berechtigte, sitzt nun in der ärmlichen Stube und ernährt sich und die Mutter mit Handschuhnähen! (T. Ehff

Triest, 8. Jan. Die FregatteNovara" ist gestern mir der Leiche Maximilian's vor Korfu eingetroffen.

Paris, 9. Jan. Ein ganz unerwarteter Krieg wird jetzt für Frankreich in Ostasicn entstehen. Die hiesige Regierung hat in Uebereinstimmung mit England beschlossen, den von der Re­volution bedrohten Taikun von Japan auf seinem- Throne zu erhalten. Bereits werden in unseren Häfen Schisse für diese Expedition ausgerüstet, und dem Vernehmen nach sind schon die Regimenter bestimmt, die an derselben Theil nehmen sollten. Diese gemeinschaftliche Unternehmung der Westmächte scheint nicht ohne einen den Bestrebungen Rußlands in Ostasien feindlichen Hintergedanken beschlossen zu sein; aus der andern Seite hört man, daß England von nun an wieder thätig in die Angelegen­heiten von Aghanistan sich einmischen wird.

Paris, 9. Jan. Auch das Preußen sonst so abgeneigte Memorial diplomatique bestätigt heute die friedlichen Nachrichten, die allgemein über das Verhältniß Preußens und Frank­reichs verbreitet sind. Namentlich seien die Beziehungen Ruß­lands und Preußens bei weitem nicht so innig, wie man ge­wöhnlich behaupte. Vielmehr sei Preußen wegen der panslavi- stischen antideutschen Bestrebungen Rußlands und wegen dessen Bemühungen um den Sturz des hohcnzollerischen Fürsten in Ru­mänien sehr verstimmt. Nach demselben Blatte ist Graf v. d. Goltz wirklich sehr leidend, hat aber jetzt beschlossen, die noth- wendige Operation in Paris vornehmen zu lassen. (S. M.)

Eine furchtbare Fenersbrnnst hat im Dorfe Geispols- heim, unweit Straßburg, mehr als 50 Häuser, Scheunen und Stallungen in Asche gelegt und zahlreiche Familien obdachlos gemacht. Auch einige Menschen sind in den Flammen umgekom­men. Der Schaden beläuft sich auf 6 bis 800,000 Fr., wovon blos die Hälfte durch Versicherungen gedeckt ist. sS. MI

Florenz, 2. Jan. Eine Privatdepcsche des Abg. Plutino aus Reggio in Kalabrien an seine hiesige Freunde meldet, daß die Cholera mit cinemmale furchtbar aufgetreten ist. In weni­gen Tagen raffte die Seuche nähe an 600 Personen hinweg. Ein großer Theil der Einwohner hat die Flucht ergriffen, und zu den Schrecken der Epidemie gesellt sich noch das Elend und der Mangel an den nöthigen Lebensmitteln. Bereits haben sich hier, wie in Turin und Mailand, Hülfskomite gebildet.

Florenz, 7. Jan. Der nächste Zweck, den Frankreich durch seine Okkupation des Kirchenstaats erreichen will, beginnt allmählig klar zu werden. Italien soll dadurch gezwungen wer­den, sich für künftige Eventualitäten,, z. B. einen Krieg gegen Deutschland, zu absoluter Neutralität zu verpflichten, da eine wirkliche Allianz von dem schwerbeleidigten früheren Bundesge­nossen nicht zu erlangen ist. Erst wenn Italien diese Verpflich­tung übernommen, wird der Kirchenstaat geräumt werden.

Neapel, 9. Jan. Der Ausbruch des Vesuv's nimmt be­drohliche Dimensionen an. In der Richtung von Torre del Grccco fanden zwei Erdstöße statt. Die Lava häuft sich fortwährend an.

Die Engländer werden den König Theodor sicher besiegen, den 120 europäischen Gefangenen aber schwerlich das Leben retten. Der schwarze König führt sie auf seinem Kriegszuge überall als Schlachtopser mit sich. Einer dieser Gefangenen, 0r. Blanc, schreibt über ihn: Nero, Attila und Tamerlan waren Lämmer im Vergleich mit Theodorns; ein anderer Gefangener, Mr. Fled, versichert, daß Theodorns innerhalb 6 Wochen ^000 Personen zum Tode verurtheilt habe.

Der zerquetschte Hut.

(Fortsetzung.)

Aber meine nächste Regung war eine Regung des Unwillens, und obschon ich natürlich keine Zeit hatte, nachzudenken, fand ich ein so schnelles Finden meiner Person und ein so unzeitiges Sicheindrängen höchst taktlos, nnd blitzschnell ging es mir durch den Kopf, in welch' eine mehr als sonderbare, ja zweideutige Lage ich dadurch meinen Wirthen gegenüber gebracht würde, daß ich ihr um jeden Preis ein Ende machen müsse.

Was führt Sie hieher, mein Herr?" frug ich kalt und schneidend.

llo veux prenäre, man eatee," antwortete er mit dem Tone eines Menschen, der offenbar nicht weiß, woran er ist.

s« NI» prundrai pus 1a-II sagte ich darauf und wandte mich der Thüre zu.

Aber, mein Gott, Fräulein, warum wolle» Sie mich allein hier lassen?" erwiderte er und vertrat mir den Weg.Erklären Sie mir lieber, was mir ein so unverhofftes Glück verschafft, Sie hier zu finden, daß ich im ersten Augenblick meinte, ein Traumbild habe sich verwirklicht."

Mich dünkt," sagte ich, immer noch strenge,das Erklären ist an Ihnen. Wie können Sic sich hier eindrängen, und wie kommt cs überhaupt, daß 'Lie mich so bald aufgefunden?"

,,^l>, fv eomnienev -r vvmprandre !' erwiderte er, mich mit schalkhaftem Lächeln unschaueud.Ich vergaß, mich Ihnen als den Sohn des Hauses vorzustelleu."

Der Sohn des Hauses?" sagte ich und griff an meine Stirne,aber es gibt ja keinen Sohn des Hauses."

Nun lachte er hell auf.äls voil-r, Oouis >l,rrtm«u>l, bis d« Ileiirv älirrtineuu."

Mein Gott," sagte ich beschämt und verwirrt,Mama muß cs gar nicht gewußt haben, daß ein Sohn des Hauses existire, denn sie hat nie davon gesprochen."

Es mochte recht albern klingen, was ich sagte, denn Herr Martineau lächelte, aber so gntmüthig und wohlwollend, daß ich es ihm gar nicht übel nehmen konnte.

Also in unser Haus sollten Sie kommen?" frug er,bei uns ein paar Monate bleiben?"

Wissen Sie denn das nicht?"

Wie sollte ich? Hätte ich sonst nicht gestern errathcn, wer Sie wären, würde ich es mir haben nehmen lassen, die Honneurs des Hauses zu machen? Freilich hörte ich, als ich spät gestern zu Fuß nach Hause kam, von einem Gast, aber ich dachte, es sei eine alte Cousine, die nächste Woche erwartet wird, be­greifen Sic also meine Ueberraschung, als ich hereintrete und sehe Sie, Sie, mein Fräulein,"

Der Ton, mit dem er das Letzte sagte, schlug freilich an mein Ohr, aber es war mir doch in der ganzen Geschichte etwas so sonderbar Dunkles und Unerklärtes, daß der Eindruck ver­loren ging.

Eine alte Cousine ist es, die Sie erwarten?"

Ja wohl, eine alte Cousine."

So wußten Sie nichts von meiner Ankunft? Nichts von der Freundin Ihrer Mutter?

Um Ihnen das beantworten zu können, Mademoiselle, muß ich vorab bemerken, daß ich noch nicht die Ehre habe, Ihren Namen zu wissen."

.Helene Wildenfeld."

Ich höre den Namen zum Erstenmale," antwortete Herr Martineau, und cs entging mir nicht, daß auch seine Züge einen Ausdruck von Betroffenheit zeigten.

Eine ungeheure Angst erfaßte mich.

.Aber bin ich denn nicht im Hause des Herrn Martineau?"

.Ganz recht, - Martineau, Jnspecteur Martineau."

Inspekteur das euux et des t'orets."

Oes eaux et de I'orets, nein, das nicht, inspsetour des elleinias de t'er."

Dann bin ich im falschen Hause!" schrie ich fast entsetzt, denn so unschuldig, so vollkommen unschuldig ich an dem Jrr- thnm war, nnd obschon nach dem Gestrigen das kaum Jemand besser wissen konnte, als mein Gefährte, so schmetterte mich doch der Gedanke nieder, wie stehst du diesen Menschen gegenüber? Ein Gemisch von Scham, Angst und Zorn überwältigte mich, ich sank in den Sessel zurück und brach in einen Strom von Thränen aus.

Im Nu war Herr Martineau an meiner Seite. Er setzte sich auf einen kleinen Stuhl neben mich und suchte mich zu trösten, mich zum Reden zu bringen, um erst einmal sestzustcllen, ob die Sache sich denn auch wirklich so verhalte. Aber daran war kein Zweifel, ich erzählte ihm alles mit fliegender Hast, der Gedanke, daß er Zweifel hegen könnte, war mir furchtbar, und ich wurde erst ruhiger, als ich mich überzeugt hatte, daß davon auch nicht die leiseste Spur in ihm aussticg.

Er war die Ehrerbietung selbst, nicht die mindeste Vertrau­lichkeit erlaubte er sich, er begriff offenbar, was in meinem Jn- ncrn vorgiug. ___ (Schluß f.)

Redaktion, Druck und Vertag der G. W. Zaiser'sche» Buchhandlung.