marck um Aushebung der Haft Joh. Jacoby's gebeten wird. (Die Verhaftung Jacoby's geschah wegen maßlosen Auslassungen in Rede und Schrift wegen des Wiedererwerbs von Elsaß und Lothringen. Was diese Sorte von Republikanern eigentlich will, ist schwer zu begreifen. Zuerst Klage über die Uneinigkeit und Schwäche Deutschlands, und jetzt, da diese Fehler beseitigt wer­den sollen, wiederum Klage und Schmähungen über die Organe, die ein einiges, starkes, großes Deutschland schaffen wollen.)

Aus Tiflis haben die Deutschen dem König Wilhelm tele- graphirt: Ein donnerndes Hoch der ganzen deutschen Armee! Den Gefallenen unsere Thränen!

Welch' werthvolles Material auf deutscher Seite im Kampfe steht, mage folgende Notitz darthun: Das zweite preuß. Garde- Landwehrregiment, das dem Belagcrungscorps vor Strah­lung zugctheilt ist, hinterließ in der Heimath nicht weniger als 7003 Kinder.

Dem auf Wilhelmshöhe gefangenen Napoleon ist nicht nur eine vollständig unbeaufsichtigte Korrespondenz mittels der Post und Telegraphen frei-, sondern auch nachgegeben worden, daß er chiffrirtc Depeschen absende.

In der Nähe von Coblenz haben 12 gefangene Turcos den ihnen zur Aussicht beigegebencn deutschen Soldaten während der Fahrt auf der Eisenbahn gepackt und zum Fenster hinausge­worfen. Glücklicherweise ist der Soldat mit dem Leben davon­gekommen. Die zwölf Scheusale sind sämmtlich erschossen worden.

Tours (der gegenwärtige Sitz der Regierung). Die Wah­len find vertagt. Die Preußen sind entschlossen, den Krieg fort­zusetzen. Die Regierung erließ eine Proklamation, 23. Sept., in welcher gesagt ist, Favre habe Bismarck sehen wollen, um die Absichten des Feindes kennen zu lernen. Wir wissen nun, heißt es weiter in der Proklamation, was Preußen beabsichtigt. Es will den Krieg fortsetzen, es will Frankreich zu einer Macht zweiten Ranges Herabdrücken: es will Elsaß und Lothringen bis Metz Kraft des Erobcrnngsrechts. Für die Gewährung eines Waffenstillstandes begehrt Preußen die Uebergabe von Straßburg, Toul (schon in funsern Händen) und des Mont Valerien (eine außerhalb Paris gelegene Anhöhe). Paris wird sich eher unter seinen Mauern begraben lassen. Solchen Forderungen kann nur durch Fortsetzung des Kampfes geantwortet werden. Frankreich nimmt den Kampf auf; es rechnet auf seine Kinder.

Victor Hugo hat einen neuen Aufruf vom Stappel gelassen, und zwar an die Franzosen. Der Anfang beklagt, daß der Auf­ruf an die Deutschen keinen Erfolg gehabt, dann wird u. A. im Stil der Deborah gesagt:Die Preußen sind achtmalhundert Tausend; Ihr seid vierzig Millionen Menschen. Richtet Euch auf und blaset sie weg. Lilles, Nantes. Tours, Bourges, Or­leans, Colmar, Toulouse, Bayonne, gürtet Eure Lenden! Vor­wärts! Lyon nimm deine Flinte, Bordeaux nimm deine Büchse, Rouen ziehe deinen Degen und du Marseille singe dein Lied und komme fürchterlich. Städte, Städte, Städte, bildet Wälder von Piken, verdichtet eure Bayonnette, spannt eure Kanonen an, und du Dorf, nimm deine Mistgabel. Man hat kein Pulver, man hat keine Munition, man hat keine Artillerie? Jrrthum! Man hat ihrer. Uebrigens hatten die Schweizer Bauern nur Aexle, die polnischen Bauern nur Sensen, die bretonischen Bauern nur Stecken. Und alles verschwand vor ihnen! . . . . Rollet Felsen herab, häufet Pflastersteine, verwandelt die Pflugschaaren in Beile, verwandelt die Furchen in Gräben, kämpfet mit allem, was Euch in die Hand fällt; nehmet die Steine unseres geheiligten Bodens, steinigt die Eindringlinge mit den Gebeinen unserer Mutter Frank­reich. O, Bürger, in den Kieseln des Weges, die ihr ins Gesicht werfet, ist das Vaterland .... Mögen die Straßen der Städte den Feind verschlingen, das Fenster öffne sich wüthend, die Woh­nung schleudere ihre Möbel, das Dach werfe seine Ziegel, mögen die alten Mütter entrüstet ihre weißen Haare bezeugen! Mögen die Gräber schreien, hinter jeder Mauer spüre man das Volk und Gott, eine Flamme lodere überall aus der Erde, jeder Busch sei der flammende Busch! .... Möge der Löwe von 92 sich aufrichten und sträuben, und möge man den ungeheuren schwarzen Schwarm der zweiköpfigen Geier entfliehen sehen bei dem Schüt­teln dieser Mähne.... Kein Stillstand, keine Ruhe, kein Schlaf! Der Despotismus greift die Freiheit an, Deutschland verletzt Frankreich. Möge an der düsteren Hitze unseres'Bodens diese kolossale Armee schmelzen, wie Schnee! .... Seid schrecklich, Patrioten! Haltet nur an, wann ihr vor einer Hütte vorbeiziehen werdet, um ein kleines schlafendes Kind auf die Stirn zu küssen. Denn das Kind ist die Zukunft, denn die Zukunst ist die Re­publik u. s. w. u. s. w. (St. A.)

Nach einem Briefe aus Boulogne im Echo du Nord hat sich Olivier mit seiner Frau nach England eingeschifft.

In Folge des Papiermangels erscheinen manche Blätter nur in halber Größe, und vier Blätter, die Historie, der Volon- taire, das Parlement und Le Public haben ganz zu erscheinen aufgehört.

Brüssel, 22. Sept. (Repräsentantenkammer.) Der Mi­nister des Aeußern, Baron d'Anethan, erklärt: Eingeleitete Un­tersuchungen ergaben die Grundlosigkeit der Beschuldigungen, als

ob deutsche Verwundete und Flüchtlinge belgischerseits ungebührlich behandelt worden. Das Ergebnis; der Untersuchung sei der preu­ßischen und französischen Regierung mitgetheilt worden. Beide dankten der belgischen Regierung für die Fürsorge für die Ver­wundeten.

Das italienische Parlament soll demnächst einberufen werden und über die Verlegung der Hauptstadt nach Rom zu berathen haben. Dem Pabst bleibt in Rom der sog. leonicinische oder vatikanische Stadttheil mit dem Vatikan, der Engelsburg uud der Engelsbrücke, welcher von den Italienern unbesetzt bleibt. Dort bleibt der Pabst souverän. Das ganze Land aber und der üb­rige Theil der Stadt Rom gehören jetzt zum Königreich Italien.

Florenz, 22. Sept. Aus Rom erhalten wir die Nachricht, daß der Pabst noch immer im Vatikan sich befindet, die Truppen desselben ausgelöst sind, und Hr. v. Arnim abberufen und durch den Grafen Brassier de Saint Simon ersetzt worden ist. Das diplomatische Korps begab sich sogleich nach dem Aufziehen der Parlamentärflagge in Cadorna's Hauptquartier, um Unterhand­lung wegen der Uebergabe zu beginnen, woselbst ihnen Cadorna erösfnete: er könne aus rein militärischen Gründen nur mit dem Kommandanten der fremden Truppen verhandeln. Das Plebis­zit der Römer wird in den ersten Tagen des Oktober stattfinden. Die Verlegung der Hauptstadt nach Rom ist auf später verscho­ben. Die ehemaligen päblichen Soldaten sollen von Civitavecchia nach Genua, und die Ausländer darunter nach ihrer Heimath, die Italiener bis auf Weiteres nach Alessandria geschafft werden.

Florenz, 22. Sept. (Offiziell.) Die Gesammtverluste der italienischen Truppen bei der Besetzung von Rom betragen 21 Todte, darunter 3 Offiziere, und 117 Gemundete. Die An­zahl der Gefangenen beträgt 4800 Einheimische, 4500 Fremde; hierzu die vorher gemachten gerechnet beträgt die Gcsammtzahl 10,700. Wegen der Unruhen in der leonicinischeu Stadt forderte der Pabst Cadorna auf, seine Truppen zur Aufrcchthaltung der Ordnung hereinzusende». Cadorna leistete Folge.

Mailand, 22. Sept. Thiers ist Abends hier eingetrof­fen und sofort nach Wien weiter gereist. (S. M.)

London, 19. Sept. DieN. Fr. Pr." läßt sich von hier telegraphiren: Die vom englischen Kabinet vermittelte Zusammen­kunft zwischen Jules Favre und Graf Bismarck in Menux ist von dem Letzteren unter der Reserve, daß er damit keiner Anerkennung präjudicirt, aber mit dem Zusatz angenommen worden, er sei bereit, Herrn Jules Favre den Inhalt eines Präliminar-Friedens mitzutheilen. Diese Mittheilung ist bereits erfolgt. Was davon verlautet, zeigt, daß die preußischen Forderungen hinter denen, die in der deutschen Presse erhoben werden, Zurückbleiben; die von Preußen prätendirte neue Grenze zieht sich längs der Mosel und den Vogesen. In London suchte Thiers für Frankreich eine Anleihe von 12000 Millionen Franks zu sichern, um Geld in Bereitschaft zu haben, damit beim Friedensschluß die Okkupation sogleich ende. Aus Paris verlautet, daß die dortige Regierung keinen Frieden schließt, wenn Preußen auf dem Einzuge seines Heeres in Paris beharrt. Mit dieser Beschränkung hat Jules Favre von seinen Kollegen sehr weitgehende Vollmachten.

London, 21. Sept. DieSituation", ein neues hier er­scheinendes bonapartistisches Organ, schreibt: Der Kaiser beschäf­tigt sich mit der Abfassung eines an die französische Nation ge­richteten Manifestes, welches veröffentlicht werden soll, wenn der gegen seinen Willen begonnene Kampf zu neuen Katastrophen führen sollte. Das genannte Blatt fügt hinzu, der Mann, der sich bei Sedan heldenmüthig gezeigt habe, habe noch nicht sein letztes Wort gesprochen. Es sei nicht daran zu denken, daß er seine Pflichten dadurch verrathe, daß er eines seiner Rechte preis­gebe. Das Blatt ertheilt schließlich Giradin als Senator den Rath, die Mitglieder beider Kammern nach Limoges einzuberufen.

London, 22. Sept. Auf die Anfrage der englischen Re­gierung hat der sranz. Marineminister an Lord Lyons erklärt, daß die sranz. Flotte auch in der Ostsee den Befehl zur Zurück­kehr erhalten habe, nähere Mittheilungen über die Ausführung des Befehls seien indeß noch abzuwarten.

Petersburg, 20. Sept. Die Meldung österreichischer Blätter über diessei ige Rüstungen anläßlich der orientalischen Frage ist, gutem Vernehmen nach, unbegründet. Es sind keine militärischen Anordnungen getroffen. Rußland hat während des jetzigen Krieges friedfertige Absichten bekundet. Solche Behaup­tungen sollen die Bewilligung eines Extrakredits erleichtern, den Oesterreich zur Deckung seiner im Anfang des Krieges getroffe­nen Vorbereitungen braucht. <

Als derKaiser von Rußland, der jetzt in Moskau weilt, die Nachricht erhielt, daß die Deutschen abermals einen glänzenden Sieg vor Sedan errungen hätten, erhob er bei der Tafel das Glas und trank auf das Wohl der tapfern deutschen Armee und ihres obersten Bundesfeldherrn uud warf dann nach russischer Sitte das Glas auf den Boden, damit es in keine andere Hände komme.

Redaktion, Truck und Verlag der G. W. Zaiser 'schen Buchhandlung.