Schovien blicb überrascht stehen.
,.Lieutenant, das ist Dein Ernst?" rief er. „Du sprichst die Wahrheit?"
„Assessor, das ist wieder eine Deiner Juristensragen. Ich spreche stets die Wahrheit. Cs ist mein völliger Ernst, daß ich meinem Herrn Vetter seine nichtsnutzige Verschwendung Vorhalten will! Ich werde ihm sagen, daß er mich um meine gerechte Erbschaft betrügt, daß er ganz unverantwortlich und sehr unnovcl handelt! — Ich sehe im Geiste schon, welche große Augen der Herr Hauptmann machen wird! Es wird ihm uuvorbereilei kommen, es wird ihm schwer werden, EmschuldiguugSgründe zu finden, und dann hoffe ich, ihn so sehr in die Enge zu treiben, daß er mir die besten Versprechungen macht! Er muß mir sein Ehrenwort geben, dann habe ich ihn sicher in der Hand , denn sein Ehrenwort wird er nimmer brechen, er ist ein Horst und trägt meinen Namen!"
Schovien konnte nicht umhin, laut aufzulachen.
„Weßhalb lachst Du?" fragte Horst, halb erstaunt und halb ärgerlich.
„Hahaha! Lieutenant, ich dachte daran, wie Dein Vetter- wahrscheinlich den kürzesten und besten Weg wählen wird, um die Unterredung mit Dir zu beenden!"
„Und welchen Weg meinst Du."
„Hahaha! Er wird dich zum Hause hinauswerfen!"
Horst fuhr in dem Sattel empor; er erhob die Reitpeitsche, um den Freund für diese Ansicht zu bestrafen, allein sein Pferd war durch sein Emporschnellen so erschreckt, daß er alles ausbie- teu mußte, um es zu beruhigen und sich im Sattel zu Hallen.
„Mich — mich — zum Hause hinauswerfen!" rief er laut. „Assessor, Du bist verrückt, wie immer, deßhalb will ich Dir diese rhörichte Anschauug nicht übel nehmen; sie kann ohnehin nur Dein Scherz sein!"
„Sie ist mein Ernst!" versicherte Schovien. „Was würdest Du denn thun, wenn das Gut Dir gehörte und der Hauptmann mit solcher Absicht zu Dir käme, das heißt, vorausgesetzt, Du hättest das Gut noch nicht vollständig Lurchgebracht?"
Diese Frage setzte Horst in Verlegenheit.
„Er würde es nicht wagen," entgegncte er.
„Wenn er es aber wagte?" warf Lchovieu ein.
„Thorheit! Die Sache ist nun aber einmal umgekehrt, folglich brauche ich deine Frage nicht zu beantworten. Deine Ansichten über diese Angelegenheiten sind einmal vollständig falsch und Du bist zu hartköpfig, um Dich überzeugen zu lassen."
Er wollte weiter reiten, allein Schovien ergriff die Zügel des Pferdes uud hielt dasselbe zurück.
„Warte noch einige Augenbilcke, Lieutenant. — Du hoffst also wirklich, daß Dein Vetter Deine Zumuthung freundlich auf- nehmen wird?"
„Auf seine Freundlichkeit rechne ich nicht — ich werde ihn zwingen!"
„Und womit?" warf Schovien ein.
„Assessor, das ist meine Sache."
„Kennst Du denn Deinen Vetter genauer?"
„Gewiß! Freilich auf seinem Gute bin ich seit einer Reihe von Jahren nicht gewesen, denn wir haben immer etwas aus gespanntem Fuße mit einander gelebt. Das wird mir indeß mein Vorhaben nur erleichtern!"
Schovien zuckte mit den Achseln.
„Horst, ich will Deinem Glücke und Deiner Erbschaft nicht in den Weg treten, allein dennoch möchte ich Dir den Rath geben, bleib hier. Du wirst nichts erreichen und hast auch kein Recht zu einem solchen Schritte."
„Guten Morgen, Assessor!" ries der Lieutenant und sprengte, indem er seinem Pferde die Sporen eindrückte, schnell davon.
Kopfschüttelnd blickte Schovien ihm nach.
„Dem Menschen wird selbst ein Gott keine Klugheit bci- bringen!" sprach er zu sich selbst. Ziemlich das gleiche dachte der Lieutenant von ihm. Er war von der Vorzüglichkeit seines Vorhabens so fest überzeugt, daß auch nicht einmal der Gedanke des Mißlingens in ihm aufstieg.
Er Hane sich auf alle Fälle gerüstet, selbst aus die größte Kälte des Hauptmanns.
In bester Laune erreichte er das nur wenige Stunden von der Stadt entfernte Gut seines Vetters. Nie war der Wunsch,
dasselbe zu besitzen, so lebhaft in ihm aufgesriegen als jetzt, wo er durch den alterthümlichen Thorweg auf den Gulshof eiuritt. Der Hof, die Wirtschaftsgebäude, das Herrnhaus — alles erschien ihm größer als früher. Ueberall herrscht die größte Ordnung und Sauberkeit. Er malte sich aus, mit welchem Selbstbewußtsein er vor das Herrenhaus sprengen werde, wenn es einst ihm gehöre, welchen vernichtenden Blick er dem Diener zu- wersen werde, wenn er nicht pünktlich herbeieile, ihm die Zügel des Pferdes abzunehmen, wie er dann langsam, stolz die wenigen Stufen bis in das Haus cmporsteigen werde.
Unter diesen Gedanken war er vor dem Hause angelangt. Zwei Diener eilten die stufen herab zu ihm. Während der eine das Pferd in Empfang nahm, geleitete der andere ihn in das Haus und in das Empfangszimmer. Er kannte das Zimmer ! von früher — es war ein Gartensalou, aber wie hatte sich alles ! hier geändert. Die feinsten Möbel, an den Wänden werthvolle s Oelgemälde. Nichts deutete hier auf eine Juuggesellenwirthschaft, welche Horst sich in Gedanken so vorgestellr hatte, wie es in seinem eigenen Zimmer aussah, in welchem weder er noch sein Diener sich zurechlfinden konnte.
Der Diener eilte fort, um den Hauptmann zu rufen. Wenige Minuten später trat derselbe ein.
(Fotttztmug folgt.-
— Deutsche Einfuhr in den Vereinigten Staaten. Nach einer amtlichen amerikanischen Angabe sind in die Vereinigten Staaten von -Nordamerika aus den Zollvereinsstaa- ten im letzten st§inanz-)Jahr, d. h. 1. Juli 1866 bis 30. Juni 1867, im Ganzen für 05,146,325 Dollars oder 137,865,812 Gulden Waren nach dein dektarirten Werthe eingefuhrt worden und ist hierunter die Einfuhr aus Württemberg zu 1,182,803 Dollars oder 2,057,007 Gulden dektarirten Werihcs angegeben.
— (Schumder-Heroismus.) Der Volkswitz handelt undankbar und ungerecht au den Schneidern, wenn er ihnen Feigheit vorwwst. In der Regel finden sich gerade unter ihnen nicht allein gerade die dem Vaterlande ergebensten Bürger, sondern auch Leute von großem moralischem Math. Als Straßburg, die „wunderschöne Stadt", von Kaiser uud Reich auf das schmäh- lichlle verlass n, endlich Ludwig XIV. preisgegebe» war, als ein frauzösnches H.cr vor seilten Thoren stand, während im Innern Feigheit unv marach Hand in Hand gingen, willigte die Bürgerschaf!, uuur dem Vorsitze des Raths, in die llcbergabc der Stadl au de-, »eö-.tg m me Schneider-Innung verwarf jenen
Verirag mu . . d.a.isch v rbleibeu, Straßburg
reichsuuml.^ . . v ,h,e Rechte bis in den Tod
vertheivigo.
I.. - a. ge ein Araber vor Gericht,
der ^>e , „.aveu, geröstet uud theilweise
verspeist ga.-v T ... ... n aro seine sthat ein, indem er hinzufügtc, dag va. ^ >o.tu-.s er außerdem einer Hyäne hätte streitig iimuzeu m-isseu, ihm reiuemvegs gemundet habe. Der Advokat beantragte, v..a Kriegsgericht möge den Mann für verrückt erklären, nmS auch geschah.
— Friedrich Vst König von Dänemark, ein leutseliger und für das VolkSwohl sehr besorgter Fürst, besuchte, wenn sich Gelegenheit dazu bot, sehr gern die Land- und Dorfschulen. In der Voraussetzung, daß dies eines Tages auch ihm geschehen könne, hatte ein Dorfschulmeister seine Maßregeln getroffen. Friedrich VI. fragte nämlich sehr häufig, welches die größten Männer Dänemarks gewesen, und unser Lehrer paukte also seinen hoffnungsvollen Fibel- und Katechismusstudeuten die Namen derselben, jedoch mit einem kleinen Zusatz ein. Die Erwartung, vielleicht auch der Wunsch des Lehrers ging in Erfüllung: noch mehr, der König ihat wirklich die bekannte neugierige Frage, und der Däueububc, dem er sie vorlcgte, begann die Koryphäen der -Nation stramm und fest herzuzählen, von vorn bis zu Ende, dem er eben so bestimmt hinzufügre: „und König Friedrich VI." Der König stutzte, erkannte indessen bald die Veranlassung zu seiner Versetzung in die Walhalla der vaterländischen Geschichte. „Was hat denn Friedrich VI. getyan, mein Sohn", fragte er, „daß Du ihm einen Platz unter den großen Männern einräumst?" „Ich weiß nicht", stotterte der Knabe nach einigem Besinnen. „Bei Gott, ich auch nicht!" rief Friedrich lachend._
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