Kriegsschauplatz.
Vom Oben Hein, 13. Aug. wird der Mgem. Leitung geschrieben: Seil einigen Tngen erwartete man eine Beschießung von Straß bürg, und die Bo» höhen des Schwarzwaldes sind täglich mit Leuten besetzt, welche den Beginn des Schießens ab- Ivarlen wollen. Man bemerkt überhaupt so recht, daß durch den ! langen Frieden die Leute fast die letzte Kriegserinnerung im Detail ! verloren haben. Der Commandant von Straßburg kann doch ^ eine so wichtige Festung nicht ohne Schuß übergeben, ohne sich j der Feigheit schuldig zu machen, bevor er die Hauptschlacht ge- ! schlagen oder den Endsieg entschieden sicht, und wir Deutschen i werden doch nicht eine Stadt bombardiren, welche deutsch ist, und ! welche wir wieder zu Deutschland zurückbringen wollen. Aber j die Leute lassen es sich eben nicht nehmen, daß der Brand Saar- ! brückens au Straßburg gerächt werden müsse. Uebrigens fehlt j es daselbst an Vorräthcn, und als der uene Befehlshaber darnach l sehen ließ, zeigten sich dieselben zwar reichlichst auf dem Papier, ! aber nicht in Wirtlichkeit. Es müssen überhaupt in Frankreich ! großartige Unierschleife vorgekommen sein, an denen wohl Generale l sich betheiligt haben, denn wohin man sah, da fehlte es und be- ! sonders mit dem Schuhwerk ist es bei den Franzosen wieder so ! übel bestellt ivie unier dem ersten Napoleon. Das räuberische Volk dachte eben nur daran, alles nölhige schon in Deutschland zu holen und zu erpressen, und ihr Hochmnth war weit von dem Gedanken entfernt, daß unsererseits ein energischer Widerstand ^ Vorkommen könne. Was uns aber am meisten ausfällt, ist die ! offenbare Thatsache, daß die jenseitigen Generale nicht einmal das eigene Land vom strategischen Standpunkt genau zu kennen sch. inen, denn die Anordnung der Vertheidigung ist in jeder Hinsicht mangelhaft gewesen. An die verschiedenen Vogesenpässe scheinen die Strategen gar nicht gedacht zu haben, denn die Armeen standen nur gegen die Pfalz und in dem Paß von Labern, hielten aber nicht einmal hier Stand, und Mac-Mahon beging sogar die Unvorsichtigkeit, sich in die Ebene verlocken und dort schlagen zu lassen, anstatt auf Straßbnrg gelehnt Brumath und die Straße nach 'Nancy zu decken. Jetzt sind die Pässe forcirt, von Mac- Mahou weiß man gar nicht einmal, wo er sich befindet und ebenso Hai mau in Paris Vermuthungen über sein und Frossards Schicksal, denn Näheres weiß man dort nicht. Beim Weitermarsch wird sich besonders die deutsche Kavallerie Hervorthun können, und Prinz Friedrich Karl freut sich schon darauf, seine Reitermassen auf der Ebene von Chalons loslassen zu können. Im Elsaß sind die Leute geradezu consternirt und es dämmert in ihnen bereits das Licht, daß sie nimmer französisch bleiben werden. Auch Straßburg thut wie eine alte Jungfer zimperlich, bevor sie sich zu ergeben bereit ist, aber cs geht halt nicht anders, und wenn im nächsten Jahr die Pariser wieder in die deutschen Heilbäder reisen, wird es ihnen ganz wunderlich zu Muth sein, wenn schon jenseits der Vogesen ihr Gepäck visitirt wird und sie manchen ihrer lothringischen und elsäßischen Bekannten unter der Pickelhaube sehen. In der „Badischen Landeszeitung" bietet sich alles Ernstes ein Geometer bereits den betreffenden Behörden zur Mitwirkung bei der Verlegung der deutschen Grenze jenseits der Vogesen an.
Bärendorf, 13. August. (Aus dem Privatbrief eines vlmers.) Ei» Tag im Quartier ist ein Festtag für uns, ein Lager auf Stroh unter Dach höchstes Labsal. Mein Feldwebel und >ch haben dießmal sogar Betten erwischt. Wie wohl es einem im rauhsten Bauernbctt auf dem Strohsack ist, das weiß nur der, welcher drei Nächte bei strömendem Regen auf freiem Feld gelegen. Heute soll Rasttag sein. Wir können ihn recht brauchen. Die anstrengenden Märsche, die Bivouaks rc. sind nicht dazu an- geiba», uns bei Kräften zu erhalten. Heute haben wir Lebensrnittel in Hülle und Fülle. Wir haben frisches Ochsenfleisch, Reis, Salz, Wein, selbst Chocolade gefaßt, das wird uns gut rhun. In den nächsten Tagen werden wir wieder große Märsche haben. "Man spricht von einer Hauptschlacht, die nahe bevorstehe. Ich bin fest überzeugt, die Franzosen werden nicht. Stand halten. Ihre Verluste in den letzten Gefechten müssen sie ganz demorali- sirt haben. Wie hätten sie uns sonst durch die engen Vogesen- vässe durchgelasfen. Von unserm Major, der leider verwundet ist, haben wir Nachricht, er hofft, das Bataillon bald wieder übernehmen zu können. Soeben erfahre ich von einem preußischen Kürassier vom 7. Regiment, daß sie gestern bei Bitsch einen Eisenbahnzug mit Lebensmitteln abgefaßt haben. Es geht Alles gut im Ganzen wie im Einzelnen, im Großen wie im Kleinen. Die Franzosen werden an uns denken.
Hauptquartier Mundolsheim, 14. Aug. Heute ist ein Ueberläufer eingebracht worden. Derselbe gibt an, die Geschütze seien gut bedient, aber Linieninfanterie gebe es nur etwa 2000 Mann in der Stadt; außerdem freilich an 10,000 Mobilgarden. Die Vorräthe würden höchstens auf 2—3 Wochen reichen und jetzt schon koste ein Pfund Kuhfleisch 24 Sous (36 kr.). — Am Morgen des Napoleonstages, 8 Uhr. Diese Nacht zwischen 2 und 3 Uhr wurde wieder starkes Schießen gehört; auch eine Sprengung scheint stattgesunden zu haben. In diesem Augenblick ist wieder alles still und friedlich."
Aus einem Privatbriefe aus Bremerhafen: Heute Sonn
tag Morgen (14. Aug.) hatten wir ein großes Unglück hier: Es-fuhr nämlich ein Boot mit 14 Mann von der preuß. Marine die Wasser hinunter und stieß auf einen im Flusse versenkten Torpedo, wodurch das Boot mit der Mannschaft in die Luft flog. Nur ein Matrose ist leicht beschädigt mit dem Leben davongekommen. Dieser und der Marinelieutenant, welcher zwar noch lebend, jedoch mit ganz zerschmettertem Kopf und Leib aufgefangen wurde, ward durch den Dampfer Pillot, welcher dicht dabei war, an's Land gebracht. Der Offizier war aber schon todt, als er im Tragkorb abgeholt wurde; das Blut schwamm auf dem Schiffe, als ob man geschlachtet hätte. Der Kapitän vom Pillot sagte, daß die verschiedenen Körpertheile 30—60' hoch in die Höhe geschlendert worden seien.
Saarbrücken, 15. August. In den von den deutschen Truppen besetzten französischen Landestheileu wird, wie wir aus der „Saarbr. Ltg." ersehen, folgende Proklamation der Oberbefehlshaber der deutschen Armem veröffentlicht: „Wir, Oberbefehlshaber der deutschen Armee, in Betracht der Proklamation Sr. Majestät des Königs von Preußen, welche die Oberbefehlshaber der verschiedenen deutschen Armeen ermächtigt, alle Spezialbestimmungen in Bezug auf die Maßregeln gegen Gemeinden und einzelne Personen zu treffen, welche sich gegen die Kriegsgebräuche in Widerspruch setzen, und in Bezug auf die Requisitionen, welche für die Bedürfnisse der Truppen als nothwendig erachtet werden und ferner um den Kurs des deutschen und französischen Geld- werthes festzustellen, haben bestimmt und bestimmen folgende Verordnungen, die wir hiermit zur öffentlichen Kenntniß bringen: 1) Das Kriegsrecht wird durch Gegenwärtiges ins Leben gerufen. Es findet seine Anwendung in dem ganzen Bereich des von den deutschen Truppen besetzten französischen Gebiets bei jeder Handlung, welche geeignet ist, die Sicherheit dieser Truppen zu gefährden, ihnen schaden zu verursachen oder dem Feinde Beistand zu leisten. Die Militärgerichtsbarkeit tritt für das ganze Gebiet eines Kantons in Kraft, sobald es in einem Orte eines solchen bekannt gemacht worden. 2) Alle Personen, welche nicht zur französischen Armee gehören und ihre Eigenschaft als Soldat durch ein äußeres Zeichen nicht darthun können und a) dem Feind als Spion dienen, b) die deutschen Truppen irre leiten, wenn sie solchen als Führer dienen, e) Personen tödten, verwunden und plündern, welche den deutschen Truppen angehören und zu ihrem Gefolge gehören, ü) Brücken oder Kanäle zerstören, Telegraphenlinien beschädigen oder Eisenbahnen, Wege unbrauchbar machen, Munitionen, Kriegsvorräthe oder Quartiere der Truppen in Brand stecken, s) oder die Waffen gegen die deutschen Truppen ergreifen, werden mit dem Tode bestraft. In jedem einzelnen Fall wird der die Prozedur anordneude Offizier einen Kriegsrath einsetzen, der bestimmt ist, die Sache zu untersuchen und den Spruch zu verkündigen. Das Kriegsgericht kann zu keiner andern Strafe als derjenigen zum Tode verurtheilen und folgt seinem Ausspruch unmittelbar der Vollzug. 3) Die Gemeinden, denen die Schuldigen angehören, sowie diejenigen, bei denen das Verbrechen begangen worden ist, werden jede zu einer Strafe verurtheilt, welche der Höhe ihres jährlichen Steuerbetrugs gleichkommt. 4) Die Einwohner haben zu liefern, was zu der Erhaltung der Truppen nothwendig ist und erhält jeder Soldat täglich 750 Grammes Brod, 500 Grammes Fleisch, 250 Grammes Speck, 30 Grammes Kaffee, 60 Grammes Tabak oder 5 Cigarren, Liter Wein, oder 1 Liter Bier, oder (»» Liter Branntwein. Die zu liefernde Ration für ein Pferd täglich ist festgesetzt auf 6 Kilos Hafer, 2 Kilos Heu, 1'/- Kilos Stroh. Für den Fall, daß die Einwohner eine Getventschädigung der Naturalverpflegung vorziehen sollten, so ist die Entschädigung auf 2 Franks täglich für jeden Soldat festgesetzt. 5) Alle detachirten Korpsbefehlshaber haben das Recht, Requisitionen auszuschreiben, welche zum Unterhalt ihrer Truppen nothwendig sind. Außerordentliche Requisitionen, welche im Interesse der Armee für nothwendig befunden werden, können nur durch die Generale oder die deren Funktionen ausübenden Offiziere verfügt werden. Unter allen Umständen darf von den Einwohnern nur gefordert werden, was zum Unterhalt der Truppen nothwendig ist und werden hiefür amtliche Bons ausgestellt. Wir hoffen daher, daß die Einwohner keine'Schwierig- keiten machen werden, den Requisitionen zu genügen, welche als nothwendig verfügt werden. 6) In Bezug des persönlichen Verkehrs zwischen den Truppen und den Einwohnern bestimmen wir, daß 8 Sgr. oder 28 Kreuzer dem Geldwerth eines Franken gleich sein sollen. Der Oberbefehlshaber der rc. deutschen Armee.
Ueber die Verwundung des Generals v. Bose, kommandircnden Generals des 11. Armeekorps, erfährt die „N. Pr. Ztg." Folgendes: General v. Bose ist am 6. d. M. zweimal verwundet, und zwar zuerst in der Artillerie-Position nördlich von Gunstett durch eine Chafsepotkugel in die rechte Hüfte, welche absolut tödtlich gewesen sein würde, wenn die Richtung der Kugel nicht durch die Stellscheibe seines Feldstechers, um welche sie sich herumgeschlagen, abgeleitet worden wäre, sie hat keine sehr tiefe Verwundung herbeigeführt, und konnte am Abend nach der Schlacht aus einem 4 Zoll langen Kanal leicht mit dem Messer entfernt werden. Diese Wunde, obgleich stark blutend, ist im Gefecht gar nicht verbunden worden, und hat den General auch nicht behindert, die Leitung der Operation bis gegen das Ende der Schlacht zu behalten. Da erst, nachdem in der sehr starken diesseitigen Artillerie-Position bei Richwiler