im Stande sei, dieß zu lhun, da alle auf der Gallerie befind« lichen Individuen mit Pistolen, Revolvern, Dolchen, Messern und Knüttelstöcken bewaffnet seien. Eine Verstärkung der Wachtmann« schaft hat darauf stattgefundcn, aber der Tumult, die drohende Haltung der Parteien gegeneinander, die durch wüthcndc Acnße- rungen des Beifalls oder des Mißfallens veranlaßtc Unmöglich­keit der Verhandlungen dauerte fort, und die Sitzung mußte ge« schloffen werden. Der Minister-Präsident Kanaris erhielt ebenso­gut seine Juchas, wie der Führer der Opposition, Vulgaris, seine Zito. Wie anständig sich die Abgeordneten gegenseitig behandel­ten, mag aus folgender Apostrophe des Abgeordneten Saripolos, Professors der Universität, an den Abgeordneten PetzaliS, frühe­ren Justizniinisier, erhellen:Du schweige! Du solltest dich von Rechtswegen gar nicht hier befinden, denn cs gibt kein Verbre­chen im Criminalcodex, das du nicht begangen hast." Saripolos ist der bestabgcprügelte Abgeordnete, und es ist nicht zu zweifeln, daß er auch dafür seine Hiebe bekommt. Vulgaris wurde jeden Abend im Triumph »ach Hause begleitet von seinen Anhängern der Gallerie, abgesetzten jungen Beamte» und einer Kavallerie- Abtheilung als Patrouille. Diese Scenen haben sich nun in de» letzten Sitzungstagen jedesmal ereignet, und cS ist nach dem ge­genseitigen Haß der Parteien zu schließen, daß über kurz oder lang der Kampfplatz auf die Straßen der Hauptstadt verlegt werden wird.

Aus den Berichten über die Petroleumquellen Penn- sylvaniens geht hervor, daß die Ergiebigkeit der Oelgegenden eine fast unermeßliche und dazu anhaltende ist. Einem Newyorker Blatte zufolge sind viele Morgen Landes mit Fässern voll bedeckt, welche nur der Wagen warten, die sie fortbringen sollen. Züge um Züge werden mit den Fässern beladen, ohne daß man eine Abnahme der großen Zahl wahrnimmt. Die Atlantic- und Great Western-Bahn hat ein besonderes Geleise, welches zu dem Gebiete der Oelquellcn führt, und auf dem täglich im Durchschnitt 2500 Fässer fortlransportirt werden, eine Anzahl, welche verdoppelt werden könnte, wenn die Bahn nur Lastwagen genug zur Dispo­sition hätte.

Der Delinquent.

«.Fortsetzung.)

Als die verhängnißvolle Stunde hereingebrochen war und auf diesem Posten bereits eine neue Schildwache anfgeführt war, kamen über den Landungsplatz zwei betrunkene Bettler daher und stellten sich vor dieselbe, allerlei possierliche Gesten und Sprünge machend.

Der Soldat, obschon durch das Spiel ergötzt, erinnerte sich gleich seiner Pflicht.

Er gab ihnen mit drohenden Gebilden zu verstehen, daß sie sich entfernen sollen.

Die Bettler trieben es nur noch toller.

Er fällt endlich das Bajonett, stößt bald nach dem einen, bald nach dem andern, jedoch immer mit leicht kennbarer Nach­sicht für ihren Zustand.

Indessen war ein Kahn mit zwei Schiffern am Ufer gelan­det, von denen einer ausstieg und mit einem Kotzen in der Hand gerade auf die Wache zuging.

Wie sich nun diese nach dem Nenankommenden umsah, faßte plötzlich der eine Bettler nach dem Gewehre, der andere nach der Kehle des Soldaten, während der Schiffer den Kotzen über seinen Kopf warf.

Ohne einen Laut von sich zu geben, wurde die überlistete Schildwache gebunden und geknebelt.

Es war auch die höchste Zeit.

Der Vorgang in der Kaserne war dem Ende nahe. Hätte das Spiel draußen noch eine Minute länger gedauert, Heinrich wäre seinem Schicksale verfallen.

Ungeduldig sahen zwei junge Männer aus dem hohen Hause, das hart an die Kaserne angebaut war, auf das Treiben herab, sowohl im Hofe als außer der Mauer.

Kaum lag der Soldat am Boden, traten sie vom Fenster zurück und feuerten ihre Pistolen ab, worauf sich die am Platze vor der Kaserne versammelte Menge von Holzhauern, Flößern und Lederergesellen mit dem bekannten höllischen Lärm auf die Thorwache warf, den Schlüssel des Thores abzog und dann das­selbe von außen versperrte.

Wie der Blitz war Stander, der angebliche Schiffer, an der kleinen Pforte, öffnete rasch mit dem mitgcbrachten Schlüssel und empfing den ihm entgegenspringenden Heinrich.

Rasch war der Strom mit dem leichten Kahne durchschnitten, der Flüchtling mit einem Mantel und Hute versehen, auf dem bcreitgehaltcnen Pferde, nachdem er noch einen ziemlich schweren Geldbeutel von Stander empfangt», der mit seinem Gefährten zwischen den Vorstadthänsern verschwand.

Im brausende» Galapp ging cs den Weg hinauf, der nach dem zwei Stunden entfernten Orte Rast führt, nm in den dor­tigen Beigen für einige Zeit Zuflucht zu suchen.

Obscbo» er vor seinen Verfolgern einen ziemlichen Vorsprung batte, so durfte er sein Pferd doch nicht schonen, denn die ihm »achsetzenden Husaren waren tüchtige Reiter.

Ungefähr auf der Mitte des Lembacher Feldes hielt er sein Pferd eine» Augenblick an, nm es verschnaufen zu lassen.

Kaum aber hatte er die Zügel angezogen, als er auch das wilde Jagen hinter ihm her deutlich vernahm. Ein einziger Blick rückwärts überzeugte ihn, wie sich gleich fliegenden Dämonen die Feinde näherten.

Nun galt es die ganze Kraft seines Pferdes auf die Probe zu stellen.

In der Thal gelang es ihm nochmals, einen größeren Zwi­schenraum zwischen sich und seine Verfolger zu bringen.

Schon war er so glücklich, die ersten Häuser' Lembachs zu erreichen, schon wollte er von der in Schlangenwindnngen durch den Ort führenden Straßen abbiegen, nm auf einem bekannten Gehwege zwischen den Häuser» hindurch das Dorf in gerader Linie z» durchschneiden, und so wieder eine» größere» Vorsprung zu gewinnen, als er plötzlich sein Pferd mit einem heftigen Ruck herumriß und wieder zurück auf das Feld sprengte.

Unweit vor ihm gewahrte er einen Trupp französischer Dra­goner, welche wahrscheinlich fouragirten, und auch dem wild her- ansprengendcn einzelnen Reiter sogleich mit gar nicht zweifelhaften Bewegungen entgegen kamen.

Wohin nun? Hinter ihm in immer größerer Nähe die Hu­saren, vor ihm ebenfalls Feinde!

Also mitten über die Felder hin zum Pachern. Vielleicht ge­lingt es, die dichten Waldungen desselben vor den Feinden zu er­reichen.

Jetzt kracht eine Salve von Seite der Dragoner, das Pferd stürzt, getroffen von einer mörderischen Kugel, und weithin stürzt Heinrich in de» weichen Erdboden.

Ein wildes Triumphgeschrci ertönt sowohl von der einen als von der ander» Seile und zeigt die Freude der Franzosen über den Sturz des Flüchtlings.

Doch ihr Triumph war zu früh. Noch sollten sie ihn nicht haben.

Schnell hat sich Kunz wieder anfgerafft, und seinen Mantel nm den Leib znsammenrollend, rennt er wüthcnden Laufes den Bergen zu.

Aber die berittenen Verfolger kommen doch immer näher, den schon bedeutend Erschöpften beginnen die Kräfte zu verlassen und der schützende Wald ist noch immer nicht erreicht. Links und rechts schwirren die Kugeln um seinen Kopf herum, immer deut­licher und furchtbarer ist die Nähe der Franzosen. Bald, bald wird er wieder in ihren Händen sein, um diesmal desto sicherer dem Tode zu verfallen.

Noch einmal gebietet er seinen Gliedern eine letzte Anstren­gung, um wenigstens jene Anhöhe vor ihnen zu erreichen, hinter der er einen Augenblick den Augen der Nachsetzendcn, sowie deren Kugeln entgehen könnte.

Glücklich ist er in der Höhe, glücklich hinter derselben und kaum zehn Schritte weiter hin breitet der dunkle Forst seine grü­nen Arme aus.

Aber weh! er kann keinen Schritt mehr thun, die Füße bre­chen unter ihm zusammen, der Athem ist erschöpft, die Pulse sto­cken und die Augen verdunkeln sich wie von einem schwarzen Schleier bedeckt. Er taumelt wie betrunken sinkt und fällt bewußtlos nieder. (Forts, folgt.)

Truck und Verlag der G. W. Za lse r'scheu Buchhandlung- Redaktion: H«ljle.