ihrer eingedenk seid und bleibet. Schmach, Deutschland, Dir und tausendfache Schmach, wenn Du je vergißt, wie Deine Kinder für Dich und Deine Ehre gestritten und wie sie für Dich gelitten haben."

Der Besuch der chemischen Vorträge des Hrn. Prof. Haas für die Seifensieder kam neulich einigen württemb. Reitern im Barackenlager vor Paris gut zu Statten. Dieselben fanden sich so ziemlich im Besitze aller znm ordentlichen Leben gehörigen Be­dürfnisse mir Ausnahme von Lichtern und Oel. Die gebieterische Noth macht erfinderisch; Hammelselt war in Menge vorhanden; flugs wurde ein Kessel über Feuer gesetzt, das Fett geschmolzen und als Form eine alte Klystirspritze benützt. Der Docht wurde ans zerrissenen baumwollenen Unterhosen hergestellt, und unsere Reiter leben jetzt in ihren Baracken lustiger, als Kaiser Napoleon in den glänzend-'beleuchteten Sälen der Wilhelmshöhe. (B.»Z.)

Wie wir erfahren, werden von den bei Metz in Gefangen­schaft gerathenen Franzosen 2000 Mann in der Lochkaserne zu Ludwigsburg einquartirt und zu Bewachung derselben 200 Mann Infanterie beordert werden. (B.-Z.)

Für die nach Hohenasperg bestimmten französischen Kriegs­gefangenen gibt es eine für die nunmehr als Kaserne und Staats- Gesängniß benützte Festung sehr ersprießliche Arbeit. Es ist nämlich kürzlich die Entdeckung gemacht worden, daß vom alten Zeiten her unterhalb der Hügelsburg ein unterirdischer, verschüt­teter Gang existirt, durch dessen Wiederherstellung der Weg um die Hälfte der Bergeshöhe vom Schwitzgäßle ans für die Zu­fuhren von Wasser, Holz, Mehl und anderen Lebensmitteln kür­zer würde. (B.-Z.)

In Metzingen entführte der Sturm am Mittwoch Abend 2 beladene Eisenbahnwagen bis nach Nürtingen; in Mergentheim trieb derselbe 2 Güterwägen fort; sie wurden vom Zug 134 er­reicht und einer zerstört, wodurch die Maschine entgleiste. Doch wurde niemand verletzt. In Ludwigsburg wurde ein Bürger, welcher eben nach Hause gehen wollte, von einem durch den Or-