Umgebung eine stadtbekannte Persönlichkeit, Präsident des hier- ortigen Honvedvereins, in welcher Eigenschaft er im heurigen Sommer hierorts den General Perczel empfing, wurde gestern um 10 Uhr Nachts verhaftet. Man erkannte in dem Perhafteten den berüchtigen Näubcrhäuptling und Mörder Balla György, welcher vor zwei Jahren zu wiederholten Malen unter Zuthun seiner Helfershelfer aus dem Kerker zu Großwardcin entsprungen war. Auch bringt die Fama mit ihm die Affaire Beniezki in Pcrbindung.
Die Holländer wollen die seit Jahrzehnten von Deutschland angestrebte freie Schifffahrt auf dem Nheine nur bis au, aber nicht bis i n das Meer gelten lasse», die Freiheit des Rhein soll für die deutschen Schiffe bei Gorkum und Dortrecht aufhörcn. Holland würde schwerlich gewagt haben, auch jetzt daraufzu bestehen, wenn es nicht aus die Unterstützung Frankreichs rechnen könnte. Holland stellt den Preußen damit eine neue Luxemburger Frage.
Paris, 24. Aug. Es ist gerade heute ein Jahr geworden, daß der Kaiser in seiner Rede in Lille das Vorhandensein von schwarzen Punkten am politischen Horizont entdeckt har. Wir wollen hoffen, daß der Constitutiounel mit seiner Behauptung, dieselben seien ganz verschwunden, Recht behält. Wenn es wahr ist, daß der Artikel des halbamtlichen Blattes vom Kaiser selber durchgeschen worden ist, so erhielte dieser allerdings größere Bedeutung. Auch sei es neuerdings auftreteuden Gerüchtes erwähnt, welchem zufolge Rußland und England gemeinschaftliche Abrüstungsvorschläge machen sollten.
Die Zeitungsschreiber in Paris haben eine große Genug- thuung erlebt. Der Abgeordnete Graf Kcrvegucn hatte sie voriges Jahr öffentlich in der Kammer beschuldigt, sie hätten sich im Jahr 1866 von Bismarck bestechen lassen; der Graf nannte die Namen und die Summen, die in die Millionen gingen. Es gab großen Skandal und einen Prozeß. Kürzlich starb der Graf auf einer Reise in Spanien und hat vor seinem Tode schriftlich erklärt, er widerrufe seine Anklage, er selber sei von Betrügern und Ränkemachcrn betrogen worden, man habe ihm gefälschte Briefe w. vorgclegt u. s. w. Der Aerger über diese Ränke brachte ihm den Tod.
Die Bevölkerung von Chicago, die im Jahre 1840 nur 4470 Seelen betrug, wird nach den neuesten statistischen Nachweisen auf 267,596 Bewohner geschätzt, die nach den verschiedenen Nationalitäten sich wie folgt vertheilen: Amerikaner 98,964, Deutsche 92,433, Irländer 45,543, Engländer und Schotten 10,520, Skandinavier 10,992, andere Nationen 9144.
Närrische Leute.
(Fortsetzung.)
Der Bursche trat bis an den Tisch heran.
„Noch näher," fuhr Horst fort. „So! — Nun, sieh mich an! — Mach' nicht ein solch' dummes Gesicht!"
Der Mensch schwieg und blickte verlegen auf die Erde."
„Mensch, wenn Du die Uniform ausziehst, kann Dich 'Niemand von einem Schasskopfe unterscheiden — selbst ich nicht! — Hör' mich an. Wer ist Dein Herr jetzt?"
„Der Herr Lieutenant."
„Richtig! Und wer noch?"
„Der Feldwebel Brandes."
„Dummkopf," rief Horst. „Ich bin es allein! Und wenn Du irgend etwas gegen mich thust, so werde ich Dir acht Tage Arrest zudickiren! Verstanden, Mensch?"
„Zit Befehlen."
„Gut. Dzann bin ich nach Haus gekommen?"
„Gestern Abend."
„Mensch, ich will mehr wissen! Ich will mich überzeugen, ob Dii nicht geschlafen hast. Wie bin ich gekommen? He!"
„Im Wagen, und das Pferd kam hinterher."
„Richtig." Und ich war müde, — habe mich deßhalb sogleich zu Bett gelegt. Was hat Dir der Kutscher erzählt, der mich hieher gefahren, -sprich!"
„Nichts."
„Sprich, Mensch, oder ich lasse Dich zum Stallknecht degradier»! Was hat der Kutscher gesagt?"
„Er meinte, wenn er ein Trinkgeld bekommen hätte, würde ! er auch nicht böse sein," erwiderte der Bursche schüchtern. „Und "
er fügte hinzu, es gehe ihm jedes Mal so, wenn die Herren zu schwer geladen hätten, vergessen sic alles."
„He! Und was hast Du erwidert? Sprich."
„Ich habe ihm gesagt, mir erginge es ebenso", gab der Bursche zur Antwort.
„Du bist ein vollständig ausgewachsener Esel!" rief Horst aufspringend. Er ergriff ein Buch, welches neben ihm auf dem Tische lag, um es seinem Burschen an den Kopf zu werfen. Dieser machte eine geschickte Biegung und klirrend flog das Buch durch das Fenster auf die Straße, während der Bursche hastig zum Himmer hinanseilte.
Des Lieutenants Unwille war auf das Aeußerste gestiegen.
„Das Fenster lasse ich dem Tölpel an dem Solde nbziehen, rief er und schritt im Zimmer auf und ab. Er befand sich in einer Stimmung, in der er mit ruhigem Gewissen die ganze Welt hätte in die Luft spreugeu können, wenn er dadurch das Gut seines Detters erlangt hätte. Wcßhald stand ihm nicht jetzt der Hauptmann gegenüber! Jetzt würde er sich nicht durch dessen Freundlichkeit und vortreffliche Weine bestechen lassen!
Er zürnte mit sich selbst, mir Schovieu, mit seinem Burschen, mit der ganzen Welt! Dann griff er wieder an seine glühende und schmerzende Stirne.
Es klopfte au die Thürc. Unwillig rief er herein — sein Vater trat ins Zimmer.
„Ach, guten Morgen, Papa," rief er ihm entgegen, indem er neben sich auf dem sopha Platz machte.
„Laß, laß," wehrte der Gehcimerath, dessen Brauen zusammengezogen waren, zurück. „Bleibe fitzen. Ich habe mit Dir zu sprechen — wo ist dein Bursche?"
„Er wird uns nicht stören", erwiderte der Lieutenant, ruhig auf dem Sopha sitzen bleibend. „Haha, Du machst eine so feierliche Miene, Papa, was gibt es?"
Der Geheimerath schritt einige Mal im Zimmer auf und ab, ehe er antwortete. Es war eine lange, hagere Gestalt. Endlich blieb er vor dem Lieutenant stehen.
„Kurt," sprach er, „der Jude Simson ist Herne bei mir gewesen."
„Das ist doch ein unverschämter Mensch," fiel Horst ein. „Webhalb hast Du ihn nicht die Treppe hinabgeworfen? Zu mir wagt er es nicht mehr zn kommen."
„Unterbrich mich nicht," fuhr der Geheimcrath ernst fort. „Der Jude ist ein unverschämter Mensch, allein die Forderungen, welche er an Dich hat, scheinen dennoch begründet zu sein, denn er hat mir die Quittungen von Deiner Hand über das von ihm empfangene Geld vorgelegt. Haft Du ihm gesagt, daß ich Deine Schulden bezahlen werde?
„Allerdings, allein das war nur eine Finte von mir," gab der Lieutenant zur Antwort. „Der Jude wolle Sicherheit, eine Bürgschaft. Er hatte in wenigen Minuten bis auf den Tag. ausgerechnet, wie lange Feit nöthig sein werde, um ihn mit meiner Gage zu bezahlen, und war klug genug, einzusehe», daß ich dieselbe viel nöthiger gebrauche, als Schulden damit zu bezahlen. Der Mensch muß warten, bis ich eine Erbschaft gemacht habe oder General geworden bin."
„Laß den Scherz", rief der Geheimerath unwillig. „Der Jude will nicht warten. Er hat gedroht, daß er sich an .einen Major wenden wolle." *
„Pah," warf Horst ein, indem er sich langsam eine Cigarre auzündete, „der Major hat noch mehr Schulden, als ich."
„Das ist keine Entschuldigung für Dich. Was willst Du beginnen, wenn der Jude mit Gewalt auf der Bezahlung seiner Forderung besteht?"
Der Lieutenant zuckte schweigend die Achseln.
„Kannst Du ilm bezahlen?" fragte der Geheimerath weiter.
„Nein. Es ist auch meine Absicht nicht. Er hat schon öfter gedroht, sich an den Major zu wenden, der wird am Wenigsten für mich bezahlen."
Der Geheimcrath schritt im Zimmer auf und ab. Er schien nachzusinuen. Das Auge hatte er auf den Boden geheftet.
Horst folgte ihm mit dem Blicke. Er sah seinem Vater an, daß derselbe noch Etwas im Hintergründe hatte, bemühte sich indeß vergebens, dasselbe aus dessen ernsten Zügen zu lesen.
(Fortsetzung folgt.)
Redaktion, Druck und Verlag der G. W. Zaiser'schen Buchhandlung.