reich keine lange Dauer und betrachtet sie nur als ein Uebcr- sichtsstadium, indem man annimmt, daß die Orleans die Erben der Republik sein werden. Die aus Florenz eingelangte Nach­richt von der bevorstehenden Abdankung des Königs soll nicht ohne Grund sein. (S. M.)

Paris, 4. Sept. Hr. Buffet erzählt gestern in der Kammer den Grund, warum er so hastig das Finanzministerium verlassen habe. Er hatte entdeckt, daß die Finanzminister Fould und Mag ne dem Kaiser jährlich, außer der Civillistc, eine Summe zustreckten, welche Buffet auf etwa 60 Mill. Franken schätzt. Diese Millionen wurden hauptsächlich vom Kriegsbud­get gestohlen. Heute kam der Börscnagent Hr. Legrand in die Kammer und theilt einer Gruppe von Abgeordneten mit: er habe, laut seinen Büchern, dem Kabinetschef und Busenfreund des E. Ollivicr 3,475,000 Fr. aus der Börse gewonnene Diffe­renzen ausbezahlt.

Das Gerücht des Todes Mac Mahon's bestätigt sich nicht. Seine Gemahlin ist vorgestern abgcreist, ihn aufzusuchen.

Paris. DerTemps" bringt einen Artikel mit der Ueber- schrifl:Schon 20 Millionen gewonnen", worin er ausrechnet, daß durch die Abschaffung des Kaiserthums und des Senats zum Mindesten die obige Summe erspart werde, wofür man Pulver und Blei kaufen könne. Wenn es sich als wahr erweist, daß nach einer Entdeckung des freiwillig abgetretenen Finanzministers Buffet dessen Vorgänger für den Kaiser 60 Millionen jährlich aus dem Militärbudget gestohlen haben, so ist der Gewinn noch größer. Die Turkos, welche neuerdings in Toulon ausgeschisft wurden, tragen eine Fahne mit der Inschrift:Bataillon der Rache."

Paris, 8. Sept. DemJournal de Paris" zufolge find Ioinville, Aumale, Chartres nach Paris gekommen. Am Tag nach der Revolution gingen sie zu I. Favre und begehrten Posten, um bei der Vertheidigung von Paris mitzukämpfen. Favre er­klärte, ihre Gegenwart könnte mißverstanden werden und bat sie, abzureisen. Die Prinzen verließen sofort Paris.

Paris, 8. Sept. Die Patrie berichtet von der Abreise Nigras und Lord Lyons (ital.. und engl. Gesandten) ins preuß. Hauptquartier. (S. M)

Paris, 8. Sept. Das Arrondissement Havre ist in Be­lagerungszustand erklärt.

Das amtliche Blatt veröffentlicht einen Brief des Gesandten der Ver. St., Washburn, welcher mittheilt: er sei beauftragt, die franz. Negierung anzuerkennen und derselben die Glückwünsche des Volks und der Ver. St. auszusprechen. (S. M.)

Paris, 9. Sept. Nachdem das diplomatische Korps er­klärt hatte, Paris im Falle der Belagerung zu verlassen, bestimmte die Regierung eine andere Stadt für dasselbe. Die Regierung wird sich daselbst durch einen besonderen Ausschuß vertreten las­sen, welcher die auswärtigen Beziehungen unterhält, sowie für die Landesverthcidigung in den Departements fortgesetzt sorgt. Eine Proklamation Trochus befiehlt der Mobilgarde, binnen 48 Stunden ihren Ehrenposten bei der Vertheidigung des Forts von Paris cinzunehmeu. Offiziell wird gemeldet, daß Laon von der Armee des Großherzogs von Mecklenburg zernirt und zur Uebcrgabe bis Morgen Vormittag aufgcfordcrt sei, widrigen­falls die Beschießung beginnt. Für den 16. Okt. ist die Wahl für eine konstituirerde Nationalversammlung angefetzt. (S. M.)

Beim Durchlesen der neuesten Berichte aus Paris, der Cir­culardepesche des neuen Ministers des Auswärtigen, Jules Favre, den man für einen gescheidten Mann zu halten gewohnt war, sollte man glauben, die Franzosen seien plötzlich Alle wahnsinnig ge­worden. Frankreich fordert Deutschland zum Kriege heraus, die französischen Kammern stimmen jubelnd der Kriegserklärung ihres kurz zuvor noch mit 7 Millionen Stimmen gekrästigten Monarchen bei. Aber Frankreich wird von den Deutschen besiegt, sein Mo­narch gefangen und jetzt soll plötzlich Frankreich und das fran­zösische Volk so unschuldig sein, wie ein neugeborenes Kind? Jetzt soll, weil der Monarch gestürzt ist, das französische Volk nicht im Kriege sich befinden. Deutschland, das seine Siege mit dem Blute von Taufenden seiner besten Söhne erkauft, soll plötzlich, weil in Paris eine lebensunfähige Republik improvisirt worden, auf alle Früchte seiner Siege verzichten, damit die Franzosen morgen oder wenn es ihnen beliebt, den Tanz aufs Nene beginnen können? Solches Verlangen kann nur ein Tollhäusler stellen und damit schon zeichnet sich Jules Favre als vollkommen unfähig zum Regieren. Sollen wir vergessen, die Tausende von ausge- triebcnen Deutschen, die täglich noch in Jammer und Elend an unsere Thüre klopfen? Sollen wir ignoriren, daß die Republik Jules Favre's, ja daß das ganze französische Volk sich an Bar- barisnuls überbot, diese Deutschen auszutreiben? Und jetzt soll dieses französische Volk am ganzen Handel unschuldig fein? Wer hat denn unsere Verwundeten, wo sie einzeln in französische Hände fielen, meuchlings ermordet? Hat das auch derTyrann", der Staatsstreichmann gethan? Hat nicht die Republik, haben nicht die Journale der Opposition mehr als alle anderen gegen die unschuldigen seit Jahren in Frankreich lebenden Deutschen gewüthet und getobt? Und das Alles sollen wir vergessen? Nein, wir

haben auch keine Angst, daß die Männer an Deutschlands Spitze das vergessen nnd die Rechnung dem französischen Volke so mi­schen werden, wie es solche verdient hat. Und daß sich andere Mächte einmischen, haben wir nicht zu besorgen. (B.-Z.)

Brüssel, 7. Sept. Spezialberichte aus Paris melden: Eine Anzahl von Offizieren der Mobilgarde hat dcmissionirt; ein Theil der Nationalgarde ist mit der Proklamirunq der Re­publik unzufrieden. Im Korps Vinoy soll ebenfalls starke Un­zufriedenheit herrschen.

Brüssel, 9. Sept. Banden, aus Frankreich kommend, plünderten Pachthöfe in der Umgegend von Mouscron (belgischer Ort an der Grenze gegen Lille). Truppen empfingen Befehle, um Wiederholungen zu hindern. (S. M.)

Florenz. 7. Sept. Jules Favre hat als Miuister des Aeußern Italien jeder Rücksicht auf den von ihm für abgefchafft erklärten September-Vertrag entbunden. (N. F. PrJ

Ans Florenz, 6. Sept. wird der N. Fr. Pr. telegraphirt: Cadorna's Armee hat die römische Grenze überschritten! Enthu­siasmus überall. Ganz Italien feiert das Ercigniß! Das päbst- liche Militär nnd die Grenzwache entwichen eiligst. Sie sollen Be­fehl haben, sich auf Nom zu konzemriren. Panischer Schrecken im Vatikan. Cadorna hat Maßregeln getroffen, sowohl zu Wasser als zu Land, damit der Pabft aus Italien nicht entfliehen könne. Italienische Kriegsschiffe kreuzen vor Civitavccchia. Auch hat die Regierung Befehl erlassen, die ganze Marine auf den Kriegsfuß zu stellen.

Madrid, 8. Sept. Heute fand eine republikanische Kund­gebung statt. 6000 bis 7000 Menschen waren betheiligt. Die vollkommenste Ordnung blieb gewahrt. (S. M )

Schmerz in der Freude.

Mir fehlt die rechte Wonne,

Ob Alles Fahnen hißt,

Im Glanz der Siegessonne Ringsum Victoria schießt:

Denn jeder Tag heischt Leichen Und jede Nacht schlürft Blut,

Noch mancher wird erbleichen Erst in der Heimath Hut.*)

Wenn in den Regennächten Ich eurer jüngst gedacht,

Die ihr bereit zum Fechten

Nachts stundet auf der Wacht

Da war auch mir der Schlummer Auf viele Stunden fern.

Da seufzt' ich schwer im Kummer,

Euch glänzt kein Mond noch Stern!

Wenn früh am Tag dem schwülen Ihr zöget in die Schlacht,

Und 1<M Streiter fielen Bis in die späte Nacht

Da dacht ich all' der Leiden,

Die euch der Krieg gebracht:

Doch Hab' ich auch der Freuden Des Sieges mitgedacht.

Ich denke eurer Plagen,

Doch auch der Manneskraft,

Die euch in diesen Tagen Zu starken Helden schafft;

Die ihr das Blut, das Leben Für's Vaterland verspritzt,

Und stürmt aus Wall und Gräben Vom Tode rings umblitzt!

Ihr seid des Glückes Boten,

Ich preise euren Muth;

Doch traur' ich um die Tobten Und so viel edles Blut.

Und kehrt ihr siegreich wieder Im Friedenssonncngianz,

Ich leg' im Friedhof wieder Den Todten einen Kranz.

Und wend empor zum Himmel Die feuchten Blicke zu:

Mög nach dem Schlachtgetümmel Euch werden süße Ruh!"

Und flehe, daß nicht fehlen Euch mög' das gute Theil;

Daß so viel tausend Seelen Gott gebe ewges Heil!

" -ff^Der Verfasser will durch diese seine Gedanken durchaus nicht dem Siegesjubel entgegentreten.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W- Zaiser'schcn Buchhandlung.