„Famos!" rief Horst noch lauter lachend. „Sie können des Mädchens Vater sein und hoffen, daß es Ihnen seine Hand geben wird! Ein gottvoller Spaß!"
„Ruhig, Herr Vetter!" fiel der Hauptmann ernst ein. „Haben Sie vielleicht die Hoffnung, das Mädchen zu heirathen?"
„Jedenfalls habe ich mehr Chancen für mich als Sie! — Prächtig Sie heirathen! Haha!"
Dem Hauptmann war das Blut in das Gesicht gestiegen.
Des Lieutenants Lachen erbitterte ihn.
„Pah!" erwiderte er. „Das Mädchen ist zu klug, um einem verschuldeten Lieutenant sein Herz zu schenken."
„Herr Hauptmann, keine Beleidigung, ich werde sonst Ge- nugthuung von Ihnen verlangen!" fuhr Horst auf.
„Bezahlen Sie lieber ihre Schulden!"
„Das mir — mir!" rief Horst.
Er stand hoch aufgerichtct, mit glühendem Gesichte dem Hauptmann gegenüber. An persönlichem Muthe fehlte es ihm nicht, und er hätte den Verhaßten am liebsten zum Zimmer hinausgeworfen.
Aber auch der Hauptmann besaß Muth. Er hatte von seinem Vetter für sein Anerbieten einen ganz anderen Dank erwartet.
„Gut, so behalten Sie ihre Schulden und Ihre Thorheit, Herr Vetter!" entgegnete er spöttisch.
„Ich verlange Genugthuung!"
„Ich bin bereit dazu! Haha! Ich bin älter als Sie und werde Ihnen eine tüchtige Lehre geben. Sie wird heilsam für Sie sein!"
Horst zuckte zusammen. Er schien Lust zu haben, nach seinem Degen zu greifen. Mit Gewalt beherrschte er sich. Heftig schellte er mit der auf dem Tische stehenden Klingel.
„Georg!" rief er dem cintretenden Diener mit vor Aufregung bebender Stimme zu, „wirf den Herrn Hauptmann die Treppe hinunter!"
Verdutzt blieb der Bursche stehen.
„Haha! Die Bemühung können Sie sich ersparen!" erwiderte der Hauptmann und verließ das Zimmer.
Aufgeregt, wüthenb schritt Horst auf und ab. Der Bursche stand noch immer an der Thüre.
„Mensch, Dummkopf! Ich habe Dir befohlen, ihn die Treppe hinabzuwerfen!" rief Horst, ihn erblickend. Er faßte ihn am Kragen und warf ihn erzürnt zum Zimmer hinaus.
In seiner Aufregung schalt er sich selbst einen Thoren, daß er den Hauptmann nicht sofort seinen Degen oder die Reitpeitsche hatte empfinden lassen. Die Beleidigung, welche ihm indeß an- gethan war, verlangte Genugthuung , und er war entschlossen, sich nicht eher Ruhe zu gönnen, als bis er dem Hauptmann die Beleidigung hcimgezahlt habe.
Hastig kleidete sich der Lieutenant an. Was er nun thun wollte, darüber war er sich selbst noch nicht recht klar. Jeden Gegenstand, der ihm im Wege stand, stieß er heftig bei Seite, dann lachte er laut auf:
„Haha! Der alte Narr will heirathen, will um das junge, frische Mädchen werben! Er sollte lieber an seinen Tod denken, ich werde ihm die Heiratsgedanken austreiben!"
Er verließ Zimmer und Haus und schritt Schoviens Wohnung zu.
Der Assessor war kaum erwacht und lag noch im Bett. Die Bilder, welche ihn im Traume umgeben hatten, suchte er wachend sich wieder vorzuzaubern. Er sah im Geiste wieder einen reizend lachenden Mädchenmund, ein paar große dunkle Angen und fühlte den leisen Druck einer kleinen Hand.
Das hastige Eintreten Horst's in das Zimmer störte ihn.
„Ha, Lieutenant, was führt Dich so früh zu mir?" rief er, im Bette sich aufrichtend.
„Was hast Du?" fügte er hinzu, als er des Freundes Aufregung bemerkte.
Horst trat an das Bett.
„Schovien!" sprach er ernst. „Beantworte mir erst eine Frage: Bist Du mein Freund?"
„Ja, ich gestehe die Thorheit, es zu sein, ein," erwiederte der Assessor.
„Dann wirst Du mir auch einen Freundesdienst erweisen!"
„Auch dazu bin ich bereit, wenn Dein Verlangen nicht ein gar zu thörichtes und tolles ist!" gab Schovien zur Antwort.
„Haben Dich Deine hartnäckigen Gläubiger bereits wieder fortgetrieben, Lieutenant?"
„Laß den Scherz," rief Horst unwillig, „mein Vetter, der Hauptmann hat mich beleidigt, ich werde Genugthuung verlangen und bitte Dich, ihm meine Forderung zu überbringeu!"
Schovien sah, daß die Worte seines Freundes ernst waren.
„Also doch eine Tollheit," und Du glaubst, ich werde Dich dabei unterstützen ? Lieutenant, ich weiß, daß es in Deinem Kopfe zuweilen wunderlich aussieht, allein ich habe mich immer gefreut, daß Deine Arme und Beine gesund sind. Sei vernünftig und erhalte Dir dieselben, denn zum Invaliden bist Du noch zu jung."
„Ich habe nicht um Deinen klugen Rath, sondern um Deinen Beistand gebeten, wenn Du keine Lust hast oder Dir es an Muth fehlt, — gut, so wird mir ein anderer den Dienst erweisen. Entschuldige, daß ich Dich gestört habe!"
Horst wandte sich kurz der Thüre zu, um das Zimmer zu verlassen.
„Mensch, bleib'!" rief Schovien, „wenn es durchaus Dein Wille ist, den Hauptmann todtzuschießen, so kann ich als Dein Secundant ebenso gut zusehen, wie jeder andere. Erst habe indeß die Freundlichkeit und erzähle mir, wodurch der Hauptmann Dich beleidigt hat. Dort liegen Cigarren, dort steht ein Stuhl, — nun berichte!"
Horst hatte sich wieder zurückgewandt, zündete sich eine Cigarre an und schritt schweigend im Zimmer auf und ab. Dann erzählte er den Besuch des Hauptmanns, dessen Anerbieten und Beleidigung.
„Nennst Du es jetzt noch eine Thorheit, wenn ich Genugthuung von ihm verlange?" fügte er zum Schluß hinzu.
„Jedenfalls ist es die größte Thorheit gewesen, das Anerbieten des Hanptmanns nicht anzunehmen," erwiderte Schovien. „Du wärest mit einem Male von Deinen sämmtlichen Gläubigern befreit gewesen und hättest gerechte Ansprüche auf einen neuen und ausgedehnten Credit gehabt!"
„Haha! Das verräth wieder Deine Kurzsichtigkeit!" rief Horst. „Als ob Eger nicht zwanzigmal meine Schulden bezahlen könnte, wenn ich seine Tochter heirathe!"
„Gewiß kann er das. Allein bist Du Deiner Sache schon gewiß, daß Cläre Dich heirathen wird?"
„Das laß meine Sorge sein!" bemerkte der Lieutenant wegwerfend. „Wenn ich nicht die Gewißheit hätte, würde ich des Hauptmanns Anerbieten angenommen haben."
(Fortsetzung folgt.)
— In England werden die Bienen, um den Honig zu nehmen, mit Chloroform eingeschläfert. Der sechste Theil einer Unze Chloroform genügt für einen gewöhnlichen Stock, ein größerer verlangt eine Viertelunze. Mau stellt einen mit einem leinenen Tuche bedeckten Tisch zwei Ellen von dem Bienenhaus auf. In die Mitte des Tisches stellt man einen flachen Teller mit Chloroform und bedeckt ihn sorgfältig mit einem eisernen Drahtgeflechte, so daß die Bienen nicht direkt daran kommen können. 'Nun stellt man den Stock über das Chloroform und in weniger denn 20 Minuten sind die Thierchen in tiefen Schlaf gesunken und liegen alle auf dem Tischtuche. Der Honig wird genommen, der Korb wieder an seine Stelle gesetzt und die wieder erwachenden Bieuen kehren eilends in ihre Wohnung zurück.
— (Voltaire und Rousseau als Heilige.) In ein Kirchlein des Dörfchens Orcy, das in den Bergen der Auvergne verborgen liegt, hatten sich, der Himmel weiß wie, zwei Statuetten Voltaire's und Roussean's verirrt und zierten unerkannt den Altar als Heiligenbilder. Touristen, welche in die abgelegene Gegend geriethen, zerstörten das Inkognito der Beiden und der erschrockene Pfarrer entfernte sie schleunigst aus dem Tempel. Nach einiger Zeit kehrten die Reisenden in das Dörfchen zurück und fanden die profanen Heiligen wieder auf ihrem Platze aus dem Altar der Kirche. Ans ihr Befragen gab ihnen der Pfarrer die Auskunft, daß seine Bauern einen Gewitterschaden, der ihre Felder betroffen, als himmlische Strafe für die Entfernung ihrer Heiligen angesehen und nicht geruht haben, bis sie die Statuetten wieder auf dem Altar stehen hatten.
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.