T a g e - - A e u i g k e i t e n.
* Nagold, 11. Juni. Das Institut der freiwilligen Feuerwehr hier, das schon längere Zeit den Keim einer auslö- scnden Krankheit in sich zu tragen schien, hat sich seit dem letzten Lrande wieder neu belebt und zeigt jetzt eine Rührigkeit in den Hebungen, daß, wenn nicht das alte Leiden wieder Platz greift, wir sicherlich eine Feuerwehr erhalten, die unserer Stadt alle Ehre macht und jeder andern an die Seite gestellt werden kann. Wie wir aber dem jetzigen Eifer der ganzen Mannschaft gerne lobend Erwähnung thuii, so gebührt doch vor Allem dem jetzigen Commandanten, dessen jugendliches Alter, nebenbei gesagt, bei der Wahl bei manchen ein philisterhaftes Bedenken erregte, das Verdienst, durch Tüchtigkeit, Umsicht, Unverdrossenheit und Liebe für die Sache dem Institut wieder eine Bcrtrauen erweckende Lebensfähigkeit gegeben zu haben, und daß diese ausgesprochene Anerkennung gerechtfertigt ist, das zeigte nicht nur die vergangene Woche vollkommen gelungene Machtprobe, woran sich mit wenigen Ausnahmen die ganze Mannschaft betheiligte, sondern auch die gestrige am alten Schulhause ausgeführte Hauptprobe, die allgemein befriedigte, und wobei selbst die halsbrecherischen Excr- citien mit einer bewundernswerthen Raschheit, Energie ulld Prä- cision ausgeführt wurden. Nur einen Wunsch hätten wir, daß es dem Hrn. Commandanten gelingen möge, auch den Schlendrian der nichtuniformirten Löschmannschaft des Fcuerwehrkorps zu beseitigen, denn wenn dieselbe, wie es bei der Hauptprobe theil- iveise geschah, an: Hellen Tage den Platz für die arbeitende Mannschaft kaum frei zu halten vermag, welche Unordnung würde wohl ein bei Nacht ausbrechender Brand darbieten? Und wie ärgerlich war es zu sehen, daß, während die andere Mannschaft aus das gegebene Signal in schnellster Weise auf den singirten Brandplatz eilte, viele der letzter« im Spazierschritt daher bummelten. Hoffentlich wird auch der früher oft gehörten Klage, daß die bei den vorgeschriebenen Hebungen nicht Erscheinenden meistens straflos ansgehen, von Seite des Verwaltungsraths Abhilfe geschaffen. Noch erwähnen wir der Bereitwilligkeit, mit welcher die Väter der Stadt wiederholt durch Bewilligung von Geldmitteln zur Anschaffung neuer Feuerlöschgeräthe rc. den Bestand des Instituts zu fördern suchen, und liegt es daher nur an der Bürgerschaft selbst, dafür zu sorgen, daß diese gebrachten Opfer keine vergeblichen sind.
— Am 8. Jnni brannte in Enzthal ein Wohnhaus gänzlich ab.
Stuttgart, 8. Juni. Zur Aufnahme des Kaisers von Rußland, welcher nun bestimmt am 12. mit einem Gefolge von 60—70 Personen über 8 Tage zum Besuche am hiesigen Hose cintrefsen wird, ist nicht nur der rechte Schloßflügel und mehrere Zimmer im alten Schlosse, sondern auch noch die Villa Roscn- stein reservirt. 'Neben einer feenhaften Beleuchtung der Wilbelma bei Cannstatt soll auch noch ein großes Feuerwerk abgebrannt werden.
Herrenberg, 7. Juni. Letzten Samstag Nachmittag verlor hier eine betagte Witlfrau, welche eine steile Steige bei der Stadt aus einem mit Klecheu beladenen Wagen hcrabfuhr, durch den Umsturz des Fuhrwerks das Leben.
Sulz, 7. Juni. Der gestrige Wollmarkt war lebhaft und sämmtliche beigesührte Wolle wurde verkauft. Die Preise betrugen für deutsche Wolle 100 st., für Bastardwolle bis zu 120 fl. pr. Ctr.
Die 20. Wanderversammlung württembergischer Laudwirthe wurde gestern den 3. Juni im Rathhaussaale zu Rottenburg unter dem Vorsitze des Hrn. Grafen von Bis singen eröffnet und trefflich geleitet. Auch S e. Majestät sandte eine besondere Vertretung und nahm Se. Exc. der Hr. Minister des Innern von Geßler an der langen Berathung Antheil. Die Ver sammlung mag aus wenigstens 300 Theilnehmcrn aus allen Landcstheilen bestanden haben. Ueber die 1. Frage: ist die Errichtung von landwirthschaftlichen Lcihbankcn ein Bcdürfmß für die württemb. Landwirthe, und auf welche Weise sollen dieselben organisirt werden? hielt Hr. Oekonomierath Schosser aus Kirch- berg einen Vortrag. Er fand die Kreditlosigkeit rm Allgemeinen in der bestehenden Geldklemme; im Besonderer führte er aber an die Preisverminderung der Güter in Folge der geringen Ertrags- fähigkcit. Die Landwirthschaft erfordere jetzt ein größeres Ka-
I pital durch Anschaffung von Maschinen, Drainirnngen ec., wovon die Interessen erst später stießen; ferner müsse die Getreide- wirthschaft mehr aus die Bebauung von Handelspflanzen übergehen; was eben wieder ein größeres Kapiral erfordere. Um für solche Fälle den Landwirth vor Wucherern zu schützen, sei die Errichtung landwirthschastlichcr Leihbauken ein unabwcisliches Bedürfnis; unserer Zeit. Ein anderer findet die Kreditlosigkeit in der Güterzerstückelung und ein anderer in humorcsker Weise in dem großen Soldatenstand rc. Die Anträge des Hrn. Oeko- nomieraths Schosser wurden angenommen, somit die Errichtung landwirthschastlicher Leihbanken als ein Bedürfnis; für die württ. Landwirthe von der Wanderversammlung anerkannt. Die Frage, ob Draht- oder Stnngenanlagen bezüglich der Menge und Güte des Hopfenertrags vorznziehen seien, mußten bei den ganz ge- gentheiligen Behauptungen und in Anbetracht der zu kurzen Erfahrungen als eine offene gelassen werden. Besonders dürfte von Jnieresse sein, daß in Betreff der Entschadigungsleistung für Hausthicrc, welche zum Zwecke der Unterdrückung der Rinderpest getödtct werden, von dem Hrn. Minister v. Geßler beruhigende Zusicherungen gegeben wurden. Bei dem gemeinschaftlichen Mittagessen viele Toaste und Toästchen, nachher Besichtigung der Sauttermeister'schen Hopfenhalle und der Julienhöhc.
K arlsruye, d. Juni. Der Zögling der landwirthschaftl. Akademie Hohenheim, H. Klawe aus Warschau, welcher am 16. v. Al. den ebenfalls in Hohenheim Studirendcn G. Halb- reiter aus Odessa im Duell erschossen hat, ist gestern vom hiesigen Kreisgerichl zu 2jährigcr Festungsstrafe verurtheilt worden.
Vom Rhein und Main werden wieder viele Fälle von Hundswut h gemeldet. Ein Briefträger wollte sein Hündchen, das gebissen worden war, ersäufen, wurde von demselben in der Todesangst gebissen und starb bald darauf an der Tollwuth. Ein Mädchen in Laugeschade klagte Abends über heftige Kopfschmerzen, verfiel am folgenden Morgen in Raserei und starb Avends. Er war vor Monaten von einem Hund gebissen worden.
Berlin, 6. Juni. Die letzten Mittheilungen über den Vertrag mit den süddeutschen Staaten werden zuverlässig bestätigt. Der Vertrag ist für die Dauer der Zollvereins-Verträge, d. h. bis Ende 1817, abgeschlossen. Darmstadts Beitritt, obgleich noch nicht formell vollzogen, ist unzweifelhaft. Der Beitritt Bayerns wird zuversichtlich binnen etwa vierzehn Tagen erwartet.
Wien, 6. Juni. Die Wiener Abendpost meldet: Es ist der Befehl des Kaisers, daß die Königskrönung ungeachtet des Ablebens der Erzherzogin Mathilde am 8. Jnni stattzufinden habe, nur entfallen die programmmäßigen Freudenfeste. — Die Wiener Abendpost wiederholt, die Gerüchte vom Tod des mexikanischen Kaisers seien durch keine Depesche des österreichischen Gesandten in Washington bestätigt worden. Das Ausbleiben von Nachrichten erhält die Hoffnung, daß er gerettet werde.
Pesth, 8. Juni. Ungarns Wünsche sind erfüllt. Das so lange schmollende Land ist versöhnt. Henke wurden Ungarns König und Königin gekrönt. Fast vier Dezennien sind verflossen, seitdem Ungarn einen Festtag gesehen, wie den, dessen goldene Strahlen heule in Buda-Peslh auf den halborientalischen Glanz des Krönungsaktes herableuchteten. Der Krönungsakt ging ohne Störung, beim schönsten Wetter, in aller Pracht und unter einem unermeßlichen Jubel des Volkes von Statten, das in Karawanen von nah und sern herbeigcströmt war. Pesth-Ofen prangt in Blumen und Schmuck. Die Zeremonie der Krönung begann Morgens 7 Uhr mit dem Auszuge aus der Burg, schon von Morgens Uhr an ertönten Kanonensalvcn. Die Krönungs- Cercmonie nahm über eine Stunde in Anspruch. Liszl's eigens komponirte Krönungsmessc fand allgemein Beifall, und als An- draffy nach beendeter Krönung Eljen auf die Majestäten ausrief, hallte cs in der Kirche und auf dem Platze donnernd wieder. Der Krönungszug hatte eine Ausdehnung von drei Viertelstunden. Um 11 Uhr erfolgte der Schwur des Königs. Die Kaiserin und der Kronprinz Rudolph, beide im ungarischen Nationalkostüm, wurden bei ihrem Erscheinen auf der Terrasse des Lloydgebäudes mit enthusiastischem Jubel begrüßt. Eben so unbeschreiblich ist der Enthusiasmus, welcher in dem Augenblicke zum Durchbruche kam, wo der Kaiser, den Krönungshügel hinansprengend, unter dem Donner der Geschütze und dem Geläute der Glocken dir vier Schwerts treiche führte. _
Redaktion, Druck und Bertas der G. W. .Zaiser'schen Buchhandlung'^