kommen, wenn wirs erleben!" In hohen militärischen Kreisen findet der Plan vielen Beifall. Noch aber hält Andrassy hier beim Kaiser Wacht. So die Berl. B.-Ztg.

Wien, 4. Juni. Die heutigen Morgenzüge, namentlich die ans dem Norden kommenden, brachten uns heute schon große Schaaren jener Volks bild ner, die aus allen deutschen Gauen in nächster Woche hier znsammentrelen, um über die großen Prinzipienfragen der Kiudererziehung ihre Meinungen auszutau­schen. Die Anmeldung dieser Gäste steigt, man kann sagen, von Stunde zu Stunde; die Zahl von 4000 ist schon überschritten, und unscrm Ausschüsse wird sehr heiß um den Kopf, wenn er an die Unterkunft all der Gäste denkt. Dian ist bereits zu dem - Mittel geschritten, Massenqnartiere zu errichte» und verwendet dazu die Kommunalschulen, die mit Militärbctten, welche das Kriegsministerium zur Verfügung gestellt, ausgestattet werden. Sektionschef Czclik im Unterrichtsministerium wird die Versamm» lung im Namen der Negierung, Bürgermeister Dr. Felder im Namen der Stadt Wien begrüßen. Man verfehlt nicht, dieser gerade jetzt in Wien tagenden deutschen Versammlung eine poli­tische Bedeutung beizulegen, läßt man doch ungern eine Gelegen­heit vorübcrgehen, wo man die Zusammengehörigkeit mit der großen deutschen Nation manifestiren kann. (S. M.)

Zu dem Sangcsfeste des schwäbischen Sänge rbn ndes, das morgen (5.) in Ravensburg gefeiert wird, sandte der Wie­ner Männcrgesangverein, der nur mit großem Bedauern, mate­rieller Hindernisse wegen, die Theilnahme an diesem Feste ab­lehnen mußte, folgendes Telegramm:Als treuer Genosse des großen deutschen Sängerbundes sendet seinen herzlichsten Gruß zum frohen Bundesfestc den wackern Sängern im liederreichen Schwabenlande, der Wiener Männergesangverein." (S.M.)

Aus Oesterreich. Ein Leiche», daß eine gesunde An­schauung im Volke gang und gäbe wird, ist das jüngst veröffent­lichte Programm des Demokratenvercins in Graz. Auch in diesem Vereine sind die Albernheiten der süddeutschen Demokratie nicht vorhanden. Gleich dem Verein der Grazer Deutsch-Nationalen sagt der Demokratcnverein im Lchlußpassus des Wahlprogramms: Wir fordern eine Politik des Friedens, und insbesondere, daß Oesterreich sich jedes störenden und hemmenden Einflusses auf das im übrigen Deutschland sich vollziehende Einigungswerk sich enthalte."

(Eine zweite Sonne) Zn Kaaden (Böhmen) war am 24. Mai gegen Abend ein großer Zusammeulauf.Ein Himmels­zeichen!" schrie man ängstlich und machte dabei viele »»glückver­heißende Bemerkungen. Das vermeintliche Himmclszeicheit war aber eine ganz natürliche, obgleich ungewöhnliche Erscheinung, höchst interessant für jeden Beobachter. Die Sonne berührte nämlich eben den Saum des Erzgebirges, um unterzugehen. Plötzlich sah man sic hoch am Himmel, wo sie gewöhnlich gegen 5 Uhr Nachmittags zn stehen pflegt. Es war diese beobachtete Sonne nicht die wirkliche Sonne, sondern nur ihr Bild, das da­durch entstand, daß die Strahlen der untergehenden Sonne von den vielen in der Atmosphäre befindlichen Wasserdünsten stark gebrochen wurden und ihr Bild hoch über den Horizont zauber­haft hinslelltcn.

Paris, 1. Juni. Die Budgetkommisfion hat die Gehalte der Marschälle Canrobert und Bazaine, jenen von 170,000 auf 110,000, diesen von 100,OM auf 72,000 Fr. reduzier.

Paris, 2. Juni. Der gegen die Todesstrafe gerichtete Antrag von Jules Simon ist durch die Kommission verworfen.

Die Abstimmung in der französischen Armee hat zu einer überraschenden Entdeckung geführt. Die Armee bei der Fahne ist viel schwächer als sie ans dem Papiere und in dem Budget steht. Sind Millionen erspart worden ? Bewahre, diese Millionen sind in aller Stille als Zulagen für die Marschälle und für Paläste, die man den kvmmandirenden Generalen gebaut, verwendet worden.

Ein Farmer in Illinois hat folgendes Experiment ge­macht: Er steckte eine Erbse in eine Kartoffel und pflanzte sie zusammen in die Erde. Die Erbse trieb einen Stengel, der mit Schoten bedeckt war, und die Kartoffel gab 11 gesunde Wurzel- knollcn. Der Landmanu meint, auf diese Weise könne man nicht allein zwcifältige Ernten erhalten, sondern auch das Erkranken der Kartoffel verhüten.

In zwei mächtigen Palleten wurden dem General Thibaut in Brüssel die Gewehre wieder zngcschickt, welche lustige Schelme der Militärwache entführt haben.

Rom, 3. Juni. In der heutigen Sitzung des Konzils wurde, in Folge eines von mehr als hundert Bischöfen gestellten Antrags, der Schluß der Generaldebatte über die Uufehlbarkeits- frage beschlossen. (Der Mg. Ztg. wird von Nom den 3. Juni tclegraphirt: Nachdem in der heutigen Konzilssitznng Maret Bi­schof von Sura i. p., von Kardinal Bilio schmählich unterbro­chen worden war, wurde die Generaldebatte gewaltsam geschlos­sen und über vierzig eingeschriebenen Rednern das Wort entzogen.)

Als Beweis, wie fest sich die Idee der eigenen Unfehlbar­keit in Pius IX. entwickelt hat, geht aus einer Antwort an den Kardinal Denncchose hervor, dem er aus einige Entwürfe lebhaft

erwiderte:Wenn ich mich aber als unfehlbar fühle?" Eine ähnliche Antwort crtheilte er dem Kardinal Schwarzenberg mit den Worten:Als Giovanni Maria Mastai habe ich immer an die Unfehlbarkeit des Pabstes geglaubt; als Pius IX. habe ich nichts von dem Konzil zu verlangen, der heilige Geist wird das­selbe erleuchten." In der ewigen Stadt laufen jetzt Blätter zur Unterschrift um, das Konzil möge den heiligen Joseph zum Protektor der kath. Kirche erklären. Ehristus träte also wieder unter dnS Schutzrccht seines Pflegevaters zurück, wie in den Tagen seiner Kindheit. Der Antrag geht von den franzö­sischen Fanatikern* aus und wird von allen Seiten herzlich ver­lacht. (S. M.)

In Italien war die Hitze und die Dürre so groß, daß die Pflanzen und Halme bis auf die Wurzel abgedörrt sind und ein Regen nicht mehr nützen kann. Die Aussichten sind trostlos.

Aus Konstantinopel, 3. Juni, wird gemeldet: Der Ab­fall der armenisch-katholischen Kirche vom heil. Stuhle ist definitiv. Auch die Maroniten, Syrier, die griechischen Melchiten und die Kopoteu wollen sich von Nom trennen.

Konstantinopel, 6. Juni. Gestern um 1 Uhr Nach­mittags brach eine schreckliche Fenersbrunst ans, die bei starkem Winde reißend um sich griff. Das Hotel der britischen Botschaft, die Konsulate von Amerika und Portugal, das Theater Nasun, mehrere Kirchen und Moscheen, mehrere tausend Häuser, die reichsten Magazine sind vollständig vernichtet. Mehrere Todte und Verwundete. Die Flammen züngeln noch jetzt an verschie­denen Orten auf. Der Schaden beträgt jedenfalls mehrere Mil- lionem (S. M.)

Soreth, 30 Mai. Vorgestern war die Stadt Krotoschau (Rumänien) der Schauplatz einer schrecklichen Judenmetzelci. Die ausgeübten Grausamkeiten hatten kaum um Mitternacht ein Ende. Gestern Morgen gab sich der Blutdurst durch neue Gewalithätig- keiten kund. Die Juden und ihre Familien wurden ans den Straßen, in den Häusern und in ihren Verstecken angegriffen und auf brutale Weise mißhandelt. Um 1 Uhr Nachmittags ergriff eine große Anzahl der israelitischen Bevölkerung die Flucht. Mau hört von allen Seiten den Ruf! Nieder mit ihnen ! Nieder mit ihnen!" Die Wuth der Bevölkerung ist furchtbar.

Semlin, 5. Juni, Ab. 9 Uhr. Laut Privatanzeige des Telegraphenamts in Nissa (Serbien), brennen die Hauptstraßen Pera's seit 5 Stunden. (S. M.)

Das Cincinati-Volksblatt berichtet:Am 10. April wurde bei Big Island eine große Schlaugenjagd veranstaltet. Man umstellte eine mit hohem Grase bewachsene Wiese, 20 Acker groß, und zündete das Gras derselben an allen Seiten an. Das ziemlich trockene Gras brannte so hell, daß die Flammen zehn Fuß hoch emporloderten. Die Schlangen flohen immer weiter nach der Mitte, und kamen schließlich bei dem Versuche zu ent­fliehen elend um. Der MarionMirror" erzählt, man habe die verkohlten Cadaver gezählt, und gefunden, daß 13,983 Schlan­gen umgekommen seien. Wenn das Ding am 1. statt am 10. April passirt wäre, so würden wir ihm aufs Wort glauben, so aber scheint uns die Zahl wenigstens ziemlich problematisch."

Ein Kneip - Genie. Aus derNeuen freien Presse" ersieht man, daß in einem Gasthaus zu Fünfhaus bei Wien die­ser Tage ein 25jähriges Stammtisch-Jubiläum gefeiert ward, wo­bei der Präsident der Tafelrunde, ein Gast, der seit 38 Jahren an demselben Orte verkehrte, sein 40,180. Seidel leerte.

Der Wallnuß bäum ist unter den Fruchbäumen, der einzige, welcher keine Insekten nährt. Sein scharfer Geruch ver­treibt die meisten sogar aus seiner Nähe, und wo die Blüthen- abfälle und Blätter dieses Baumes auf dem Boden liegen, ent­fernen sich Regcnwürmer und Engerlinge mit ihren Sippe». Ist dies nicht ein Wink, Wallnußbäume in den Obstgärten zu pflanzen?

Das; auch ein schlichter Lenker des Pflugs poetische Ader haben kann, hat nicht allein der voriges Jahr im Bregenzer Wald verstorbene Bauer und Schriftsteller Felderer bewiesen, sondern es bestätigt dies auch ein Agriculinrist in Dittmarsdorf in einem uns vorgelegene» Gesinde- zeugnißbuch durch folgenden originellen Eintrag eines Dienstzcugnisses: Inhaber dieses Buches war Als Knecht bei mir ein ganzes Jahr,

Er hat sich ehrlich aufgeführt:

Dies wird ihm hiermit attestirt.

Doch Etwas Hab ich zu beklagen:

Daß er sich hat recht faul betragen,

Niel Ruhm hat er sich nicht erworben,

Doch ist er noch nicht ganz verdorben.

Wenn er mein Wort befolgt indessen,

Thut diesen Fehler ganz vergessen,

So kann, hclf's Gott, aus dieser Erden Aus ihm der beste Mensch noch werden.

R ä i h s r l.

Mein Erstes hat einen Fuß und kein Bein; Mein Zweites zwei Beine nebst zwei Füßen, Und kriecht das Zweite in's Erste hinein, Kannst du's als Ganzes dreist begrüßen.

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Z aiser'schen Buchhandlung.