T a g e s - N e u i g k e i t e n. !
Stuttgart, 28. Feb. <6. Sitz, der ev- Landes-Svnode.) Das Diarium enthält heute nur einen anonymen Einlaus, der sich aus die Wünsche des Präl. v. Kapfs bezieht und einfach bei Seite gelegt wird.
». Gcmmingen entwickelt seinen Antrag aus Organisation der Kirchengemeinde: der Antrag geht weiter dahin: Hohe Synode wolle an das Kirchenregiment das Ersuchen richten, bei der Staatsregierung dahin zu wirken, daß die Organisation der evangelischen Kirchengcmeinden zur Durchführung gebracht und zu diesem Zwecke die Leitung und Wabrung der inneren kirchlichen Angelegenheiten, die Verwaltung der vermögensrechtlichen Angelegenheiten, sowie die rechtliche Vertretung der Kirchen- gemeinde durch besondere kirchliche Organe unter Aussicht der vorgeseh- ! ten Kircheubehörde ausgeführt werde. Wird an die kirchenrechtliche ! Kommission verwiesen. Lied will die kirchenrechtlichen Stiftungen unter ! die Aufsicht der Psarrgemeinderäthe stellen, ebenso das Kirchenopfer, i Wird an die kirchenrechtliche Kommission verwiesen. Präl. v. Hauber j erstattet einen ungedruckten Bericht der kirchenrechtlichen Kommission i über den Antrag, betr. eine Bitte um Vertagung der Synode für einige ! Zeit. Der Antrag der Kommission geht dahin: vorläufig den Gang der Synodalgeschäfte abzuwartcn und die gezeichnete Bitte nicht zu stellen. Die Synode beschließt also. Brackenhammer begründet den Antrag auf Zuweisung des Synodalgutachtens, betr. die Behandlung der Rechtsverhältnisse der Dissidentenvereine. Minister v. Golther gibt Aufschluß ! über den Gesetzesentwurf, der in der Grundlage, auf der er eingebracht worden, — in der Grundlage der völligen Religionsfreiheit, von der Kammer der Abgeordneten mit allen gegen 1 Stimme erbeten worden. Der Schutz der bestehenden Religionsgesellschaften sei vollständig gesichert. ! In dieser Richtung sei die Verfassung maßgebend. Der Gegenstand wird j an die kirchenrechtliche Kommission verwiesen. Leibbrand entwickelt sei- ! nen Antrag hinsichtlich der Gesetzgebung über die Sonntagsfeier. Frei- ^ Hofer entwickelt einen Antrag auf Errichtung von Ortsstatuten, durch : welche die Sonntagsseier, wie sie in einzelnen Gemeinden sich historisch > herausgebildet festgesetzt würde. Der Gegenstand wirdandieKommissionsür ! christliches Leben verwiesen Gevrgii begründet einen Antrag, durch den ^ er dem Pfarrgemcinderath ein Mitwirkungsrecht bei Besetzung der Pfarrstellen einräumen will. Der Gegenstand wirb an die kirchenrechtliche Kommission verwiesen. — Rieger entwickelt in seinem Namen und im Aufträge von Fachler, Wächter, Presset und Burk einen auf Wahrung des kirchlichen Charakters der theologischen Seminare gestellten Antrag. ! Es soll die Oberkirchenbehörde dahin wirken, baß nicht bloß Wissenschaft- j lich tüchtige, sondern auch Männer von kirchlicher Gesinnung, und Haupt- j sächlich solche, zu Lehrern und Vorständen bestellt würden. Der Antrag - wird der Kommission für Lehre und Kultus zugewiesen. Verwandt mit l diesem Gegenstände ist der Antrag von Haas, betr. Abänderungen im I Bildungs- und Erziehungsgange der evangelischen Theologen; er schlägt ; vor, es solle in Tübingen ein Lehrstuhl für praktische Religion errichtet s werben, wo sämtliche L-tudirende ein Kollegium zu hören hätten. Der Vortrag findet in seinem Detail den lebhaftesten Widerspruch; er wird jedoch zu sormeller Behandlung durch eine Kommission (für Lehre und Kultus) zugclassen. Dietrich bringt noch einen ökonomischen Gegenstand zur Sprache; unbedingte Erhaltung der Jmmobilbesoldungen der Psarr- und Meßnerstellen; ebenso bittet er nachznsehen, wie Pfarrer und Nießner mit den Grundstücken wirthschasten, die ihnen zur Benützung angewiesen werben; cs werden dieselben zum Theil verpachtet, zum Raubbau ! benützt und damit für längere Zeit geradezu werthlos gemacht. Hiege- ^ gen sollen Schutzmaßregcln getroffen werden. Die beiden Gegenstände ! werden der ökonomischen Kommission zugewiesen. Durch Konsistoriul- note wird mitgetheilt, daß Prof. Dr. v. Palmer zum Vicepräfidcntcn I der Synode ernannt sei.
Calw, 28. Febr. Gestern ist der vom Kapellenberg in den Thälesbach bei Hirschau führende Tunnel der Stuttgarter Linie glücklich durchbrochen worden.
In Geislingen fand am letzten Sonntag die Lan besser sammlung der „Deutschen Partei" statt, welche sehr zahlreich aus allen Theilen des Landes ob und unter der Steig besucht war. Auch Nagold hatte hiebei seine Vertretung. Die Stadt hatte ihren Festschmuck angelegt, die Häuser waren deko- rirt und überall sah man Flaggen mit den norddeutschen Bundesfarben. Die Gäste wurden mit Böllersalven empfangen und durch Bürger vom Bahnhofe in die Stadt geleitet. In der Turnhalle, welche die Menge nicht zu fassen vermochte, eröff- nete Holder die Versammlung. Dr. Knauß wurde zum Vorsitzenden, Dr. Leube aus Ulm und Rechts-Cons. Zeller aus Stuttgart zu Sekretären bestimmt. Es wurden 3 Anträge in Bezug auf die deutsche Frage, die Verfassungs- und Verwal- tungsreform und die Steuerreform in Württemberg berathen und angenommen. Als Redner traten auf Holder, Dr. vang von Stuttgart, Prof. Römer von Tübingen, Dr. Ed. Pfeiffer, Th. Miller von Riedlingen und Dr. Elben von Stuttgart. Abends war ein zahlreich besuchtes Banket im Gafthof zum Kreuz. Trinksprüche wurden ausgebracht von dem Abg. Lemppenau auf die Stadt Geislingen, A. Hochbcrger sprach über die Arbeiterfrage; die Höhe einer politischen Debatte aber erreichte das Banket noch einmal, als 'Staatsrath Goppelt das Wort ergriff und in eindrucksvollster, wahrhaft ergreifender Weise die Pflege des Na- j
tionalgefühls empfahl und die Derrätherci derjenigen brandmarkte, die, an die unedlen Triebe des Volkes sich wendend, einem Theile der Nation die Neutralität in einem Kriege empfehlen, der um die Existenz der ganzen Nation geführt würde.
Göppingen, 22. Febr. Die Jebenhauser Augeschuldigten wegen des bei der letzten Abgeordnetenwahl an der Lande- rer'schen Anstalt vorgekommenen Tumults wurden von dem Gerichtshöfe in Ulm freigesprochcn und die Kosten auf die Kgl. Staatskasse übernommen.
Die Gcwerbebank in Ulm zählt 170 Mitglieder mit 144,V40 fl. Monatseinlagen, und hatte im vergangenen Jahr einen Totalumsatz von 4,600,000 fl. Die Gcwerbebank in Böblingen zählt 204 Mitglieder und halte im letzten Jahr einen Umsatz von 76,048 fl. 15 kr. Die erstere Bank brachte 8'/,, die letztere 8 Proz. Dividende an ihre Mitglieder zur Vertheilung.
Friedrichshafen, 27. Febr. Heute wurden mit dem Trajektschiff 14 Eisenbahnwagen zwischen Friedrichshofen und Romanshorn befördert.
Karlsruhe, 27. Febr. In der heute hier stattgehabten Serienzichung der badischen 35-fl.-Loose wurden nachstehende 50 Serien gezogen: 104 151 236 323 40l 68l 880 1187 1248 1321 13-52 4377 1520 1573 >574 1713 1780 2133 2341
2948 3147 3150 3408 3601 3994 4098 4225 4611 4684
5149 5174 5333 5360 5518 5591 5611 6060 6370 6420
6655 6973 7062 7115 7166 7210 7497 7635 7666 7759
7967.
Ueberdie Geistesgegenwart und den Muth einer Holzländischen Bäurin schreibt das „Skr. Tgbl." Folgendes: In der Umgegend von Siinbach bei Lindau liegt ein Einödhof. Unter dem Hochamt des Lichtmeßtages war die Bäurin allein zu Haus, eben mit dem Herausbacken der gebräuchlichen Lichtmeßküchlein beschäftigt. Da fand sich ein Krüppel vor der Hausthüre ein. Zwar das Gesicht und die breitschultrige Postur deutete eher auf einen stämmigen Burschen. Doch trippelte er erbärmlich; die beiden Beine waren mit dicken Hadern umwickelt, auch klapperte er mit den Zähnen vor Frost. So sprach er um Almosen und Einlaß vor. Die Bäurin überwand ihren instinktartigen Verdacht, gab und wies ihm die Ofenbank an. Sie selbst wartete ihren Kücheln ab. Plötzlich stand der vermeintliche Krüppel als Raubmörder vor ihr, in der einen Hand ein gespanntes Doppeltcrzerol, in der andern ein blitzendes Messer, mit der Drohung: „MauStodt bist du, wenn du nicht alles Geld hcrgibst." Die Bäurin ent- gegnete mit Fassung: „O ja. che ich das Leben opfere, bringe ich dir gerne alles Geld; mehr haben wir ohnehin nicht zu Hause, als die Dienstbotcnlöhne. Aber, fügte sie bei, gedulde dich cii en Augenblick; che ich in die Kammer gehe, muß ich den Kessel vom Herd heben, sonst könnte das Schmal; und mit ihm ganz Haus und Hof in Flammen aurgehen!" Der Räuber ließ es geschehen. Die Bäurin den Kessel ergreifen, ihn emporheben, das siedende Schmalz dem nichts ahnenden Vagabunden ins Gesicht schütten, war das Werk einer wahren Blitzesschnelle. Der Gefährliche stürzte entwaffnet zu Boden, krümmte sich unter Feuersqualen; bis die andern nach Hause kamen, war er eine Leiche. In den Falten der Fußhadern fand man noch 2 Stilete.
Berlin, 1. März. Der Rücktritt Usedoms von seinem nordd. Gcsandtschaftsposten in Florenz wird bestätigt. Der König hat sein Entlassungsgcsuch angenommen. Er ist, wie versichert wird, zur Disposition gestellt. (S. M.)
Es geht das Gerücht, der Herzog von Koburg-Gotha wünsche, nach dem Beispiele Waldecks, die gesammte Verwaltung der Herzogthümer an Preußen abzutretcn.
Wien, 15. Feb. Wie hier erzählt wird, soll die Unglücksbotschaft vom Untergang der Fregatte „Radetzky" und dem Verluste so vieler Menschenleben auf den Kaiser eine erschütternde Wirkung ausgeübt haben. Se. Majestät gerieth in eine so heftige Gemüthsaufreguug, daß Eisumschläge angewendet werden mußten, um den Andrang des Blutes nach dem Kopfe zu paralysiren.
In Grenoble hat die Baronin de Brayer ihren Mann, ihren 14jährigen Sohn und sich selbst erschossen. Als man die von innen verschlossene Thür der Wohnung öffnete, waren die drei Personen todt. Die Baronin hatte sich ins Herz geschossen und hielt den Revolver noch in der Hand.
Rtvatrion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.