Verfolgung ungesetzlich fei und daß nur feige oder feile Richter die Angeklagten verurlhcilen könnten; denn Baudin fei in Ver- theidigung der Verfassung gestorben, das Kaiferthum habe, als Napoleon feinen Staatsstreich machte, noch nicht bestanden. Die Minister find getheilter Meinung, sie fürchten die Aufregung, welche ein politischer Riesenprvzcß machen muß, Napoleon aber besteht auf rücksichtsloser' Verfolgung des Prozesses, er stolpert über den gefürchteten Geist Baudins. Gegen vier Pariser Zei­tungen haben bereits die Verhandlungen vor dem Znchlpolizeigerichtc begonnen. Die Regierung nimm! zu dem alten Kunststück Zu­flucht, die Sammlung als Vorwand nnszngeben, hinter derselben lauere eine große Verschwörung, deren Häupter man bereits kenne u. s. w.

DaS Juchtpolizeigericht in Paris hat die in Sachen Bau­din angcklagten Redakteure verurtheili: Detejclüze zu 6 Monat Gesangniß, 2000 Franks Geldbuße und Vertust des Slaatsbür- gerrechls; die Herren Gaillard und Peprat zu > Monat Gesäiig- niß, die andern zu 1501000 Franks Geldbttße.

Madrid, 14. Nov. Die ,Nord-Ost-Eorresp." bespricht die Kandidatur des Prinzen Leopold v. H ohen; oll c r n. Prim sei zwar gegen ihn wie gegen jeden Deutschen, dagegen habe er Ferdinand von Portugal und Marschall Serrano für sich. Das genannte Blatt findet in der wohlwollenden Sprache, welche die preußische Thronrede gegenüber der spanischen Revolution geführt har, die Absicht, die Kandidatur des Hohenzollerns zu unterstützen.

London, 14. 'Nov. Lord Stautet) hielt gestern eine Anrede zu Kings Lynn, worin er sagte, die auswärtige Politik Englands bestehe in guten Beziehungen zu allen Ländern. In­dem wir Neutralität beobachteten, fuhr er fort, wahrten wir den Frieden Europas, als die Luxemburger Frage aufgeworfen wurde. Die Eifersucht und die furchtbaren Rüstungen Frankreichs und Preußens verursachen gerechte Besorgnisse. Allein wenn der Friede noch zwei oder drei Jahre lang erhalten bleibe, so glaube er, Frankreich werde dazu gelangen, sich in die unvermeidliche Einigung Deutschlands unter Führung Preußens zu schicken. Dagegen fürchtet Lord Stanley, daß im Osten Wirren sich vor­bereiten. Er sagte, die Gefahren drohen der Türkei im Innern, nicht im Ausland. Das Bündniß mit befreundeten Mächten könne den Bankerott der Regierung und den Abfall der Provin­zen nicht verhindern. Die Lage der irischen Kirche erheische Re­formen, aber nicht Abschaffung der Kirche. Bezüglich Spaniens werde England jede Einmischung in die dortigen Verhältnisse ver­meiden. (S. M.)

Am 17. Okt. d. I. wurde zu Ehren des ersten Norddeut­schen Generalkonsuls, Dr. I. Rösing in New-Iork ein Festmahl gegeben, an dem der Zolldirckior und mehrere Generale der Vereinigten Staaten, der Präsident der Emigranten-Commission, der russische, englische, österreichische Generalconsul und viele an­dere angesehene Männer Theil nahmen. Besonders stark waren die ansässigen Süddeutschen und namentlich die Frankfurter ver­treten. Der Vorsitzende war unser Landsmann Gustav Schwab. (Sohn des ch Dichters G. Schwab, früheren Professors in Stutt­gart und nachherigen Pfarrers in Gomaringen.) Es wurden hiebei Toaste aus das deutsche Vaterland, den Grasen Bismarck, der Anschluß der süddeutschen Staaten und die Verlheidigung der deutschen Grenzen ansgebracht.

Rache und Segen.

(Fortselnuig.)

Mitternacht war vorüber. Lautes Geschrei und der Huf- fchlag von Pferden unterbrach die Stille, die über Warschau herrschte. Das russische Heer, das die Stadt besetzt hielt, sollte sich sammeln und belebte jetzt die Straßen. Eouriere sprengten von dannen, um dem Oberscldhcrrn die Nachricht zu überbringen, daß eilt Eorps Insurgenten auf die Hauptstadt anrücke, und als­bald traf der Befehl zum Ausmarschc ein. Vorwärts ging cs in die dunkle kalte Nacht hinaus. Der Morgen dämmerte, als auch das Kanonen- und Gewehrseuer schon begonnen hatte. Die Erde dröhnte von den mörderischen Schlägen, dem Austritt gan­zer Eolonncn und dem Gestampf der Rosse; die von Oualui er­füllte Lust erbebte von Wassenklirrcn, Commandornscn, Flüchen, Wach- und Schmerzgcschrei. So tobte die Schlacht mehrere Stunden hindurch, bis sie in verzweifelte» Einzelkämpfen endigte. Die Uebcrmacht der Russen hatte gesiegt. Zorn und Rache glü­

hend zogen sich die Ucberrcste des kleinen polnischen Heerhaufens zurück^ Zahllose Opfer an Kriegern und Pferden, zerbrochene Waffen und Wagen bedeckten den Boden.

klnter den Todten und Sterbenden erhob sich ein Offizier höheren Ranges; er war au der Schulter verwundet. Neben ihm stöhnte und röchelte ein sterbender Gensd'arm; seine Brust war mit Blut bedeckt; in seinem linken Arm hielt er einen Kna­ben, der sich weinend von ihm loszuwinden bemühte. Das Auge des Sterbenden blitzte bei dcS Knaben ohnmächtigen Versuchen in wilder Freude auf; fester drückte er ihn an seine Brust, zog einen Dolch heraus und, seine letzten Kräfte »och zusammenraf- send, zückte er jcncu nach dem Herzen des Kindes.Jetzt," sprach er,eile in die Arme Deiner Mutter!"

Der läute Wehrus des Knaben lenkte die Aufmerksamkeit des Verwundeten ans diesen Act menschlicher Bosheit; noch be­merkte er, wie die-Hand des Mörders den Dolch langsam zurückzog.

Unseliger!" rief er entrüstet,was hat Dir dieses schuld­lose Kind gethan?" Er stand aus, denn das Entsetzen hatte seine eigene Schwäche und seinen eigenen Schmerz überwunden, und näherte sich den Beiden, über welche er sich sonwährend beugte. Der Mörder antwortete nicht. Sein Auge, auf den Knaben ge­richtet, schwebte ein wildes befriedigendes Lächeln über seine Züge; seine Glieder streckten sich, es zuckte um seine Lippen - und ein srevelvolles Dasein hatte mit ihm geendet. Schaudernd stand der Offizier und fast betäubt vor diesem Anblicke. In der Hei- math hatte er Gattin und Kinder wenn dieser blutige Dolch das Herz seines Sohnes getroffen! Ein unendliches Milleiden für den armen Knaben, der blutend und noch lebend am Boden zuckte, ergriff ihn; er suchte ihn von dem Todten zu befreien, war aber von seinem eigenen Blutverluste jo geschwächt, daß er sich vergebens bemühte und sich nach anderem Beistände umschauen mußte. Schon wollte er wankend weiter schreileit, als er sich von einem starken, stützenden Arme ergriffen fühlte.

Theurer, gnädiger Herr, Sie leben!" redete ihn eine be­kannte Stimme an.

Der Offizier wendete sich um und blickte in das von Frcu- denlhränen üherfluthete Gesicht seines alten treuen Dieners.

Mein braver Stephan, Du bist cs!" rief er,habe Dank; Du kommst zur rechten Stunde wie war cs Dir möglich, mich unter diesen Hunderten von Leichen und Krüppeln hcrans- zusinden M

Gott, und meine Angst um Sic, gnädiger Herr, lenkten meine Schritte. Sic sind gefährlich verwundet, kommen Sie, stützen Sie sich fest aus den alten Stephan, er har noch Kraft genug seinen thcuercn Herrn nach einer der nächsten Hütten zu schleppen."

Nein," sagte der Offizier,meine Wunde ist nicht so ge­fährlich als die des armen Knaben hier, der in seinem Schmerze und seiner Wehrlosigkeit so flehend zu uns cmporblickt. Befreie ihn aus den eiserne» Armen seines ruchlosen Mörders und nimm ihn mit Dir. Der Himmel hat mich zu seiner Rettung auser- sehen und ich ivill ihn als mein eigenes Kind betrachten. Beeile Dich, ihn wegzubriugeu, daß ihm schnelle Hilfe zu Theil werde. Ich werde euch schon noch folgen können."

Jahre waren über die blutigen Opfer von 1800 und 31 i dahiugeschwundeu; Polen der unumschränkte» Herrschaft des Kai­sers Nikolaus l. anheimgesallen, Harle seine Selbstständigkeit ein­gebüßt und war ans der Liste der europäischen Staaten gestri­chen worden. Die Reste seiner Regierungsbehörden, diese letzten Jeugcn seiner einstigen Macht, hatten sich zwar nach Plock und Modlin zurückgezogen, mußten aber eine Festung um die andere den Feinden überlassen. Die Vornehmsten und Altführer waren geflohen, ihre Güter wurden consiscirt, sie selbst geächtet. Das niedere Volk unterwarf sich mit Ingrimm; mit neuen größeren Steuern belastet, wurde es fest an Rußland gekettet und das Land durch einen kaiserlichen Ukas jenem Reiche einverleibt.

(Fortsetmng Etat.)

Wen» je ein Polkskaleirder

seine Aufgabe, zu unterhalten, zu bilden, zu nützen w., erfüllt, so ist es dieser (Lahrer Hinkender Bote), der in einer Auflage von 500,000 Exemplaren über ganz Deutschland verbreitet Ist.

(D i d a s k a l i a.)

AitMty a, Trag and Verlag der Ä. W. ,staiier'»«!l Buchhandlung.