Tnges-Aeuigk eiten.
Stuttgart, 4. Dez. Heute Nachmittag verkündigte der Kaffationshof das Erkenntniß in der Nichtigkeitsklage des zum Tode verurtheilken Geometers Hörtig, des Genossen de? Wc. Stierlen. Der Hof hat sämmtliche von dem Beriheidiger geltend gemachte Nichtigkeitsgründe verworfen und das Unheil des Schwur- gerichtShoseS bestätigt. Man ist im Publikum allgemein der An- sicht, daß wenn bei diesen zwei Verbrechern Gnade geübt wird, die Todesstrafe während der Regiernngsdauer Sr. Maj. deS Kv- »igs Karl faktisch abgeschaffl ist.
Stuttgart, 5. Dez. Dem Beinehmen nach hat nun auch die neue Strafprozeßordnung die Stadien der Vorberalhiing in >o weit durchlaufen, als sic in den nächsten Tagen bei dem stän- .difchen Ausschuß zur Vorlage gelangen kann.
Den 6. Dez. starb zu Eßlingen A. Karl Psaff, Konrektor a. D., Präsident des schwäbischen Sängerbundes, Ehrenbürger der Stadt Eßlingen, Ehrenmitglied des Stuttgarter Lie- derkranzes und vieler anderer Vereine rc., 71 Jahre alt.
Von der Brenz. 2. Dez. Bei einem Treibjagen, das ui verflossener Woche in dem Revier Aushausen abgehalten wurde, sind 34 Rehböcke geschossen und alsbald »ach Stuttgart spedirt worden. Im Ellwauger Bezirk schoß ein Waldschütz im Verlause dieses Herbstes allein über 140 Feldhühner.
AuS Baden, 1. Dez. Aus guter Familie wird versichert, daß über das Schicksal der süddeutschen Festungen (nicht Rastatt allein) nun doch ein Abkommen angcbahnl sei, dessen Zustandekommen aber noch nicht gewiß ist. Daß Baden mit seiner der- maligen Wehrverfassung Rastatt nicht wirksam vertheidigen kann, liegt auf der Hand. (S. M.)
Ans München wird der „Allg. Ztg." aus zwei glaubwürdige» Quellen ein zu erwartendes Ministerium Hohenlohe als sehr wahrscheinlich bezeichnet, mit dem Beifügen: „Schon vor füuf bis sechs Wochen wurde iim Gebirge) mit dem Fürsten Hohenlohe wegen Uebernahme deS auswärtigen Ministeriums unterhandelt, Hohenlohe'S Programm dem v. d. Pfordien'schcn, d. h. dem des Zuwarlens, gegenüber dem König mitgetdcilt, und das Hohenlohe'sche eines Anschlusses an Prcugen ans bnudeSrechi- licher Grundlage genehmigt. Definitive Entscheidung soll alsbald nach Rückkehr des Fürsten ans Polen, wohin er sich in Angelegenheiten seiner Familie begebe» hat, zu erwarten sein." lieber des Fürsten Persönlichkeit sagt einer dieser Briese (was wir hier ganz objektiv wiederholen): „Hohenlohe ist nicht spezifisch preußisch, sonder» deutsch; er ist Katholik, aber ei» Gegner ultra- montaner Ausschreitungen: er ist ein Anhänger der meisten Pri». zipien eines besonnenen Liberalismus."
Chemnitz, 2. Dez. Heute Nachmittag belustigten sich auf dem Schloßleiche große Schaaren Kinder im Alter von 10—14 Zähren mit Eisgehen und Schlittschuhlaufen. Ein junger Manu von 19 Jahren kommt dem Rande zu nahe und bracht ein, wird jedoch glücklich gerottet. Tie Kinder dringen sich der offenen Stelle zu, um dem Retlungswerke zuzusehcn. Da auf einmal kracht das Eis unter ihnen, und ein Trupp von 25 -30 Kindern stürzt ins Wasser. Bis jetzt sind 10 Todte aufgesundcn,
5 Kinder sind gerettet worden.
Berlin, 4. Dez. Die Nachrichten über die allgemeine Lage lauten nicht sehr günstig. Es liegt keine bestimmte That- sache vor, die eine Störung des Friedens besorgen läßt, aber der Orient sowohl, wie die italienische Krisis, lassen die Hoffnung auf dauernde Ruhe nicht recht anfkommen. (S. M.) l
Berlin, 4. Dez. Der König und der Kronprinz von Sach. ! jru werden nächste Woche hier einkreffen. — Sämmtliche Fraktionen des Abgeordnetenhauses sind dahin übereiugekommcu, den LotatlvttSgesetzentwurf ohne Diskussion anzunehmen. (F-I.)
Berlin, 4. Dez. In der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurden bei fortgesetzter Bcrathnng des Etats des Ministeriums des Innern die verlangten 35,000 Thaler zu geheimen polizeilichen Zwecken auf Antrag des Abg. Waldeck, der die Position bekämpfte, weil er es überhaupt für unmoralisch halte, geheime Polizisten zu besolden, mit 153 gegen 150 Stimmen gestrichen. Donnerstag wird der Antrag wegen Einverlei- tung LaucnburgS, Freitag der wegen Schleswig-Holsteins zur Plenarbergthung komme». (St.-A.)
Berlin^ 5. Dez. Die „Prove-Korr." sagt, der Entwurf
der Bundesverfassung der preußischen Negierung entsvrichk vor Allem dem Streben nach einheitlicher Macht und dem Bedürfnisse gemeinsamer nationaler Entwicklung. — Gras Bismark hält, wie gewohnt, täglich bei dem Könige Vortrag. — Der Kriegsminister v. Roo» wird das Militärbudget persönlich vertrete». zF.J.)
Berlin, 5. Dez. Die Spener'sche Zeitung erfährt, der frühere König von Hannover habe ans Vermittlung Englands in Betreff der Eidesenkbindnng der hannover'schen Offiziere »ach- gegeben. (St.-A.)
Hannover, 5. Dez. Ein allerhöchster Erlaß ermächtigt den Generalgouverneur, Beamte, weiche den Intentionen der Regierung nicht Nachkommen, ohne Rückfrage zu siiSpendire», hannoverische Miluärpersonen, welche sich an Agilaiione» gegen die Regierung bethciligen, nach der Festung Minden abzuführen zur kriegsgerichtlichen Untersuchung. Gleiches ist gegen Personen in Anwendung zu bringe», welche sich Beleidigungen gegen u»t- formirte Militärpersonen z» Schulden komme» lassen.
Wien, 3. Dez. Trotz des entschiedenen Dementis LeS W. I. über die seindliche Stellung Rußlands zu Oestreich will man sich hier doch nicht beruhigen und eS lauten in der That auch die Nachrichten aus Galizien über das Treiben der da« Land durchziehenden russischen Agenten nnd Emmiffäre bedenklich genug. Thatsache ist es übrigens, daß die galizjsche Statthaltern sich veranlaßt fand, Beschränkungen betreffs Ausgabe von Pässe» zur Reise nach Rußland einzusühren. — Einem der hervorragendste» polnischen LandtagSdepnlirten ging vor Kurzem ein Brief ans Posen zu, von wo die polnische Naiionalpanei die Plane und Absichten des Grasen Bismarck überwachen läßt. I» diesem Briefe heißt es, daß Graf Bismarck dem Petersburger Kabinet geradezu die Theilung Oestreicbs vorgeschlaaen habe. Rußland würde, schreibt der Poseucr Agent — Galizien, Ungarn und die flanschen Provinzen Oestreichs nehme», während Preußen das ehemalige deutsche Bundesgebiet Oestreichs einschließlich Böhmens und Mährens erhielte. Istrien und Dalmatien solle» an Italien falle». Durch diese radikale Veränderung des politischen Schwerpunktes in Europa — schließt die Mittdeiluiig des pol- nischen Agenten — würde auch der Lösung der orientalischen Frage eine ganz andere Basis wie bisher unterbreitet werden
Wien, 6- Dez. Das offiziöse Wien. Jour», wendet sich gegen die tendenziösen Gerüchte über eine angebliche Spannung zwischen Oestreich und Rußland. Das Blatt vernimmt aus verlässigster Quelle, daß die gegenseitigen Beziehungen Oestreichs und Rußlands vollkomme» sreundliche sind, nnd nicht bas Geringste sich ereignete, was als Trübung derselben dargestellt werden könnte. (S. M.)
Triest, 3. Dez. Wie der Levantc-Hcrald angeblich auf Grund amtlicher Telegramme meldet, hätte Rußland die Weltmächte eingeladcn, sich mit ihm über die Angelegenheiten Krcta's zu vereinbaren. (H. N.)
Paris, 3. Dez. I» Mexiko macht sich der Natioualilärs- haß gegen die dort ansäßigen Franzose» Luft; alle, deren die Mexikaner habhaft werde» könnucn, werde» ermordet, selbst Frauen werden nicht geschont. Auch in anderer Beziehung lauten die Nachrichten ungünstig. I» MatamoroS ist der UnionSgeneral Scdgwick eingerückt, und die Botschaft, welche Johnson dieser Tage an den Kongreß senden muß. wird, wie bestimmt verlautet, in Bezug auf Frankreich sehr schroff abgesagt sein.
Paris, 5. Dez. Der Moniteur meldet, daß an alle Kriegs- Häfen Befehl ertheilt sei. Alles vorzubereiten zur sofortige» Heimkehr der französischen Truppen aus Mexiko. Es ist aus Mexiko keine glaubwürdige Nachricht angekommen, außer denen, die der Dampfer Seine mitbrachle. Diese bestätige», daß der Kaiser Maximilian am 1. Nov. in Orizaba war, »nd daß er über Mre endlichen Absichten nichts verlauten lasse. ,
Newyork, 3. Dez. Tie Botschaft des Präsidenten fördert den Congreß auf, die bisherige Politik zu adoptiren. Die Schatzeiiiiiahme übersteigt die Ausgabe um 158 Mill. Amerika remonstrirte gegen die Absicht Frankreichs, die Rückziehung der mexikanischen Truppe» ans Frühjabr zu verschieben, und hofft. Laß Frankreich durch Berücksichtigung der bestehenden Beipflichtungen den Erwartungen Amerika'S entgegeukommeu werke.
Redattwn, Druck und Vert«g der G. W. Zalser'scheu Buchhandkunz.