überlangen. Römer will keine Adreßdebatte: sic könnte am Ende z>c einem Vertrauensvotum führen gegen ein Ntinisteriuin, zn dem er nun einmal nicht daS allergeringste Vertrauen habe. Durch die schwankende Haltung der Regierung sei man jetzt dabin gekommen, daß unsere Re­gierung, ja auch das Land alles Vertrauen zu sich selbst und im Aus­lände verloren habe. Dieses Mißtrauen könnte durch eine Adreßdebatte nur noch gesteigert werden. Im klebrigen gehe er ans diesen Gründen dem Kampfe, aber nur ungerue, aus dem Weg. Widemann erwartet von der Debatte insbesondere, daß die Regierung ihre Plane für die nächste Zukunft werde andenten müssen. Die Thronrede habe keine Par­tei befriedigt. Pfeiffer findet den Passus in der Thronrede unbegreiflich, der eine Verfassungsrevision nur bedingt ausspricht und zwar wenige Monate, nachdem die Wahlen der Regierung das eclatanteste Mißtrauens­votum gegeben. Becher: Der Ausspruch der Regierung über die Ver- fafsungsrevisie'n sei nicht antastbar, denn die Regierung sei vermöge ih­rer Initiative in ihrem formellen Rechte: aber gerade deßhalb müsse die Regierung erinnert werben. Schmiv von Ebingen erwartet von de? Adreßberathuug Klarstellung des Südbundes. Holder meint, es wäre doch endlich einmal am Platze, die schon nach der Sprengung der Na­tionalversammlung versprochene Revision der Verfassung zur Wahrheit werden zu lassen. Vollmer: Der Münster, der mit leerem Portefeuille erschienen, brauche auch gar kein Portefeuille. Mehrere Redner, Gut­heinz re., verzichten. Oesterlen erwartet nicht, daß die Adreßdebatte Klarheit in die Verhältnisse bringen werde. Wenn es den Pceußenseenn- d'en so sehr um ein Mißtrauensvotum gegen das Ministerium zu lbun sei, warum sich dann dieselben mit der Mittelpartei verbunden haben gegen die demokratische Linke, um der Negierung in der Präsidentenwahl zu einem großartigen Vertrauensvotum (Kanzler v. Geßler) zu verhelfen?

Mohl mißtraut der Freisiunigkeit jener Leute, die geneigt seien, die Selbstständigkeit ihres Landes preiszugcben: diese Leute können nur die Absicht baden, ein Ministerium zn stürzen, um ein anderes an seine Stelle zu bringen. Im klebrigen danke er für eine Allianz von kOKö- psen: eine solche sei weder nützlich noch gefährlich. (Merkwürdig! Sind doch eben die von dem freisinnigen Mohl Angegriffenen der kleberzcu- gnng, daß durch das Verhalten ihrer Gegner die Selbstständigkeit unse­res Landes gefährdet wird.) Nachdem noch Karl Mayer für Vorlegung der Aktenstücke gesprochen, und sich Holder, Römer, Pfeiffer noch gegen Mohl und anderweitige Angriffe verwahrt, wird die Debatte ge­schlossen. Ter Antrag auf Erlassung einer Antwortsadrcsse wird mit großer Niehrheit angenommen. Bei der Wahl einer Adreßkommission erhalten stimmen: v. Hofer 88, v. Hauber 8k, Oesterlen 67, Mohl 65, Fricker 63, Probst 50, Becher 47, v. Gemmingen 46, v. Tannecker, Weilh Holder und Sarwcy je 44, Lchmid, Vollmer und Zimmerte je 43. Wei­tere Stimmen erhielten Desfner, Schwandner, Elben, Bavrhammer, v- Geßler. Nächste Sitzung Donnerstag 10 Uhr: Tagesordnung: Kommis- siouswahlen.

Tübingen, 6. Dez. Heute Morgen begann das Verfah­ren gegen Jakob Friedrich Roth fuß von Simmersfeld und Gen. wegen vorsätzlicher Körperverletzung und dadurch verschul­deter Tod tung. Da aber ein Hauptzeuge wegen gefährlicher Krankheit nicht erscheinen konnte, so wurde die Verhandlung auf Antrag der Vertheidiger alsbald abgebrochen und auf das nächste Quartal verschoben. Diese Verhandlung hätte wohl 3 Tage in Anspruch genommen. (T. Ehr.)

Herrenberg, 4. Dez. Der seit Monatsfrist vermißte ledige Schuhmacher G. Spieß von Nufringen, nach welchem im tiefsten Schnee fleißig, aber erfolglos gestreift und ans dessen Auffindung eine Prämie gesetzt wurde, ist, nach dem Thanwetter eingetreten, heute Nachmittag in der Nähe seiner Heimat in ei­nem Straßengraben am Oberjesinger Vicinalweg aufgefunden worden mit seinen Effekten. Ohne allen Zweifel ist derselbe am Abend des 6. Novbr. bei damaligem Schneegestöber ermattet und hat im Schnee und Eis den Tod gesunden.

König Ludwig von Bayern hat allen seinen Gesandren befohlen, deutsch zu schreiben und zu berichten und nicht mehr französisch.

Chorinski)'s geistiger und leiblicher Verfall schreitet im Julinshospital in Würzburg ungemein rasch vor. Größenwahn

er hält sich für den Sohn eines Kaisers und Licbeswahn mischt sich in ihm wunderlich mit religiösen Wahngcbilden.

Berlin, 30. Nov. Die Enthüllungen über die Vorberei­tungen des Krieges von 1806 auf französischer und östreichischer Seite sind noch immer nicht erschöpft, und es ist bemerkenswerth, daß, was bis jetzt darüber neuerdings in die Oeffentlichkeit ge­drungen ist, von keiner zuständigen Seite, weder in Wien, noch in Paris, Widerspruch erfahren hat. Gestern brachte die Mag­deburg. Ztg. noch einige ergänzende Einzelheiten zu dem, was Lurch Klaczko u. a. über die östreichisch-französischen Vereinba­rungen vor dem Kriege schon bekannt gewesen war. Hicnach war in der fraglichen Konvention, die der Verfasser schon vom Ende Mai 1866 datirt. Oestreich als Ersatz für seine Abtretung Venetiens ein Stück preußischen Gebiets zugesichert, und darun­ter war Schlesien verstanden, wenn es auch nicht ausdrücklich

bezeichnet war. Im Hintergründe war aber auch ein Gewinn für Frankreich Vorbehalten, den der Brief des Kaisers Napoleon vom II..Juni wahrte, ja die Ausdehnung der französischen Grenze, wenn die Karte zum Vorcheil einer Großmacht verändert werden sollte. Und dieß wäre geschehen, wenn Oestreich Schle­sien erhalten hätte. Daß Frankreichs Bescheidenheit dabei die Pfalz, Rheinhessen und Luxemburg im Auge hatte, erfuhr man im August, als Frankreich nach Sadoiva, mit Verwechslung der Adresse, sich nach Berlin wandte. Preußen wäre im Geiste des napoleonischen Junibrieses mit Schleswig-Holstein und Meck­lenburg abgcsunden worden. Das alles erklärt, wie schon im Mai 1866 ein östreichischer Minister einer hochgestellten Person schreiben konnte:Unsere Flanke ist gedeckt, wir haben uns mit Frankreich arrangirt." Nachdem also Frankreich durch Begünsti­gung des italienischen Bündnisses Preußen zum Kriege ermulhigt hatte, sollte Preußen der militärische Gewinnst des Bündnisses entzogen werden. Ucbereinstimmend geht aber aus allen Zeug­nissen hervor, daß es Oestreich war und nicht Preußen "das wegen der etwaigen Preisgebung deutschen Gebiets mit Frank­reich direkt oder indirekt Verabredungen getroffen hatte.

Berlin, 4. Dez. Der Ministerpräsident hat nicht ver­fehlt, sich sofort nach seiner Ankunft seinen Bekannten und Mit­arbeitern zu zeigen und durch zahlreichen Empfang recht vielen Personen Gelegenheit zu der autoptischen Wahrnehmung zu ge­ben, daß, was die offiziöse Presse fortwährend über sein Befin­den gemeldet hat, durchaus nicht ans der Lust gegriffen gewesen ist. Alle diejenigen, die ihn gesehen nnd gesprochen haben, ver­sichern übereinstimmend, daß er den Ausdruck geistiger und kör­perlicher Frische in hohem Grade wieder gewonnen habe. Heute um Ihr Uhr erschien er im Abgcordnctenhause. Die meisten Mit­glieder desselben begrüßten ihn durch Aufstehen von ihren Si­tzen. Verschiedene derselben wurden durch einen Händedruck aus­gezeichnet, unter ihnen auch der Abgeordnete Lasker. (S. V.)

Frankfurt, 8. Dez. In Fritzlar ist gestern in Folge eines Sturmes der Domthur m eingestürzt, die Frühmesse Be­suchenden begrabend. Bis Nachmittag waren 16 Leichen ausge- grabcn, 10 Personen werden noch vermißt. (S. M.)

In Essen kam es bei der Auflösung einer Arbciterversamm- lung zu einem Straßenkampf mit den Gensdarmcn und Polizi­sten zu vielen Verwundungen.

Wien, 3. Dezbr. Die Wiener Zeitung veröffentlicht ein kaiserl. Handschreiben, welches Baron v Ben st ans Anerken­nung und zum Beweise besonderen Wohlwollens des Kaisers in den erblichen Grafenstand erhebt.

Der 2. Dezember, der blutige Geburtstag des Napoleon'- schen Kaiserthums, ist in Paris still vorübcrgegangen. Napo­leon hatte in dem Baudin'schen Prozesse gezeigt, daß er die Eigenthümlichkeit mancher Familienväter hat, nicht gern an seinen Geburtstag erinnert zu werden, und seine lieben Pariser Kin­der ehrten diese Eigenthümlichkeit. Vorsichtshalber waren zwar die Truppen in den Kasernen konsignirt und die ganze Polizei stand auf der Lauer, auch hatten gewisse Aufrufe eingeladen, den 2. Dezember auf dem Grabe Baudins zu feiern, die Zeitungen aber warnten und sagten, man solle lieber das Stelldichein an der Wahlurne geben. Am stillsten haben die Verurtheilten in dem Baudin'schen Prozesse den Tag gefeiert, nemlich in den Ge­fängnissen.

Maorid, 6. Dez. Gestern hat in Cadix eine republika­nische Kundgebung staitgefunden, wobei die Truppen aufgefordert wurden, die Waffen niederzulegen. Ans die Weigerung der Truppen, sich ihrer Waffen zu begeben', errichteten die Republi­kaner Barrikaden, welche von den Truppen genominen wurden, worauf die Republikaner zerstreut wurden.

Die Palme

gebührt dieses Jahr wieder dem Lahrer Hinkenden Boten."

(Dr. Gihr's Sonntagsblatt.)

Briefkasten. Hr. W- in P. Die Aufnahme fragl. Artikels in unserem Blatte wäre schon erfolgt, wenn nicht über denselben Gegen­stand uns eine noch spezieller eingehende Abhandlnng für eine der näch­sten Nummern in Aussicht gestellt wäre.

Redaktion, Truck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.