stcrl er ihr in bestem Französisch zu, entziehen Sie mir nicht Ihren Arm, ich suche kein Liebesabenteuer, ich bin nur ein Dieb. Ich werde verfolgt, die Polizei ist mir auf der Verse, sie weiß, daß ich hier fremd bin und wenn sie mich am Arm eioer so ehren­voll bekannten Dame, wie Sie ohne Zweifel sind, sieht, wird sie jeden Verdacht gegen mich aufgcben.

Aus Rom, >3. Febr., wird derNeuen Pr. Zrg." geschrie­ben: Gegen den Kardinal v. Hohenlohe (Gustav Ad., Bruder des bairischen Ministers) ist der Pabst sehr erzürnt. Pius IX. joll erklärt haben:Wenn Hohenlohe hier erscheint, so soll er Dinge zu hören bekommen, daß er es bedauern wird, gekommen zu fein!" Der Hauptgroll gegen Hohenlohe besteht darin, daß er ein Freund des verstorbenen Kardinals d'Andrea war und daß er sich jetzt gegen die dogmatische Definition der pabstlichen Un­fehlbarkeit erklärt hat. Bier Beamte des Concils wurden wegen der augsbnrgifchen Zeitungsartikel abgesetzt. Auch der Abbe Nikolaus Worsack, Sekretär des Bischofs Stroßmayer, wurde vom Concil verwiesen. Nach jeder Sitzung müssen die fünf Kar­dinal-Legaten dem Pabste referirrn." Es soll beschlossen sein, die Väter von der Beschwerlichkeit der Diskussion und den Mängeln der Akustik in der Concilsaula dadurch zu befreien, daß die münd­lichen Erörterungen überhaupt suspendirt, dagegen jedem Concils- mitgliede gestattet wird, seine Ansichten über die jedesmaligen Vor­lagen schriftlich auszudrücken und iu einem bestimmten Lokale nie- derzulcgcn, in welchem jeder Bischof Gelegenheit hätte, nach freiem Belieben Einsicht von den betreffenden Schriftstücken zu nehmen.

Aus Rußland. Ein katholischer Priester, der einige Zeit im Auslände, angeblich in Preußen, sich anfgehalten, wurde bei seiner Rückkehr in Wilna verhaftet, weil er heimlich in Rom ge­wesen sein soll, was keinem Geistlichen ohne Erlaubnis der Re­gierung gestattet ist. Kann er die Anklage nicht widerlegen, so hat er Verschickung nach Sibirien zu erwarten

Ein Wunderkind. Wie amerikanische Blätter berichten, beabsichtigt Miß Helly, ein junges Mädchen, demnächst Europa zu besuchen und ihre zwei Köpfe bewundern zu lassen, mit denen sie zur Welt gekommen. Beide Köpfe sind schön; mit vier Augen und zwei geläufigen Zungen bethört sie die Männerwelt. Mit dem einen Munde singt sie Sopran, mit dem zweiten Contra-Alt. Zu gleicher Zeit kann sie über zwei verschiedene Gegenstände sprechen, und wenn sie allein ist, kann sie sich mit sich selber sehr gut unterhalten. Mit einem Kopfe zürnt sie, während der andere einen tollen Einfall hat rc. L>o, wie gesagt, ist in ame­rikanischen Blätter zu lesen; wer's glaubt ist kein Verbrecher, wer's aber nicht glaubt, begeht gewiß keine Sünde.

Bor zwanzig Jahre».

(Jortsetnmg und .Schluß.)

Versetzen wir uns in jene Zeit, geneigter Leser, und treten einmal zusammen auf ein Polizeibüreau, um vielleicht pflichtschul­digst unfern Paß abzugcben oder unsere Aufenthaltskarte zu holen welche an .Injurien grenzende Grobheiten müssen wir uns da von jedem Schreiber gefallen lassen! mit welchen Mienen und Gebcrden werden uns da Papiere aus den Händen gerissen und wie werden wir angeschnauzt! Doch wohl uns, wenn es nur recht bald geschieht und wir nicht so lange warten müssen wie jene beiden armen Teufel von Handwerksburschen, die, nachdem sie schon einmal wieder hinausgeschickt worden sind, um ihre Hüte vor der Thür niederzulegen, nun in einer Ecke des Saals ängstlich daraus harren, ihre Pässe vorlegen und visiren lassen zu dürfen. Kaum wagen sie ihre Anwesenheit durch ein lautes Athmen kund zu geben und haben nur fortwährend die gestrengen Herren mit den Federn hinter den Ohren oder in den Händen im Auge, ob dieselben, da eine freundliche Aufforderung näher zu treten, un­denkbar ist, nicht vielleicht durch irgend ein Zeichen, sei es ein lautes Räuspern oder Husten, zu veranlassen sind, ihnen irgend­wie anzudeuten, daß nunmehr vielleicht bald die Abfertigung erfol­gen könne.

Berüchtigt wegen ihrer Grobheit waren auch die Postbeamten, und eS machte bereits am Ende der dreißiger Jahre einen unge­mein wohlthuenden Eindruck aus das Publicum, sich von den eben iu Thütigkcit gesetzten Eisenbahnbeamten auf eine zuvorkommende, höfliche Weise behandelt zu sehen, eine Erscheinung, die bis da­hin iu der Beamtenwelt ohne Beispiel war und auch nicht ohne eine einflußreiche Rückwirkung auf die Postbeamte» blieb.

Ueber das Betragen der Grenzausseher an den unzähligen Grenzmarken unserer sechs und dreißig Vaterländer wollen wir einen Schleier werfen. Die altern unserer Leser werden sich der Plackereien, die man an der Grenze jedes Duodezstaates erdulden mußte, sowie der Insulten, denen man diesen Herren gegenüber ausgesetzt war, wohl noch lebhaft erinnern; so etwas vergißt sich so leicht nicht wieder.

Doch wie schon angedeutct, war cs iu andern Verhältnissen nicht viel besser.

Vor allen hatte das Bevormundungssystem, die Inhumanität, die Anmaßung und der Dummstolz leider auch in den Schulen ihren Sitz ausgeschlagen, ja, hier war ihre eigentliche Urheimat, von wo aus sie in das bürgerliche Leben übergingen.

Der Elementarlehrer mit dem Stocke in der Hand war eben so herrschfüchtig und brutal und vou einem eben so wahnsinnigen Ehrgeize besessen wie der Gymaiiallehrer, der seine erwachsenen Schüler wie unvernünftige Knaben behandelt und dieselben, jede Regung von Selbstständigkeit in ihnen erstickend, am Gängelbande leitete.

Was war die natürliche Folge eines solchen Verfahrens? Die Heranwachsende Generation, die nicht gelernt hatte, auf eigenen Füßen zu stehen, blieb zeitlebens unselbstständig und unmündig, auch verlor sie den ihr eingeimpften Kncchtssinn und Servilismus niemals wieder. Schon jeder deutsche Knabe und Jüngling trug daher zur Selbstbewachung und zur fernen vollständigen Ausbil­dung zum Philister seinen Gendarm in der Brust. Ein Verstoß gegen die Subordination und ein Jrrthum in der Titulatur war die größte Sünde, die ein Deutscher begehen konnte.

Herrschsucht und Despotismus aus der einen, Knechtssüm und Servilismus auf der andern Seite reichten sich also brüder­lich die Hand und erzeugten sich gegenseitig.

Unter den Einflüssen solcher knechtischer Erziehung und solchen gänzlich unfreien Lebens erwuchs natürlich ein unselbstständiges, schlaffes Bürgerthum, welches unfähig und indolent zugleich war, sich aus dem alten fluchwürdigen Schlendrian empor zu raffen, sich mit sittlicher Kraft zu umgürten uud seine Angelegenheiten selbst in die Hand zu nehmen; unter jenen Einflüssen erwuchs auch jenes geistig stumpfe, moralisch und sittlich verkommene, allen geistigen Aufschwungs baare Geschöpf, welches unter dem Namen des deutschen Philisters eine so traurige Berühmtheit in der ganzen Welt erlangt hat. Der deutsche Philister ist bekanntlich ein Hemmschuh für jeden Fortschritt, eine Stütze für jeden Finster­ling und ein gefügiges Werkzeug in den Händen der politischen und kirchlichen Reaction, ein Mensch von dem gröbsten Eigennutz beseelt, der jedes Glaubens an das Edle, Schöne uud Gute, ja selbst der Empfindung dafür ermangelt und für Geld selbst seine jämmerliche Seele verkaufen würde.

Allein der frische Morgenhauch, der im Jahre 1848 durch die Völker ging, ist auch an de» Köpfen der deutschen Philister nicht spurlos vorüber gebraust. Er hat sie ausgerüttelt aus ihrem Traumleben, hat sie gekräftigt und mit neuem Inhalte erfüllt, so daß wir jetzt die sicherste Hoffnung hegen dürfen: das deutsche Philisterthum ist im Allssterben begriffen!

Die iu Jahrhunderte langem Jammer und Elend, in Jahr­hunderte langer Bedrückung und Knechtschaft erzogene deutsche Nation hat sich, nachdem sie 1813 ihre Kraft erprobt, im Jahr 1848 von ihrer alten Bevormundung für immer befreit und mündig gemacht.

Sie ist in ihrer Gesammtheit ihrer Menschenwürde und ihres Werthes sich wieder bewußt geworden, und hat mit ihrer Emanci- pation vou den Standesvorurtheilen auch ihre Pedanterie und Bedieutenseligkeit abgelegt.

Mächtig ist der Aufschwung, den sie seit jener Zeit genom­men ; das Jahr 1866, welches ohne das Jahr 1848 niemals erschienen wäre, liefert den deutlichsten Beweis dafür. Mächtig regt sich in ihr ein edler Wetteifer und ein kräftiges Ringen und Streben. Sie hat damit ihrem gewaltigen Geiste eilte neue Bahn gebrochen und ihr letztes Wort im großen Kriegs- und Friedens­räte der Völker noch nicht gesprochen.

) Die chinesische Höflichkeit verlangt, daß der

Chinese in der Unterhaltung die schmeichelhaftesten Komplimente an seine Mitsprecher richtet, die dieser mit der größtmöglichsten Selbsterniedrigung beantworten muß. Der Engländer Cooper gibt folgende Probe eines derartigen Zwiegesprächs:

Wie befindet sich der berühmte und glorreiche Khan?

Mein verächtlicher Balg befindet sich durchaus nicht schlecht.

Wo liegt Ihr kostbarer Palast?

Mein unwürdiges Hundeloch liegt in Luchau. "

Ist Ihre edle Familie zahlreich?

Ich habe nur fünf elende Mißgeburten.

Ist die kostbare Gcsundtheit Ihrer ausgezeichneten Frau Gemahlin zufriedestellend?

Das scheußliche alte Weib platzt vor Gesundheit.

Man muß zugeben, daß unwürdige Bescheidenheit einen Hähern Grad nicht erreichen kann.

Freiheit. Friedrich der Große kannte recht wohl die um sich greifende Neigung eines Volks zur Freiheit. Er wußte, daß der Freiheitsgeist epidemisch war, und hatte keine Lust, in seinen Unterthanen eine solche Stimmung rege zu machen, die ihm für die bürgerliche Ordnung gefährlich schien. Als ihn der alte Franklin um seinen Beistand für Amerika ersuchte, fragte ihn der König, was er zum Zweck hätte?Freiheit, Sire," antwortete der Philosoph von Philadelphia;Freiheit! die freie Selbstständig­keit, die das Geburtsrccht des Menschen ist." Der Monarch gab, nach einer kurzen Pause, folgende merkwürdige und königliche Antwort:Ich bin als ein Prinz geboren , ich bin ein König geworden, und ich will die Macht, die ich besitze, nicht zum Ruin

meines eigenen S tandes anrvendcn. _

Redaktion, Druck und Verlag der G. W- Zaiser'schen Buchhandlung»