oder Westen zu erreichen, wurden vorigen Montag you Herr Vor­posten des Garde Corps aufgefaiigen. Unter Hunderte« von Briefen, meistens von Soldaten an ihre Eltern, befanden sich auch instehende Correspondenzen. Die Briefe, mit deren Durchsicht wir noch beschäftigt sind, zeigen durchweg Muth und Zuversicht. Man fürchte eher den Abzug (!) der Preußen (weil man sie dann nicht vernichten könne), als den Angriff. Die Angaben über die bewaffnete Macht in Paris schwanken zwischen 200,00(1 und 500,000 Mann. Noch sind indeß nicht Alle bewaffnet. Miß­trauen gegen dio gegenwärtige Regierung blickt hier und da schon fetzt durch. Man wittert schon wieder Berrath. Viele glauben den entthronten Kaiser mit uns im Bunde. In manchen Briefen heißt cg sogar, er führe unsere Heere, um denselben die schwachen Stellen der Pariser Befestigungen zu zeigen. Das Lügensystem Lauert fort. Viele Soldatenbriese sprechen von einer siegreichen Schlacht am 18. d. vor Paris, 10- bis 15,000 Gefangenen u. dergl. m. Man muß diese Mittheilung doch offiziell den Leuten gemacht haben, die Angaben wären sonst nicht so übereinstimmend. Daß kein wahres Wort an der Sache ist, brauche ich Ihnen nicht erst zu sagen. An Lebensmitteln scheint in Paris kein Mangel. Die Fleischpreise sind sogar zunächst gesunken, in Folge einer von der Präfektur eingesührten Tarisirung.

Pont ä Mousson, 25. Sept. Heute wurde die von der ersten und dritten Feld-Eisenbahnabthcilung in unglaublich kurzer Zeit hergestellte Bahnstrecke Remilly-Pont s Mousson eingewciht. Allen Respekt vor solch einer Feld-Eiscnbahnabtheilung und ihren Leistungen. An dieser neuen, nahezu fünf Meilen langen Ver­bindungsbahn von Remilly nach Pont ä Mousson, durch welche jetzt nach der Einnahme Touls ein fast direkter Verkehr nach Paris mit Umgehung von Metz hergestellt ist, waren zwei Feld- Eisenbahnabtheilnngcn thätig gewesen; man hatte sich von Remilly und Pont a Mousson aus entgegengearbeitet. Zur Herstellung der ganzen Strecke hatte man, trotz des anfänglich herzlich schlech­ten Wetters, nur 40 Tage gebraucht, da der erste Spatenstich am 12. August geschehen war. Dabei hatte man einen großen Viadukt von 500 Fuß Länge und 24 Fuß Höhe und einen klei­neren Viadukt, sowie schließlich eine aus Holz konstruirte Joch­brücke über die Mosel herzustellen gehabt. Dabei war es treff­lich zu Statten gekommen, daß man in Courcelles ein ziemlich bedeutendes Lager von französischen Eisenbahnschwellen vorgefun- den, wenn auch eine ziemliche Anzahl derselben für den nächsten Bedarf aus den Pappeln, Buchen und Eichen zurecht gehauen »verden mußte, welche den Weg einfriedigten. So erhielt die ganze Bahn etwas Amerikanisches, das noch vermehrt wurde durch die Terrainschwierigkeiten, welche fortwährend Kurven von gering­stem Radius und nicht selten Steigungen von 1 zu 40 nothwendig »nachten. Hätte man genügend über Transportmittel verfügen können, um Schienen und sonstiges Zubehör schneller heran zu bugsü cn, so hätten die 8000 Saarbrückener Bergleute, welche zum Bau verwendet worden waren, ohne Zweifel die Arbeit, die nicht genug gerühmt werden kann, noch früher als in 40 Tagen zu- prege gebracht.

Brüssel, 26. Septbr. Ein aus Paris mit großer Roth vnd Mühe entkommener Mann, der über Calais hier eingetrof­fen , entwirft ein schreckliches Bild der dort herrschenden Zustände. «Es ist die vollste Anarchie. Tag und Nacht, sagt er, hört man Flintenschüsse fallen. Von einer Polizei ist ebensowenig mehr die Rede, als von Gerichten. An dem Tage, wo er sich rettete, hatte man gerade die flüchtigen Zuaven mit Kanonen- und Flin­tenschüssen empfangen und eine beträchtige Anzahl in den Stra­ßen von Paris niedergemacht. (Die Richtigkeit dieser Aussage ongenüininen, hätte man eine ausreichende Erklärung des rätsel­haften Telegramms von einem Straßenkampf in Paris.)

Chauny an der Oise, 28. Sept. Die Preußen häuten sich um Soissons und beschießen die Stadt mit Mörsern seit Samstag. Der Feind hat eine Brücke über die Aisne geschlagen. Gebäude des Faubourg sind im Brand.

Beauvais (Dcp. Oise). 28 bis 30 Preußen wurden gesieni vor El ermont (westlich von Compiegne) von Mobil­garden und der Bevölkerung znrückgcworsen. Der Feind kam »nit Artillerie zurück, schoß mit Kartätschen und setzte mehrere Weiler in Brand. Die Mobilgarden wichen auf Befehl des Generals zurück. Der Feind zog in Clermont ein.

Berichten aus Tours zufolge verbreitet die Regierung ein Telegramm des französischen Konsuls in Basel vom 28. ds., welches die Nachricht von der Kapitulation Straßbur g's auf's Entschiedenste in Abrede stellt, und versichert: drei Sturmversnche seien unter großem Verluste des Feindes zurückgeschlagen worden.

Karlsruhe, 30. Sept. Ans Straßburg vom 29. Sept. Morgens meldet die heute erscheinende Karlsr. Ztg.: Viele franz. Offiziere sind auf Ehrenwort frei nach der Schweiz abgereist, darunter Uhrich. Die Mobilgarden, lauter Elsäßcr, werden in ihre Heimath entlassen. Bereits ungeheurer Fremdenandrang, bis setzt aber noch schwer in die Stadt zu kommen. (S. M.)

Ferriöres, 30. Sept. Heute fand ein Angriff der Fran­zosen auf Verschanznngen des 6. Armeekorps statt, wobei die Franzosen in wilder Flucht mit starken Verlusten das Feld räumten.

Rouen, 30. Sept. Straßburas Fall wurde von der Pa­riser Regierung am 29. Vorm, zugestanden. Der Eindruck auf das Volk ist tiefernst. Die Regierung berieth 5 Stunden ohne Refultat über die zukünftige Haltung. Favre sprach für Wieder­aufnahme der Waffenstillstandsverhandlungen. Nachmittags war erst darüber ein Beschluß in Aussicht gestellt. (S.M.)

Nach derKreuzzeitung" zeigen sich bereits viele Bauern bei den Vorposten um Paris, solche, welche iheils auf Befehl der republikanischen Regierung, theils aus Angst mit ihren Hab- seligkeiten in die Stadt geflüchtet sind, entschlossen, aus dem dro­henden Zustande völliger Absperrung vom Lande so bald als möglich wieder herauszukommen. Zu Hunderten melden sie sich bereits bei den Vorposten, klagen, sic können keine Nahrungsmit­tel mehr bekommen, hätten auch kein Geld, Arbeit gäbe es nicht und sie sähen jetzt wohl ein, welche Thorhcit sie begangen, daß sie ihre Dörfer verlassen hätten, die nun verwüstet würden. Daß sie zurückgewiesen werden, versteht sich von selbst, wie überhaupt von einem Herauslassen ans dem eng zugezogenen Gürtel wohl kann» die Rede sein dürfte. Man muß die Menschenmasse, die seit drei Monaten systematisch sinnlos gemacht worden ist, sich unter einander anscinandersetzen lassen.

Kork, 28. Sept. Die Kapitulation von Straßburg wurde der von Sedan entsprechend abgeschlossen. Der Sturm war für die nächsten Tage beschlossen, was der Kommandant den Vor­gängen nach ahnen mochte, und da er von keiner Seite auf Ent- s»tz hoffen konnte, so ist es anzuerkcnnen, daß er weiteres un­nützes Blutvergießen durch die Kapitulation vermied. Der Ju­bel ist groß und dem Erfolge entsprechend. Heute Vormittag rückte das auf der Schonen-Insel und Umgegend liegende Ba­taillon des 6. bad. Infanterie-Regiments, sowie Abtheilungen Artillerie mit klingendem Spiele aus, setzte in Schiffen über den Rhein und hielt seinen Einzug in die Stadt, wo bereits von der linken Seite Theile der Armee angekommen waren. Die Zahl der Gefangenen beträgt 450 Offiziere und 17,000 Mann, eine Zahl, welche man seither bedeutend unterschätzt hatte. Die Kriegs­beute soll eine ungeheure sein, man spricht von einer Unzahl Ka­nonen und Chassepots, bedeutenden Niederlagen von Erz u. s w. Dagegen sollen für 10 Mill. Franken Tabak verbrannt sein. Es brannte gestern Abend und heute Vormittag noch stark, und es seien dies Holzvorräthe gewesen, welche von der franz. Mann­schaft in Brand gesteckt wurden. Die Straßen liegen voll von Soldatenmützen, Säbeln, Patrontaschen, Tornistern, zerbrochenen Chassepots, welche die Besatzung weggeworfen hatte. Die Kriegs­gefangenen haben bereits dir Stadt verlassen. Ein bad. Grena­dier wurde beim Wasserholen von einem Blusenmann hinterrücks erstochen, der Thäter ist in Haft. In Kehl war heute außer­ordentlich bewegtes Leben, die Einwohner richten sich, soweit ihre Häuser noch bewohnbar sind, wieder ein, und bereits hat sich eine Menge Fremver eingestellt, welche jedoch blos die Stadt Kehl betreten dürfen, während der Rheindamm hermetifch abge­sperrt und die Ueberfahrt nach Straßburg absolut verboten ist, wen» nicht ganz besondere Zwecke eine Ausnahme bedingen. Von Straßburg herübergekommene Soldaten haben sich mit Blumen und Kränzen geschmückt. Ausdrücklich muß noch hervorgeho­ben werden, mit welch ungeheurer Energie die Belagerung be­trieben wurde. Eine Arbeit, welche früher mindestens 6 Mo­nate erfordert hätte, wurde in 5 Wochen vollbracht, allerdings mit einer Aufopferungsfähigkeit der Mannschaft, welche die höchste Anerkennung verdient.

Straßburg, 30. Septbr. Es gelang mir, wohl einem der ersten Civilisten, gestern Nachmittag nach Straßburg zu kom­men, und die Stadt und Festung noch so ziemlich in dem Stande zu erblicken, in welchen sie durch die Beschießung und Belage­rung versetzt war. Heute ist schon tüchtig aufgeräumt und es wird wohl schon Vieles anders aussehen, mancher Schaden aus- gebesiert sein. Die Citadclle ist so total zusammengeschossen, daß ein längeres Halten derselben unmöglich war, und die Uebergabe daher nicht überraschen konnte. Die Stadt selbst ist zwar auch ziemlich stark mitgenommen, doch sind manche Quartiere fast ganz verschont geblieben. Das Münster hat nicht viel gelitten. Die Franzosen, besonders der Straßburger Pöbel, haben sich noch zum Schluß beim Einzug der Deutschen schandbar benommen. Ein badischer Grenadier wurde in Reih und Glied beim Ein­marsch von einem französischen Soldaten niedergestochen, so daß er nach Kurzem starb; noch mehrere andere wurden gestochen. Der franz. Soldat und einige vom Pöbel sind sofort gestern noch erschossen worden; der Soldat war schon vorher auf der That niedergeschlagen worden, und da er nicht todt war, füstlirt. Das Standrecht ist verkündigt und alle Waffen sind abgenommen. Seit gestern liegen 30,000 deutsche Truppen in Stadt und Fe­stung. Zahlreiche Patrouillen durchstreifen alle Straßen und ge­gen jeden Attentäter wird summarische Justiz geübt. Die Fink- matkaserne, wo Napoleon im Jahre 1839 seinen ersten Streich verübt und gefangen worden, gleicht einem Sieb, so durchlöchert ist sie von Kugeln. Sehr interessant war gestern die Waffen- fischcrei in der Jll. Die Franzosen haben nämlich vor der Ueber­gabe der Stadt noch eine Menge Waffen in die Jll geworfen