' Und das um so mehr, da ich ihn vor drei Jahren noch auf dem Boulevard des Italiens mit gekräuselten Locken in prinzli- cher Toilette als einen wahren Dandy umherstolziren sah.

Was mag ihn denn veranlaßt haben, Paris zu ver­lassen -

Wie kommst Du nur dazu, Robert, eine solche Frage zu stellen? Weßhalb bist Du selbst hierher nach Afrika ge­kommen ?

Um mich zu schlagen, um meinem Dasein einen Umschwung zu geben, um Länder und Völker zu sehen!

Nun das ist mein Fall wie der Deine, und so wird es auch der seine sein. Endlich wird man es müde, sich in seiner Geburtsstadl zu Überkrusten wie die Auster in der Schale, und beginnt seine Reise um die Welt über Algerien. Nur ist dieser Herr Obigny Marquis reich, und deßhalb nimmt sich sein Umher- lreiben noch toller aus als das unsere.

Wenn der Marquis Obigny wirklich umgekommen ist, so hat Fräulein Rita einen großen Verlust zu bedauern. Er wäre ihr Gatte geworden und eine herrliche Partie gewesen. Selten sah ich einen so hübschen Mann, der seinen Burnus und Turban mit so kühnem Selbstbewußtsein trug! Ich bin über­zeugt, er wäre decorirt und zum Lieutenant ernannt worden, und in einer Stadt wie Nemours sind Ehestandsbcwerber dieser Art kostbar und selten.

Wenn aber der Demant selten ist, so ist es eine Perle noch mehr! bemerkte der Kabyle mit einem gewissen Nachdrucke.

Uebersetze uns Deinen Gedanken in eine minder bilder­reiche Sprache, Abdallah; man versteht nicht immer, was Du meinst, sagte der Pariser. In Frankreich drüben würdest Du einer von den Akademikern, falls es Dir darum zu thun wäre; denn eben diejenigen, die so schreiben wie Du sprichst, werden dort Mitglieder der Akademie.

Ohne Zweifel will er Fräulein Rita und den Marquis einander gegenüberstellcn, meinte Robert. Es war ein Vergleich.

Man vergleicht den Oelbaum und die Rebe nicht, und dennoch schlingen sie ihre Acste und Zweige in einander, cutgeg- nete der Kabyle.

Was das für eine poetische Ausdrucksweise ist, deren sich diese Kabylen allenthalben bedienen! rief Paul. Abdallah hat Recht, die beiden Liebenden sind einander sehr unähnlich. Fräulein Rita ist ein liebenswürdiges zartes Wesen, niedlich zum Entzücken. Sie gleicht der Gazelle, während der Panthcrjäger mit seinem stolzen, freien Antlitze, seiner kühnen Haltung und seinem drohenden grauen Auge große Aehnlichkeit mit dem Löwen hat, den er in der Wildniß jagt. Ich sah ihn einmal Jean Caffe-Tete (ihr kennt ihn ja, den verwegenen Jäger ?) gegenübcrstehen, und siehe da, der gefürchtete Löwcutödter Caffe- Tete mußte den Blick vor ihm senken!

Sie sind aber dennoch Freunde?

Wie Hund und Katze, wie Geier und Adler.

Man sagt, sie hätten sich gegenseitig das Leben gerettet.

Wahr, der kühne Spahi hieb den Jäger heraus, als ihn acht oder zehn Araber in ihrer Mitte hatten und im Begriffe standen, ihm den Kops herab zu hauen. Dagegen hat erst kürzlich Jean Caffe-Tete, als er erfahren, daß ein Kabyleuhäuptling den Marquis gefangen hielt, das Dorf dieses Häuptlings in Brand gesteckt und während der eingcrretcuen Verwirrung seinen Kame­raden gerettet. Bei dem allen lieben sie sich jedoch nicht sonder­lich, und vielleicht dauert es nicht lange, so hassen sie sich.

Weßhalb?

Ich halte sie für Nebenbuhler in der Liebe.

Was sprichst Du von Nebenbuhlerschaft? Bis jetzt hat der Löwenjägcr im Gehege des Spahi noch nicht gejagt. Nicht mit Blicken der Liebe betrachtet er die Nichte unseres Patrons; nahezu wütheud haften seine Augen auf ihr.

Pah, man muß den Schein nicht zu viel gelten lassen. Jean Caffe-Tete blickt überhaupt zn trotzig in die Welt, um eine freundliche Erscheinung abzugeben; dabei ist cs ihm jedoch ganz gut verliehen, Frauen den Hof zu machen. Wenn der Marquis nicht zufällig umgckommen ist, so haben wir an dem Tage, an welchem Jean Caffe-Tete erfährt, daß der Panthcrjäger Fräulein Rita ehelichen wird, eine Katastrophe zu erwarten.

Nun, und stände diese Verehelichung nahe?

Ja-

Sollten denn der schöne Spahi und Fräulein Rita den Doppelgesang der Liebe schon bis zum Schluffe durchgesungen haben?

Verständigen wir uns. Diese Romanze hat drei Couplets: das erste beginnt mit einem milden Lächeln, das zweite verfließt in Küssen der Glückseligkeit, das dritte schließt in Seufzen glühen­den Verlangens. Ich sah das Lächeln, ich hörte den Kuß, ich vernahm den gewöhnlichen Refrain:Liebst Du mich ? Ich liebe Dich!" Aber damit war die Sache zu Ende. Ist der Marquis gefallen, so kommt das Lied nicht zum Schluffe.

O, der Panther- und Löwcutödter befindet sich noch nicht im Paradiese der Tapfer»! sagte der Kabyle im Tone der Ueber- zeugung.

Abdallah, noch einmal, was weißt Du darüber?

Wenn ein junges Mädchen unseres Stammes, enlgegnete der Kabyle, einen Bräutigam hat, der, von ihm entfernt, auf Wanderung oder im Kriege lebt, um das Geld zu seiner Ansie­delung zu verdienen, und dem jungen Manne ein Unglück begegnet, so gleicht es einer Palme, die der Sturm gebeugt sein Köpf­chen sinkt auf die Brust herab. Ist aber der Mann, den es liebt, auf der Heimkehr begriffen, dann schaut es hinaus in alle Gegenden des Himmels, nach allen Richtungen der Windrose, gleich einer Blume, die der erquickende Anhauch des Meeres auf- richict. Werft nur einen Blick auf die Spanierin und ihr werdet sehen, daß die herrliche Perle, anstatt vor Furcht getrübt zu wer­den, wunderbar im Lichte der Hoffnung erglänzt! (Forts, f.)

Deutsch und anti-deutsch.

In oberschwäbijcher Mundart von I. Vorgelragen bei einer Versammlung von Ge­nossen derdeutschen Partei" in Bermaringen auf der Alb am 89. Mai l87l>.

Bor Zeita ist ma z'sämma komma,

Hat dann und wann a Roisle g'macht.

Hat Nolaheft und Büchsa gnomma Und hat sich g'sreut en Taga acht.

Hat trunka und sich hoiser gsunga Beim deutscha Bier, beim deutscha Wei,

Hat Vivat und Toast ausbrunga:

A oinigs Deutschland muß no sei!"

Und g'macht hänt d'Schütza Feuerwerker,

Und trunka, daß a Graus gwea ist:

D'r Wiener hat da Württemberger,

D'r Llawack da Berliner küßt.

Und turnet hat nra, und krakelet,

Und Purzelbaum und Mändla gmacht,

Und in de Zeitunga erzählet

Wie weit man's häb im Trinka bracht.

No Hot ma suir'ge Neda ghalta Und tobt und g'ichriaa dunderschlett:

Wenn nu da Bundeetag, da atla,

A gotligsmol d'r T.hält!"

Bald hat ma g'merkt, daß äll die Sacha,

Tni Singerei und Turnerei,

Dees Schießa und dees Dingermacha Für Deutschland wenig Nutza sei.

D'r Oi hat gsait: noi, so muß werra!

Dear hat gschrie: kist! der ander: hott!

A Vierter: Furt mit dreißig Herra!

En Kaiser braucht ma, Sapperlott!

So war'» grad mit'm Wcttermacha,

Wenn dees a jeder macha könnt;

D'r Li, der ließt da Donner kracha,

Ter möcht en Rega, der en Wind.

Deßhalb ist's gut, daß nu Sankt Peter Alleinig 's Wetter macha ka,

Und drum ist's gut, daß nit a jeder Dem in sei Handwerk psuscha ka.

Dees Ding hat Preußa g'merkt am Ende Und denkt: Oi Kopf kommt g'wiß zum Ziel, Nimm i dees Ding alloi in d'Hände,

No kriegt dui Hau en andre Stiel.

Jetzt bi i scho seit viele Jahra Mit Ocstreich an oim Boinle gwea;

Wenn i zuih, loßt d'r Franz nit sahra >so ka's nit gau, 's muß Händel gca!"

Jndeß ist 66 komma

Und do hat» wirklich Händel gca,

D'r Bundestag hat Reißaus gnomma Und z'Augsburg ist sei Leichte gwea.

Bei Königgrätz hat sichs entlada Dees Gwitter, dees uns längst hat droht, Und au» des Schlachtfelds blut'ge Saata Stieg Deutschlands neues Morgenroth.

Und Preußa hänt no 's Ländle bsetzet (Ma hat 'ns schier sreiwitliz gea).

Und beinah hänt sie d'Käbel gwetzet Im Oberland am Bodasea.

'S wär besser gwea, wenn» so wüc ganga, Jetzt wär ma unter einem Hut,

No thäts nit rum- und numwärts hanga, No müßt ma, wem ma ghaira thut.

D'r Norda ist jctz bei einander.

Hat oin Kops, oi Heer und oi Recht;

Im Süda ists a Durcheinander,

Wo jeder ebbe» anders möcht.

D'r Oi, der möcht en Südbund gründa Und möcht a billiger Landmiliz,

D'r Ander möcht fei Lächle finda Als Präsidentle an d'r Spitz.

A Dritter, der möcht Republika So kloi als wie a Hennastieg;

A Vierter thäts no auseklügla,

Wie er gau drnf a Staffel krieg.

Und eine gant gar mit de Hairle,

Wir kenne sie, die falsch Partei;

Die denken nit, daß jedes Rairle Von schwarzem Ruß nit sauber sei.

Sie braucha Rom weil Preußens König Ein deutscher Mann, ein Protestant;

Sie sind, i sag no viel zu wenig,

Verräther an dem Vaterland!

Die traga sich mit dem Gedanka:

Daß Preußa muß in L-tücke gau,

Und wenn ma sogar muß da Franka Von drüba rüber komma lau.

Dees undeutsch Wesa nnd des Hetza Muß ma bekämpsa wo ma ka,

Und jeder muß sei Ehr drei setza,

Sonst ist er gar koi deutscher Ma!

Nix schwarze Kutta, nix Jesuita;

Nix Rom, wir hänt koi Haus sell drin!

Da Süda an da Norda kitta,

Nach deam steht unser ganzer Sinn.

Wir lassa uns nit arg verschrecka Mit L-tcura und mit Militär,

Mit Haselnuß- und Bohnastecka Ka ma sich setza nit zur Wehr.

Das Ausland hat ja scho seit Jahra Sein Trepprecht nu nf Deutschland ghät, Und ist uns über Gwanda gfahra,

Hat g'erntet, wo es nit hat gsät.

Jetzt wänt mir 's Gütle z'sämma lega,

Und nit in vierthalb Oesch 'rumm hau, Und tüchtig schaffa, und uns rega,

Was gilt's? Am Ende mutz doch gau! Und ists zur Wahrheit einst geworden,

Und ist gedämpft der Zwietracht Brand, Und ist der Süden mit dem Norden Ein schönes, großes Vaterland:

Tann können wir mit Stolz uns sagen: Sieb, dicies Vaterland ist dein,

! Lu hast nach Kräften beigetragen ! Und beigcfüget manchen Stein!"

Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.