die württcmbergisch-bayerische Landesgrcnze, 3) die hohenzol- lern'sche Bahn von Balingen über Ebingen nach Sigmaringen. Außerdem wird für Verbesserungen und Erweiterungen an älteren Bahnlinien verwendet die Summe von 1,500,000 fl. Zur Deckung des Bauaufwands werden auf die Finanzperiode 187073 36 Millionen Gulden bestimmt, welche durch Aufnahme eines Staats- anlehens gedeckt werden sollen.

Stuttgart, 16. März. DieHackh'sche Brauerei, nebst großem Wirthschastsgarten und werthvollcn Bauplätzen ist gestern von Herrn Hofrath Albert Kaulla als Bevollmächtigtem einer Gesellschaft um die Summe von 240,000 fl. erkauft worden. Der Bierbrauerei-Betrieb wird Herrn Diller übergeben werden.

In Heidelberg wurden einem Frauenzimmer, welches im Wartfaal eingefchlafen war, 1 silbernes Kreuzchen, zwei werth- volle Ringe und 6 fl. 30 kr. Geld gestohlen. Ein anderes Frauen­zimmer, welches mit ihr gereist und ebenfalls auf den Zug ge­wartet hatte, wurde des Diebstahls bezüchtigt, sie widersprach und erbot sich zur Untersuchung. Dieß geschah und richtig fand man im Ehignon der Verdächtigen, einer angeblichen Schulz von Darmstadt, die vermißtes Gegenstände. Der Chignon hat somit neben dem ästhetischen noch einen durchaus praktischen Zweck!

Der Bäckerstrike in Wür^burg ist schon wieder beendet; die Gesellen sind gutwillig zur Arbeit zurückgekchrt.

Berlin, 16. März. DieProvinzial-Correspondcnz" be­stätigt die Einberufung des Zollparlaments voraussichtlich etwa aus den 21. April.

Geheimer Medicinalrath Dr. Gräfe in Berlin ist schwer erkrankt und kann seiner Klinik nicht vorstehcn.

Gotha, 14. März. Zn den Räumen des hiesigen Ossiziers- Kastno's, in denen wöchentlich einmal wissenschaftliche Vorträge gehalten werden, hielt gestern der Herzog Ernst von Coburg-Gotha vor einer zahlreichen Versammlung von Militärs und Civilpersoncn der verschiedensten Stände aus Gotha einen längeren Vortrag über die Seeschlacht bei Lissa" im Fahr 1866.

Daß der Fürst von Rumänien nicht auf Rosen gebettet ist, hat man schon länger gewußt. Jetzt aber dringt man daraus, daß er alle prcuß. Landsleute aus seinen Diensten entlasse. Das will er sich nicht gefallen lassen und hat seinen Privatsckretär eilends nach Berlin geschickt.

Im Weiler Platt bei Jschgl im Patznauncr Thale brach in einem Bauernhause Feuer aus, das mit äußerster Schnelligkeit um sich griff. Der Hausvater und dessen Weib mit 3 Kindern, von Nachbarsleuten aus dem Schlaf geweckt, retteten mit Roth das nackte Leben. Vier Töchter, eine mit 21 Jahren, die zweite mit 18, die dritte mit l6, die vierte mit 12 Jahren und ein Knabe mit 7'/, Jahren fände» aber in den Flammen ihren Tod.

Ein wichtiges, schwieriges und großartiges Unternehmen ist der Bau der St. Gotthards bahn. Es ist dazu eine Sub­vention von 85 Milk. Francs erforderlich, von denen 45 Mill. auf Italien, 20 Mill. auf die Schweiz und 20 Mill. aus Deutsch­land kommen. Die betr. deutschen Staaten haben bis zum 30. April ihre Erklärung abzugeben, ob der Vertrag in Kraft treten soll oder nicht. Man zweifelt aber, daß das Anlagekapital auf­gebracht und noch mehr, daß cs sich rentiren werde. In der Schweiz ist man sehr rührig, die Subventionssumme zu beschaffen.

Klärchen.

(Fortsetzung.)

Kannst ihn brauchen, Vater; Franz Eckhardt will fort . . .

Werde auch nicht viel Federlesens machen mit dem Men­schen, der sich so ungebührlich benommen hat. Lage der Mutter, daß sie einen Teller mehr ans den Tisch setze.

Es geschah.

Klärchen besorgte den Tisch und trug die Speisen auf, während der -Vater den Rock ablegte und eine gelbe Pike-Jacke auzog, wie er stets pflegte, wenn ein Fremder bei Tische war. Frau Susanne, die Meisterin, trat ein; sie war eine brave, schlichte Bäuerin, deren volles Gesicht Gutmülhigkeit und Ehrbarkeit ver- ricth. Schweigend reichte sie dem Galten, der schon am Tische saß, die Hand.

Nichts Neues vorgesallen, Susanne?

Ich Halle mich ein wenig über den Franz geärgert.

Schon wieder! Erzähle mir nichts, Frau, der Bursche kann abziche». Sieh' dir den Fremden an, der zugewandert ist .. . . Er gefällt mir, ist ein prächtiger junger Kerl. Man sieht es aus den ersten Blick, weß' Geistes Kind jemand ist.

Die Meisterin füllte die Teller mit Suppe. Der des Gastes ward zum Ueberfließen voll. Die Landlcute betrachteten dies als eine besondere Aufmerksamkeit für den Gast. Ländlich, sittlich! Klärchen ging, den Fremden zu- Tische zu holen. Bald kam sie mit ihm zurück und wies ihm den Platz an, den die Mutter schon für ihn bestimmt hatte. Der Fremde verrichtete, ehe er zu essen begann, still ein kurzes Gebet. Die Meisterin winkte dem Meister zu, daß ihr dies gefiele. Und wahrlich, der Mühlknappe mußte einen guten Eindruck Hervorbringen: aus seinen schönen Zügen leuchtete ein sreundlicher offener Charakter, ein blaues Auge drückte hohe Gutmüthigkeit aus und in seiner Sprache lag ein etwas,

das rasch für sich einnahm. An seiner Toilette erkannte man, daß er Sinn für Ordnung und Reinlichkeit besaß. Wer ihn jetzt gesehen, hätte kaum geglaubt, daß er vor einer Stunde noch auf der bestaubten Landstraße gewandert; das weiße Hemd, die reinliche schwarze Tuchweste, äuf der eine silberne Uhrkette lag, und der gut erhaltene dunkelblaue Rock standen ihm vortrefflich an. Das Bärtchen über der Oberlippe war gekräuselt wie das volle braune Haupthaar, das nur einer geringen Nachhilfe be­durfte, um geordnet zu erscheinen. Wenn der Meister und die Meisterin die genannte» Eigenschaften erkannt haben wollten, so hatte die Tochter schon auf den ersten Blick erkannt, daß der fremde Mühlknappc ein wirklich schöner Mnnu war, so schön, wie sie bisher noch keinen gesehen hatte. Darum bediente sie ihn auch fleißig und lud ihn zum Essen ein. Und wie manierlich war sein Benehmen; so viel der fremden Mühlknappen auch da- gewescn, mit ihm ließ sich keiner vergleichen. Hätte er sich nicht für einen Müller ausgegcbcn, man würde ihn für einen jungen Kaufmann gehalten haben. Dem Meister wollte das handwerks­mäßigeDu" nicht so recht über die Lippen als er nach dem Namen des Zugewaudertcn fragte.

Ich heiße Friedrich Winter, war die Antwort, und habe vor einem Jahre meinen Militärstand beendet; ich war Untcr- ofsicier in einem Hnsaren-Rcgimente.

Schon Untcrofficier?

Ja, Meister.

Du hättest fortdiencn sollen.

Ich konnte dem Soldatenleben keinen Geschmack abgc- winnnen, trotzdem man mich avanciren ließ. Als meine Zeit um war, nahm ich den Abschied und suchte das mir lirbgewordene Handwerk wieder hervor, das, wie jedes andere, einen goldenen Boden hat.

Göpel konnte kaum den Seufzer unterdrücken, der sich seiner Brust zu entringen drohte.

Ach ja, cs ist wohl wahr, rief er aus. Die Beschäfti­gung, zu der man keine Lust hat, wird stets lästig.

Mein Vater besaß eine kleine Mühle, die ich einmal übernehmen sollte; darum verließ ich das Gymnasium und ward im sechszehnten Jahre noch Müller. Aber der arme Vater hatte kein Glück, sein Eigcnthum ward ihm genommen und bald darauf starb er vor Gram. Ich arbeitete bei fremden Leuten, bis zu meiner Militärzeit ... In dem Jahre, daß ich frei bin, ist es mir nicht geglückt, eine dauernde Stellung zu finden . . . Glauben Sie nicht, Herr Meister, daß es an mir gelegen hat; ich fand überall so ungünstige Verhältnisse, daß ich freiwillig wieder zum Wanderstabe griff. Zank und Streit sind mir ebenso verhaßt als eine unwürdige Behandlung. Ein Knappe, der seine Pflicht thut . . .

Ganz recht, unterbrach ihn Göpel, der muß gut behandelt werden, der seine Pflicht thut. So denke auch ich und bi» dabei stets gut gefahren. Da habe ich jetzt einen Knappen, der zwar sein Handwerk versteht, aber er ist unzuverlässig und grob, wenn ich ihm irgend einen Verweis erthcile. Habe lange Nachsicht mit ihm gehabt, jetzt ist meine Geduld zu Ende. Ich verlange nichts Ungebührliches, aber ich halte auf Ordnung. Wenn ich nicht einmal mit Ruhe einen halben Tag nach der Stadt gehen kann, hole der Teufel die ganze Wirtschaft. Ich will es mit Dir versuchen, will Dich voläusig auf einen Monat annehmen; gefällst Du mir und gefällt es Dir bei uns, so können wir weiter reden. Abgemacht!

Nach Tische legte der Knappe seine Papiere vor; sie bestä­tigten alles, was Friedrich Winter von sich gesagt hatte. Aus den Diensten, die er in deck letzten Jahren gehabt, mar er frei­willig geschieden und die Meister hatten ihm gute Atteste gegeben. Auch dasFührungs-Attest", das ihm sein Oberst ausgestellt, nannte ihn einen tüchtigen, zuverlässigen und-ordnungsliebenden Soldaten. Da Bedenken nicht Vorlagen, wurde das Engagement abgeschlossen.

Der Meister hörte nun die Klagen seiner Frau an, die diese über den alten Gesellen zu führen hatte.

Es ist nicht zum Auskommen mit ihm, meinte sie; selbst gegen Klärchen benimmt er sich, daß ich es kaum sagen kann. Schicke den Menschen heute noch fort, cs ist das Beste, was Du thun kannst.

Auch gegen unsere Tochter?

Wie ich Dir sage, schicke ihn fort.

Göpel setzte sich ein Viertelstündchen in den Lehnstuhl, der zwischen der Wand und dem Ofen stand, zog die bestaubte Mütze in die Stirn und nickte ein wenig, wie er das Schlummern nach Tische nannte. Als die Smbenuhr zwei schlug, war er wieder munter. Rasch trat er zum Fenster und streckte den Kopf in die frische Luft. Da sah er im Hofe den Mühlknappen, der auf einem an das .Haus gelehnten Sacke lag, die Arme gekreuzt hatte und zu schlafen schien.

Ah, dachte Göpel, das trifft sich gut! Er soll mir den neuen Knappen nicht verderben.

_ (Fortsetzung folgt. _

N-daction, Druck und Verlag der T. W. Zaiser'schen Buchhandlung"