sollst Dich über Deinen Sohn freuen! Nun sei aber auch dankbar, Papa, ich bin augenblicklich in peinlichster Verlegenheit. — Der Erste ist erst in acht Tagen — ich habe noch einige nöthige Ausgaben und nicht einen Thaler mehr im Vermögen!"
Der Geheimerath zog die Schultern in die Höhe.
„Dann tröste Dich mit mir, es geht mir nicht besser, und ich habe für mehr Köpfe zu sorgen, als Du!" gab er mit schmerzlichem Lächeln zur Antwort nnd verließ das Zimmer.
Der Lieutenant blickte ihm verstimmt nach.
,,Es ist ein Unglück, einen Vater zu besitzen, der ewig in Geldverlegenheit ist," sprach er halblaut zu sich selbst. „Meine Kasse ist leer, mein Credit erschöpl, der Hauptmann scheint unsterblich zu sein — ich muß wirklich daran denken, zu heirathe»!"
Diesem Gedanken sich hingebend, warf er sich aus das Sopha und blickee träumend zu der Decke des Zimmers empor. - —
Die Gesellschaft bei dem Gehcimerath hatte stattgcsunden und auch Schovien an ihr Theil genommen. Cr schritt am Morgen daraus um die Stadt durch die im schönsten Grün prangenden Anlagen. Der Morgen war so herrlich, daß cs ihn mit Gewalt Hinausgetrieben hatte, um Lust und Sonnenschein zu schöpfen, ehe er sich in die düstern, dumpfen Gerichtszimmer begab, wo ihm nur die dicken, bestaubten Acten langer Proccssc entgegenstarrlen.
Obschon er, in Gedanken versunken, vor sich hin auf den Weg blickte, war er doch in der heitersten Stimmung. Sein Auge leuchtete und unwillkürlich machte sich um seinen Mund ein Lächeln bemerkbar.
Die ihm begegnenden Spaziergänger störten ihn nicht. Es gibt ja Augenblicke, in denen man sich leicht über alle Menschen hinwegzusetzen vermag. Da kam ihm aus raschen Schritten Horst entgegen.
„Da habe ich Dich!" rief der Lieutenant, indem er ihm die Hand schüttelte. „Assessor ich bin bereits in Deiner Wohnung gewesen!"
„Und was wolltest Du von mir?" fragte Schovien „Es muß etwas Wichtiges sei», sonst würdest Du noch schlafen!"
„Still, Assessor!" fuhr Horst fort. „Auch mich hat der herrliche Morgen hinansgetrieden — ich wollte Dich zu einem Spaziergange abholcn!"
Schovien blickte ihn zweifelnd an.
„Sei aufrichtig und gesteh, daß Du Verlangen trugst, eine gute Cigarre zu rauchen."
„Nein — fehl geschossen, Assessor!" rief Horst lachend. „Wenn Du übrigens eine Cigarre bei Dir führst — so —-!"
Der Assessor reichte ihm bereits seine Cigarrentaschc dar.
„Schovien," fuhr Horst fort, indem er die Hand zwischen den Arm des Freundes schob. „Wie gefällt Dir die kleine Fabri- kantcntochtcr, ich meine die kleine Eger?"
„Ganz hübsch!"
„Ganz hübsch!" ries .Horst wiederholend. „Mensch, sie ist ein reizendes Mädchen! Da sicht man wieder, daß Ihr Juristen von allem, was über Cure Acten hinausgeht, nichts versteht! Sie hat mich überrascht, entzückt! Diese herrliche Gestalt! Das seine Gesicht, die dunkeln, glühenden Augen — die schwarzen, vollen Haare, der kleine, reizende Mund! Assessor ich bin ein Sachkenner, was die Frauen anlangt, und die Kleine hat mich überrascht. Schade, daß sie nur eine Bürgerliche ist!"
„Weßhalb denn?" warf schonten ein. „Glaubst Du, sie würde noch hühscher sein, wenn sie adelig wäre?"
„Gewiß! Zum wenigsten für mich!"
„Du scheinst Dich sehr für sie zu interessiren?"
„Auch das gebe ich Dir zu, und noch mehr! Ich habe sogar die Absicht, die kleine Fabrikanleniochter zu heirathen. lieber den Mangel ihrer Geburt muß ihr Vermögen sie himoegsetzen!"
Schovien lachte laut auf.
„Weßhalb lachst Du?" fragte Horst halb erstaunt und halb beleidigt.
„Weißt Du bereits, ob sie Dich nimmt?"
„Thorheit! Sie muß sich glücklich schätzen, wenn ich um sie werbe! Erstens inein Adel ist alt, ich bin Offizier, außerdem ein liebenswürdiger Mensch, der ein Mädchen ganz entschieden glücklich machen wird, wenn sie Geld genug besitzt, — folglich — doch das laß meine Sorge sein!"
(Fortsetzung folgt.)
Allerlei.
— Sehr lästige Fesseln legt das Titelwescn dein deutschen Briessttzl an. Nur Deutschland ist von dieser Titclsucht befallen, die so blind ist, daß Titel von Aemtern und Würden des Mannes sogar auf die Frau übertragen werden. Man findet in vielen Staaten eine Menge Kriegsräthinnen, die bei keinem andern Kriege als bei einem häuslichen eine Stimme zu geben haben und freilich dann solche laut genug erschallen lassen; Predigerinnen, die nur lästige Gardinenpredigten halten; Geheime Räthinnen, die nicht einmal die Geheimnisse ihrer Liebesabenteuer zu bewahren vermögen; Hofräihinnen, die bei keinem Hofe erscheinen dürfen; Lbcrbaurälhinuen, die höchstens das Gebäude des häuslichen Glückes studirt haben; Finanzräthinnen, deren Finanzen sich in der größsten Unordnung befinden, die jedoch die Kunst der Anleihe ihren Männern abgelernt haben; Präsidentinnen, die nicht einmal ihrem Hauswesen zu prüsidiren verstehen; weibliche Excellenzen, bei welchen weder durch ein Ver- größerungs-, noch durch ein Verkleinerungsglas etwas Exccllcn- tes zu entdecken ist, Bürgermeisterinnen, die nur einen gedrückten Bürger, den unglücklichen Ehemann, zu meistern haben, und endlich Staats-, Land- und Stadträthumen, die es begreiflich machen, warum Staat- Land nnd Stadl so schlecht berathen sind — wie die Titelinnen alle heißen mögen.
— Der „Constitutionel" berichtet über die Dürre, mit welcher in diesem Sommer fast ganz Europa heimgesucht ist. Die zunehmende Entwaldung unseres Erdtheiles wird als ein wesentliches Moment in dieser Noch nachgewiesen. Südeuropa ist fast kahl gelegt: in Griechenland und Italien ist fast nichts von Belang an Waldungen geblieben, in Spanien wird noch verwüstet, was an einigen Stellen verschont geblieben war. Wo sonst Wald Schatten und Kühle verbreitete, starren jetzt erhitzte Flächen und der Süden des Abendlandes gleicht bald dem trostlos und öde gewordenen Morgenlande, das einst so herrliche Wälder und Fruchtselder besaß. In Algerien, wo die Entwaldung fast den höchsten Grad erreicht hat, ist eine Hitze von 30 Grad erschlaffender, als eine Hitze von 35 Grad in Gegenden, wo die Lust fortwährend durch Waldstüchcn gefrischt und der Boden an einer allgemeinen Erhitzung verhindert wird, wo die Nächte kühl sind und Wolken und Wind sich bewegen. Die Entwaldung begünstigt lange Hitzezeiteu, denen dann jähe Wolkenbrüche mit Hagel folgen. Kurz, die Waldverwüstnng hat das europäische Gleichgewicht vernichtet, und die furchtbaren Wetter, die sich jetzt an den Bergen entladen, spülen den Rest der Pflanzenerde fort und die Flüsse treten jählings nieder und verwüsten auch die Niederungen. Von Südcuropa rückt diese Wüstlcgung mit jedem Jahre weiter nach Norden, und man sollte sich darum weniger, wundern und desto mehr sich entsetzen, daß die Völker so leichtsinnig und die Regierungen noch so blind und trag in einer Sache sind, über welche die Wissenschaft längst im Reinen ist und über die sie schon oft ihre warnende Stimme erhoben hat.
Aerztlrcher Kalender. Beim sogenannten gastrischen Fieber (Abgeschlagenheit, eingenommener Kopf, pappiger Geschmack, Verdauungsstörung mit und ohne Diarrhoe), das im Frühjahr und Herbst häufiger anftritt, ist der starke aus Gährungspilzen bestehende Beleg auf Zunge und Zähnen nach den neueren Erfahrungen über Pilzkrankhciten der Urheberschaft der Krankheit verdächtig. Man reinige deßhalb mehrmals täglich den Mund sorgfältig mit stark verdünntem Schnaps und einem Bürstchen. Erkrankt man doch, so nehme man starken Wein und wenig, aber kräftige 'Nahrung. (St.-A.)
Thierkalender. Die wnrmrcif fallenden Zwetschgen kann man nicht nur zum Schnapsbrennen verwerthcn, sondern es empfiehlt sich ihr Aussammeln auch deßhalb, weil dadurch die darin steckenden Würmer an der Weiterentwicklung gehindert werden und so für das nächste Jahr das Nebel gemindert wird.
. ^ Druckfehler. In Nro. tOO, 3te Seite, Zeile 30, ist in einem
^ Theil der Auflage der Fehler d'exuvns statt seguens stehen geblieben.
j Ardakttv», Druck uns Verlag der G. W. Züiier'jchen Buchhandlung.