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gebenden Körpers kam die Ausweisung der Deutschen aus Frank­reich und namentlich aus Paris zur Sprache. Hr. Terme fragte den Minister des Innern, welche Maßregel er den in Fraukreich sich aufhaltenden Deutschen gegenüber ergriffen habe. Der Mi­nister antwortete: Zu Anfang des Krieges habe man es für gut gehalten, die in Frankreich wohnenden Deutschen zurückzuhallen, damit sie nicht die feindliche Armee verstärkten. Da die Umstände bedenklicher werden und die Anwesenheit der Fremden schädlich sein kann, so ergreift man seit vorgestern die nöthigcn Maßregeln, die Fremden, die in Paris sind, auszuweisen. Vorgestern seien 4200 Preußen ausgewiesen, eben so viele gestern, man werde sehr schnell zu Werke gehen;unschädliche, ehrenwcrthe, bekannte Männer" werden nicht ausgewiesen werden. Der Rücktritt des Marschalls Baraguay d'Hilliers vom Kommando der Pariser Armee wird offiziell bestätigt; General Soumain ist zu seinem Nachfolger ernannt.

Paris, 12. Aug. Paul de Cassagnac, der bekannte Redakteur des Pays, ist unter die Zuaven gegangen und rückt übermorgen ins Feld.

Paris, 15. August. In der geheimen Sitzung des Gesetz­gebenden Körpers vom Samstag wurde der Antrag Favre's auf Niedersetzung eines Landesvertheidigungsausschusscs abgelehnt, nachdem Gambetta die Absetzung des Kaisers beantragt hatte. In der Sonntagssitzung verlangen Girault und Arago die Be­seitigung der Militärfreiheit der Seminaristen. Gambetta tadelt die Regierung, daß sie die Besetzung von Nancy 24 Stunden geheim gehalten habe. Brame und Duvernois entschuldigen sich mit Arbeitsüberhäufung. Gambetta wirft den Ministern vor, daß sie sich fast ausschließlich mit der Erhaltung der Dynastie beschäftigen. Er bedauert die gekommene Lage. (Lärm auf der Rechten.) Gambetta fährt fort: Schweigen Sie; die einzige Haltung, die Ihnen zukommt, ist: Schweigen und Gewissesbisse. Ferry fragt, ob Toul vom Feinde besetzt sei. Die Minister er­klären, darüber nichts zu wissen. (!)

Paris, 16. Aug. DasJournal ofsiziel" meldet: Bitsch und Pfalzburg sind noch immer von den Franzosen besetzt.

Der Minister des Innern hat an die Präfekten und Unter­präfekten des Kaiserreichs folgendes Telegramm abgehcn lassen: Lassen Sic einen Aufruf ergehen an die patriotische Opferwillig­keit der Bevölkerungen und fordern sie dieselben dazu auf, Kom­pagnien von freiwilligen Nationalgarden oder Freischärlern zu bilden, um gegen den Feind zu marschiren. Melden sie mir die Zahl der Leute. Sie werden Waffen erhalten. Einstweilen ver­sammeln sie dieselben im Hauptort des Departements.oder Ar­rondissements und üben Sie sie ein mit Flinten, die Sie der Feuerwehr entlehnen, der Sie die Dringlichkeit der Maßregel werden leicht begreiflich machen. Die Freiwilligen werden den Sold der Truppen empfangen, nämlich 1 Fr. pr. Tag, alles ein­begriffen. Die Bewohner werden es sich zur Ehre anrechnen, sie zu beherbergen. Ich setze mich mit dem Finanzminister ins Einvernehmen, um die unnützen Förmlichkeiten zu beseitigen. Es werden ihnen Mandate auf die Generalzahlmeister verabfolgt werden. Designiren Sie als Chefs alte Offiziere oder Unter­offiziere. Ich rechne auf Ihre energische Unterstützung. Es wird Ihnen Nachricht gegeben von dem Orte, wohin die Kompagnien gebracht werden sollen. Handeln Sie, handeln Sie ohne Verzug; die Bewaffnung des Landes möge Ihre stete Beschäftigung sein. Der Minister des Innern, Henri Chevreau. (O unglückse­liges Kanonenfutter.)

Man kann den Zustand in Paris nicht besser charakteri- siren, als durch den nachstehenden verrückten Leitartikel der Public. Derselbe lautet:Zu den Waffen, zu den Waffen! Wir sind also besiegt worden! Wir haben noch keinen offiziellen Rapport, aber wir haben Korrespondenzen, welche uns erzählen, wie unsere Soldaten sich geschlagen haben! Einer gegen fünf zuerst, und wenn sie diesen fünf wilden Doggen widerstanden hatten, kamen fünf

andere und wieder andere und wieder andere und immer.

Ja, wir sind besiegt worden: wie Leonidas bei den Thermopylen, wie Roland bei Noncevaux. Unsere Revanche wird glänzend sein; Gott schuldet sie uns! Bis dahin sehen wir nur. wie die Feinde ihren Sieg benützen. Ueberall, wo sie passiren, verwüsten sie. Ueberall, wo sie sind, brennen sie. Ueberall, wo sie gehen, morden sie. Sie ermorden die Verwundeten, sie verbrennen die Ambulanzen. Sie ermorden die Kinder und schänden die Frauen; sie ermorden die Greise und 'stecken die Häuser in Brand. Wie Wölfe und Füchse, Tiger und Hyänen, mästen sie sich in Blut. Sie haben uns zeigen wollen, daß sie noch die wilden Thiere von 1792 und 1814 sind. Wir werden ihnen zeigen, daß wir noch die Tapferen von 1792 und 1806 sind. Sie schlafen in diesem Augenblick ihren Rausch von Blut und Metzelei aus. Wir ha­ben uns nicht um eine Niederlage zu kümmern, wir müssen rä­chen Frauen und Kinder, rächen Frauen und Greise. Rache ohne Mitleiden, ohne Gnade! Rache im Namen der geschändeten Menschheit! Rache im Namen des verletzten Völkerrechts! Rache im Namen von allem, was heilig ist! Im Namen der Unschuld! Im Namen der Schwäche! Rache im Namen der in Thränen schwimmenden Familien! Gott stehe den Rächern bei. E. de Lyden."

Ueber die Sitzung des gesetzgebenden Körpers vom 9. d. bringt dasJournal de Paris" folgende Notiz:Hr. Chevandier de Valdröme zuckte zu einer Bemerkung des Hrn. Estancelin (Dieppe) die Achseln. Der letztere stieg von der Tribüne und schlug den Minister ins Gesicht. Hr. de Valdröme gab den Schlag zurück, worauf einige Mitglieder die Streitenden trennten."

Die Verlheidigung der Werke von Paris soll nach dem Journal de Paris" 8000 See^ Artilleristen unter den, Kommando des Admirals de la Ronciöre de Nourry übergeben sein.

Das HojblaltLe Peuple" sagt: Frankreich wird den Frie­den niemals als am rechten Rheinufer umerhandcln. Bis dahin Krieg aufs Messer, Krieg im Feld und in der Gasse, Krieg in offener Schlacht und auf allen Wegen und Stegen, Guerillakriea hinter Hecken und Büschen.

In Lyon kann man kaum wagen, die Garnison zu ent­fernen, weil dort die Arbeiter sogleich einen Aufstand beginnen würden. In Marseille ebenso. Auch in Toulouse herrscht ein schlimmer Geist. Dagegen scheint der Norden gut gesinnt, und macht Anstalten, dem Ruf der Regierung zu folgen.

Florenz, 15. Aug. DieOpinionc" sagt: Mazzini wurde in Palermo verhaftet und auf einem Panzerschiff nach Gaeta gebracht. Er kam von Genua.

Einer Rebe des Senators K. Schurz auf einem Meeting in New - York entnehmen wir folgendes:Wehe dem, der einen solchen Krieg ohne gewichtige Ursache hervorgerufen hat. Ist denn überhaupt eine Ursache von Bedeutung für diesen Krieg vorhanden? Was ist denn ei­gentlich geschehen? - Ein deutscher Prinz soll den spanischen Thron besteigen und Frankreich hat dagegen protestirt. Sollte es wolil ein ver­nünftiger Menich für möglich halten, daß sich jetzt ein spanischer Thron- folgokrieg in Europa entwickeln könnte? Daß eine Herrscheriamiiie die Geschicke der alten Well leiten kann? Darüber, über diesen Standpunkt ist man selbst in Deutschland hinaus. Die Zeit naht heran, in der die Völker ihre Geschicke selbst lenken werden.Was ist denn über­

haupt geschehen ? Ein französischer Gesandter thut dem König von Preußen gegenüber, was eben ganz einfach ein Gentleman dem anderen gegenüber nicht thun würde. Er hat ihn in seiner Badekur gestört und beleidigt. Der alte Wilhelm hat sich in dieser Angelegenheit wie ein Gentleman benommen. Jeder Deutsche sollte sich freuen, sollte stolz daraus sein, daß endlich einmal auf dem preußischen Tbron, an der Spitze Deutsch­lands Jemand sich befindet, der cs versteht, Frankreich die Zähne zu weisen. (Lauter Beifall und drei donnernde Hochs für König Wilhelm.) Dieser Krieg ist zwar nicht ganz ohne Ursache begonnen worden) aber doch auf falsche, lügenhafte Vorwände und Gerüchte hin. Die französische Ehre besteht bekanntlich aus einem ganz eigenthümlichen Stoffe. Wenn eine Macht, ein Land einen Zoll Boden mehr haben wollte oder sollte, so mußte Frankreich stets auch etwas haben, aber wenn Frankreich ein Stück Boden sich einverieidte, so brauchten die anderen nichts zu haben. Wer ferner die Geschichte etwas studirt hat, der weiß, das; sich unter dem Scepter und Schutze Frankreichs romanische Nationalitäten bilde» und entwickeln durften, daß Frankreich allen Bestrebungen zur Einigung deut­scher Stämme feindlich entgegengetreten ist. Selbst im Jahre t8itz stand Frankreich den Einheitsbeslrebnngen in Deutschland ebenfalls entgegen, wie jetzt auch; jede derartige Bewegung siebt Frankreich für eine Beein­trächtigung seiner Interessen, für eine Beleidigung an. So stehen im Augenblicke die beiden großen Kulturelemente Europa's sich zum Kampfe gerüstet gegenüber. Von der Entscheidung dieses Kampfes hängen die Geschicke Europa's für vielleicht Jahrhunderte hinaus ab. Was wird das Ende sein? Die heutigen Abendblätter brachten Depeschen, daß ein Engländer den Rhein hinauf gereist sei und die beiden Armeen beob­achtet habe. Er habe die französische Armee nervös, aufgeregt, judili- rend und dem Wein zufprechcnv gefunden; die deutsche dagegen sei ru­hig, gefaßt und entschlossen gewesen. Das wird ungefähr die Natur dieses Kampfes gewesen sei». Die Franzosen werden sich mit Wuth über den Rhein stürzen, aber von den deutschen Bajonetten empfangen werden. Die Franzosen werden nicht vergessen, daß sie die Enkel derjenigen sind, die bei Jena gekämpft Huven, aber die Deutschen werden ebenfalls nicht vergessen, daß sie dieselben sind, die bei Sadowa gesiegt haben. Unsere Hoffnungen fliegen mit den Fahnen unseres Vaterlandes. Wenn wir uns fragen, was dieser Krieg zu bedeuten hat, so können wir nur sagen, er bedeutet den Fall des französischen Imperialismus, den Zusammen­sturz des abscheulichen sogenannten Friedens, mit dem Napoleon Europa beglückt hat, der die Völker ausgesogen und niedergebeugt hat. Aber er bedeutet auch zugleich die Ausrichtung des großen deutschen Mittel­reiches im Herzen Europa, welches gleich bedeutend mit dem Frieden ist, während das französische Kaiserthum den Mord des Friedens bedeu­tet. Was treibt selbst den Amerikaner auf unsere Seite? Nicht allein Mexiko, nicht allein die Erkenntniß, daß uns in den Tagen der Nvth in Deutschland alle Herzen entgegenschlugen, nicht die Millionen, die uns aus Deutschland zugeflossen sind, nein, der gesunde Sinn des Ame­rikaners treibt ihn auf unsere Seite. Er weiß, daß die Zeit komme,r wird, in der die Feststellung des europäischen Gleichgewichts nicht blos die europäischen Mächte, sondern auch diese Republik berühre» wird; dann wird Amerika einen treuen, zuverlässigen Freund brauchen und die­ser Freuud wird niemand anders als Deutschland sein. Das fühlt und weiß der Amerikaner bereits heute. Es ist das Vorgefühl des großen amerikanisch-deutschen Bundes, der ihn mit Herz und Seele auf die deutsche Seite führt. Diese großen Kampfziele sind es, die uns für die Zukunst vor'chweben. Ist es nichl die Pflicht eines jeden von uns, das Seinige dazu beizutragen zur Wahrung dieser guten Lache? Ich appellire nicht an das alte Vaterlandsgesühi, aber ich sage, wer seinen Vater und seine Mutter vergißt, kann kein guter Patriot sein. Der Amerikaner weiß, daß, wen» wir Las alte Vaterland verachten, die Liebe für das neue Vaterland nur Lug und Trug sein kann. Lassen Sie uns treu und ge­wissenhaft innerhatb der Gesetze dieses Landes bleiben: dieselben verbie­ten uns nicht, die Kämpfer drüben anznspornen, die Leidenden zu stär­ken, den Verwundeten zu Helsen. Laßt uns deshalb zu diesem Zwecke zusammenstehen, laßt keinen Tag vergehen, an dem nicht ein europäischer Dampfer die Kunde, den Mahnruf mitnimmt:Auf, altes Vaterland! Die ganze Welt ist nun Dir!""

Redaktion, Truck und Verlag der G.W.-Zaiser'scheu Buchhandlung.