Pabst ist wegen der Kirche und nicht die Kirche wegen des Pab- stes da. Die Kirche ist aber eine Republik und der Pabst ihr jeweiliger verantwortlicher Präsident. Will er sich zum absoluten König aufwerfen, so begeht er eben eine Usurpation. Was aber euch betrifft, ehrwürdige Herren, so lebe ich noch immer der Hoffnung, daß ihr euch in der letzten Stunde besinnen werdet." Man kann sich denken, welchen Eindruck diese ungewohnten Aeu- ßerungen des bejahrten nordamerikanischen Gentleman aus die Versammlung hervorbrachten.
Dem 52. römischen Briefe vom Konzil in der Augsburger „Allgem. Ztg." entnimmt man ein neues Beispiel der Gewalt, welche der Pabst gegenüber den Kirchenvätern geltend gemacht wissen will. Der Fürstbischof von Breslau wollte zu einiger Erholung einen kleinen Ausflug nach Neapel machen; die Polizei verweigerte ihm das Paßvisum, weil er keinen Erlaubnißschein von der Konzilsbehörde verweisen konnte. Die Konzilsväter werden also nicht nur als geistliche, sondern auch als staatliche Unterthanen des Pabstes betrachtet.
Bischof Kettel er verwahrt sich im „Katholiken" gegen den Borwurf, daß er gegen die Unfehlbarkeit sei oder jemals gewesen sei.
Madrid, t l. Juni. Kortes. Ministerpräsident Prim erklärt, er habe nacheinander vier Thronkandidaten vergeblich zu gewinnen gesucht, er werde vielleicht in 3 Monaten einen finden; er denke dabei keineswegs an den Prinzen Alfonds, niemals werde er die Restauration unterstützen, sondern energisch die Freiheit bewahren. Was Portugal anbetrifft, so habe die Regierung die monarchische Föderation der portugiesischen und spanischen Nation angestrebt, welche ihre Selbstständigkeit beibehalien sollten. Der Ministerpräsident versichert, daß die Abgeordneten Unruhen während des Interregnums nicht zu fürchten hätten. Der Abgeordnete Rios Rosas verlangt die Aufhebung des Provisoriums. Die Sitzung wird geschlossen, ohne daß es zu einem Beschlüsse kommt. (S. M.)
Allerlei.
— Ueber das Alter des Samens in seinem Einflüsse auf das Wachsthum der Pflanzen sind zwar sehr ausführliche Versuche noch nicht angestellt worden, immerhin aber liegen Beobachtungen vor, die darauf hindeuten, daß Unterschiede obwalten und zwar solche, die in der Praxis beachtet zu werden verdienen. So theilt z. B. Friedrich Müller zu Kleinkanen der höheren laud- wirthschaftlichen Lehranstalt in Worms mit, daß er im vorigen Jahre ein in allen seinen Beziehungen ganz egales Feld mit Erbsen bestellt habe und zwar mit solchen vom vorhergehenden Jahre, also mit einjährigem Saatgute, das Quantum habe indessen nicht völlig ausgereicht, um die ganze Fläche zu bestellen und so sei er genöthigt gewesen, am gleichen Tage noch den übrig gebliebenen Theil des Feldes mit Erbsen derselben Gattung, die aber bereits 4 Jahre alt gewesen seien, zu besamen; nicht ohne Bedenken habe er die Saat mit diesem alten Saatgut vollsührt, allein da der übrig gebliebene Theil des Feldes nur einige Klafter betragen habe, so sei es ihm schließlich nicht genau darauf angekommen, und da er sich erinnert habe, daß Krüger seiner Zeit in Kochs Wochenschrift für Gärtnerei geradezu erklärt habe, daß mehrere Jahre alte Erbsen als Saatgut verwendet, einen reicher»« Ertrag gewährten, als Saaterbsen jüngeren Dalums, so sei ihm nachgerade die Sache interessant vorgckommen und er habe deßwegen den ganzen Verlauf der Entwicklung beider Saatgutarten um so aufmerksamer verfolgt, und habe gefunden, daß die vorjährigen Saaterbsen rascher gekeimt und überhaupt sich üppiger entwickelt hätten, als die 4jährigen, daß hingegen die letzteren nach seiner genauen Berechnung einen um 27 Prozente höheren Außdrusch ergeben hätten. Sollte diese interessante Beobachtung wenigsten für Erbsen in allen Fällen zutrcffen, so folgte daraus mit Sicherheit, daß es sich empfehlen ließe, allemal, wenn man Erbsen zur Grünfüttcrung oder zur Gründüngung säen will, junges, wenn man aber Samenerbsen bauen will, altes Saatgut zu nehmen.
— Schon mehrfaches Unglück ist dadurch geschehen, daß beim Nnzündeu von Streichhölzern der abgesprungene Phosphor in eine Wunde an der Hand rc. gekommen ist und den Verlust eines Gliedes oder gar des Lebens zur Folge hatte. Alle, die solches Unglück haben, mögen folgenden wohlgemeinten Rath befolgen: Man macht sich sofort ein starkes Sodawasser und da hinein halte man das Glied. Der Phosphor geht nämlich sehr leicht mit Soda eine chemische Verbindung ein und bildet phosphorsaures Natron, einen ganz unschädlichen Stoff. Alle, die diesem Rath folgen, werden sich überzeugen, daß das Unglück ohne alle üble Folge vorübergehen wird.
— (Ein Paar Freunde, die sich besuchten, wirlich zusammen trafen und doch sich gegenseitig nicht zu sehen bekamen.) In einer Gesellschaft wurde die Frage aufgeworfen, welches Volk am meisten dem Laster der Trunksucht sich zuneige. Man sprach von Irländern, von Deutschen und jeder gab aus seiner Erfahrung und aus geschichtlichen Reminiscenzen die nöthigen Belege dazu. Endlich sagte ein Russe: „Meine Herren, das, was sie vorgebracht haben, will noch nicht viel sagen, die tollsten Säufer sind die
Russen. Dafür will, ich ihnen den Beweis liefern: zwei Univcr- sitätsfreunde waren seit ihrer Studienzeit nicht mehr zusammen. Der eine war Beamter in Petersburg geworden, der andere Gutsbesitzer an der sibirischen Grenze. Sie hatten fortwährend einen herzlichen Briefwechsel unterhalten, und da ihre Jugendfreundschaft ächt und wahr gewesen, sehnten sie sich nach einrg-. Wiedersehen, um die alten Erinnerungen wieder aufzufrischen. Endlich gelingt es dem Petersburger sich auf 8 Tage frei zu machen. Er fährt fröhlich ab und kommt eines Morgens unerwartet auf dem Gute seines Freundes an. Dieser ist nicht zu Hause.' Der Diener, dem sein Name wohl bekannt war, führte ihn in die Stube, setzte ihm Frühstück und zwei Karaffen voll Stara-Wutki (alten starken Schnaps) vor. Der Gast macht sich darüber her und findet das Getränk so vorzüglich, daß ihn der Diener zuletzt auf sein Lager schleppen muß. Gegen Mittag kommt der Hausherr au. Als ihm mitgetheilt wird, sein alter Freund sei gekommen, eilt er voll Freude zu ihm, aber cs ist nicht möglich, ihn zu erwecken. Er muß sein Erwachen abwarten. Er setzt sich also zum Mittagstische und trinkt in feiner Freude so viel, daß ihn der Diener ebenso wie seinen Freund zur Ruhe bringen muß. Als der letztere erwacht, will er zu seinem alten Kameraden hin, aber siehe da, auch der ist nicht zu erwecken und die Reihe des Abwariens kommt an den Gast. Um die Stunde zu verkürzen, wird Stara-Wutki vorgenommen und dieser thut wieder feine Wirkung. So wechseln sich die Freunde mit dem Abwarten 8 Tage lang ab, und es ist nicht möglich, daß sie zusammen kommen. Am letzten Tage sagt endlich der Hausherr zu seinem Diener: „Iwan, du siehst, was der Stoff für ein, Laster ist. Mein Freund Alexandrowitsch ist wieder besoffen. Ich muß nach der Stadt. Wenn er aufwacht, gibst du ihm nur einen Schnaps, denn ich will ihn wenigstens am letzten Tage noch sprechen." Herr Alexandrowitsch erwacht und erhält trotz seines Fluchens nur einen Schnaps.. Nüchtern wie eine Kirchenmaus erwartet er seinen Freund. Der Wagen rollt endlich vor. Er ist vollgesoffen wie ein Blutegel und Herr Alexandrowitsch muß nach Hause fahren, ohne seinen Freund gesprochen zu haben." Rom. M.
— Wer etwa meint, daß die Ein- und Ausfälle der bayerischen Oberfrommen gegenüber Andersdenkenden wenigstens den Vorzug der Originalität für sich hätten, der irrt. Unter dem vorletzten Churfürsten Bayerns, also nnter Carl Theodor, predigte der Carmeliter F. Damascenus in München: „Liebe Christen, morgen ist Prozession. Ihr werdet da an vielen Fenstern Freimaurer und Freidenker sehen, — Unchristen, die unsrer spotten. Waffuct Euch mit dem Eifer des Herrn, greifet nach Steinen und werfet sie nach ihnen." — Und so „fromm" war noch die damalige Zeit, daß Carl Theodor, statt den Prediger zu strafen, ihm sein Wohlgefallen an seinem Eifer zu erkennen geben ließt Da begreift sich's wohl, daß gewisse Leute die „gute, alte Zeit" nicht vergessen können!
— Der König und der Schullehrer. Ein König machte einem Dorfschullehrer einen Besuch. Da soll dieser mit dem Hut auf dem Kops durch die Schule stolz einhergeschritten sein, während seine Majestät mit dem Hut unter dem Arm ihm uachfolgte. Als er aber an der Thür Abschied nahm, wandte er sich ehrerbietigst an den König mit folgenden Worten: „Ich hoffe, Ew. Majestät werden bis dahin mein respektwidriges Betragen entschuldigen; allein, wenn meine Knaben sich einbildeten, es gäbe im Königreiche einen größeren Mann, als ich bin, so würde ich nicht im Stande sein, sie in Zucht zu erhalten."
— Das Wirthshaus zu den drei Kreuzen. Der Dechant Swift pflegte auf seinen Fußreisen von Dublin nach London in den kleinen Wirthshäusern an der Landstraße cinzukchren. Eins derselben zwischen Dunchurch und Daventry führte das Zeichen von drei Kreuzen im Schilde, in Beziehung auf die da sich kreuzenden Wegen. Hier forderte Swift ein Frühstück; aber die Wirthin war beschäftigt, ihre fleißigen Gäste, einige Fuhrleute, zu befriedigen, und einen plötzlich entstandenen Zank zu stillen; sie ließ den Dechant warten, und überhörte seine wiederholten Bestellungen. Da zog er einen Diamant aus der Tasche und schrieb an jede Fensterscheibe ihrer besten Zimmer: „An den Wirth: Hier hängen drei Kreuze an der Thür, Häng' auf dein Weib, so macht es vier."
— Der Atheist. Ein Bildhauer, der als ein Freidenker bekannt ivar, näherte sich dem Tode. Ein Geistlicher leistete ihm Zuspruch, und hielt ihm ein Crucisix vor die Augen, wobei er . feierlich ausrief: „Sehen Sie da den Gott, den Sie so oft beleidigt haben! Erkennen Sie ihn nunmehr" — „O ja", antwortete der Bildhauer; „denn ich habe ihn ja selbst gemacht."
— Göthe, der dem Tabak abhold war, sprach einst die Behauptung aus, ein wahrhaft gebildeter Mann werde sicherlich nicht Tabak rauchen, und fügte die Vermuthung bei, daß Lessing wohl nicht geraucht habe.
— Der Dieb. Ein Dieb, der aus einer schenke cm Glas gestohlen hatte, wurde verfolgt. Das Volk lief zusammen, und einer fragte, was cs gäbe? „Nichts", war die Antwort- „em armer Kerl hat blos ein Glas zu viel zu sich genommen."
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaisersichen Buchhandlung.