Calw, 16. Okt. Interessant für Alterthumsforscher möchte nachstehende Notiz aus Hirsau sein. Am 11. Oktober stieß der daselbst wohnhafte Gerber Chr. Lörcher beim Graben einer neuen Lohgrube schon in der Tiefe von 2 Fuß auf menschliche Skelette, die schichtenweise übereinander gelagert bis in die Tiefe von 12 Fnß gefunden wurden. An mehreren der «Schädel fan­den sich noch dichte Spuren von Haaren, wie überhaupt die Ske­lette ganz tadellos erhalten waren, zerfielen jedoch bei Eindrin­gen der Luft in Staub. Schmucksachen wurden bei keinem der Skelette gefunden, und cs liegt die Annahme vor, daß solche die sterblichen Reste der im Kloster Hirsau verstorbenen Mönche vor­stellen. Der Masse der Skelette, ihrer durchaus schwarzen Farbe, und fast steinartigen Struktur nach zu urtheilen, müssen diese Skelette jedenfalls seit langen Jahren dort gelegen haben; es wäre wnnschenswerth zu erfahren, ob diese Leichen nicht schon von der Zeit herrühren, als auch dieses idyllische Schwarzwald- thal einen gefährlichen Badgast beherbergte, die schwarze Pest, die der Klosterkronik von Hirsau zufolge im Jahre 1001 ihre Opfer nach Tausenden forderte. Diese Annahme erscheint um so gerechtfertigter, als es außer Zweifel steht, daß das Haus des Gerber s. Z. im innigsten Zusammenhang mit dem Kloster stand, wie auch an dessen Haus der Schutzpatron des Klosters St. Aurelius angebracht istt Weitere Nachgrabungen dürften wohl manches auf die damalige Zeit Bezügliches zu Tage för­dern. (S- M.)

Tübingen. Hr. Professor Dr. Bischer soll einen Ruf nach Wien erhalten haben.

Ulm, 19. Okt. Ihre Königlichen Majestäten haben die Gewinnste, welche aus die von ihnen bezogenen Loosuummern der Münsterbaulotterie gefallen sind, und die neben mehreren Kunst- gegenständen in 060 fl. Geld bestehen, dem Münsterbaufond zu­gewiesen. Der glückliche Gewinner der 10,000 fl. ist ein Ar­beiter einer Nürnberger Tabakfabrik.

Vom Hopfengeschäft ist nichts Tröstliches zu berichten. Die Preise, welche gegenwärtig bezahlt werden, stehen so sehr unter dem Werth des Products, daß jedem, der Hopfen baut, die Lust und Freude daran vergeht. Wir hören, daß für Mit­telware 1-018 fl. und für schöne Ware 2220 fl. angeboten werden! Und doch schlägt mancher los aus Furcht, er möchte sein Product nicht mehr an Mann bringen! Andere hoffen auf Bes­serung, sie gehen zumNeuen" und suchen Trost in dem Lied: Es kann ja nicht immer so bleiben rc.". (T. Chr.)

Berlin, 17. Okt. . DerStaatsanzeiger" enthält eine vom 10. Oktober datirte königl. Verordnung, durch welche der Landtag ans den 4. November einberufen wird. Die Verordnung ist vom Grafen Bismarck mittntterzeichnet.

Berlin, 17. Okt. Die Kreuzz. spricht sichzu Nuz und Frommen der französ. Presse und des dän. Reichstags" über die nordschleswig'sche Frage dahinaus:Nie und nimmer wird und kann Preußen freiwillig auf die Position Düppel-Al­fen, also auch auf Flensburg nichl, verzichten. Niemals ist an einen solchen Verzicht unsererseits gedacht worden; niemals hoffen wir, wird derselbe ernstlich von der dän. Regierung gefordert werden. Sollte er aber doch gefordert werden, nun denn, so wird sich's um einen Kampf handeln aus Leben und Tod."

Berlin, 18. Okt. Daß die Naturalisation eines Ange­hörigen eines deutschen Staates in einem andern deutschen Staate nicht eher erfolgen soll, als die Entlassung desselben aus seinem bisherigen Staate erfolgt ist, darüber hat Preußen im vorigen Jahr mit Hessen, im September dieses Jahres auch mit Würt­temberg einen besonderen Vertrag abgeschlossen. (S. V.)

Der große Theologe Schleiermacher in Berlin ist noch nicht vergessen, obwohl er unter den Jüngern nicht viele Jünger hat. Sein 100. Geburtstag wird am 21. Novbr. in Berlin und an­dern Städten gefeiert werden, der Herr Cultusminister und Pa­stor Knak werden nicht unter den Feiernden sein. Schleierma­cher war ein seltener Kopf und eine seltene Natur, eminenter Scharfsinn und freieste Kritik verbanden sich in ihm mit tiesin- nerlicher Frömmigkeit. Die Religion war ihm im tiefsten Grunde Abhängigkeitsgefühl. In diesen: Gefühle bewegte er sich in den Dingen der Welt mit der größten Freiheit und Sicherheit, er war ein ächter Ritter vom Geist.

Wien, 17. Okt. Prof. Schäfflc hielt heute seine Antritts­rede. Bangen Herzens, sagte er einleitend, sei er von seinem

Vaterlande, das ihn mit einer schönen wissenschaftlichen und po­litischen Stellung betraut hatte, geschieden, und nun wolle er sich bemühen, seinem neuen Vaterlande mit jener Liebe und Ausdauer nützlich zu werden, wie er es in seinem bisherigen vierzehnjäh­rigen Wirken bestrebt war. Sein höchstes Ziel werde es sein, die unauflöslichen geistigen Bande zwischen Deutschland und dem Oestreich des Prager Friedens fest zu knüpfen. Als Thema für seine Rede hat Professor Schäffle gewählt:Die Begriffe Staat, Wirthschaft, Gesellschaft und das Verhältniß dieser zu einander", und berührte in fast zweistündiger Rede alle möglichen staats­rechtlichen und sozialen Fragen. (St.A.)

Wien, 17. Okt. Die Situation, welche der Reichsrath heute bei seiner Wiedereröffnung vorfindet, ist eine nahezu trost­lose. Ueberall Unordnung ; in keinem einzigen Lande Westöst- reichs sind die Verhältnisse auch nur halbwegs befriedigend, und es ist begreiflich, daß Angesichts dieser Umstände das Vertrauen auf die Kräftigung und völlige Genesung Oestreichs immer mehr schwindet. In Böhmen und Mähren treiben die Ezechen die Opposition bis zum offenen Aufruhr, in Kram terrorisiren die «slovenen die Deutschen unbarmherzig, während hinwieder die Slowenen Südsteuermarks und Kärnthens über Bedrückung der Deutschen klagen; in Triest herrschen die Italiener und zwingen die Slaven zum Austritt aus dem Landtage; in Galizien hat sich die Opposition gegen die Staatsgrundgesetze in so auffallen­der Weise kundgegeben, daß die Kaiserreise verhindert wurde; in allen übrigen Ländern wüthet zwar nicht der Kampf der Na­tionalitäten um den Föderalismus, wohl aber die klerikale oder eigentlich die episkopale Opposition gegen die Maigesetze. Das Ministerium befindet sich in einer nichts weniger als bequemen Lage. Die Minister, das ist hier Niemand Geheimniß, konn­ten den Augenblick des Wiederzusammentritts des Reichsraths gar nicht mehr erwarten. Sie erwarten Beihilfe und Unter­stützung, sie wollen in vielen Fragen die Last der Verantwort­lichkeit auf fremde Schultern wälzen. Sie wollen in dem Ge- wirre von Wünschen und Begehren eine feste Hand als Weg­weiser, damit kein Mißgriff, keine Verfassungsverletzung ge­schehe, wenn irgend einer der föderalistischen Fraktionen wenig­stens innerhalb des Rahmens der Verfassung eine das Gebäude selbst nicht schädigende Concession gemacht werden sollte. Mit einem Worte, die Regierung will, was die Verfassung angeht, nur im Einverständniß mit dem Reichsrath handeln. (S.M.)

In der Schweiz herrscht ein schöner Wetteifer, den Ueber- schwemmten zu Helsen, am schönsten ist aber, daß sogar die Zucht­häusler in Wallis 000 Franks von ihrer Hände Arbeit beige­steuert haben.

Paris, 14. Okt. Nachdem sogar das in unheilbare Ver­dumpfung versunken geglaubte spanische Volk seine Sklavenketten zerbrochen, bemächtigt sich der aufrichtig freisinnigen Männer in Frankreich eine tiefe Scham über die Stellung, welche das heutige Frankreich Dank seinem erwählten Cäsar unter den civilisirten Nationen Europa's einnimmt.Siocle" gibt diesem Gefühl Ausdruck, indem es klagt: In demselben Augenblick, wo Oester­reich sich die Frage vorlegt, wie es die Tollheit hat begehen kön­nen, vor der weltlichen Macht des Papstes Schildwache zu stehen, ziehen wir zum zweiten Mal vor dem Vatican mit dem Chasse­potgewehr auf die Wache. In dem Moment, wo die Italiener Voltaire übersetzen, möchte man unsere Kinder in den Pamph­leten des Herrn Dupanloup das Lesen lehren. Während die Spanier sich von den Jesuiten befreien, erdrückt man uns damit; während Madrid die Marseillaise singt, stimmt unsere Negierung die Litanei von Mentana an. Nein, es ist unmöglich, daß wir, die wir stets bei der Avantgarde waren, uns noch lange in der Rolle der Nachzügler der Freiheit gefallen. Die officielle Politik wird in Kurzem, bei Strafe des Selbstmordes, genöthigt sein, dasNiemals" des Herrn Rouher zu desavoniren. Die anderen Völker haben bereits vor uns auf den päpstlichen Syl- labus geantwortet, aber gleichviel! Frankreich wird das Post- ^ scriptum dazu schreiben.

> Aus Antwerpen wird im Journal de Tand eine neue i Art von Strike in heiterer Weise gemeldet. Sämmtliche Köchin- ! neu waren wild geworden über den fortwährenden Aufschlag der « Butterpreise, deßhalb zogen sie alle unter dein Rufe auf den Markt:Wohlfeilere Butter!" Um dieses zu erzielen, hatten sich alle verschworen, keine Butter zu kaufen. Dieß schüchterte